Vertreibungsverbrechen
Warschau und Prag provozieren weiter
Anerkennung für Vertreibungsverbrechen kurz vor EU-Aufnahme
In den letzten Wochen vor
ihrer Aufnahme in die Europäische Union (EU) haben Polen und die Tschechei sich
nicht gescheut, noch einmal ihre Raubsicherungspolitik in bezug auf die
deutschen Vertreibungsgebiete durch einseitige Erklärungen fortzuführen. Nachdem
sichergestellt war, daß die Bundesrepublik Deutschland und auch Österreich ihr
mögliches Veto gegen eine Aufnahme beider Staaten in die Union nicht einlegen
würden, glaubten die Politiker in Warschau und Prag, es sei günstig für die
Zukunft, noch einmal die völkerrechtswidrigen Ansprüche auf ihre Kriegsbeute
hervorzuheben, damit sie anschließend damit argumentieren könnten, daß diese
Festlegungen von der EU stillschweigend bei der Aufnahme gebilligt und damit
weitere vollendete Tatsachen geschaffen worden seien.
Das polnische Parlament faßte
in der zweiten Märzwoche 2004 (FAZ 15.3.2004) ‑ damit weniger als zwei
Monate vor der Aufnahme in die EU (mit 375 gegen eine Stimme bei vier
Enthaltungen) und damit in einer für Warschau seltenen Einmütigkeit ‑ einen
Beschluß zur polnischen Sicht der Rechtslage des Eigentums der nach 1945
vertriebenen Deutschen. Es heißt darin, »daß sämtliche Fragen bezüglich der
Übernahme des Eigentums der ehemaligen Übersiedler (also der vertriebenen
Ostdeutschen) aus den wiedergewonnenen Gebieten durch Polen endgültig geregelt
sind und nicht der Behandlung durch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg
oder den Menschengerichtshof in Straßburg unterliegen«. Das gelte auch für mögliche
Entschädigungsforderungen vertriebener Deutscher.
Weiter hat das Warschauer Parlament
vorsorglich festgestellt, daß Polen durch keine gegen diesen seinen Standpunkt
gerichteten Beschlüsse europäischer Einrichtungen gebunden werde. Das bedeutet,
daß Polen schon im voraus erklärt, daß es möglicherweise ergehende Urteile
europäischer Gerichte zu diesen Fragen nicht anerkennen wird, was nur als ein
offener Affront gegen die internationalen Rechtseinrichtungen und die
europäische Rechtsordnung beurteilt werden kann.
Schließlich haben die
Abgeordneten des Sejm ihrer Regierung noch aufgetragen, dafür zu sorgen, daß
diese widerrechtliche Einstellung in den derzeit in Arbeit befindlichen
Vertragsentwurf für die Europäische Union eingearbeitet wird. Die Regierung solle
auch allen EU‑Regierungen die Entschließung des Parlamentes übermitteln.
Man erinnere sich dabei daran, wie beharrlich und halsstarrig Polen mit Spanien
vor wenigen Monaten die Beratungen über die europäische Verfassung schon einmal
platzen ließ.
Unmittelbar nach der
Parlamentsabstimmung erklärte das polnische Außenministerium, daß nach
Warschauer Auffassung alle Fragen im Zusammenhang mit der Übernahme der
Vermögen deutscher Vertriebener auf unanfechtbare Weise geregelt seien. Die
Sicherheit und Dauerhaftigkeit der Eigentumsverhältnisse, wie sie sich nach dem
Zweiten Weltkrieg herausgebildet hätten, seien die Grundbedingung für
territoriale Stabilität und
Rechtssicherheit im geamten, sich vereinigenden Europa. Beides widerspricht
klar der vertraglich geregelten und der völkerrechtlichen Lage.
Daß Polen kurz vor seinem
Beitritt zur Europäischen Union die sonst für alle beteiligten Staaten
zuständigen europäischen Gerichte bezüglich der Überprüfung seiner Kriegsbeute
ablehnt, ist schon ein starkes Stück und sollte eigentlich mindestens zu einem
massiven Protest der Europäer, wenn
nicht sogar zur Aufschiebung der Aufnahme dieses Landes in die EU geführt
haben. Polen hat sich im Grunde durch diese gegen jedes Rechtsempfinden gerichtete
Erklärung für eine Aufnahme in die europäische Staatenunion als unreif und
ihrer nicht würdig erwiesen. Daß weder von Brüssel noch von Berlin eine
Stellungnahme mit entschiedener Ablehnung dieses unhaltbaren Standpunktes
erfolgte, daß man diese Provokation also stillschweigend hinnahm, ist wieder
einmal ein Beweis für die in beiden Städten verfolgte deutschfeindliche
Politik. Die EU hat damit wichtige gesamteuropäische Rechtsurundlagen verraten
und sich dadurch eine folgenschwere rechtliche Hypothek aufgeladen.
Eigentlich hätte schon der in
dem polnischen Parlamentsbeschluß verwendete Ausdruck "wiedergewonnene
Gebiete" zu einem Aufschrei der Entrüstung und zu einem Protest gegen diese
unhaltbare Geschichtsfälschung führen müssen. Denn das von Polen 1945
völkerrechtswidrig besetzte und dann vereinnahmen Ostdeutschland von Ostpreußen
über Danzig, Westpreußen und Ostbrandenburg bis Schlesien war, nachdem es schon
früher von Germanen bevölkert gewesen war, seit dem Mittelalter Jahrhunderte lang
fast rein deutsch besiedelt, gehörte ebenso lange zum Deutschen Reich und wurde
erst nach dem zweiten Weltkrieg durch das Menschenrechtsverbrechen der
Vertreibung "entgermanisiert". Keine Bundesregierung hat bisher eine
Abtretung Ostdeutschlands oder den Eigentumsübergang an Polen vollzogen. Diese
Fragen sind unbestreitbar noch offen, auch wenn Warschau es anders gesehen
haben will. Jahrzehnte unverantwortlicher Verzichtspolitik haben vollendete
Tatsachen schaffen wollen, die Polen nun mit weiteren Fälschungen der
historischen Wirklichkeit für sich ausnützen will.
Leider
kann Warschau dabei mit einer deutschen Regierung und Öffentlichkeit rechnen, die
für die deutschen Rechte auf Ostdeutschland, die Gebiete östlich der Oder und
Neiße, kein Interesse zeigen und die deutschen Ansprüche, staatliche wie individuelle,
nicht vertreten. Im deutschen Blätterwald wurde die Warschauer Feststellung kaum
gebracht, von leidenschaftlichem Protest war außer in wenigen Vertriebenenorganen
keine Rede. In vorbildlicher Weise setzt sich die vor drei Jahren gegründete
Preußische Treuhandgesellschaft für die individuellen Ansprüche aus Ostdeutschland
vertriebener Deutscher ein, denen von Regierungsseite in unverantwortlicher
Weise jede Unterstützung verweigert wird. Alle Vertriebenen oder deren Erben
sollten ihre Eigentumsrechte geltend machen.
Ähnlich wie Warschau handelte
die Tschechei in den letzten Monaten. In der vorigen Ausgabe (Euro‑Kurier
Nr.2/2004, S.5f.) berichteten wir ausführlich über die durch ein besonderes
Gesetz vom 24. Februar 2004 in Prag vorgenommene Ehrung des für die Vertreibung
der Sudetendeutschen hauptverantwortlichen früheren tschechischen
Staatspräsidenten Edvard Benesch (Freimaurer, d.V.). Daß diese Ehrung des vor
mehr als 50 Jahren Verstorbenen auch kurz vor der Aufnahme der Tschechei in die
EU vorgenommen wurde, beweist, daß an der Moldau dieselbe Haltung wie in
Warschau noch immer vorherrscht: Sicherung des Raubes von 1945 ohne Reue und
Sühne. Die Ablehnung des Benesch‑Gesetzes durch den Prager Senat, die
zweite Parlamentskammer, am 24. März 2004 konnte das Inkrafttreten der Ehrung
nicht verhindern: Am 13. April 2004 ‑ knapp drei Wochen vor der Aufnahme
des Landes in die EU ‑ hat sich der Nationalrat mit der großen Mehrheit
von 123 der anwesenden 187 Abgeordneten erneut für das Benesch‑Gesetz
ausgesprochen, hat sich damit über den Senat hinweggesetzt so daß die Ehrung
des für die grausame, menschen‑ und völkerrechtswidrige Massenvertreibung
Verantwortlichen mit der Unterschrift des derzeitigen Staatspräsidenten Klaus
Gesetz werden kann.
Zur ersten Verabschiedung des
Benesch-Gesetzes durch das tschechische Parlament erklärte die Präsidentin des
Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, am 27. Februar 2004: »Die Ehrung des
früheren tschechischen Staatspräsidenten Edvard Benesch durch das tschechische
Parlament ist für die Opfer dieses Präsidenten unerträglich. Nicht nur für die
Sudetendeutschen wird sein Name immer mit der Massenvertreibung und dem Tod von
rund 250.000 Menschen verbunden bleiben. Seine berüchtigten Dekrete haben Leid
und Elend über viele Menschen gebracht.
Benesch war ein extremer
Nationalist, der einen Nationalstaat unter Führung der Tschechen ohne die
deutsche und ungarische Volksgruppe umsetzte. Die Umwandlung eines aus vielen
Nationalitäten bestehenden Staatsgebildes in einen reinen Nationalstaat wurde
von ihm barbarisch vorangetrieben. Der Brünner Todesmarsch und das Massaker von
Aussig stehen als grauenhafte Beispiele für das Leiden unschuldiger Menschen
unter seiner Verantwortung. Benesch würde nach dem heutigen
Menschenrechtsstandard vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden
(und nach Nürnberger Maßstäben aufgehängt werden, d.V.).
Es ist unfaßbar, daß fast 60 Jahre
nach Ende des II. Weltkrieges das tschechische Parlament mehrheitlich
mitleidslos in den menschenrechtsfeindlichen Schützengräben der Vergangenheit
verharrt.«
Die bevorstehende
Osterweiterung hätte der deutschen Regierung in den letzten Jahren eine gute
Gelegenheit geboten, für die nach wie vor bestehenden deutschen Rechte auf
Ostdeutschland und das Sudetenland einzutreten und deren Anerkennung durch die
Vertreiberstaaten bei deren Aufnahme zur Bedingung zu machen. Daß sie in
Fortsetzung ihrer bisherigen Verzichtspolitik solches versäumte, während sie
sich gleichzeitig für Minderheiten in aller Welt einsetzt und vielfältig
Wiedergutmachung leistet, bedeutet eine große Schuld gegenüber den mehr als 15
Millionen deutschen Vertriebenen und dem ganzen deutschen Volke. Um so mehr
haben alle Verantwortungsbewußten und rechtlich Denkenden die Aufgabe, für
Recht und Wahrheit, die beste Grundlage jeder Völkerversöhnung. einzutreten.
Quelle: EURO-KURIER 3 / 2004