Erich Mielke (MfS) und Leonid Schebarschin (KGB)
über den drohenden Untergang des Sozialistischen Lagers
Protokoll eines Gesprächs vom 7. April 1989:
STRENG GEHEIM Notiz
über die Besprechung des
Genossen Minister mit dem Stellvertreter des Vorsitzenden des KfS der UdSSR und
Leiter der I. Hauptverwaltung ‑ Genossen Generalmajor SCHEBARSCHIN ‑
am 7.4.1989 Teilnehmer:
seitens
des KfS: Gen.
Generalleutnant GRUSCHKO
Gen. Generalmajor TITOW
Gen.
Oberst NOWIKOW
seitens
des MfS: Gen.
Generalleutnant GROSSMANN
Gen. Generalmajor VOGEL
Gen. Generalmajor DAMM
Gen.
Oberstleutnant SALEVSKY (Dolmetscher)
Genosse Mielke:
Werter Genosse Generalmajor
Schebarschin!
Möchte Sie nochmals recht
herzlich zu unserem Gespräch begrüßen. Mir ist bekannt, daß in den
zurückliegenden Tagen während der Beratungen in der Hauptverwaltung Aufklärung
eine angestrengte Arbeit geleistet wurde, ein freimütiger und konstruktiver Austausch
von Erfahrungen und Erkenntnissen über unseren gemeinsamen Kampf erfolgte.
Dabei ist es für uns wertvoll, daß Fragen/Aufgaben der Verstärkung der
Aufklärungstätigkeit unserer beiden Organe, ihres noch engeren und
koordinierteren Zusammenwirkens im Mittelpunkt standen.
Ich komme auf die Ergebnisse
dann nochmals im Verlaufe des Gesprächs zurück. Wir hoffen auch, daß Sie durch
die Besichtigung einiger Sehenswürdigkeiten in unserer Hauptstadt, durch den
Besuch in Dresden, die Besichtigung und die Gespräche in einer LPG einen
kleinen Einblick davon erhalten haben, welche Anstrengungen die Werktätigen
unseres Landes unter Führung der Partei zur weiteren Stärkung der DDR
unternehmen.
Sie konnten sich überzeugen,
wie die Lage in der DDR ist. Natürlich gibt es komplizierte Probleme, aber die
sieht man nicht. Sie sind nicht nur bei uns, sondern auch woanders versteckt.
Das gegenwärtige Treffen ging weit über die Probleme der Aufklärung hinaus. Ich
werde versuchen, die Probleme, die mir am Herzen liegen, darzulegen. Die Art
des Arbeitstreffens hat eine sehr große Bedeutung. Es geht in unserer politisch‑operativen
Arbeit erstens um die Frage der Sicherung, der Stärkung des Friedens. Es geht
darum alles zu tun, um diese beiden Grundfragen weiter zu entwickeln und
auszubauen. Unsere politischen Ergebnisse und Erfolge, die wir auf den
verschiedenen Gebieten erringen, kenne ich alle und stehe auch voll dahinter.
Meine Aufgabe kann nicht sein,
darüber zu sprechen. Ich muß über die Fragen sprechen, die uns als Staatssicherheit
auferlegt sind durch die Partei und die internationale Bewegung.
Genau wie wir das Auftreten
von Gen. Gorbatschow in Kuba und England aufmerksam verfolgen, habe ich auch
die Ausführungen des Gen. Schebarschin studiert. Dabei gibt es einige Stellen,
bei denen man sich fragt: Hat dies Gen. Schebarschin vom Gen. Gorbatschow oder
umgekehrt?
Zu verschiedenen Fragen gibt
es direkt wörtliche Übereinstimmung. Wie dem auch sei, es ist ausgezeichnet. Es
bestätigt, wenn es von Ihnen stammt, die gute Arbeit und die politische
Anerkennung durch die Parteiführung und daß es eine so gute Arbeit ist, daß sie
auf die Ebene der Gespräche mit Castro und Thatcher gehoben wurde.
Die internationale Entwicklung
ist außerordentlich kompliziert, wie auch die Lage bei uns in der DDR
kompliziert ist, obwohl sie nicht so kompliziert ist, wie in anderen
sozialistischen Ländern. Überall ist etwas los. Deshalb ist es zweckmäßig und
notwendig, auf einige Fragen einzugehen, über die es notwendig ist, evtl.
nachzudenken und die Meinungen auszutauschen. Nicht, um jetzt Entscheidungen
treffen zu müssen oder jemand unter Druck zu setzen, darauf Antwort geben zu
müssen.
In den Grundfragen bin ich mit
Ihren Ausführungen einverstanden .
Beim
mündlichen Vortrag kommt es manchmal vor, daß nicht immer so exakt formuliert
wird. Aber das ist kein Widerspruch. Das kommt dann vor, wenn man im Moment des
Darlegens die Grundfragen sieht und die man dann später etwas detailliert darlegen
muß, z. B. die Frage "der Krieg ist gebannt" oder "nicht
gebannt" Da gibt es keine
Widersprüche. Ich sage dies nicht als kritische Bemerkung, sondern nur um zu zeigen,
wie sorgfältig wir alles analysieren und unsere Meinung entwickeln. Nicht, um
etwas besser oder anders zu sehen, sondern einfach, um unter uns gemeinsam
Klarheit zu schaffen. Dieses Treffen ist für uns in dieser Zeit sehr wichtig,
weil wir nicht die großen historischen Heldentaten der Sowjetunion vergessen
und ich wiederhole noch einmal, daß wir wissen, daß die DDR nur durch die
erfolgreiche Durchsetzung der Leninschen Politik entstanden ist, trotz aller
Fehler und Mängel. Dies hat heute eine außerordentlich historische Bedeutung.
Wenn andere zweifeln in den
Fragen des Sozialismus, dann ist die DDR ein Beispiel dafür, daß der
Sozialismus eine zukunftsträchtige Gesellschaft ist. Der Bestand der DDR
beweist dies.
Ich möchte erreichen, daß noch
besser abgestimmt und noch effektiver gearbeitet wird.
Von allgemeinen Redensarten,
wie es vorkommt, weil man sich nicht immer sofort festlegen kann, muß man
abkommen, um zu einer klaren Linie für die gemeinsame Arbeit zu kommen.
Was die Sache mit den
Sehenswürdigkeiten betrifft, hoffe ich, daß es objektive Tatsachen sind und Sie
sich selbst eine Meinung bilden. Wir werden hören, welche Eindrücke Sie mitnehmen.
Möchte einleitend einige
grundsätzliche Standpunkte darlegen, von denen sich unsere Partei bei der
weiteren Verwirklichung der Gesellschaftsstrategie in der DDR leiten läßt, auf
welche Ergebnisse wir verweisen können, mit welchen Problemen wir dabei aber
auch konfrontiert sind, die u.a. auch Auswirkungen auf die politisch-operative
Lage im Innern unserer Republik haben.
Fragen
der weiteren Gestaltung des Sozialismus stehen seit geraumer Zeit im besonderen
Maße im Mittelpunkt der Tätigkeit aller Bruderparteien ‑ aber auch
verstärkt im Blickfeld des Gegners und seiner Angriffe gegen einzelne
sozialistische Länder. Auch unsere Partei läßt sich davon leiten, daß jede
Partei die Verantwortung vor ihrem Volk dafür trägt, unter Beachtung der nationalen
Bedingungen und der internationalen Erfordernisse die richtige Strategie und
Taktik zur Gestaltung des Sozialismus zu erarbeiten und umzusetzen.
Dies erfordert, ständig das
Erreichte zu analysieren, als das wichtigste Grundelement der operativen Arbeit,
damit "WRJAN" (russische Abkürzung, die wahrscheinlich für eine
aufwendige KGB-Operation steht) wirklich "WRJAN" wird, auf neue
Anforderungen schöpferische Antworten zu geben, in der Einheit von Kontinuität
und Erneuerung voranzuschreiten und dabei auch Erfahrungen der Bruderländer zu
nutzen.
Das generelle Ziel aller
Bruderparteien und ‑staaten muß doch sein
Stärkung des Sozialismus, der
sozialistischen Entwicklung ‑ und keine Schwächung der revolutionären
Errungenschaften, der Macht der Arbeiter und Bauern zuzulassen,
Sicherung des Sozialismus und
der weiteren sozialistischen Entwicklung in jedem unserer Länder ‑ und
nicht Untergrabung der Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung.
Davon ausgehend gibt es bei
uns tiefe Besorgnis über bestimmte Entwicklungen in einigen sozialistischen
Ländern.
Uns bewegt sehr ernsthaft die
Frage, wie unter diesen Bedingungen zukünftig die allseitige Stärkung und
zuverlässige Sicherung des Sozialismus gewährleistet werden kann und was dazu
getan werden kann und muß? Wie kann angesichts derartiger ‑ unseres
Erachtens teilweise sehr gefährlicher Entwicklungen ‑ die Einheit und
Geschlossenheit der sozialistischen Staatengemeinschaft gewährleistet werden?
Der Sozialismus ist die neue,
die zukunftsträchtige Gesellschaftsordnung. Wenn man anderer Meinung ist, muß
man diese Grundfrage anfechten. Fidel Castro, ein guter persönlicher Bekannter
von mir, läßt plötzlich in seiner Rede etwas los, wobei ich nicht weiß, ob er
frei gesprochen hat oder nicht.
Aber in die Veröffentlichung
der Rede ist es aufgenommen worden. Jeder kann darüber denken, was er will. Ich
werde unsere Position als Staatssicherheit der DDR darlegen.
Er sagte: "Da ist noch
etwas. Wenn ein sozialistisches Land den Kapitalismus aufbauen will, dann
müssen wir sein Recht respektieren, den Kapitalismus aufzubauen. Wir können da
nicht hineinreden, ebenso wie wir fordern, daß niemand das Recht hat, sich in
die souveräne Entscheidung jedes beliebigen kapitalistischen oder
halbkapitalistischen Landes der entwickelten Welt oder der unterentwickelten
Welt einzumischen, den Sozialismus aufzubauen. Das Prinzip der
uneingeschränkten Respektierung des souveränen Willens jedes Volkes und jedes
Landes ist eine goldene Regel der Prinzipien des Marxismus‑Leninismus."
Dies ist großer Unsinn. Zum
Sozialismus gibt es keine Alternative. Wollen wir unsere Errungenschaften des
Sozialismus aufgeben?
Warum muß dieser Gedanke
hineingebracht werden? Dann kann er sagen, er wolle die Macht aufgeben. Aber
dies ist falsch. Wenn man dagegen nichts einwenden kann, wenn ein
sozialistisches Land den Kapitalismus aufbauen will, dann kann man Lenin
attackieren, weil er die Oktoberrevolution durchgeführt hat. Dann müssen wir
diesen Leuten, die das behaupten, doch recht geben!
Wir können das nicht aufgeben,
was wir erreicht haben. Für unseren weiteren Kampf ist es von entscheidender
Bedeutung, wie auch seitens des Komitees für Staatssicherheit diese jüngste
Lageentwicklung gesehen wird und welche Vorstellungen es gibt, wie es unter
diesen Bedingungen im Interesses des Sozialismus und seiner zuverlässigen
Sicherung weitergehen soll?
Eventuell sollte erwogen
werden, auch auf anderer Ebene dazu notwendige Gedanken auszutauschen. Ich
bitte Sie, das unserem Freund und Kampfgefährten, Genossen Armeegeneral
Wladimir Alexandrowitsch Krjutschkow, vorzutragen .
Wir ‑ und ich ganz
persönlich ‑ sind an einem derartigen Gedankenaustausch sehr
interessiert.
Bezogen auf die von mir
aufgeworfenen Fragen und Probleme möchte ich betonen: Unsere Partei ‑ und
das ist auch unsere Position als Tschekisten der DDR ‑ läßt sich in
Durchsetzung ihrer Gesellschaftsstrategie unter unseren konkreten nationalen
Bedingungen von bewährten Grundsätzen leiten. Dabei betrachten wir, wie das im
Programm des IX. Parteitages beschlossen wurde, die weitere Gestaltung der
entwickelten sozialistischen Gesellschaft als einen Prozeß tiefgreifender
Wandlungen. Für uns heißt Gestaltung der entwickelten sozialistischen
Gesellschaft
Verwirklichung der allgemeingültigen
Gesetzmäßigkeiten des Sozialismus,
Kontinuität und Veränderung
zur Stärkung des Sozialismus.
Von diesen Grundsätzen, die
sich in der 40jährigen Entwicklung der DDR als notwendig und richtig erwiesen
haben, machen wir keine Abstriche, auch wenn es an entsprechenden
"Empfehlungen" nicht mangelt und der Gegner seine Angriffe besonders darauf
ausgerichtet hat.
Besonders verbunden ist dies
mit der Entwicklung 40 Jahre DDR und der Durchführung der Kommunalwahlen. Wir
lassen uns auch nicht davon beirren, wenn in einigen sozialistischen Ländern
solche unseres Erachtens allgemeingültigen Grundsätzen widersprechende
Vorstellungen/Konzeptionen diskutiert, entsprechende Beschlüsse gefaßt und mit
deren Verwirklichung bzw. Umsetzung begonnen wird. Einige solcher Grundsätze,
die für uns unantastbar sind und bleiben, möchte ich hier anführen:
Erstens:
Entscheidend für uns ist die
weitere Durchsetzung der führenden Rolle der Partei in allen gesellschaftlichen
Bereichen ‑ auch und besonders in der Wirtschaft. Daran halten wir
nachdrücklich fest. Unseres Erachtens dient es nicht der Sache des Sozialismus
und des Friedens, wenn die führende Rolle der Partei in Frage gestellt und
schrittweise aufgegeben wird. Es dient sicher auch nicht der Stärkung des
Sozialismus, wenn einem sogenannten politischen Pluralismus das Wort geredet
wird, wenn Abstriche an ideologischen Grundfragen gemacht werden.
Zweitens:
Für uns bleibt auch weiterhin
der Staat das Hauptinstrument bei der Gestaltung der entwickelten
sozialistischen Gesellschaft. In der Machtfrage gibt es keine Zugeständnisse ‑
weder an den imperialistischen Gegner noch an feindliche, oppositionelle Kräfte
im Innern.
Wir verfolgen das Ziel ‑
und dazu wurde besonders in den Jahren seit dem VIII. Parteitag große
schöpferische Arbeit geleistet ‑ die Staatsmacht allseitig zu
stärken/festigen. Ihre Autorität zu erhöhen. Das wird verbunden mit einer immer
breiteren Einbeziehung der Werktätigen in die Lösung der gesellschaftlichen
Angelegenheiten. Die Entfaltung und Vervollkommnung der sozialistischen
Demokratie ist für uns die Hauptrichtung der weiteren Entwicklung unseres Staates
der Arbeiter und Bauern.
Aber auch hier stellen wir die
Frage, dient das der Stärkung und Sicherung des Sozialismus, wenn
oppositionellen, antisozialistischen Gruppierungen/Gruppen/Vereinigungen usw.
gestattet wird, mit ihren Programmen/Plattformen und mit antisozialistischen
Handlungen offen Grundlagen des sozialistischen Staates anzugreifen, wenn
Feinde legal wirksam werden können, die keinen Hehl aus ihrer Zielstellung
machen, die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung zu beseitigen?
Ich bin mit den Ausführungen
des Gen. Jakowlew gegenüber den Vertretern der Bruderländer einverstanden
(Telegramm. aus Moskau).
Da ist wirklich diese Frage
aufgeworfen worden. Es müssen also diese Probleme da sein. Nicht, daß einer
denkt, er kann dies nicht zugeben. Selbst Gen. Jakowlew hat darüber gesprochen.
Er hat alle Botschafter der sozialistischen Länder über die Ergebnisse der
Wahlen zum Kongreß der Volksdeputierten informiert. Ich bin im Grundsatz
einverstanden mit dem Artikel von Smirnow in der Prawda. Beim Studium und der
Analyse der Informationen aus allen Quellen sehe ich bei dieser Sache nur eins:
Versuch, die kapitalistische Gesellschaftsordnung wieder zu errichten.
Eine wichtige Säule unserer
Arbeiter‑und‑Bauern-Macht ist das bewährte Bündnis der SED mit
allen in der Nationalen Front vereinten anderen Parteien und
Massenorganisationen. Unsere Partei unternimmt alles, um Blockparteien als
Interessenvertreter bestimmter sozialer Schichten in der Republik zu stärken,
sie in noch stärkerem Maße zu mobilisieren, damit sie einen möglichst großen
eigenständigen Beitrag zur Verwirklichung der Gesellschaftsstrategie leisten.
Ich will Euch eine ganz
interne Sache sagen, damit die Illusionen über die informellen Gruppen etwas
zerschlagen werden.
Leider entwickeln sich auch
bei uns in den bürgerlichen Parteien einige Tendenzen. Dies nur für operative
Zwecke, als "Lehre". Mehr will ich nicht sagen. Aber wenn ich Euch
das sage, dann könnt Ihr versichert sein, daß es notwendig ist, dies zu
beachten.
Wir haben mit dem
Mehrparteiensystem große Erfahrungen. Das heißt für uns aber nicht, damit
Oppositionsparteien im Sozialismus zuzulassen bzw. zu schaffen. Uns geht es
vielmehr um die breiteste Einbeziehung aller Klassen und Schichten unseres
Volkes und ihrer Interessenvertreter in die Stärkung des Sozialismus.
Vertraulich gesagt: Ich habe
das Problem auch beim Generalsekretär unserer Partei so gestellt. Er war völlig
einverstanden und hat mich beauftragt, dieser Sache die notwendige politische
Aufmerksamkeit zu schenken.
Drittens:
Als einen entscheidenden
Grundsatz betrachten wir die Vertiefung und den Ausbau der brüderlichen
Beziehungen zwischen der SED und der KPdSU, der DDR und der UdSSR, darin
eingeschlossen die weitere Festigung der Kampfgemeinschaft zwischen dem MfS und
dem KfS.
Wie in der Vergangenheit
bleibt auch künftig für unsere Partei ‑ und für uns als Angehörige des
MfS ist das ebenfalls eine Herzenssache ‑ die enge brüderliche Zusammenarbeit
mit der Partei und dem Lande Lenins eine außerordentlich wichtige Voraussetzung
und Grundlage
für die weitere
kontinuierliche Entwicklung unserer Republik;
für die künftige Entwicklung
der gesamten sozialistischen Gemeinschaft,
für die Bewahrung und
Festigung ihrer Einheit und Geschlossenheit;
für die internationale
Klassenauseinandersetzung und die Fortführung des Kampfes um
Frieden/Entspannung/Abrüstung.
Ausgehend von dieser
unerschütterlichen Position erfüllt es uns mit Sorge, haben wir kein
Verständnis dafür, wenn nicht entschlossen genug gegen antisowjetische Aktivitäten
vorgegangen wird, wenn in Veröffentlichungen und dergleichen Forderungen
erhoben werden können, die sich offen gegen die KPdSU/UdSSR, gegen den
Bruderbund mit der UdSSR und gegen die sozialistische Staatengemeinschaft
insgesamt richten.
Man kann uns den Vorwurf
machen, daß wir manchmal zu bestimmten Äußerungen schweigen, obwohl man
gefühlsmäßig anders reagieren müßte. Dieses Problem ist eine sehr wichtige
Sache. Diese antisowjetischen Tendenzen darf man nicht aus den Augen lassen.
Viertens:
Ein weiterer Grund bei der
Verwirklichung der Gesellschaftsstrategie ist die konsequente Fortführung des
Kurses der Einheit von Wirtschafts‑ und Sozialpolitik.
Das ist das Hauptkampffeld der
Partei und aller Werktätigen. Bereits seit 20 Jahren verfolgen wird diesen Kurs
mit Erfolg. Hier liegt einer der Schwerpunkte im Kampf gegen den "Import
des Kapitalismus". Darum führen wir diesen Kampf mit solcher Leidenschaft.
Wesentlich ist, daß dabei der
ständigen Vervollkommnung der sozialistischen Planwirtschaft großes Augenmerk
beigemessen wird. Möchte betonen, daß unseres Erachtens die Erhöhung der
ökonomischen Leistungskraft, die Bewahrung des Erreichten und die schrittweise
weitere Verbesserung des Lebensniveaus unserer Menschen ohne zentrale
staatliche Leitung und Planung bei gleichzeitiger Erhöhung der
Eigenverantwortung der Kombinate/Betriebe undenkbar sind.
Wir stehen fest zu der Veröffentlichung
von Professor NIK (Prof. Dr. rer. oec. habil. Harry Nick, Professor für
Politische Ökonomie des Sozialismus) von der Akademie der
Gesellschaftswissenschaften über "Marktwirtschaft, Legenden und Wirklichkeit".
In letzter Zeit werden uns vom Gegner ‑ aber nicht nur von dort ‑ "Vorschläge"
gemacht, unsere bewährte sozialistische Planwirtschaft zu demontieren und zu
einer Art "sozialistischer Marktwirtschaft" überzugehen. Diesen "Vorschlägen"
werden wir nicht folgen. Wir vervollkommnen die sozialistische Planwirtschaft
weiter, machen sie flexibler und effektiver. Dabei bleibt für uns ein
entscheidendes Kriterium, die sozialen Lebensbedingungen unserer Werktätigen
nicht zu gefährden, sondern zu sichern und weiter auszubauen.
Ich meine, es wäre
zweckmäßiger gewesen, wenn die Prawda vom 24.3.89 den Artikel "Das Leben
wie es ist. Die Armen" nicht gebracht hätte. Wozu schreibt man darüber.
Man solle es ändern. Damit diskreditiert man nach 70 Jahren Entwicklung nur den
Sozialismus. Verändern, umgestalten muß man, aber nicht darüber schreiben.
Ich muß hier offen sagen, daß
wir es nicht verstehen, wenn in einigen sozialistischen Ländern jetzt versucht
wird, die vorhandenen ernsten ökonomischen Probleme dadurch zu lösen, indem man
zu einer mehr oder weniger
kapitalistischen Marktwirtschaft übergehen will;
kapitalistische
Wirtschaftsformen und ‑reformen praktiziert;
die zentrale staatliche
Planung, Leitung und Kontrolle der Volkswirtschaft drastisch reduziert und
eventuell gänzlich beseitigen möchte;
oder wenn der Einfluß der
Partei in der Wirtschaft erheblich begrenzt bzw. ganz ausgeschaltet werden
soll.
Beweis für Richtigkeit unserer
ökonomischen Strategie ‑ der Einheit von Wirtschafts‑ und
Sozialpolitik ‑ sind u. a. solche auch international beachtlichen
Ergebnisse wie:
• Jährliches stabiles Wachstum
des Nationaleinkommens von mehr als 4 %, seit 1971 hat es sich verdoppelt, seit
1986 beruht seine Entwicklung allein auf der Steigerung der
Arbeitsproduktivität ‑ siehe Lenin. Damit einher ging eine entscheidende
Verringerung des Einsatzes von Arbeitszeit, Rohstoffen und Energie.
• Zunehmend wird das
ökonomische Wachstum durch Anwendung der Schlüsseltechnologien/ Mikroelektronik
bestimmt.
0 Großes Gewicht auf Stärkung
Konsumgüterproduktion gelegt. Partei betrachtet das als politische Frage ‑
Werktätige sollen sich für ihr Geld auch etwas kaufen können, in guter
Qualität; wichtige Voraussetzung auch für Durchsetzung Leistungsprinzip.
0 Kernstück unseres
sozialpolitischen Programms ist, Wohnungsfrage als soziales Problem bis 1990 zu
lösen; altes Kampfziel der deutschen Arbeiterklasse. Thälmann hat darüber
gesprochen. Von 1971 bis 1988 rund 3,1 Millionen Wohnungen neu gebaut bzw.
modernisiert; 1989 kommen erneut 212.000 Wohnungen hinzu.
Liebe sowjetische Freunde, Sie
werden verstehen, daß unsere Partei angesichts der erfolgreichen Entwicklung,
der erzielten beachtlichen Ergebnisse keinen Grund hat, den Kurs zu ändern oder
gar fragwürdigen Modellen (Ungarn, Polen) zu folgen. Wir betrachten den Kurs
der Einheit von Wirtschafts‑ und Sozialpolitik und ihre Ergebnisse als
wichtige Grundlage des immer engeren Vertrauensverhältnisses zwischen Partei
und Volk und einer hohen politischen Stabilität in unserem Land. Man muß auch
sehen, daß DDR der wirtschaftlichen starken BRD direkt gegenüber steht. ‑
Soziale Sicherheit, politische Stabilität erhalten dadurch ein noch größeres
Gewicht.
Wir meinen auch, mit der
kontinuierlichen Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft in der DDR zur Stärkung
der gesamten sozialistischen Gemeinschaft beizutragen, Erfahrungen
einzubringen.
Bei allen positiven
Ergebnissen in diesen Grundsatzfragen übersehen wir dabei nicht bei uns noch
vorhandene Probleme und Schwierigkeiten. Kennen die noch zu lösenden Aufgaben.
Darüber gibt es in der Spitze große Diskussionen.
Die 7. Tagung des ZK der SED
hat mit Blick auf den XII. Parteitag vor allem jene Aufgaben herausgearbeitet,
die verstärkt im Mittelpunkt der Partei stehen müssen, um den erfolgreichen
Kurs unter den veränderten inneren und äußeren Lagebedingungen fortführen zu
können.
Wenn ich als Minister für
Staatssicherheit einige Grundsätze dargestellt habe, von denen sich unsere
Partei leiten läßt, und zu einigen wesentlichen Seiten der Gesellschaftsstrategie
spreche, dann auch deshalb, weil
das einerseits bedeutsame
Grundlagen und Voraussetzungen für die Erfüllung des Klassenauftrages des MfS
sind und maßgebliche Fragen der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit
berühren;
Wir
können uns in Berlin nicht erlauben, daß zehntausende Leute demonstrieren in
der unmittelbaren Nachbarschaft von Westberlin und der BRD sowie der ganzen
Medienagenturen, die hier arbeiten.
andererseits werden davon
wesentliche Richtungen und Inhalte unseres tschekistischen Kampfes bestimmt;
tragen wir doch als Ministerium
für Staatssicherheit eine wachsende Verantwortung dafür, mit unseren
spezifischen Mitteln die Durchsetzung der Politik der Partei maximal zu
unterstützen.
Ja, für das gesamte
sozialistische Lager. Ich habe viel erlebt vom "absterbenden
Kapitalismus". In der Prawda hat jemand geschrieben, daß er bei seinen Besuchen
in Japan und den USA die "faulen" Stellen nicht gesehen habe. Da ist
er sicher nicht im Ghetto, nicht in den Slums gewesen. Dann hätte er den
Artikel vielleicht nicht geschrieben. Wir sprechen nach Marx und Lenin vom
"absterbenden Kapitalismus". Dies ist richtig, weil der Sozialismus
die zukünftige Ordnung ist. Schließlich stimmt noch eine These von Lenin.
Er hat von den "Monopolen"
als der höchsten Stufe des Kapitalismus gesprochen. Für uns bleibt weiter
aktuell die Lehre von Lenin von der Rolle der Arbeitsproduktivität und daß wir
in der Wachsamkeit nicht nachlassen dürfen.
Hinzu kommt, daß der Gegner in
Verwirklichung seines strategischen Planes ‑ zunehmend unter Nutzung
bestimmter Entwicklungen in anderen sozialistischen Ländern ‑ seine
subversiven Angriffe gegen unsere Republik wesentlich verstärkt hat, unter der
falschen Auslegung von Glasnost und Perestroika durch unsere Feinde, besonders
auch gegen solche Grundsätze der Politik der Partei, wie ich sie angesprochen
habe. Wir schätzen ein, daß er damit gewisse Wirkungen erzielt, die
feindlichen, oppositionellen Kräfte im Innern der DDR ebenfalls aktiver
geworden sind. Von unserem Organ wird ein konsequenter Kampf gegen diese
Bestrebungen geführt, wird alles unternommen, um die Feinde nicht zum Zuge
kommen zu lassen und Überraschungen zu verhindern.
In den bisherigen Beratungen
wurden bereits wichtige Erkenntnisse/Einschätzungen über die Pläne, Absichten
und Maßnahmen des Gegners ausgetauscht. In diesem Zusammenhang ‑
gewissermaßen ergänzend ‑ noch einige weitere Bemerkungen zu bestimmten
Entwicklungen in einigen sozialistischen Ländern.
Nach unseren Erkenntnissen
wird das Wirken äußerer und innerer Feinde durch bestimmte Entwicklungen in
einigen sozialistischen Staaten maßgeblich begünstigt. Die sich aus der Politik
einiger Parteien sozialistischer Länder, aus den inneren Entwicklungen,
Veränderungen und Vorgängen in einigen sozialistischen Ländern ergebenden
Möglichkeiten werden offenkundig immer skrupelloser ausgenutzt. Das
Zusammenwirken äußerer und innerer Feinde ist immer enger; das einheitliche,
abgestimmte Handeln zu einem wesentlichen Faktor geworden. Die Auswirkungen auf
die politische Stabilität einzelner sozialistischer Länder und die
sozialistische Staatengemeinschaft sind m. E. unverkennbar ‑ sie sollten
uns Veranlassung zu höchster Wachsamkeit und entschlossenem Handeln sein. Von
wesentlicher Bedeutung wäre dabei, einheitliche Positionen unserer Parteien zu
Grundprinzipien des sozialistischen Aufbaus ‑ auch wenn es keine Modelle
oder Rezepte gibt ‑ und vor allem auch in den Fragen von Strategie und
Taktik sowie zur Frage der Stärkung und Sicherung der Macht zu erreichen und
danach zu handeln. Mit der Macht darf man m. E. nicht spielen lassen. Wir
dürfen niemandem gestatten, die Macht zu untergraben.
In diesem Zusammenhang stellt
sich nachdrücklich die Frage, von welchen Positionen gehen die
Sicherheitsorgane unserer Länder an diese Grundfragen ‑ vor allem an die
Machtfrage ‑ heran, worin bestehen ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten
zur Stärkung und Sicherung des Sozialismus, zum Kampf gegen den Feind, zur
Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung?
Ich habe den Eindruck, daß
offenbar
immer weiter voneinander
abweichende Auffassungen bestehen, wer konkret zu den Feinden des Sozialismus
im Inneren zu rechnen ist, welche Kräfte bestrebt sind, die Macht zu schwächen
und letztlich zu liquidieren und was unter diesen Bedingungen zu tun ist, um
diesen gegen den Sozialismus gerichteten Entwicklungen Einhalt zu gebieten.
Das zeigt sich besonders in
der Haltung zum sog. politischen Pluralismus und dabei vor allem zur
Existenz, legalen Tätigkeit
und Duldung einer inneren Opposition, von antisozialistischen Kräften.
Kaum übersehbar, daß in
einigen sozialistischen Ländern bereits starke feindliche, oppositionelle
Kräfte vorhanden, die Kampf gegen den Sozialismus, gegen Grundlagen des
Sozialismus führen, deren Ziel Beseitigung der sozialistischen Staats- und
Gesellschaftsordnung, Restaurierung des Kapitalismus ist. Manche
oppositionellen Kräfte versuchen, dieses Ziel zu verschleiern, andere vertreten
es offen.
Man muß sich doch
fragen:
‑ Liegt es im Interesse der Sicherung der
Macht, wenn zahlreiche oppositionelle, auf eindeutig antisozialistischen
Positionen stehende Organisationen, Verbände, Klubs, Gruppen und Gruppierungen
offiziell tätig werden können?
Was sollen solche Äußerungen,
daß die Armee und die Sicherheitsorgane ohne politische Führung durch die
Partei sein sollen?
Vielleicht ist dies ein
Gedanke zur Festigung der Arbeiter- und‑Bauern‑Macht? Nach welchen
Grundlagen sollen denn Armee und Sicherheitsorgane arbeiten, wenn man dies von
einer offiziellen Tribüne aus verkünden kann? Was ist das für ein Pluralismus?
Vielleicht bin ich ein Analphabet? Immerhin erklärte dies der stellvertretende
ungarische Justizminister, daß Justiz und Exekutivorgane unabhängig von Einfluß
der Partei sein sollen.
Dient es dem Sozialismus, wenn
es z.B. auch zum Wiederentstehen bzw. zur Reaktivierung sozialdemokratischer
Parteien kommt?
Erläuterungen zur
Stellungnahme der SPD in der BRD (Grundwertekommission) zum SPD/SED‑Papier
"Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit" Zitat: Wer Personen verhaftet und bestraft,
weil sie an friedlichen Demonstrationen teilgenommen haben, wer Menschen
benachteiligt, verfolgt oder bedroht, weil sie in unabhängigen
gesellschaftlichen Gruppen am Dialog über sie betreffende gesellschaftliche
Angelegenheiten teilnehmen, wer Ausreisewillige diskriminiert und schikaniert,
wer Personen an der Einreise auf das eigene Territorium hindert, weil sie
unliebsame Kritik geäußert haben, wer die Verbreitung von Zeitungen und anderen
Druckmedien zur freien Urteilsbildung erschwert und verhindert, kann nicht den
Anspruch erheben,
‑ daß die offene Diskussion über den Wettbewerb
der Systeme,
‑ die umfassende Informiertheit der Bürger in
Ost und West,
‑ den Dialog zwischen allen gesellschaftlichen
Organisationen, Institutionen, Kräften und Personen
ermöglicht und
fördert".
Die Einschätzung überlasse ich
unseren sowjetischen Genossen. Sie kritisieren, daß wir den Inhalt dieses
Papiers nicht durchführen. Die SPD war in Deutschland eine starke Kraft.
Die Wurzeln sind noch nicht alle
abgestorben. Wir haben auf diese Kritik geantwortet (Prof. Reinhold). Damit
sind wir zufrieden. Aber als Staatssicherheit muß man die Auswirkungen sehen.
Es ist möglich, daß Ihr eine
andere Auffassung dazu habt. Baker (James Baker, amerikanischer Außenminister)
kommt zu Euch und will humanitäre Fragen ansprechen. Wir werden niemand
bearbeiten und festnehmen, wenn er eine andere Meinung hat. Aber wenn er
anfängt, mit den Geheimdiensten oder anderen feindlichen Organisationen
zusammenzuarbeiten, dann ist es keine persönliche Meinung mehr.
Wenn wir machen, was sie
sagen, bedeutet dies: kapitalistische Restaurierung. Etwas anderes will die SPD
doch nicht. Sie wollen keine andere Gesellschaftsordnung. Sonst könnten wir
doch zusammenarbeiten und die Fehler und Mängel gemeinsam beseitigen.
‑ Entspricht es unserer Haltung zur Machtfrage,
wenn beabsichtigt ist, die Macht mit feindlichen, oppositionellen Kräften zu
teilen, diese in die Machtausübung einzubeziehen oder wenn erklärt wird, die
Partei sei sogar bereit, in die Opposition zu gehen?
Hierbei stellen sich
doch die Fragen:
Wie soll unter diesen
Bedingungen die Staatssicherheit arbeiten? Welche Möglichkeiten der
Zusammenarbeit der Bruderorgane gibt es unter diesen Bedingungen? Ich muß offen
sagen: Wir sehen die Gefahr, daß antisozialistische, staatsfeindliche Kräfte
nach weiterer Festigung ihrer Positionen zu offenen Machtkämpfen übergehen
können und die sozialistische Entwicklung in diesen Ländern in Gefahr gerät.
Wir müssen doch perspektivisch und strategisch arbeiten und nicht nur mit
Worten.
Wir sind besorgt über
ungenügende Entschlossenheit zur Abwehr der Angriffe der Feinde.
Unseres Erachtens ist es
notwendig, daß in den sozialistischen Staaten wieder ganz klare Positionen zum
Entstehen und Wirken antisozialistischer Gruppierungen und Kräfte, besonders
zur Notwendigkeit ihrer konsequenten Bekämpfung, bezogen werden.
Welche Möglichkeiten sehen
unsere sowjetischen Freunde, mit welchen konkreten Schritten und Maßnahmen das
erreicht werden könnte?
Auf der multilateralen
Beratung der Aufklärungsorgane sozialistischer Länder im Oktober 1988 in Berlin
habe ich hervorgehoben:
Allen Erscheinungen im Innern
der sozialistischen Länder, aus denen sich Gefahren entwickeln können, sollten
die Sicherheitsorgane größte Beachtung schenken. Alle entsprechenden
Entwicklungen, Erscheinungen und Vorkommnisse, alle Informationen und Hinweise ‑
besonders hinsichtlich des Entstehens und Wirkens eines Potentials feindlicher,
oppositioneller Kräfte ‑ müssen sorgfältig verfolgt und analysiert
werden.
Nichts sollte übersehen oder
gar unterschätzt werden, weil daraus große politische Schwierigkeiten und
Probleme entstehen können. Als ich in Moskau war und die hohe Auszeichnung
erhielt, haben wir darüber gesprochen. Es hat sich bestätigt, daß manches
unterschätzt wurde (Estland und die anderen Ereignisse). Besonders auch hier
gilt der Grundsatz, Überraschungen auszuschließen. Die Attacken des Gegners,
die Aktivitäten von Feinden und die Lageentwicklung insgesamt zeigen, daß
dieses Erfordernis noch dringlicher geworden ist.
Zu einigen Problemen und
Erfordernissen im Zusammenhang mit dem Abschluß des KSZEFolgetreffens in Wien
möchte ich ebenfalls etwas Sagen.
Auf der multilateralen
Beratung haben Sie Stellung genommen ‑ ich nehme an, daß dies "ehrlich"
war, was Sie sagten. Wir lieben keine Schmeicheleien. Wir gehen unseren
marxistisch‑leninistischen Weg. Das ist unsere Auffassung. Dies ist
deckungsgleich. Wir stimmen gewiß in der Einschätzung überein, daß die
Ausnutzung des KSZE-Prozesses, der entsprechenden Dokumente und vor allem des
Wiener Abschlußdokumentes in den gegnerischen Zielstellungen und Planungen
sowie in der praktischen Politik einen wachsenden Stellenwert einnimmt. Das ist
zu einem wesentlichen Bestandteil des gesamten gegnerischen Vorgehens geworden.
Bekanntlich wurden in Wien
große Zugeständnisse an den Westen gemacht, besonders in Fragen der
Menschenrechte und sogenannten humanitären Probleme ‑ Ich weiß nicht,
worüber Baker bei Euch noch sprechen will ‑, menschliche Kontakte siehe
die von mir zitierte SPD-Erklärung ‑, Information, Kultur und Bildung.
Das resultierte nicht zuletzt auch aus dem nichteinheitlichen Auftreten der
sozialistischen Staaten.
Wie sich insbesonders seit dem
Wiener Treffen zeigt, wird das alles intensiv vom Gegner für eine weitere Verstärkung
seiner Angriffe gegen die sozialistischen Staaten ausgenutzt. Ich führe nur
stichwortartig an:
Fortsetzung und Verstärkung
der Menschenrechtsdemagogie;
immer massivere Einmischung in
innere Angelegenheiten sozialistischer Länder;
zunehmende Einwirkung und
Druckausübung, verbunden mit noch stärkerer Hetze und Verleumdung;
verstärkte Bestrebungen,
feindliche, oppositionelle Kräfte zu unterstützen, zu fördern und zu gegen den
Sozialismus gerichteten antisozialistischen Aktivitäten/Handlungen zu ermuntern;
weitere Differenzierung
zwischen den sozialistischen Ländern, besonders zwischen der UdSSR und der DDR,
aber auch zwischen anderen Ländern. Einzelne sozialistische Staaten (DDR, CSSR)
werden als KSZE-feindlich, reformfeindlich, als menschenrechtsverletzende
Regimes diffamiert und angeklagt.
Ich muß dies als Minister für
Staatssicherheit sagen. Den "schönen Worten" kann ich nicht glauben.
Ich sage dies, weil bei Euch
Vorstellungen sein können, man könnte sie zulassen. Fidel Castro hat sicher recht,
wenn der die große Sowjetunion mit dem kleinen Kuba vergleicht. Wir sind eine
kleine DDR. Bei Euch kann dies vielleicht nichts ausmachen. Aber hier,
unmittelbar an der Front des ökonomisch noch starken Kapitalismus. Die Läden
sind voll in jeder Hinsicht. Das Leben ist verlockend.
Deshalb werden wir es nicht
zulassen, es sei denn, einige werden "weich".
Alles, was wir hier erleben,
wenn sich einzelne Funktionäre oder Politiker treffen, zwingt zu neuen
Überlegungen.
All die erfolgreiche Arbeit
der Aufklärung genügt nicht mehr. Wir müssen eindringen in die Konspiration der
Bourgeoisie. Wir müssen wissen, was in den Zentren der Bourgeoisie, in den
höchsten Führungszentren ausgehandelt wird. Wenn sich z. B. jemand mit Kohl
trifft, kommt es durch die einfache Agentur nicht immer richtig auf unseren
Tisch. Es geht darum, die Ziele der Monopolbourgeoisie, ihre Pläne genau zu
erkunden. Der beste Beweis ist die NATO. Wörner und was sie reden oder wie Vogel
jetzt zu den Lance‑Raketen. Sie sollen nicht modernisiert werden.
Aber Kohl denkt an die Wahlen
und will die Entscheidung verschieben. Dies zwingt dazu, dort einzudringen. Die
BRD treibt ein doppeltes Spiel! Dies ist wichtig für die Reise des Gen.
Gorbatschow nach Bonn.
Vogel spielt uns doch auch
aus. Bei uns spricht er, daß er dafür ist und wirklich will er den Kapitalismus
in der DDR. Wir werden unsere Arbeit in dieser Richtung verstärken, damit wir
rechtzeitig solche Informationen erhalten, die die Grundfragen unseres Lebens
berühren.
Dies verlangt ein
außerordentlich hohes Niveau unserer Aufklärungsarbeit. Dies stammt von Marx!
Er konnte in 16 Sprachen sprechen und lesen. Diese "Klugscheißer",
die sagen, er sei überholt, können sich mit diesem Genie nicht vergleichen. Er
hat gesagt, man muß in die Kreise der Bourgeoisie eindringen, um ihre Pläne zu
erkennen. Dazu muß uns "WRJAN" helfen.
Wir sprechen immer davon,
keine Überraschungen zuzulassen. Vielleicht werden wir morgen schon überrascht?
Einige Bemerkungen zur Einschätzung
der politisch‑operativen Lage im Innern der DDR
Grundsätzlich kann
festgestellt werden, daß die Lage in unserer Republik insgesamt durch eine hohe
politische Stabilität gekennzeichnet ist. Die staatliche Sicherheit wird
jederzeit zuverlässig gewährleistet.
Unter Führung der Partei
werden Angriffe auf die Grundlagen unserer Arbeiter‑und‑Bauern‑Macht
entschieden zurückgewiesen, bereits im Ansatz unterbunden. Ich unterstreiche
das, weil der Gegner und uns bekannte innere feindliche, oppositionelle Kräfte
auch bei uns nichts unversucht lassen,
antisozialistische
Gruppierungen zu schaffen, ihre Wirkungsmöglichkeiten und den Einfluß zu
erweitern, ein möglichst legales Betätigungsfeld zu erhalten.
Diese Kräfte und Gruppierungen
möchten in einen regelrechten Dialog mit der Partei und dem Staat treten und
uns unter Druck setzen.
Feindliche, oppositionelle
Kräfte stützen sich dabei besonders auf reaktionäre Kirchenkräfte, auf solche,
die die Kirche zu einem gesellschaftlichen Machtfaktor umfunktionieren wollen.
Unvermindert halten
Bestrebungen und Versuche an, die den Kirchen gewährten großzügigen
Betätigungsmöglichkeiten zu mißbrauchen. Die Kirchen sollen nach den
Vorstellungen des Gegners, der reaktionären Kirchenkräfte und Feinde zum
Sammelbecken, gewissermaßen zum Dach antisozialistischer Kräfte und
Gruppierungen werden.
Eingeordnet in die
gegnerischen Bestrebungen zur Schaffung einer inneren Opposition, eines
möglichst breiten inneren Druckpotentials gegen die Partei und Regierungen sind
Aktivitäten zum Verlassen der Republik auf ungesetzliche Weise oder durch
Antragstellung auf ständige Ausreise nach nichtsozialistischen Staaten und
Westberlin. Das MfS unternimmt unter Führung der Partei und im Zusammenwirken
mit den staatlichen Organen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften
große Anstrengungen, um diese Bestrebungen einzugrenzen und eine Veränderung
der Lage herbeizuführen. Das um so mehr, da daraus neben dem politischen auch
ein großer ökonomischer Schaden für uns entsteht.
In der tschekistischen Arbeit
sind wir vor allem und das dürfte aus den bisherigen Darlegungen deutlich
geworden sein ‑ mit wesentlich verstärkten ideologischen
Einwirkungsversuchen seitens des Gegners konfrontiert, vor allem über die
elektronischen Medien, über die Kontakte sowohl persönlicher Art aus auch auf
offizieller staatlicher, gesellschaftlicher, kommerzieller und kommunaler
Ebene.
Ein richtiggehender Plan, mit
den Geheimdiensten koordiniert.
Auf einen Aspekt, dem wir in
der politisch‑operativen Arbeit große Aufmerksamkeit beimessen, möchte
ich noch hinweisen.
Inspiriert und gesteuert vom
Gegner, sind wir seit geraumer Zeit mit Bestrebungen feindlicher Kräfte konfrontiert,
sich über Ländergrenzen hinweg zu formieren, Treffen mit Gleichgesinnten aus
anderen sozialistischen Ländern, Zusammenkünfte, Seminare usw. durchzuführen,
Aktivitäten abzustimmen ‑ u. a. auch mit antisozialistischen Kräften aus
westlichen Ländern ‑ und mit ihnen sogenannte blockübergreifende, gegen
den Sozialismus gerichtete Bewegungen zu schaffen.
Ich habe bereits in meinem
Referat auf der Beratung der Aufklärungsorgane der sozialistischen Bruderländer
die Notwendigkeit hervorgehoben, und ich spreche das heute nochmals an, weil es
unseres Erachtens ein dringendes Erfordernis ist, daß derartigen Plänen und Aktivitäten
möglichst von einheitlichen Positionen aus entgegengetreten sowie eine
gegenseitige Abstimmung und Unterstützung gesichert wird. Zumindest aber müßte
die gegenseitige Informierung der Bruderorgane über solche Aktivitäten
gesichert werden, an denen Personen aus anderen sozialistischen Ländern
beteiligt waren oder sind.
Im Zusammenhang mit der kurzen
Charakterisierung der operativen Lage muß ich auch die Einschätzung treffen,
daß wir in der politisch‑operativen Arbeit nicht nur den Angriffen des
Gegners von außen und den Aktivitäten innerer feindlicher, oppositioneller
Kräfte ausgesetzt sind, sondern seit geraumer Zeit ‑ und das ist
gewissermaßen neu für uns ‑ auch den Rückwirkungen bestimmter
Entwicklungen in einzelnen sozialistischen Ländern, zu denen ich bereits
ausführlich Stellung genommen habe.
Davon gehen nicht zu
unterschätzende Wirkungen aus, werden innere feindliche, oppositionelle Kräfte
ermuntert und inspiriert. Die politisch‑operative Lage wird dadurch
zunehmend beeinflußt und komplizierter.
Dies verlangt ein hohes Niveau
der Einschätzung des richtigen politischen Vorgehens.
Wir machen dies alles klug und
weise, aber kompliziert und schwer ist dies. Manchmal gibt es politische
Auffassungen, die heute vertreten und morgen aufgehoben werden.
Alles,
worüber wir heute gesprochen haben, besonders die ernsten Gefahren, die sich
für den Sozialismus daraus ergeben, sind vor allem mit unter dem Gesichtspunkt
zu sehen, daß auch die internationale Lage nach wie vor kompliziert und
widersprüchlich ist. Auf einigen Gebieten hat sie sich nach unserer
Einschätzung teilweise erneut verschärft.
Dies sind alles Fragen, womit
Gen. Gorbatschow konfrontiert werden wird. Kissingers Plan der USA über ein
neues politisches Engagement der SU für Osteuropa darf man nicht unterschätzen.
Wir teilen den Standpunkt der
CSSR in dem Artikel in der "Rude Pravo" zu den Fragen des
Weltsozialismus.
Das sind die
Grundfragen.
Bei allem "Europäischen
Haus" darf man nicht vergessen, daß dies zwar richtig ist für die gesamte
gesellschaftliche Entwicklung der Welt, aber das "Europäische Haus"
hat auch einige "Hintertüren". Die Grundfrage wird auch mit dem
"Europäischen Haus" nicht gelöst.
Bei allen
Menschheitsproblemen, die in den Vordergrund zu stellen sind, bleibt die Klassenfrage
bestehen, weil die Bourgeoisie auf den von ihr angehäuften Reichtum nicht
verzichten will. Sie werden ihren Reichtum vergrößern. Ich mußte diese
Ausführungen machen, weil sonst der Sinn unserer Arbeit als Staatssicherheit
verloren geht.
Das war ja auch ein
wesentlicher Bestandteil der Beratungen in den letzten Tagen. Dabei dürfte auch
der Standpunkt unseres Ministeriums deutlich geworden sein, von dem wir uns in
der operativen Arbeit leiten lassen. Möge man uns als Dogmatiker betrachten,
weil wir nach der Losung von Dzierzynski arbeiten:
klarer Kopf
heißes Herz
saubere Hände.
Wir sehen keinen Grund für
eine Entspannungseuphorie, sondern allen Grund für höchste Wachsamkeit, dafür,
keine Unterschätzung der Gefährlichkeit des Gegners und der inneren Feinde des
Sozialismus und ihrer Pläne und Machenschaften zuzulassen. Wir sehen zwingende
Notwendigkeit, alles zu tun, um Überraschungen sowohl von außen als auch im
Innern unserer Republik zu verhindern. Ich nutze die Gelegenheit dieses
Gesprächs, um eine Bitte an den Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit,
Genossen Armeegeneral Krjutschkow, heranzutragen.
Auf der multilateralen
Konferenz zur Bekämpfung der ideologischen Diversion im Oktober 1986 in Prag
wurde durch unser Ministerium die Bereitschaft erklärt, als Veranstalter der
nächsten multilateralen Konferenz im Jahre 1989 zu fungieren. Unseres Erachtens
gibt es jedoch einige Gesichtspunkte und Entwicklungen, die es nicht zweckmäßig
erscheinen lassen, die vorgesehene Konferenz in diesem Jahr durchzuführen.
‑ In einer Reihe sozialistischer Länder finden
im Zeitraum bis 1990 Parteitage sowie Parteikonferenzen bzw. ZK‑Tagungen
zu Problemen der ideologischen Arbeit statt, deren Beschlüsse eine wesentliche
Grundlage für die künftige inhaltliche Linie und die Organisation des Kampfes
der Bruderorgane gegen die ideologische Diversion und gegen die Aktivitäten
innerer feindlicher, oppositioneller Kräfte bilden müßten.
‑ Die gegenwärtige Entwicklung in einigen
sozialistischen Staaten lassen derart abweichende Positionen, Unklarheiten bzw.
Unsicherheiten darüber erkennen, welche Haltung künftig gegen Aktivitäten
innerer feindlicher Kräfte eingenommen und wie auch den unterschiedlichen
Versuchen des Gegners begegnet werden soll, von außen in die sozialistischen
Länder hineinzuwirken, so daß kaum die notwendigen Ergebnisse einer derartigen
Konferenz erreicht werden können.
Aufgrund dieser und weiterer
Gesichtspunkte hatten wir bereits den Vorschlag unterbreitet, entsprechende
Konsultationen mit dem Komitee für Staatssicherheit der UdSSR durchzuführen und
unter Beachtung der genannten Gründe sowie auch terminlicher Probleme seitens
der DDR einen Termin für die Durchführung der Konferenz frühestens für
September/Oktober 1990 vorzusehen. Wir sind an einer baldmöglichen
Verständigung über diese Frage interessiert.
Der Leiter der zuständigen
Diensteinheit unseres Ministeriums könnte auch kurzfristig nach Moskau kommen,
um über diese Fragen zu beraten.
Noch eine außerordentlich
wichtige Seite.
Ich habe aufarbeiten lassen,
wie viele Beweisdokumente über Verbrechen gegen die Menschlichkeit von
Personen, die sich in der BRD befinden, seit Jahren übergeben wurden, ohne daß
Maßnahmen zur Verfolgung dieser Straftaten getroffen wurden. Jetzt tritt der
Schönhuber auf. Als Jenninger im Bundestag auftrat, haben wir als
Staatssicherheit gesagt, dies ist die Aufforderung zum organisatorischen
Zusammenschluß der faschistischen Kräfte. Die Republikaner unter Schönhuber,
die NPD treten auf, aber die Verfolgung der Naziverbrecher erfolgt nicht. Jetzt
kommt Schönhuber und erklärt: Wir haben Kontakt mit Offizieren der Bundeswehr
und Mitarbeitern der Staatsapparates. Daraus ergeben sich außerordentlich große
Gefahren. Dem muß man große Beachtung schenken. Ich werde dieses Dokument dem
Generalsekretär vorlegen. Sie reden von Menschenrechten und welche Menschen
haben sie, die nicht verfolgt werden.
Jetzt komme ich zum dicksten "Brocken"
‑ zu dem Artikel in der "Moskowskaja Prawda" vom 30.3.1989 über
Stalin:
"Stalin war Agent der Ochrana"
(mächtiger zaristischer Geheimdienst).
Jetzt frage ich: Hat
die Staatssicherheit nicht die Kontrolle über die Archive übernommen, als die
Macht ergriffen wurde?
Gibt es noch solche Archive,
die nicht unter der Kontrolle der Staatssicherheit sind?
Sind die Dokumente noch da?
Wenn Stalin die Leute
liquidiert hat die davon Kenntnis hatten, warum hat er dann nicht die Archive
liquidiert?
Ich sage nicht, daß dies nicht
möglich ist. Ich stelle nur Fragen. Die einen schreiben: Es kann sein. Es muß
überprüft werden. Warum wird dann nicht überprüft? Warum wird dann so etwas
veröffentlicht?
Weitere Frage. Hat denn Stalin
als Ochrana‑Agent den Faschismus geschlagen? Es erhebt sich doch die
Frage, was er alles als Agent der Ochrana gemacht hat? Hat ein Agent der
Ochrana den Sozialismus aufgebaut? Hat die gesamte kommunistische Weltbewegung,
die Komintern eine solche Entwicklung genommen? Noch eine Frage: Wen wollt Ihr
noch gewinnen als Agentur für Euch?
Ich muß doch Angst haben, daß
Ihr unsere Agenturen auch preisgebt, wenn es die Möglichkeit gibt, in die
Archive einzusehen. Die Fragen werden schon gestellt. Ihr schadet Euch selbst
und uns bringt Ihr in die Zwangslage, ob wir Euch noch sagen können, woher wir
die Informationen haben.
Dies ist doch eine bodenlose
Gemeinheit. Dann bin ich doch auch ein Agent der Ochrana, da ich Aufträge der
Sowjetmacht erfüllt habe. Dann sind wir alle Agenten der Ochrana, weil wir
unter Stalin gearbeitet haben.
Vielleicht gibt es noch mehr
Archive, die Ihr nicht kennt? Wir haben alle Archive unter Kontrolle genommen.
Leider kommen wir in anderen Ländern nicht weiter. Aber in der DDR haben wir
dies in den Griff bekommen. Die Ergebnisse der Auswertung werden der
Parteiführung zur Entscheidung vorgelegt.
Durch solche
Veröffentlichungen diskreditiert man völlig den Sozialismus. Der ganze Glauben
junger Menschen an den Sozialismus geht doch verloren, wenn wir von einem
Agenten geführt wurden. Das verstehe ich nicht.
Wenn das so ist, daß Ihr die
Archive nicht in Euren Händen habt, dann habt Ihr einen großen Fehler gemacht.
So, wie ich Euch gesagt habe,
daß es nationalistische Elemente gibt in Armenien, Aserbeidshan usw. Jetzt sagt
Ihr selber, daß es vom Ausland bezahlte nationalistische Elemente gibt. Wir
glauben Euch. Aber vielleicht habt Ihr gar keine Beweise und erzählt dies nur.
Gen. Schebarschin: Ich
sitze hier wie ein Beschuldigter Ich bin nicht für diesen Artikel
verantwortlich.
Gen. Mielke. Überlegt
Euch, welche Schlußfolgerungen daraus zu ziehen sind. Bis jetzt ist dies im
Westen noch nicht so durchgesickert. Sie haben erst damit angefangen. Wenn sie
damit anfangen, wird die gesamte sozialistische Weltbewegung diskreditiert.
Die "Moskowskaja
Prawda" hat eine sehr große Auflage, etwa 1.000.000.
Zum Abschluß noch einige
Antworten zu den in den bisherigen Gesprächen aufgeworfenen Fragen:
1. Bin einverstanden mit der
Teilnahme der Residenten bei den Linienkonsultationen, aber außerordentlich die
Konspiration beachten (wenn dort auch ein Archivverwerter sitzt?).
2. Mit dem kurzfristigen
Einsatz von Mitarbeitern bin ich einverstanden.
3. Die Fragen des Eindringens
in automatisierte Systeme sind richtig gestellt.
4. Die Feststellungen zur
afghanischen Opposition sind richtig. Ein sehr guter Freund hat mir gesagt,
wenn man richtig mit der Armee einmarschiert wäre, hätte man das Problem
gelöst, aber nicht so als "militärischer Streifzug".
5. Mit Treffen der Parteikomitees
bin ich nicht einverstanden.
6. Über Kaderfragen kann man
sich austauschen. Aber dazu kommt der Leiter der HA KuSch (MfS-Hauptabteilung
Kader und Schulung).
Aber Parteikomitees nicht. Ich
weiß nicht, was Sie für Ideen haben. Dann habe ich nur neue operative Vorgänge
in meinem Ministerium
7. Mit der besseren
Zusammenarbeit und Koordinierung bezüglich der Sicherheitsorgane der
Entwicklungsländer bin ich einverstanden.
Auf der Konferenz haben wir
dies schon festgelegt. Aber es funktioniert nicht und der Feind profitiert
davon. Dann machen wir wieder Analysen, woher das kommt.
Ich habe dies alles gesagt,
aufgrund der Ausführungen des Gen. Schebarschin, die ich aufmerksam studiert
habe.
Mit den anderen Ausführungen
auf den einzelnen operativen Linien bin ich einverstanden. Man muß wirklich
überlegen, wie man das Problem der Überraschung besser ausschließen kann.
Ich bitte um Verzeihung, daß
ich über einige Fragen sehr lange gesprochen habe, aber erstens kommen wir
nicht so oft zusammen und zweitens dachte ich, daß Gen. Schebarschin dies Gen.
Krjutschkow vortragen wird und Gen. Krjutschkow dies in geeigneter Form Gen.
Tschebrikow übermittelt, der dann Gen. Gorbatschow informiert. Dies sind
Fragen, die im PBA (Politische Beratende Ausschuß, das Leitungsgremium der
Warschauer Vertragsorganisation) behandelt werden sollten, um in unseren
strategischen Plänen Klarheit zu schaffen, damit sich jeder daran halten kann
und sich niemand herausreden kann, daß wir keine strategischen Pläne haben.
Über den strategischen Plan muß man sich auseinandersetzen, dann wird man
sehen, wer die richtige Einschätzung hat. Es nützt nichts, nur allgemeine
Feststellungen zu treffen.
Man muß aufhören mit den zur
Zeit grassierenden Veröffentlichungen in der Sowjetunion, die den gesamten
Weltsozialismus diskreditieren. Wir waren als junge Menschen bereit, für diese "hehre"
Sache in den Tod zu gehen.
Das hat nichts damit zu tun,
daß Stalin vielleicht Agent war oder Verbrechen begangen hat.
Es geht doch um die Idee. Die Kirche
glaubt heute noch an Gott, obwohl ihn noch keiner gesehen hat. Dann hätten wir
doch Sozialdemokraten bleiben können. Dann wäre die Oktoberrevolution nicht
nötig gewesen. Sie ist schuld an der ganzen Intervention, dem Bürgerkrieg usw.
Lenin trägt die Schuld. Dann muß man eben eine andere Theorie erarbeiten.
So stehen die Grundfragen in
der Weit. Danke für die Aufmerksamkeit.
Gen. Schebarschin: Ich
werde mich bemühen, nicht lange zu sprechen. Aber zu einigen Fragen muß ich
etwas sagen. Ich kann nicht auf alles antworten. Dies wäre leichtsinnig von
mir.
Zunächst herzliche Grüße von
Gen. Krjutschkow und der Leitung des KfS sowie vielen unserer Tschekisten, die
Sie kennen und die Sie nicht kennen.
Ich bin sehr berührt von der
Möglichkeit, in der DDR zu weilen, etwas vom Leben der Republik kennenzulernen
neben den Fachfragen, die ich mit meinen Kollegen besprochen habe.
Ich bin sehr zufrieden mit den
Ergebnissen unserer Beratung. Das Programm war sehr angespannt. Wir haben
versucht, alles zu erledigen. Wir waren in Dresden, eine wunderbare Stadt.
Haben Berlin gesehen. Wir waren im Schauspielhaus und in einer LPG.
Die Ausführungen von Castro
und Gorbatschow in Kuba waren sehr interessant.
Gen. Mielke: Jetzt
spricht Gorbatschow in England.
Gen. Schebarschin: Vielen
Dank, was wir alles gesehen haben. Der Eindruck ist sehr gut und sehr positiv.
Ich habe gesehen, daß der Sozialismus eine Perspektive hat. Es wird organisiert
und angestrengt gearbeitet. Die LPG war sehr beeindruckend. Auch der sehr
energische 1. Sekretär der KL Meißen (KL = Kreisleitung).
Wir haben auch gesehen, daß
der Sozialismus nicht auf einmal aufgebaut wurde, daß es auch schwer war. Wir
haben gesehen, welche kolossale Arbeit die Partei geleistet hat. Wir haben
gesehen, unter welch komplizierten Bedingungen sie leben und arbeiten. Wir
waren am Brandenburger Tor, sahen den Imperialismus als Realität, waren im
Traditionskabinett.
Dies hat auf uns einen großen
Eindruck gemacht, besonders die politische, die wissenschaftlich-technische
Arbeit der Tschekisten. Wir haben die feste Absicht, die Zusammenarbeit mit dem
MfS der DDR weiter auszubauen und zu festigen, auf der Grundlage der Prinzipien
des Internationalismus und im Interesse des Sozialismus und unserer gemeinsamen
Sache.
Damit können wir den Inhalt
und das Wesen unserer Diskussion zusammenfassen. Wir haben die konkreten Fragen
behandelt und werden sie gewissenhaft erfüllen. Über die internationale
Situation habe ich bereits in meinen Ausführungen bei Gen. Großmann gesprochen.
Diese sind Ihnen bekannt.
Zur Frage der Überraschung von
außen habe ich auch schon gesprochen.
Was sie sagten, ist völlig
richtig, daß auch Überraschungen im Innern nicht zugelassen werden dürfen. Die
Möglichkeiten für die Erweiterung der Zusammenarbeit sind groß. Das Leben zeigt
uns dies. Unsere Führung mißt dieser Sache große Bedeutung bei. Das hat Ihnen
auch Gen. Gorbatschow gesagt beim Empfang anläßlich Ihrer Auszeichnung. Unsere
Partei orientiert auf die Festigung der Zusammenarbeit.
Ich werde nicht sprechen über
die Umgestaltung in der Sowjetunion. Das lesen Sie jeden Tag.
Gen. Mielke: Die
einfachen Menschen sagen, es wird viel gesprochen, aber wo bleiben die
Resultate. Wann kommt es zu Veränderungen?
Gen. Schebarschin: Diese
Fragen stellen auch die einfachen ehrlichen Menschen bei uns.
Nach den Wahlen wurde in der
Sitzung des PB die Schlußfolgerung gezogen, daß das ganze Volk für die Perestroika
ist.
Alle sind der Meinung, daß es
notwendig ist. Aber viele sind unzufrieden mit dem Verlauf, wie es praktisch
realisiert wird. Natürlich ändern sich auch die Bedingungen für die Tätigkeit
der Staatssicherheit. Es gibt für die Aufklärung positive Momente. Die
Perestroika zieht viele Freunde an. Die Möglichkeiten für Kontakte erweitern
sich für uns. Das werden wir natürlich ausnutzen. Was Sie angesprochen haben,
Leute zu gewinnen, die Angst haben, daß sie entlarvt werden, dies ist nicht
einfach.
Aber es gibt auch negative
Seiten, z. B. diese Publikationen. Was über Stalin, über die Tscheka
geschrieben wird, dies stößt die Leute von uns ab, stört unsere Arbeit.
Ich habe vor dem Kollektiv der
Vertretung gesprochen über die Arbeit. Wir haben auch über die Fakten
gesprochen, die uns in der Arbeit stören, rein vom Fachlichen her. Aber es gibt
auch politische Aspekte. Wir hoffen ‑ ich will nicht sagen, daß wir überzeugt
sind ‑, daß hier Ordnung geschaffen wird. Unsere Jugend hat billige
Sensationen.
Gen. Mielke: Weil
Sie nicht überzeugt sind, sondern nur hoffen, möchte ich einen bekannten
deutschen Dichter zitieren: "Noch am Grabe pflanzt er die Hoffnung
ein!"
Gen. Schebarschin: So
pessimistisch sind wir nicht. Im Prozeß der großen Veränderungen macht die
Partei alles, damit diese Veränderungen positive Veränderungen bringen, daß wir
uns schnell entwickeln, daß wir die Bedürfnisse unserer Bevölkerung befriedigen
und unsere Freunde und Verbündete sich sicher fühlen können. Aus all diesen
Gründen ist diese riskante Sache eingeleitet worden.
Wir werden alles tun, damit dieser
Prozeß der Umgestaltung positive Ergebnisse bringt. In diesem Prozeß sind
negative Erscheinungen aufgetreten und werden noch auftreten, z.B. was Glasnost
und Demokratie im negativen Sinne betrifft. An die Oberfläche sind Abenteurer
getreten, die Ziele verfolgen, die weit entfernt sind von den Zielen des
Sowjetvolkes.
Es gibt schon solche Stimmen,
wozu war die Oktoberrevolution notwendig. Sie beginnen, Lenin anzugreifen. Ich
bin überzeugt von den gesunden Kräften unserer Gesellschaft, daß die entsprechende
Ordnung hergestellt wird.
Solche Heuchler und Demagogen
machen nicht das "Wetter", obwohl sie verstärkt auftreten. Der Nationalismus,
die Ausnutzung der Probleme durch den kapitalistischen Gegner sind ernste
Fragen.
Es wäre nicht real, darauf zu
hoffen, daß man dies nur mit Mitteln der Staatssicherheit regeln kann, obwohl
die Staatssicherheitsorgane ihren entsprechenden Beitrag leisten müssen. Das
Ausmaß dieses Problems ist viel größer, weil im Herbst die Wahlen zu den
Obersten Sowjets der Unionsrepubliken anstehen. Ich schließe nicht aus, daß es
dabei bestimmte unangenehme Überraschungen geben kann. Es wird gearbeitet. Aber
wir wissen natürlich, daß nicht nur das KfS, sondern auch alle anderen
staatlichen Organe ihre Anstrengungen verdoppeln und verdreifachen müssen.
Zu Ihrem Standpunkt der
Kontakte dieser Elemente über die Grenzen hinweg, denke ich, daß wir den
Informationsaustausch in diesen Fragen unbedingt organisieren müssen.
Gen. Mielke: Diese
Fälle haben jetzt große Bedeutung. Der Feind nimmt von außen Einfluß. Nicht in
einfacher Art. Dies erfolgt viel komplizierter. Sie haben völlig recht. Die
ideologischen Fragen, das Bewußtsein ist "angekratzt". Es gibt
schwankende Menschen.
Das werden wir auch in das
Programm unserer Arbeit aufnehmen. Die feindlichen Kräfte sind meistens aktiver
als die positiven Kräfte.
Gen. Schebarschin: Hinsichtlich
der Angriffe auf die Werte der Oktoberrevolution habe ich meine Meinung gesagt.
Was die Äußerung von Castro betrifft, muß man ihn selber fragen. Als Tschekist
und Mitglied der KPdSU bin ich der Meinung, daß die Frage zumindest bei uns
nicht steht, die führende Rolle der Partei oder die Macht aufzugeben. Was die
anderen Länder betrifft, da gibt es besorgniserregende Prozesse, die auf
höchster Ebene besprochen werden sollten.
Was die
Staatssicherheitsorgane betrifft, ist unsere Linie klar, daß es die Linie der Partei
ist, ob es jemand gefällt oder nicht.
Wir erfüllen die Befehle und
Weisungen der Partei, führen die Politik der Partei durch. Wir machen nicht die
Politik, sondern führen sie durch.
Gen. Mielke: Eine
sehr wichtige Sache. In der ganzen Geschichte der Staatssicherheit ‑ wenn
man ehrlich analysiert ‑ hat die Staatssicherheit immer rechtzeitig über
wichtige Ereignisse informiert. Aber nicht immer haben die Führungen diese
Informationen aufgegriffen und Entscheidungen gefällt. Sie haben sie nur
gelesen, aber keine Schlußfolgerungen gezogen.
Es ist nicht ganz richtig, daß
wir die Politik der Partei nur durchführen. Unsere Informationen müssen sich
auch niederschlagen in der Politik der Partei.
Wenn im Betrieb Unordnung ist
und Sabotage betrieben wird, muß man doch dafür sorgen, daß Ordnung geschaffen
wird. Dazu sind Weisungen erforderlich. Ich bitte, nicht zu bescheiden zu sein.
Dies hat nichts damit zu tun, daß man sich über die Partei stellt.
Auf den
Parteiwahlversammlungen, wo die 1. Bezirkssekretäre anwesend waren, habe ich
gesagt: "Ich bitte unsere Genossen Parteisekretäre, daß noch mehr die
Informationen zur Veränderung der Lage genutzt werden und daß wir uns
verpflichten, dran zu bleiben, daß die Lage verändert wird". Ein wichtiger
Grundsatz.
Gen. Schebarschin: Wir
geben ehrliche, auch scharfe Informationen. Wir sind nicht schüchtern. Wir
sehen manchmal in den Entscheidungen der Partei, wie sich dies widerspiegelt.
Gen. Mielke: Ich
habe Ihre Ausführungen mit denen des Gen. Gorbatschow verglichen.
Gen. Schebarschin: Zur
Ökonomie. Diese Frage ist uns klar. Es ist für uns die komplizierteste Frage.
Es geht darum, die legitimen Interessen des sowjetischen Volkes zu befriedigen.
Wir geben die Planwirtschaft nicht auf. Wir haben den Agrarkomplex liquidiert,
den Apparat, der sich mit 300.000 landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigte.
2.500 Menschen haben dies geleitet. Dies ist das Problem, das wir lösen müssen.
Bei Euch steht dieses Problem zum Glück nicht. Was den "absterbenden
Kapitalismus" betrifft, so ist dies klar. Nicht alle von uns arbeiten mit
dem nötigen Verantwortungsbewußtsein.
Gen. Mielke: Man
kann nicht nur die eine Seite aufzeigen. Dann würde die Logik wegfallen, welche
Gesellschaftsordnung die beste ist.
Gen. Schebarschin: Wir
können nicht einverstanden sein, daß die Armee und die Organe außerhalb der
Partei stehen. Eine solche Fragestellung ist für uns nicht annehmbar.
Gen. Mielke: Sie
dürfen auch nicht in die Hände von Jelzin kommen.
Gen. Schebarschin: Dies
ist auch ein Problem. Nicht das größte. Auf der Welle von bestimmten
Versprechungen und Demagogie ist er hochgekommen. Er hat sich mit zweifelhaften
Beratern umgeben.
Gen. Mielke: Auf
keinen Fall darf man ihm etwas unterschieben, was nicht ist. Dann bekommt er
noch Zulauf. Die guten Leute muß man mobilisieren. Solshenizyn war auch ein "Agent"
und soll jetzt zurückkommen.
Gen. Schebarschin: Zur
Arbeit des Gegners unter den neuen internationalen Bedingungen. Wir spüren, daß
der Gegner den Druck auf uns verstärkt, auf unsere Gesellschaft, auf die
Organe, auf unsere Verbündeten.
Es erhöht sich die Zahl der
Werbungsversuche gegenüber unseren Menschen im Ausland. Es wird versucht, uns
durch neue Veröffentlichungen neue Themen unterzuschieben, woran unsere
Publizisten noch nicht herangekommen sind (Radio Liberty u. a.).
Wir haben keine Illusionen.
Dies wäre nicht nur
verhängnisvoll, sondern verbrecherisch. Wir haben nicht die Absicht, uns zu
entwaffnen bezüglich unserer Arbeit. Vielen Dank für die Information zur
operativen Lage in der Republik. Es ist angenehm zu hören, wie unsere deutschen
Genossen ‑ wie auch wir ‑ nach den Lehren von Dzierzynski handeln.
Wir haben daran nicht gezweifelt. Hinsichtlich der Beratung zur PID
(politisch-ideologische Diversion) scheint mir Eure Haltung, Euer Herangehen
vernünftig zu sein. Das muß man in Moskau beraten.
Gen. Mielke: Man
kann die Sitzung des PBA abwarten, was sich daraus ergibt, daß man dort über
die strategischen Pläne Klarheit schafft. Dann ist es für uns leichter, zu
arbeiten.
Gen. Schebarschin: Dann
wäre es für uns viel leichter, zu arbeiten.
Gen. Mielke: Danke
für die übergebenen Informationen.
Wir haben uns bemüht, auch
einige wertvolle Informationen zu übergeben. Es muß ein inneres Bedürfnis sein,
daß man seinen Freunden hervorragende Informationen gibt, damit sie besser
arbeiten können, so wie wir dankbar sind für bedeutende Informationen.
Besonders auf dem Gebiet SWT (Sektor Wissenschaft und Technik, insbesondere
Industriespionage und Embargobruch) müssen wir weiter arbeiten.
Hier ist eine entscheidende
Schlacht zu schlagen. Es wurde ganz richtig gesagt, daß man die Verteidigungsindustrie
umgestalten muß. Dies ist nicht so einfach, Verteidigungsproduktion in den
zivilen Bereich zu übergeben. Aber sicher kann man eine Menge machen. Man hat
vergessen, eine Menge zu tun.
Herzlichen Dank für die gute
Einschätzung der Zusammenarbeit. Hoffentlich tritt ein, daß wir unsere Arbeit
verbessern und verstärken. Man muß beachten, daß sich die Fortsetzung
bestimmter Veröffentlichungen in der Parteiführung unangenehm bemerkbar machen
oder daß gestützt auf Glasnost und Perestroika Dinge geredet werden, die vom
Feind gegen die Parteiführung genutzt werden können. Dies hat seine
Auswirkungen.
Ich spreche nicht von der
Staatssicherheit. Es gibt auch "liberale" Leute, die dies alles
aufgreifen, ohne sich im klaren zu sein, was soll Perestroika und Glasnost.
Und wenn unsere sowjetischen
Genossen manchmal nicht sehr taktvoll arbeiten, entstehen Diskussionen, die als
Informationen nach "oben" kommen, kann eine komplizierte Lage
eintreten, daß man sagt, was ist dies für eine Zusammenarbeit. Dann wirkt sich
dies auch auf die Staatssicherheit aus. Das muß man beachten. Das bringt
Schwierigkeiten für die Zusammenarbeit. Ich habe nur einige Probleme
aufgeworfen, die unsere Arbeit stören, wie der Nationalismus usw. Diese Sache
muß man als allgemeinen Auftrag an alle ehrlichen, loyal eingestellten Leute
der Welt geben.
Man muß alle Kräfte vereinigen
gegen die, die gegen den Leninschen Plan der Vereinigung in der Sowjetunion
auftreten.
Besondere Aufmerksamkeit
darauf, daß keine Überraschungen erfolgen. Wenn eine Sache erst läuft, ist es
schwer, dies aufzuhalten. Alles Gerede über unsere gute Arbeit ist nichts wert,
wenn wir die Arbeitsproduktivität nicht wesentlich erhöhen und wenn wir nicht
besser arbeiten als die Kapitalisten. Dann wird uns keiner mehr abnehmen, daß der
Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus die bessere Gesellschaftsordnung ist.
Wir dürfen uns nicht von der
Konspiration der Bourgeoisie täuschen lassen. Ein glänzendes Beispiel dafür ist
die Sache mit den Lance‑Raketen. Es ist hochinteressant, was die Einzelnen
dazu sagen.
Laßt uns den Austausch der
Informationen verstärken und beschleunigen und nicht länger warten, daß wir vom
Feind hören, was es gibt. Es gibt Verbesserungen, aber noch nicht genügend. Wir
brauchen, was bei der Thatcher war. Wir bemühen uns, Informationen zu den
vorgesehenen Reisen nach Bonn, Frankreich und Italien zu beschaffen. Das machen
wir alles. Herzlichen Dank. Ich bitte, die Grüße zu erwidern.