Erfolg des Kommunismus

 

Der Erfolg des Kommunismus in Rußland wird heute allgemein  dem Umstand  zugeschrieben,  daß   die  Kommunisten   die  Sympathien  der  russischen  Bevölkerung  hinter sich  hätten,   die  nach  der  Tyrannei  der Zaren  nur  allzu empfänglich für ein anderes System gewesen sei. Diese Ansicht geht an der geschichtlichen Tatsache vorbei. Während fast durchweg bekannt ist, daß die bolschewistische Revolution im November 1917 stattfand, wissen nur wenige, daß der Zar schon im März, also sieben Monate früher, abgedankt  hatte.   Als   Zar   Nikolaus   II.   abdankte,   wurde von Prinz Lvov eine provisorische Regierung errichtet, dir nach amerikanischem Muster aufgebaut werden sollte. Un­glücklicherweise  gab  die  Lvov-Regierung   dem  Kerenskij-Regime  den  Weg  frei.  Kerenskij,   ein  sogenannter  demo­kratischer Sozialist, dürfte eine Übergangsregierung für die Kommunisten   geführt  haben.  Er  hielt   den  Krieg   gegen Deutschland  und  andere  Mittelmächte  aufrecht.  Er  erließ jedoch eine Generalamnestie für Kommunisten und andere Revolutionäre, von denen viele nach der mißlungenen roten Revolution von  1905  verbannt worden waren.  So kamen 250.000  geweihte   Revolutionäre   zurück   zu   Mütterchen Rußland, um das Schicksal der Kerenskij zu besiegeln.

 

Auch in der Sowjetunion waren es nicht die unterdrückten Massen, die dem Kommunismus zur Macht verhalfen. Wie in anderen kommunistischen oder sozialistischen Län­dern kam auch hier die Macht von oben herab. Lassen Sie mich die kommunistische Übernahme chronologisch darstellen:


Man schreibt das Jahr 1917. Die Alliierten bekämpfen die Mittelmächte. In  diesen  Krieg werden Rußland,  das britische  Commonwealth,   Frankreich   und      ab   April 1917 — die Vereinigten Staaten miteinbezogen. Im März 1917 setzten entschlossene Planer die Kräfte in Bewegung, die Zar Nikolaus II. zum Abdanken zwangen. Er tat dies unter dem Druck der Alliierten, nach schweren Tumulten im Kapitol in Petersburg. Diese Tumulte waren verursacht durch die Zusammenbrüche im Transportsystem, welche die Stadt von der Lebensmittelversorgung abschnitten und zur Schließung der Fabriken führten.9

 

Wo aber waren Lenin und Trotzki, als sich dies alles ereignete? Lenin war in der Schweiz. Er hielt sich seit sei­ner Verbannung im Jahre 1905 in Europa auf — auch er wollte den Zaren bei der kommunistischen Revolution stür­zen, die in jenem Jahr mißlang.

 

Auch Trotzki war im Exil. Er war Reporter einer kommunistischen Zeitung an der Ostseite der New Yorker City. Die Bolschewiken waren zu der Zeit, als der Zar abdankte, keine sichtbare politische Kraft. Sie kehrten nicht auf das Drängen der unterdrückten Massen zurück nach Rußland, sondern mächtige Männer aus Europa und den Vereinigten  Staaten  verhalfen  ihnen  zur  Macht.

 

Lenin wurde in dem berühmten »versiegelten Zug« quer durch das im Krieg befindliche Europa geschickt. Er hatte ungefähr 5 bis 6 Millionen Dollar in Gold bei sich. Die ganze Sache war durch das deutsche Oberkommando und Max Warburg arrangiert, unter Mithilfe des Zeit sei­nes Lebens Sozialist gewesenen und sehr reichen Alexander Helphand alias »Parvus«. Als Trotzki am 27. März 1917 an Bord der S. S. Christiania mit einer Gefolgschaft von 275 Revolutionären New York verließ, war der erste An­laufhafen Halifax, Nova Scotia. Dort wurde er von den Kanadiern verhaftet und für fünf Tage eingesperrt. Das war von den Kanadiern zu verstehen, denn Trotzki hatte oft gesagt, er werde im Falle seiner erfolgreichen Macht­übernahme in Rußland sofort den »imperialistischen Krieg« beenden und einen separaten. Frieden mit Deutschland ab­schließen. Dies konnte nicht im Interesse der Kanadier lie­gen, weil so ein großer Teil deutscher Truppen frei ge­worden wäre. Die so gewonnenen Truppen hätten an die Westfront verlegt werden können, um dort gegen Kanada zu kämpfen. Nach fünf Tagen Haft setzten sich jedoch plötzlich die Briten durch den zukünftigen Kuhn-Loeb-Partner Sir William Wiseman und die Vereinigten Staaten durch keinen geringeren als den allgegenwärtigen Colonel House bei der kanadischen Regierung für die Freilassung Trotzkis ein. Also wurde Trotzki freigelassen und kehrte — versehen mit einem amerikanischen Paß — zu­rück, um sich in Rußland mit Lenin zu treffen. Trotzki und Lenin gelang es bis November durch Bestechung, Bru­talität, List und Täuschung, mit Gewalt — nicht, weil die Massen hinter ihnen standen — das zu erzwingen, was Lenin »alle Macht den Sowjets« nannte. Die Kommunisten kamen an die Macht, indem sie sich nur einer Handvoll Städte bemächtigten. Tatsächlich vollzog sich die Revolu­tion nur in einer Stadt — nämlich Petersburg. Das wäre etwa so, wie wenn ein kommunistischer Haufen sich Washington D.C. bemächtigen würde, und ganz Amerika würde  kommunistisch.  Es  dauerte  noch  Jahre,  bevor   die Sowjets ihre Macht in ganz Rußland festigen konnten. Die Deutschen hatten augenscheinlich eine plausible Rechtfertigung für die Finanzierung von Lenin und Trotzki. Die beiden Hauptverantwortlichen für die Finanzierung von Lenin waren Max Warburg und der aus Ruß­land abgeschobene Alexander Helphand. Sie konnten be­haupten, der Sache ihres Landes durch die Finanzierung Lenins zu dienen. Allerdings versäumten es diese beiden deutschen »Patrioten«, dem Kaiser gegenüber ihren Plan, eine kommunistische Revolution in Rußland zu schüren, zu erwähnen. Es tut sich eine andere Perspektive auf, wenn man berücksichtigt, daß der Bruder von Max Warburg der uns bekannte Paul Warburg war, der Hauptinitiator bei der Gründung des Federal Reserve Systems; er spielte ja dank seiner Position im Direktionsausschuß der Federal Reserve eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der ame­rikanischen Kriegsanstrengungen. Als in amerikanischen Zeitungen ruchbar wurde, daß Bruder Max die deutschen Finanzen führte, trat Paul von seinem Posten ohne Wim­perzucken ab. Von nun an wurde die Intrige nur noch schlimmer.

 

Auch der Schwiegervater von Max Warburgs Bruder Felix — Jacob Schiff, ranghöchster Partner in der Kuhn & Loeb Co. — half bei der Finanzierung Trotzkis. Laut dem New York Journal American vom 3. Februar 1949: „Es wird heute geschätzt, daß Jacob Schiff ungefähr 20.000.000 Dollar für den endgültigen Triumph der Bolschewisten in Rußland investierte — so Jacobs Enkel, John Schiff.“

 

Quelle: „Die Insider. Wohltäter oder Diktatoren?“ von Gary Allen, Wiesbaden 1974, S. 92 - 95