Erich und Mathilde Ludendorff / Erich Meinecke (Hrsg.)

 

Die machtvolle Religiosität der Deutschen vor 1945

 

Dokumente zur deutschen Religions‑ und Geistesgeschichte 1933‑1945 ‑ Der Kampf um die geistige Führung zwischen dem Haus Ludendorff, dem Nationalsozialismus und den Kirchen

 

Schon lange vor der Machtergreifung des Nationalsozialismus entwickelte sich eine tiefgreifende Auseinandersetzung zwischen dem Haus Ludendorff einerseits und dem Nationalsozialismus, den Kirchen, dem Mosaismus und deren Ablegern andererseits. Von Seiten des Nationalsozialismus, der Kirchen und des Mosaismus fürchtete man zusehends die Kritik aus dem Haus Ludendorff, die immer mehr die wesentlichen Mängel bloßlegte. Als der Nationalsozialismus dann an die Macht gekommen war, sorgte dieser sehr bald dafür, daß dem Wunsch aus den eigenen Reihen und aus den Reihen der Kirchen entsprochen wurde: Die meisten Organe der sog. Ludendorff­-Bewegung wurden verboten, insbesondere der Tannenbergbund, die philosophisch‑kulturelle Vereinigung Deutschvolk und die beiden Wochenzeitungen Ludendorffs Volkswarte und Vor'm Volkgericht. Einige Mitglieder der Bewegung kamen auch ins KZ. Hitler hatte jedoch das große Problem, daß viele aus der damaligen Wehrmachtsführung Erich Ludendorff verehrten und seinen Rat schätzten. Hitler fürchtete zu Recht, wie wir heute wissen, daß führende Kreise in der Wehrmacht sich nicht an ihm sondern an Ludendorff orientieren und sich in den Widerstand begeben könnten. Nach den Verbotsmaßnahmen entwickelten die beiden Ludendorff die philosophische Beilage der verbotenen Volkswarte zu einer neuen eigenständigen Zeitschrift. Diese Zeitschrift begann mit einer Auflage von wenigen tausend Exemplaren. Innerhalb kurzer Zeit wurde sie zur führenden freiheitlich‑rechtsstaatlich‑völkisch orientierten, dem Nationalsozialismus weitgehend fernstehenden Zeitschrift, die sich von philosophischer und kulturkritischer Warte aus mit dem Zeitgeschehen auseinandersetzte. Bis 1939, als man der Zeitschrift dann einfach das Papier entzog, erlangte sie eine Auflage von rund 90.000 Stück. Für eine auf einem hohen intellektuellen und moralischen Niveau stehende, halbmonatlich erscheinende und obendrein im Rahmen der von der herrschenden Diktatur gezogenen Grenzen weitgehend oppositionellen Zeitschrift war das höchst sensationell. Es ist klar, daß ihr Einfluß gefürchtet war. Obwohl sie in den maßgebenden Kreisen des Nationalsozialismus' nicht gelesen werden durfte und das Propagandaministerium ständig irgendwelche Vorschriften machte, wirkte sich ihr Einfluß innerhalb der NSDAP und ihrer Gliederungen, in der Wehrmacht und in den Kirchen zunehmend aus. Dazu kam eine wachsende Flut von Büchern und Schriften in oft sehr hohen Auflagen. Das vorliegende Buch bringt wesentliche Dokumente, die das Ringen der Ludendorff‑Bewegung um die geistige Führung in Deutschland erkennbar machen. Es gab führende kirchliche Kreise, die heilfroh waren, als der Krieg ausbrach und der Zeitschrift das Papier entzogen wurde. Die Abwendung von den Kirchen hatte vor allem aufgrund der tiefgreifenden Kritik seitens der Ludendorff‑Bewegung ein erhebliches Ausmaß angenommen. Innerhalb der SS war diese Abwendung besonders weit gediehen. 1937 sah sich Hitler sogar gezwungen, wegen der oppositionellen, Erich Ludendorff zugeneigten Einstellung von Wehrmachtsführern (Beck, Blomberg, Fritsch u.a.), eine philosophische Vereinigung der sog. Ludendorff-­Bewegung wieder zuzulassen und sie rechtlich sogar den Kirchen gleichzustellen! Zur gleichen Zeit organisierte Hitler aber die Ermordung Ludendorffs, die jedoch mißlang.

 

Die hier vorgelegte Dokumentation öffnet den Blick auf ein Geschehen, das von den Kirchen und anderen Kreisen bis heute systematisch  totgeschwiegen wird. Wie intensiv dieses Totschweigen funktionierte, dafür ein Beispiel. Als ich 1959 an der sog. Freien Universität Berlin eine Doktorarbeit zu dem Thema Völkische Bewegungen im Gegensatz zum Nationalsozialismus vor der Machtergreifung angefangen hatte, eröffne­te mir mein sog. Doktorvater, Prof. und CDU‑Abgeordneter Kotowski, daß er zwar hinter mir stünde, wenn ich wissenschaftlich einwandfrei ar­beitete, daß aber sonst keiner der Prüfer, egal was ich schreibe, die Ar­beit abnehmen würde. So sehr war also das Thema selbst in Wissen­schaftskreisen tabuisiert. Dafür hat man nicht nur während des Dritten Reiches, sondern auch danach, wo sich das Totschweigen nicht aufrechterhalten ließ, über die sog. Ludendorff‑Bewegung weitgehend Unsinn und Hetze verbreitet.                                                  Roland Bohlinger

350 Seiten, gebunden, illustriert, 26,80 Euro

 

Bestellungen sind zu richten an die Verlagsauslieferung Dietrich Bohlinger, Postfach 1, D-25884 Viöl / Nordfriesland, Telefax: 04843 - 1087

 

Anmerkung: Kaum ein Vorgang nach 1945 ist für die Umerziehung, Manipulation und Selbstzensur des Deutschen Volkes so signifikant wie der Umgang mit Ideen und Bewegung der Eheleute Ludendorff. Der Verräter Hitler hatte versagt, der Nationalsozialismus und die beiden großen Amtskirchen hatten versagt, nur die Eheleute Ludendorff hatten in allen wesentlichen Punkten Recht behalten. Die Konsequenz war: Ein katholischer Rotarier als "Kanzler der Alliierten", der Verfasser und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze als Personalchef im Kanzleramt, aber keine Pension für die Witwe des Generals, der die mehrfach überlegene zaristische Armee in drei berühmt gewordenen Schlachten aus Ostpreußen geworfen hatte. Einige Beweise dafür, daß Ludendorff in vielen Punkten richtig lag, finden wir bei Bronder ("Bevor Hitler kam") und bei Eggert ("Israels Geheimvatikan") und allein schon wegen seiner konsequent antifreimaurerischen Haltung bleibt er für kritische Geister aktuell.