Reinhard Gehlen

 

Bruchlose Weiterverwendung

 

Reinhard Gehlen (1902‑1979), seit 1920 in der Reichswehr, erhielt ab 1933 eine Generalstabsausbildung und wurde im April 1942 im Generalstab des Heeres als Chef der Abteilung »Fremde Heere Ost« zuständig für die nachrichtendienstliche Gegneraufklärung im Osten. Dabei arrangierte er sich in besonderem Maße mit der SS. Nach der Ankündigung des sowjetischen Angriffs auf Berlin wurde Gehlen entlassen und stellte sich den Amerikanern. Bei seiner Befragung im Juni 1945 gab der Spezialist gezielt seine Informationen preis. Die Mitschrift des Interrogation Centers der 7. US‑Armee liest sich wie das Bewerbungsschreiben für den amerikanischen Geheimdienst. Dabei mußte Gehlen weder Überzeugung noch Jargon wechseln. Gerade indem er sich nicht verstellte, sagte er den Amerikanern, was sie hören wollten. Der vernehmende Offizier bemerkte: Gehlen »ist Anti-Kommunist und erwartet einen russisch‑alliierten Konflikt«.

 

Bereits ab März 1945 hatte Gehlen sich auf die Niederlage vorbereitet, indem er seine Mitarbeiter und Archive außer Reichweite der Roten Armee schaffte. Im Juli 1946 entstand die »Organisation Gehlen«: Gehlen arbeitete in den USA für die amerikanische Ostaufklärung und prägte dort das Bild des sowjetischen Gegners mit. Ab 1949 wurde die Organisation durch die CIA betreut und unterhielt enge Kontakte zur Regierung Adenauer. Bei der Auswahl der Mitarbeiter war deren Verwendbarkeit, nicht aber ihre Vergangenheit ausschlaggebend. Gehlen brachte dies selbst unmißverständlich zum Ausdruck: »Es wird eine deutsche nachrichtendienstliche Organisation unter Nutzung des vorhandenen Potentials geschaffen, die nach Osten aufklärt, bzw. die alte Arbeit im gleichen Sinne fortsetzt. Die Grundlage ist das gemeinsame Interesse an der Verteidigung gegen den Kommunismus.« 1956 entstand aus der Organisation Gehlen der Bundesnachrichtendienst (BND), dessen Chef Gehlen bis 1968 war. Der BND unterstand direkt dem Bundeskanzler. 1968 erhielt Gehlen das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Seine beinahe bruchlose Karriere ermöglichte es ihm in seiner autobiographischen Schrift ("Der Dienst", 1971), das deutsche Vorgehen im Rußlandfeldzug durch krassen Antikommunismus zu legitimieren und die Kompetenz der Wehrmacht im Umgang mit dem Gegner herauszukehren. Er wies sogar den Amerikanern die "Schuld" an der Frontstellung im Kalten Krieg zu, da diese nicht rechtzeitig das wahre Gesicht ihrer östlichen Alliierten erkannt hätten.

 

Quelle: "Karrieren im Zwielicht - Hitlers Eliten nach 1945" von Norbert Frei, Frankfurt am Main 2001, S. 135


 

 

Unmittelbar vor der Überführung der Organisation Gehlen aus der Untergliederung der CIA in den Bundesnachrichtendienst der neuen Bundesrepublik Deutschland wurde Bundeskanzler Adenauer in den USA eindringlich von einem General der amerikanischen Geheimdienste vor Gehlen und seiner Organisation gewarnt. Er möge doch reinen Tisch machen mit dieser Nazibande, meinte der General. Die Äußerung gelangte in die Presse, es setzte wütende Dementis von seiten des Chefs der CIA, Allen Dulles, und seines Bruders, des amerikanischen Außenministers John Foster Dulles. Der General wurde einer anderen Verwendung im Pazifik zugeführt und verließ wenige Jahre darauf die amerikanischen Streitkräfte.

 

Quelle: "Im Namen des Staates - CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste" von Andreas von Bülow, München 1998, S. 400 f

 

 

Während alle Geheimgesellschaften wie Rosenkreuzer, Freimaurer usw. aufgelöst wurden, bestanden Thule-Orden und VRIL-Loge weiter. Jedoch scheint man es auch mit anderen geheimen Gesellschaften nicht sehr genau genommen zu haben. Wer gelesen hat, mit welcher Schärfe die Freimaurer im Dritten Reich in Zeitungsartikeln und Büchern angegriffen wurden, wird kaum vermuten, dass ein Angehöriger dieses „verhassten“ Bundes Mitglied der nationalsozialistischen Regierung war: Dr. Hjalmar Schacht....Nur am Rande erwähnt sei, dass auch der Chef der deutschen Abwehr, Admiral Canaris, und sein Mitarbeiter Gehlen Freimaurer waren.

 

Quelle: Otto Rudolf Braun: „Hinter den Kulissen des Dritten Reiches“, Markt Erlbach 1987, S. 81