Über die Besteuerung der Reichen

 

Georges Danton - Rede vor dem Nationalkonvent 1793

 

Die allgemeinen Betrachtungen, welche man euch vorlegt, sind richtig; aber wenn das Gebäude in Flammen steht, so macht man sich nicht an die Spitzbuben, die das Hausgerät stehlen! Ich lösche zuerst das Feuer. Wollen wir frei sein? Wenn wir es nicht wollen, so laßt uns sterben, wir haben es alle geschworen. Schickt also eure Kommissare ab; noch diesen Abend müssen sie abreisen, noch diese Nacht; sie müssen der reichen Klasse sagen: Entweder muß die Aristokratie Europas, indem sie unsern Anstrengungen unterliegt, unsere Schuld bezahlen, oder ihr bezahlt sie. Das Volk hat nur sein Blut, und es ist verschwenderisch damit. Wohlan, ihr Elenden, seid verschwenderisch mit euern Reichtümern. Sehet hin, Bürger, auf das schöne Geschick, das euch erwartet. Wie! Ihr habt ein ganzes Volk zum Hebel, die Vernunft zum Stützpunkte, und ihr habt die Welt noch nicht aus ihren Angeln gehoben! In schwierigen Lagen, als der Feind vor den Toren von Paris stand, habe ich zu denen, die damals am Ruder der Regierung standen, gesagt: Eure Beratungen sind Erbärmlichkeiten, ich sehe nur den Feind, schlagen wir den Feind! ...

 

Ehre den Rebellen, die des Volkes Zorn gegen seine Feinde lenken! Unaufhörlich muß ich es wiederholen: Unterstützt die französische Republik, unterstützt sie um jeden Preis. Wenn der Tempel der Freiheit feststeht, wird das Volk ihn zu schmücken wissen. Eher soll Frankreich untergehen als in die Sklaverei zurückkehren. Aber glaubt nicht, wir wollten Barbaren werden! Wenn wir diese Freiheit erst geschaffen haben, werden wir ihr Schönheit verleihen. Selbst die Herrscher der Gewalt werden uns beneiden um die Schönheit, den Schmuck der Freiheit. Aber solange das Staatsschiff in Gefahr schwebt, gehört jedes Gut des einzelnen allen, um die ganze Gesellschaft zu bewahren.

 

Ach, sprecht doch in der Republik nicht mehr von Agrargesetzen: das Volk empfindet richtig; das Volk als Ganzes hat Drang und Geist der Revolution viel besser erfaßt als die, die sich große Männer glauben. In einer Nation sind die großen Männer nicht so dicht gesät wie große Bäume in einem weiten Wald. Ich sage euch, da ihr von der Vernunft des Volkes alles zu erwarten habt, braucht eure Hoffnung niemals zu schwanken.

 

In den Departements hat man geglaubt, das Volk wolle zu Agrargesetzen greifen. Und hier wird man verderben können, was in Hérault geschehen ist: Man wird die Besteuerung der Reichen Eigentumsverletzung nennen. Aber die Besitzenden, die großen Kapitalisten sparen viel ein, wenn sie ein beträchtliches Opfer bringen, um einen Einfall des Feindes in unser Land zu verhindern. Wer die Dinge richtig zu sehen weiß, wird sagen ‑ je größer das Opfer der besitzenden Klasse, von dem sie auch noch selber Nutzen zieht, um so mehr wird sie geachtet und bestätigt sein. Das ist ein Aufruf an alle Menschen, die große Mittel zur Verfügung haben, sich dem Allgemeinwohl zu widmen, wenn ihnen die schöpferische und erneuernde Kraft des französischen Lebensgeistes am Herzen liegt. Deshalb tut dasselbe wie das Departement Hérault, und ganz Frankreich wird euch begeistert folgen.

 

Seht doch die ungeheure Hilfsquelle, die sich plötzlich für Frankreich erschließt! Paris ist unermeßlich reich: nun, ein von euch erlassenes Gesetz wird diesen Schwamm ausdrücken. Ihr werdet sehen, wie das Volk die Revolution macht auf Kosten seiner inneren Feinde, und in diesem Sinne wird es ihnen noch dienen, denn es wird sie lehren, ihre Freiheit zu genießen.

 

Dem vom Schicksal Begünstigten bleiben genügend Vorteile. Wenn er dann sieht, daß diese Freiheit nicht das ist, was man ihm vorgemacht hat, daß sie dem Genuß in keiner Weise feindlich gesinnt ist, daß der Mann aus dem Volke, der die Republik will, wenn er das Talent dazu hat, auch das Recht hat zu genießen, dann wird der Reiche, da er für sein Eigentum nichts mehr zu fürchten hat, sich notwendigerweise der Revolution zuwenden. Die ideale Gesellschaft wird die Tatkraft der Freiheit mit den Grundsätzen der Vernunft paaren.