Autor(en): Gerald
Oberransmayr
Das Buch des Autors Gerald
Oberransmayr verfolgt den (geplanten) Weg der EU von den Anfängen
bis zu ihrer vollständigen atomaren Militarisierung heute. Die
neue EU-Verfassung, die in den Medien verharmlost wird, ebnet den Weg
zu einer aggressiven, aufgerüsteten Supermacht. Das gut
recherchierte Buch müsste den EU-Anschluss-Fanatikern in unserem
Land zu denken geben. Sie haben angesichts der erdrückenden
Fakten Farbe zu bekennen. In Gesprächen hört man immer
wieder, dass die Europäische Union in Europa ein für
allemal Frieden schaffen würde. Nationen, die früher
verfeindet waren, wären so im guten Sinne an die Kette gelegt.
Die EU sei insgesamt ein Beitrag zum Frieden. In diesem Sinne
argumentieren auch die Befürworter der EU, dass eine Kooperation
unserer neutralen Schweiz mit der EU auf militärischem Gebiet
nur vorteilhaft sei. Oberransmayrs Untersuchungen entlarven solche
wiederholten Behauptungen als dreiste Propaganda. Die Untersuchungen
zur Aufrüstung und Zentralisierung der EU greifen genau und weit
aus. Sie beginnen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Oberransmayr, Mitglied der Friedenswerkstatt Linz, kann mit Hilfe
seiner erdrückenden Fakten aufzeigen, dass unsere neutrale,
souveräne und der Humanität zutiefst verpflichtete Schweiz
sich selbst auflösen würde, arbeitete sie mit dieser EU
zusammen. Für den Autor hat bereits der völkerrechtswidrige
und mit massiver Propaganda geführte Kosovo-Krieg 1999 gezeigt,
wo und wofür die neue EU wirklich steht.
Elitäre,
undemokratische Vorbereitung der EU-Verfassung
Ein Beispiel ist
die elitäre, völlig undemokratische Vorbereitung der
EU-Verfassung, die in Kürze in manchen EU-Ländern zur
Abstimmung kommt. Dem von keinem Volk in der EU gewählten
Präsident der Vorbereitungskommission, Giscard d'Estaing,
ehemals Freund des afrikanischen Diktators und Folterers Bokassa,
wurde von Brüssel ein «zweiter politischer Frühling»
gewährt.
Nur zwei Mitglieder des EU-Verfassungskonvents
gegen Militarisierung
Interessanter Hintergrund: Ganze 2 von 65
stimmberechtigten Mitgliedern des Konvents waren, so Oberransmayr,
«deklarierte Gegner der EU-Militarisierung bzw. des
Jugoslawien- und Afghanistan-Krieges (Jens Peter Bonde aus Dänemark
und Silvia I. Kaufmann aus Deutschland). 340 der 460 Artikel der
EU-Verfassung wurden im Konvent nie diskutiert. Beim EU-Gipfel in
Thessaloniki kündigte der EU-Beauftrage für Aussen- und
Sicherheitspolitik, Javier Solana, an, die Ära der «harten
Machtausübung» («hard power») breche nun für
die EU an. («Auf dem Weg zur Supermacht», S. 76)
Die
EU-Verfassung: militaristisch
Diese nie richtig vom Bürger
diskutierte EU-Verfassung hat, wenn sie angenommen wird,
weitreichende Folgen, die jeden Demokraten und Historiker in Europa
erschaudern lassen müssen. Die neue, von oben gesetzte
(Un-)Rechtsgrundlage wischt 50 Jahre relative Antikriegspolitik der
Völker Europas mit einem Federstrich weg. Sie ist ein Schlag ins
Gesicht für all die Menschen, die unter den Kriegen des letzten
Jahrhunderts schwer gelitten haben. Sie missachtet die Erfahrung
weiter Teile der Bevölkerung mit dem Krieg. Sie tritt die Parole
«Nie wieder Krieg!» mit Füssen. Im Grunde geht man
zurück hinter 1914, den Anfang des Ersten Weltkriegs, als die
Grossmächte der Welt die wehrlosen Völker in den Kolonien
brutal unterwarfen, bevor die Täter mit Millionen von Opfern
selbst aufeinander losgingen (hierzu gehören auch die
Opiumkriege). Die Militarisierung wird von nun an Pflicht jedes
EU-Staates werden (EU-Verfassung Art. I-40). Dazu passt, dass die
neue Verfassung die humanitär-christlichen Wurzeln Europas nicht
mehr als Grundlage des neuen Staatsgebildes anerkennt. Darauf ist
jetzt keine Rücksicht mehr zu nehmen.
Die
Friedensbewegung wird kriminalisiert
Achtung:
Abrüstungsbefürworter und Friedensbewegte werden damit
praktisch zu Verfassungsfeinden. Der kaum zu kontrollierende
Antreiber für die Militarisierung wird das «Europäische
Amt für Rüstung, Forschung und militärische
Fähigkeiten» sein (EU-Verfassung, Art. I-40).
Kampfeinsätze der EU-Streitkräfte «im Rahmen der
Krisenbewältigung, einschliesslich friedenschaffender
Massnahmen» - so das Orwell-Propaganda-Deutsch der
Kriegsbürokraten - sollen ohne Einschränkung und ohne
Bindung an ein Mandat des Uno-Sicherheitsrates durchgeführt
werden können.
Götze Freihandel
Der globale
Freihandel, der Millionen von Menschen Arbeitsplatz und sicheren
Zugang zu Lebensmitteln (Mexiko, Argentinien sind zwei Beispiele)
geraubt hat, wird in den Zielkatalog des aussen- und
sicherheitspolitischen Handelns der EU aufgenommen: «Der
Zusammenhang zwischen Militarismus und hypertropher
Konkurrenzökonomie ist der rote Faden, der den Verfassungstext
durchzieht.» (S. 78)
Autoritäre Innenpolitik
Der
«Kampf gegen den Terrorismus» ist auch ein Ziel der
EU-Armee, wobei der Begriff «Terrorismus» unklar
definiert wird. Im Herbst 2003 bezeichnete der ehemalige spanische
Ministerpräsident Aznar «Präventivschläge»
auch im Innern als «Pflicht» (S. 79).
Bedrohung
der Nachbarländer durch Europäische
Sicherheitsstrategie
Die Nachbarländer der EU müssen
auch aufpassen: Die Europäische Sicherheitsstrategie formuliert
hier unangenehme Möglichkeiten: «Bei den neuen Bedrohungen
wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen [...].
Als eine Union von 25 Mitgliedstaaten, die mehr als 160 Mia. Euro für
die Verteidigung aufwenden (!), sollten wir mehrere Operationen
gleichzeitig durchführen können [...]. Wir müssen eine
Strategie-Kultur entwickeln, die ein frühzeitiges, rasches und
wenn nötig robustes Eingreifen fördert [...]. Wir müssen
fähig sein zu handeln, bevor sich die Lage in Nachbarländern
verschlechtert, wenn es Anzeichen für Proliferation gibt, und
bevor es zu humanitären Krisen kommt. Durch präventives
Engagement können schwierigere Probleme in der Zukunft vermieden
werden» (S. 84). Der Brandstifter kann zum Feuerwehrmann
werden.
Ziel: Kriege führen und vorbereiten
Es muss so
zu grösster Besorgnis Anlass geben, wenn in einem Entschluss des
Europaparlaments halbe Kontinente wie Zentralasien als
«Krisenregionen» deklariert werden. Bis 2009 sollen
Kriege in der Grössenordnung des Jugoslawien-Krieges als
eigenständige EU-Kriege geführt werden können
(Entschliessung vom 23. Oktober 2003; S. 104). Der Jugoslawien-Krieg,
das waren immerhin 78 Tage Dauerbombardement mit über 1000
Kampfjets, 35 000 Lufteinsätzen, der Abwurf von 15 000 Tonnen
Explosivstoff, rund 10 000 Toten und die weitgehende Zerstörung
der Infrastruktur eines Landes.
Hier wird nicht gespart
Dafür
werden Abermilliarden von Euro - an den Völkern Europas vorbei -
ausgegeben. Nach 2006 soll die deutsche Bundeswehr Jahr für Jahr
800 Millionen Euro mehr ausgeben dürfen. Ihre Auslandeinsätze
kosteten 1998 noch 178 Millionen Euro, 2002 schon 1,5 Milliarden
Euro. In Österreich wurden die Kosten für die
Auslandeinsätze in andere Budgets verschoben.
Nukleare
Kriegsoptionen
Auf nukleare Einsätze will man nicht
verzichten. Hier wird fortlaufend modernisiert. Besorgniserregend
sind auch die Worte des französischen Wirtschaftsministers
Francis Mer aus dem Jahre 2002. Man glaubte, solche Sätze wären
nach den beiden Weltkriegen im letzten Jahrhundert allemal überholt:
«Der Direktor der Deutschen Bank meint: Das beste Mittel, um
die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, ist ein Krieg. Ich denke
wie er.» (Oberransmayr in Konkret vom 13. November
2002)
Raketen statt Autos
Der Autor beendet seinen
Tatsachenbericht aus der Giftküche der EU-Militärplanung
mit folgenden Worten: «Rüstung macht zwar einige wenige
sehr reich, aber sie schafft keinen gesellschaftlichen Reichtum. Im
Gegenteil; sie ist ein empfindlicher Abzug von gesellschaftlichem
Reichtum. Wer für Angriffskriege rüstet, will keinen
Reichtum produzieren, sondern ihn erobern: vulgärer ausgedrückt,
andere ausplündern. Hier verschmelzen die Interessen von
Finanzkapital und militärisch-industriellem Komplex. Damit
papierene Eigentumstitel weltweit [...] zu Wertpapieren gemacht
werden können, braucht es eine stahlharte Drohkulisse und
exemplarische Bestrafungen jener, die sich nicht in die
Weltwirtschaft integrieren lassen wollen. Das ist der tiefere
Hintergrund dafür, dass über der europäischen Einigung
bald eine demokratisch kaum belangbare Doppelmonarchie von
Europäischer Zentralbank und Europäischer Rüstungsagentur
thronen soll [...]. Die Deutsche Bank, die grösste im Euro-Land,
ist der grösste Aktionär von DaimlerChrysler;
DaimlerChrysler wiederum ist der Hauptaktionär von EADS, dem
grössten kontinentaleuropäischen Rüstungskonzern.»
(S. 133).
Dem Rad in die Speichen fallen
Trotz dieser
finsteren Fakten über den wahren Charakter der neuen EU, die in
den Medien verschwiegen werden, sieht Oberransmayr den Aufstieg zur
Supermacht «voller Haken und Ösen, an denen Widerstand und
alternative Gestaltungskraft einsetzen können». Verhindern
wir, dass unsere dem Frieden und der Neutralität verpflichtete
Eidgenossenschaft in der Kooperation mit der EU ihre humanitären
Wurzeln und ihre Existenz aufgibt und an der brutalen Ausbeutung der
Armen dieser Welt mitschuldig wird. Wieso die Sozialdemokraten mit
ihrer Friedenstradition einer solchen militarisierten und
kolonialistischen Grossmacht-EU beitreten wollen, ist unerklärlich.
www.fro.at/frozine/
do.php?action=comment&news_id=276
Friedenswerkstatt Linz
Quelle: www.Zeit-Fragen.ch
Artikel 6: Zeit-Fragen Nr.44
vom 15.11.2004