Erfundene Krankheiten

 

Die Wiener „Presse“ zur SPIEGEL-Titelgeschichte „Erfundene Krankheiten

- Wie die Medizinindustrie Gesunde für krank verkauft“ (Nr. 33/2003):

Wie wäre es, wenn man sich einmal den Megatrend „Medikalisierung der Gesellschaft“ anschauen würde, dem der SPIE­GEL kürzlich eine Titelgeschichte gewid­met hat. In der sehr schön beschrieben ist, wie man durch Ansetzen von unrealistisch niedrigen Grenzwerten (etwa beim Choles­terin) bis zu drei Viertel der Bevölkerung „krank“ und damit zu potenziellen Medi­kamentenschluckern auf Kassenkosten macht. Oder wie man durch das „Erfin­den“ neuer Krankheiten den Medikamen­tenkonsum ankurbelt und das Kassen­system zusätzlich belastet. Etwa durch die Modedepression „Sisi-Syndrom“, an der angeblich schon drei Millionen Deutsche leiden. Eine besonders heimtückische Krankheit, die sich dadurch auszeichnet, dass sie von ihren Opfern durch besonde­re Lebenslust kompensiert wird. Die Be­dauernswerten würden also ohne tatkräf­tige Mithilfe von PR-Agenturen, Fachme­dien und Ärzten ihr Leben lang nie erfah­ren, dass sie eigentlich (auf Kassenkosten) Anti-Depressiva schlucken müssen.

Quelle: DER SPIEGEL 36 / 2003 / 182 („Rückspiegel“ / „Zitate“)