Schuschniggs Rückblick

 

Die Volksabstimmung vom 10. April 1938 bestätigte den geschaffenen Zustand. Frankreich und Großbritannien hatten bereits vor dem Tag mit Ja gestimmt - die USA schon am 6. April - indem sie bei der deutschen Reichsregierung um das Exequatur (die einem Konsul vom Aufenthaltsstaat erteilte Erlaubnis zur Ausübung seiner Befugnisse, d.B.) für ihre neu einzurichtenden Konsulate im früheren Österreich ansuchten. Dies bedeutete nach völkerrechtlicher Pra­xis eine De-facto-Anerkennung des Anschlusses.

Das Ergebnis war zu erwarten gewesen: es übertraf mit 4.273.884 Jastimmen von 4.300.177 Stimmberechtigten, also mit über 99% Ja frühere plebiszitäre Erfolge der Führung des Dritten Reiches.

Am 12. November 1933 hatten 95% der abgegebenen Stim­men den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund nachträglich gebilligt.

Am 19. August 1934 bestätigten 90% der Stimmberechtigten Hitlers Übernahme der Funktionen des Staatsoberhauptes nach Hindenburgs Tod.

Am 29. März 1936, nach der Rheinlandbesetzung und der Kündigung der Locarnoverträge, stimmten 98,8% der Wähler für Hitlers Außenpolitik. ...

Es besteht kein Anlaß, an der relativen Echtheit des Abstimmungsergebnisses zu zweifeln.

 

Quelle: Kurt Schuschnigg: „Im Kampf gegen Hitler – Die Überwindung der Anschlussidee“, Wien – München 1988/Neuauflage, S. 312 f