Seitenwechsel?

 

Angesichts der »besonderen Beziehung« zwischen Großbritannien und den USA hegte die Zentrale (des NKWD = Vorläufer des KGB) unweigerlich den Verdacht, daß einige von Roosevelts Beratern mit Churchills vermeintlichen antisowjetischen Komplotten sympathisierten,

 

   Noch 1990 behauptete Valentin Falin, der Leiter der Internationalen Abteilung der KPdSU, die wesentlich für die Festlegung der sowjetischen Außenpolitik verantwortlich war, aus den Nachrichtendienstberichten von 1943 gehe hervor, dass sowohl Washington als auch London »die Möglichkeit der Beendigung der Koalition mit der Sowjetunion und einer Verständigung mit Hitlerdeutschland oder den Nazigeneralen über die Frage eines gemeinsamen Krieges gegen die Sowjetunion« erwogen hatten »Deshalb sollten wir, wenn wir über Stalins Mißtrauen gegenüber Churchill und in einem gewissem Stadium auch gegenüber der Umgebung Roosevelts, nicht so sehr gegenüber Roosevelt selbst, sprechen, die Tatsache beachten, daß dieses Mißtrauen auf einem sehr genauen Wissen über bestimmte Fakten beruhte« (Interview von Christopher Andrew mit Valentin Falin für BBC 2, Moskau, 12. Dezember 1990)

 

 

wenn auch das Mißtrauen gegenüber Roosevelt nie so ausgeprägt war wie gegenüber Churchill. Auch waren die Verschwörungstheorien der Zentrale (des NKWD) über ihre amerikanischen Agenten weniger grotesk als jene über die »Glorreichen Fünf« (Anthony Blunt, Guy Burgess, John Cairncross, Donald Maclean und Kim Philby). Vielleicht neigte der NKWD, weil es das OSS (Vorläufer der CIA) von seiner Gründung an infiltriert hatte, weniger dazu, anzunehmen, der amerikanische Nachrichtendienst führe eine Täuschungsoperation durch, die mit der britischen Verwendung der »Fünf« vergleichbar gewesen wäre.

 

Quelle: „Das Schwarzbuch des KGB. Moskaus Kampf gegen den Westen“ von Christopher Andrew und Wassili Mitrochin, 3. Auflage, München 2002, S. 178 + 730