Heeresgruppe Südost

 

Affidavit von Generalfeldmarschall von Weichs betr. Judenverfolgung

 

Internationales Militärtribunal Nürnberg, Gen. u. OKW (A) ‑ 1630

 

9.7.1946

 

»Ich, Maximilian Freiherr von Weichs, geb. 12.11.1881 in Dessau, versichere an Eidesstatt.

 

Ich war vom 1. 10. 1937‑Oktober 39 Kommandierender General XIII. A. K. vom Oktober 39 bis 15.7.42 Oberbefehlshaber der 2. Armee, vom 15.7.42 bis 10.6.43 Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B, vom Aug. 43 bis 26.3.45 Oberbefehlshaber der Heeresgruppe F/OB Südost. Meine Angaben beziehen sich auf diesen Zeitabschnitt.

 

Mir ist weder vor dem Kriege noch während desselben bekannt geworden, daß die Absicht bestand oder daß Weisungen von irgendeiner Stelle ausgegeben worden sind, daß die Juden in irgendwelchen Gebietsteilen ausgerottet werden sollten. Daß solche Absichten vorhanden gewesen, sog. Vernichtungslager bestanden haben sollen, habe ich erst in der Gefangenschaft erfahren. Während des Krieges gingen gelegentlich Gerüchte, daß im Reichskommissariat Ukraine/Kiew einzelne Juden getötet worden sein sollten. Beweise dafür konnte mir aber niemand erbringen. Es war nicht klar, ob es sich bei diesen Nachrichten um Ausstreuungen der feindlichen Kriegspropaganda, um wilde Gerüchte, wie sie im Kriege häufig umlaufen, oder um Wahrheit handelte. Auf eine allgemeine Ausrottungsabsicht konnte man daraus keinesfalls schließen. Ich bin auch gar nicht auf diesen Gedanken gekommen.

 

Sicher ist, daß die in meinen Befehlsbereichen eingesetzten Truppen der 3 Wehrmachtsteile sich an derartigen Ausrottungsmaßnahmen nicht beteiligt haben. Denn die Truppe lehnte von sich aus schon den Kampf gegen wehrlose Menschen ab. Zudem war sie auch immer belehrt worden, daß wir den Krieg gegen die bewaffneten Streitkräfte des Feindes führen und nicht gegen die Bevölkerung, gleichgültig welcher Rassen, Partei usw. sie angehört. Die mir unterstellten Pfarrer haben auf meine Weisung wiederholt in ihren Predigten darauf hingewiesen, daß die christliche Nächstenliebe auch auf Juden anzuwenden sei.

 

Mir ist daher auch nur ein einziger Fall von Judentötung erinnerlich, der in meinem Befehlsbereich vorgekommen ist. Ein Leutnant der Feldgendarmerie (aus der SS hervorgegangen) hatte ohne verständlichen Grund einen Juden erschossen. Ich stellte ihn vor ein Kriegsgericht, da ich durch Aburteilung wegen Mordes ein Exempel statuieren wollte. Auf höhere Weisung mußte der Angeschuldigte aber zur Aburteilung in die Heimat abtransportiert werden. Es ist mir nicht mehr erinnerlich, welche Stelle dies befohlen hat. Daß ich jede ungerechte Verfolgung von Juden innerlich ablehnte, beweist die Tatsache, daß ich mich zweimal durch Privatbriefe bei Himmler für Juden verwendete.

 

In einem Fall handelte es sich um den jüdischen Prof. Dr. Meyerstein (Mediziner), der mit meiner Familie in Verkehr stand und mich gelegentlich einer schweren Erkrankung behandelt hatte. Er war verhaftet worden. Ich bat, ihm die gewünschte Ausreise nach England zu bewilligen. Die Ausreise ist erfolgt.

 

Auf Bitten einer Freundin meiner Frau bemühte ich mich in gleicher Weise um die Ausreise von 2 älteren, mir persönlich nicht bekannten jüdischen Damen nach Amerika. Die Ausreise wurde genehmigt, konnte aber infolge des inzwischen eintretenden Kriegszustandes mit den USA nicht mehr ausgeführt werden.

 

Die Antwortschreiben, die ich in beiden Fällen von Himmler selbst und einer der ihm unterstellten Dienststellen erhielt, waren in durchaus entgegenkommender Form gehalten und ließen nicht darauf schließen, daß man die Juden restlos ausrotten wollte. Frh. v. Weichs«