Im Gleichschritt

 

Wie Zeugen Jehovas, Nazis und Zionisten gleichzeitig die Verpflanzung der europäischen Judenheit nach Palästina betrieben

 

(...) Was die Wachtturm‑Gesellschaft betrifft, so zeigte sich unter (Joseph Franklin) Rutherford (dem Nachfolger des Sektengründers Russel) zu Beginn der 30er Jahre ein erschreckender Wandel im Hinblick auf die Juden. Ab 1932 vertrat die Wachtturm‑Gesellschaft den Standpunkt, daß die zionistischen Verheißungen der Bibel nicht den Juden gelten. Der Zionismus wurde ab jetzt als Teufelswerk betrachtet. Die Juden seien aus selbstsüchtigen und sentimentalen Beweggründen, ohne Hilfe von seiten Gottes, nach Palästina zurückgekehrt. (Joseph Franklin Rutherford, Rechtfertigung, Wachtturm-Gesellschaft 1932, S. 258f)

 

Bemerkenswert ist der bis 1939 fortschreitende Einzug antisemitischer Äußerungen in die Publikationen der Wachtturm‑Gesellschaft. Die Aussagen Rutherfords in der Wachtturm‑Literatur sind nicht nur mitschuldig an der Verbreitung des Antisemitismus überhaupt, sondern unterstützten auch konkret die antisemitische Politik Hitlers. Die Publikationen aus diesen Jahren enthalten oft antisemitische Artikel; in dem Buch "Feinde" (1937) bedient sich Rutherford im Hinblick auf die Juden solcher Wörter wie "Naivlinge" und "Einfaltspinsel".

 

Kurze Zeit vor der berüchtigten "Reichs‑Kristallnacht" veröffentlichte die Wachtturm‑Gesellschaft in der Zeitschrift "Trost" vom 15. Juli 1938 einen Artikel, der gegen die Juden gerichtet war und in ganz Deutschland verbreitet wurde. (Manfred Gebhard, Eine Dokumentation über die Wachtturmgesellschaft, Leipzig 1971, S. 169) Nachdem er das hebräische Volk diffamiert hatte, indem er u.a. behauptete, es habe einen Bund mit der Organisation des Teufels geschlossen, endete der Artikel mit den Worten:

 

"Die Juden sind ein lebendiges Bild dafür, wie furchtbar es ist, den Segen Jehovas nicht zu besitzen. Abgeschnitten von der Gunst Gottes, sind sie auch hier ohne Ruhe. Wind säend, ernten sie Sturm! Wie lange noch?"

 

Die Wachtturm‑Gesellschaft bediente sich nicht nur in Ihren Publikationen ‑ ebenso wie die Nazis ‑ antijüdischer Ausdrucksweisen, sondern die Zeugen Jehovas verwandelten sich sogar mit einem Mal in Antisemiten. (Robin de Ruiter, Precaución! ... Testigos de Jehová, Chihuahua/Mexiko 1992, S. 219)

 

Rudolf Höss, der Kommandant des KZ‑Lagers Auschwitz, sagte dazu: "Eigenartigerweise waren alle Zeugen Jehovas davon überzeugt, daß die Juden nun gerechterweise zu leiden und zu sterben hätten, weil ihre Vorväter einst Jehova verrieten." (Rudolf Höss, Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen, Stuttgart 1958, S. 117)

 

Es sei noch hinzugefügt, daß die Wachtturm‑Gesellschaft in dieser Zeit nie offiziell gegen die Judenverfolgung protestiert hat.

 

Vollzog aber nun Rutherford den Umschwung bezüglich der Juden freiwillig?

 

Bis auf den heutigen Tag hat man keine befriedigende Antwort auf Rutherfords Wandlung gefunden. Man hat vermutet, daß er wegen der politischen Situation in Deutschland alle Berührungspunkte mit den Juden beseitigen wollte, damit der Predigtdienst weitergeführt werden konnte. Das ist aber unlogisch, denn diese Wandlung hatte weltweit gravierende Folgen: millionenfach gedruckte Publikationen verloren ihren Wert, und es gab schwerwiegende interne Auseinandersetzungen.

 

Angesichts des Haavara‑Transfer‑Abkommens zwischen der deutschen Regierung und der zionistischen Bewegung tauchen jedenfalls folgende Fragen auf: Beendete die Wachtturm‑Gesellschaft tatsächlich ihre Arbeit zugunsten der zionistischen Bewegung, als sie den Umschwung bezüglich der Juden vollzog? Können wir, in Anbetracht der Millionen Exemplare von Zeitschriften und Büchern der Sekte, die das hebräische Volk beleidigten und im ganzen deutschen Reich verbreitet wurden, ausschließen, daß die Attacken der Wachtturm‑Gesellschaft gegen die Juden ihr damaliges geistiges Umfeld beeinflußt haben? Verursachten nicht die antisemitischen Attacken in allen Teilen Deutschlands eine Zunahme der Anstrengungen der Juden, nach Palästina auszuwandern?

 

Schließen wir dieses Kapitel mit den Worten des bedeutenden jüdischen Schriftstellers J. G. Burg ab: "Der Zionismus ist nicht nur geistig verwandt mit dem Antisemitismus, er kann ohne ihn überhaupt nicht leben. Das furchtbare ist, daß gerade die Zionisten allergrößtes Interesse am Antisemitismus haben. Je mehr Unrecht die Juden in der Weh erleben müssen, je mehr sie verfolgt werden, desto besser stehen die Chancen der Zionisten. (J. G. Burg, Schuld und Schicksal, Oldendorf 1972, S. 32)

 

Quelle: "Die geheime Macht hinter den Zeugen Jehovas" von Robin de Ruiter, Durach 1995, S. 152 - 154

 

Anmerkung: Zu dem gleichen Sachverhalt hat dem Nobelpreisträger Ostwald einmal der berühmte jüdische Maler Max Liebermann aus Berlin (1847-1937), Präsident der Preußischen Akademie der Künste, Träger des Ordens Pour le Mérite (Friedensklasse) und des Adlerschildes des Deutschen Reiches, in seiner bekannten sarkastisch-offenen Art angedeutet: "Wissen Sie, das mit dem Antisemitismus wird erst was werden, wenn's die Juden selbst in die Hand nehmen!"