Kitchener in Faschoda
oder
Die Geschichte hinter der Geschichte
(...) Der Fehlschlag der
ersten Expedition von Ägypten zum Sudan (1885) schob die Krise hinaus, und die
folgenden Jahre nutzte Großbritannien, um diplomatische Vereinbarungen mit
Deutschland, Italien und dem Kongo‑Freistaat unter Dach zu bringen, durch
die das ganze Obere Niltal bis zu den großen Seen als britische
Interessensphäre anerkannt wurde. Nach diesen Vorbereitungen entsandte England
1898 ein neues Expeditionskorps unter Kitchener zur Rückeroberung in den Sudan.
Kitchener schlug die Sudanesen bei Omdurman, drang weiter nach Süden vor und
stieß auf eine französische Kolonne unter Oberst Marchand, die vom Tschad‑See
ostwärts vorgedrungen war und bei Faschoda die französische Flagge gehißt
hatte. Diese Provokation war unklug von den Franzosen, denn Frankreich konnte
sich, wie seine Regierung schnell erkannte, einen kriegerischen Konflikt nicht
leisten. Für kurze Zeit schien jedoch durch den Zwischenfall von Faschoda ein
Krieg zwischen Frankreich und England ernstlich zu drohen. Er zeigte auch, wie
sehr die Rivalität der Großmächte in Afrika allgemein ihre Beziehungen
zueinander verschlechterte und die internationalen Spannungen erhöhte. Immerhin
war der Zwischenfall von Faschoda der letzte seiner Art. Nur dauernde
französisch‑deutsche Eintracht, mit der keinesfalls zu rechnen war, hätte
die Ausdehnung der britischen Herrschaft in Frage stellen können. Nach 1898 war
keine Macht in der Lage, Großbritannien in Afrika noch Widerstand
entgegenzusetzen. (...)
Quelle: "Europäisches Gleichgewicht und Imperialismus" von Geoffrey
Barraclough in "Propyläen Weltgeschichte", Berlin / Frankfurt am Main
1960, Band 8, S. 721
Der bekannte französische
Schriftsteller und Politiker Lucien Pemjean erwähnt in seinem Buche "La
Maffia judéo-maconnique" (Paris 1934), daß er 1895 in London mit dem
jüdischen Hochgradmaurer Lucien Wolf, maßgebendem Schriftleiter des "The
Daily Graphic", eine Unterredung hatte. In dieser erwähnte Wolf, daß der
in den Panamaskandal verwickelte Jude Dr. Cornelius Herz, der sich damals in
England befand, Namen und Scheckabschnitte von 104 französischen Staatsmännern
und Politikern an den englischen Staatssekretär für die Kolonien Sir Michael
Hicks-Beach abgetreten hatte. Die englische Regierung hatte durch diese
Scheckabschnitte der schwer belasteten französischen Politiker ein Druckmittel
in der Hand, von dem die Öffentlichkeit nichts wußte und ahnte.
Pemjean schrieb dazu:
"In der Folgezeit hatte ich mehr als einmal Gelegenheit, an diese
peinliche Unterredung zu denken. Dies war besonders der Fall, als drei Jahre
später Lord Kitchener kampflos von Faschoda unseren tapferen Marchand
davonjagte, der dort unsere Trikolore aufpflanzen wollte.
Die öffentliche Meinung stöhnte vor Unwillen und Schande, als sie erfuhr,
daß unser großer Pionier auf ausdrücklichen Befehl Englands von der
französischen Regierung die Weisung erhalten hatte, sich vor den englischen
Truppen zurückzuziehen.
Sie wußte nicht, warum! ... Ich aber verstand es."
Quelle: "Geheimschlüssel zur Weltpolitik" von Ludwig Pauler,
1938 (Nachdruck 1993), S. 79