Archivfunde bestätigen Mord an Heinrich Himmler und dessen Vertuschung im Bereich der britischen Mörder

 

Kaum waren 57 Jahre nach dem Geschehen im Londo­ner Public Record Office (PRO, National Archiv) "einige bis dahin gesperrte Akten" über Heinrich Himmler, Winston Churchill und den britischen Informationsminister Brendan Bracken freigegeben und ihre Brisanz von ei­nem BBC-Mitarbeiter anläßlich seiner Vorbereitung des Fernsehfilms "Himmler, Hitler and the End of the Third Reich", sowie im Herbst 2003 erneut vom britischen Histo­riker Martin Allen erkannt und in seinem Buch "Himmler's Secret War" veröffentlicht worden (Joseph Bellinger: „Himmlers Tod – Freitod oder Mord?“, Kiel 2005, S. 341), als auch schon eine von Scotland Yard (weithin als „Freimaurerstall“ bekannte Behörde, d.B.) abgesegnete regierungsamtliche Kampagne die Presse beschäftigte, in der diese Dokumen­te als Fälschungen angeprangert wurden. Gleichzeitig hat im Archiv offensichtlich jemand geheimnisvoll die Origina­le durch inhaltgleiche Abschriften ersetzt, so daß bei einer forensischen Untersuchung - so sie denn stattgefunden haben sollte -, "die nachträgliche Anfertigung" festgestellt werden konnte. Martin Allen berichtet (in „Das Himmler-Komplott“, Stegen am Ammersee 2005, S. 415), daß eine Gutachterin des Daily Telegraph außerhalb der normalen Archivräume stundenlang ungestörte Möglich­keit eingeräumt bekommen hatte, "die Akten zu stu­dieren", um sie anschließend als Fälschungen zu dekla­rieren. Scotland Yard trat erst hinterher in dieser Sze­ne auf, verzichtete aber darauf, die bisher amtlich her­ausgegebenen Fotokopien - wie z.B. an Martin Allen - im Vergleich zu überprüfen (Allen, a.a.O., S. 416)

Mehr braucht man hierzu eigentlich über die Ernst­haftigkeit der Überprüfung nicht zu wissen.

Die offizielle Version hierüber ist außerordentlich dubios und verdächtig eilig über die Bühne gegangen. Bellinger hat sich auch hier als Kriminalist betätigt:

Offiziell freigegebene Archivalien mit allen Merk­malen originaler Registrierungen sind angesichts der gerade im Londoner Public Record Office außerordent­lich penibler Sicherheitsüberwachung sowohl der Ar­chivbesucher als auch der Archivalien weder unbemerkt zu entnehmen noch auszutauschen. Neuanfertigungen konnten auch nicht in alten Beständen gelagert haben. Kein Fälscher konnte ihre Form oder ihren Inhalt erfinden, da er keinen Überblick über die diesbezüglichen historischen Zusammenhänge und noch vorhan­dene anderweitige Unterlagen hätte haben können, zu schweigen von einem nicht erklärbaren Interesse, sich Jahrzehnte nach Kriegsende an eine solche diffizile "fachkundige" und dennoch von vornherein als sinnlos erkennbare Arbeit um den Tod Heinrich Himmlers zu machen.

   Offiziell gab es für dieses Mysterium keine Erklärung. Aber auch ohne eine solche ist aktenkundig und erübrigt spätere Stellungnahmen des Public Record Office: Es gibt in den Aktenbeständen keine anderslautenden Nachrich­ten der britischen "Vernehmer" Himmlers aus Westertimke, Barnstedt und Lüneburg oder ihrer Führungskräfte an der Themse über den plötzlichen Tod des Reichsführers-SS. Eine Meldung über Himmlers Selbstmord nebst Begleitumständen mit angedeutetem Bedauern, daß aus diesem oder jenem Grund die von Anfang an vermutete Zyankalikapsel nicht sichergestellt werden konnte und Wie­derbelebungsversuche erfolglos geblieben seien, wäre mit Sicherheit sofort nach London übermittelt worden und in den Aktenbeständen mit Registriernummer wiederzufin­den gewesen. Doch es gab keine solche Meldung, auch nirgendwo sonst ein solches Bedauern.

Ein unabhängiger Historiker kann den Untersuchungs­befund von Scotland Yard nicht überprüfen. Der Inhalt dieser drei wesentlichen, von Martin Allen veröffentlichten Dokumente freilich spricht für sich und ordnet sich chro­nologisch in die bisher ermittelten Ergebnisse ein. Es han­delt sich im wesentlichen um drei Dokumente:

 

1.)

Ein Schreiben W. Wheeler-Bennet's - damals Verbin­dungsmann des britischen Außenministeriums zum PWE (Political Warfare Executive) und späterer regierungstreu­er Historiker - vom 10. Mai 1945 an Sir Robert H. B. Lockart - Chef des Politi­cal Intelligence Department (Geheim­dienst) des Foreign Office:


 

»PERSÖNLICH & GEHEIM      

    Zu unserer Besprechung von ge­stern vormittag. Die Situation bezüg­lich Little H habe ich noch einmal gründlich durchdacht.

Wir können es nicht zulassen, daß Himmler bei einem künftigen Prozeß die Gelegenheit zu einem Auftritt er­hält oder daß er auch nur von den Amerikanern verhört wird. Daher müssen Schritte zu seiner Eliminie­rung unternommen werden, sobald er in unsere Hände fällt.

    Ich bitte Sie, die Angelegenheit im Auge zu behalten, damit unver­züglich Maßnahmen ergriffen wer­den können; wir dürfen hier keine Zeit verlieren.«                              (Bellinger, a.a.O., S. 341)

 

Unter diesem Text vermerkte Lockhart handschriftlich:

»Einverstanden. Ich habe Mr. Ingrams für die folgenden 2 Wo­chen für eine Reise abgestellt. R B-
L,
12. Mai 45.«

Leonard Inrams war Assistent des Lei­ters der antideutschen Rundfunkabteilung der Political Warfare Executive (PWE), der Prop-Organisation mit ihren Stützpunkten im Bush House in London und dem ländlichen Woburn Abbey sowie der Special Operations Executive (SOE), die anfangs beide Hugh Dalton unterstanden.

Elf Tage später, am 23. Mai 1945, hat Himmler im britischen Verhörzimmer der Uelzener Straße 31 a in Lüneburg das ihm hier vorbezeichnete Schicksal ereilt.

 

2.)

Das 2. Dokument - ein chiffriertes Tele­gramm, abgesandt aus Bremen von einem angeblichen "Mr. Thomas", offensichtlich von L. Ingram -, verfaßt um 2.50 Uhr des 24. Mai 1945, knapp 4 Stunden nach Himmlers Tod. bestätigte dem Empfänger Lockhart:

»Bezüglich meiner Anweisungen: Wir haben H.H. vergangene Nacht in Lüneburg erfolgreich abgefangen, bevor er verhört werden konnte. Auf­tragsgemäß wurden Maßnahmen ergriffen, um ihn dauerhaft zum Schweigen zu bringen. Ich habe Anweisung erteilt, meine Anwesenheit in Lüneburg in keiner Weise zu den Akten zu bringen. Wir dürfen davon ausgehen, daß das Problem H.H. vom Tisch ist.«                                                                                     (Bellinger, a.a.O., S. 342)

 

Der Empfänger hat das Dokument mit einem Stempel des Foreign Office versehen und zusätzlich vermerkt:

      "Kopie an P. M.. R B-L, 25.5.45"    \

Dies bestätigt, daß Premierminister (und Freimaurer) Winston Church­ill über diesen geheimen Vorgang unverzüglich informiert worden war und offensichtlich schon vor Ingangsetzung dieser Szenerie darüber Bescheid gewußt hat, bzw. sogar der Veranlasser gewesen ist. Wer im übrigen hätte es wa­gen können, von sich aus eine solche verantwortungsvolle Entscheidung angesichts von über 50 verbündeten Mili­tärmächten zu treffen, zumal bekannt war, daß die Ameri­kaner unbedingt Himmler hatten verhören wollen, wenn nicht der Premierminister? Im übrigen ist bekannt, daß Winston Churchill seine Regierung bereits 1943/1944 in der Auffassung bestärkt hatte,

 

"daß eine Hinrichtung der führenden Gegner ohne Pro­zeß die bessere Lösung ist". (Bellinger, a.a.O., S. 31 f)

 

          Wiederholt hat er sich für diese "Endlösung" einge­setzt, auch auf der Konferenz in Jalta am 9. Februar 1945 gegenüber Stalin und Roosevelt. Lediglich über die Zahl der so Hinzurichtenden gab es Meinungsverschiedenhei­ten. Sollen es 50.000, 49.900 sein oder wie viele?

 

"Somit gibt es solide dokumentarische Belege dafür, daß Churchill selbst die treibende Kraft hinter dem Vorschlag war, in Gefangenschaft geratene feindliche Führer ohne Pro­zeß hinzurichten." (Bellinger, a.a.O.,S. 32)

3.)

Das dritte Dokument ist ein Schreiben des britischen Informationsministers Brendan Bracken vom 27. Mai 1945 an den Chef des SOE, Earl of Seiborne, vom Ministerium für Kriegswirtschaft:

»Mein lieber Top

Bezüglich der erfreulichen Nachricht vom Tod von Little H. denke ich, ist es zwingend erforderlich, betreffs der tatsächlichen Umstände des Hin­gangs dieser üblen Figur eine vollständige Nach­richtensperre aufrechtzuerhalten. Ich bin sicher, daß, wenn öffentlich bekannt würde, daß wir un­sere Hand bei deren Ableben im Spiel gehabt ha­ben, dies verheerende Folgen für das Ansehen die­ses Landes hätte.

Außerdem bin ich sicher, daß der Vorfall die Beziehungen zu unseren amerikanischen Brüdern verkomplizieren würde; unter keinen Umständen dürfen sie erfahren, daß wir Little H. ausgeschaltet haben, vor allem deshalb nicht, weil sie ihn, wie wir ja wissen, unbedingt selbst vernehmen woll­ten.

Ich bin der Meinung, daß Kommission und Team von SOE und PWE jetzt aufgelöst werden können, auch wenn Mallet noch immer mit W. S. [Walter Schellenberg] in Schweden verhandelt. Vielleicht könnten Sie mich hierzu Ihre Meinung wissen lassen. «    (Bellinger, a.a.O., S. 342)

 

Der britische Informationsminister, Erster Lord der Admiralität und einer der engsten Berater des Premiermi­nisters, Brendan Bracken, hatte während seiner Dienst­zeit - vor allem während des Krieges - so viel üble Täter-Aktivitäten auf sein Gewissen geladen - man denke nur an seine Anweisung am 29. Februar 1944, angesichts der zu­erwartenden Bestialitäten beim weiteren Vormarsch der Roten Armee in Osteuropa die Weltöffentlichkeit davon mittels verstärkter Greuelpropaganda gegen Deutschland abzulenken (Edward J. Rozek: „Allied Wartime Diplomacy – A Pattern in Poland“, London 1958, S. 209 f) -, daß er noch vor seinem Tod alle seine persönlichen Unterlagen vernichten ließ. Dennoch blieb vieles rekonstruierbar, weil ein aus zahllosen Zusammenhängen bestehendes Geschehen seine vielfältigen Spuren hinterläßt, die sich nicht alle verwischen oder gar vernich­ten lassen.

 

Quelle: „Geheimnisse um Heinrich Himmler“ von Siegfried Egel in „Historische Tatsachen“ Nr. 96, S. 38 - 40