Deutscher Michel
In der ganzen Welt ist die
Bezeichnung "Deutscher Michel" für den Deutschen bekannt und
gebräuchlich, aber nur wenige wissen, woher diese Bezeichnung wirklich stammt.
Wenn der "deutsche Michel" heute nicht immer im positiven Sinn verwendet
wird, dann hat man wohl völlig darauf vergessen, daß dieser Ehrenname einem
ganz besonderen Mann verliehen wurde, bevor er dann später auf das ganze
deutsche Volk übergegangen ist.
Gemeint ist Hans Michael von
Obentraut, ein Rheinländer, der im Jahr 1574 in Stromberg im Hunsrück geboren
wurde. Sein Vater war kurpfälzischer Amtmann zu Stromberg. Sowohl für den
Fürsten, dem er diente, als auch für die Soldaten. die er im Feld kommandierte,
wurde Hans Michael von Obentraut zum Inbegriff eines charakterstarken
untadeligen Mannes, voll Mut und Tapferkeit. Über seine Kindheit und Jugend ist
fast nichts bekannt, erst im Jahr 1610 wird er in alten Aufzeichnungen als
Rittmeister erwähnt und ab 1619 stand er in den Diensten seines Landesherrn,
des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz.
Damals war die schwerste Zeit
angebrochen, die Deutschland bis dahin jemals durchzumachen hatte: 1618
rebellierten die Böhmen gegen das Haus Habsburg und aus diesem Aufstand ging
jener 30jährige Krieg hervor, der das blühende Land zu einer Wüste machen
sollte. Die Böhmen hatten Friedrich V. zu ihrem König gewählt, aber diese Krone
sollte für den Pfälzer zu einer Dornenkrone werden. Kaum ein Jahr nach der
Königswahl verlor Friedrich V. Krone und Reich durch die Schlacht am Weißen
Berg bei Prag! Er mußte als Flüchtling durch Deutschland irren, ständig
verfolgt von den nachrückenden Truppen des kaiserlichen Generals Tilly. Hans
Michael von Obentraut verließ seinen Herrn auch in dieser großen Not nicht, er
blieb treu an seiner Seite und kämpfte 1621 bei Frankenthal sowie 1622 bei
Wiesloch gegen General Tilly. Aber diese Treue konnte den Untergang des
unglücklichen Kurfürsten nicht aufhalten, denn auch der glänzende Sieg unter
dem Kommandeur Obentraut gegen die Kaiserlichen unter Erzherzog Leopold bei
Hagenau konnte das Schicksal nicht mehr wenden. In der Pfalz und in Böhmen war
die Sache Friedrichs verloren und man war schon bereit, die Waffen zu
strecken...
Da kam plötzlich überraschende
Unterstützung aus Norden, aus Dänemark. Es flackerte die Hoffnung auf, daß
Böhmen und die Pfalz mit Hilfe der dänischen Truppen wiedergewonnen werden
könnte. Deshalb ging Hans Michael von Obentraut ins dänische Lager, wo er vom
König als bewährter Offizier mit Freuden aufgenommen und zum Generalleutnant
und Oberkommandierenden ernannt wurde. Damit begannen die besten Tage für Hans
Michael von Obentraut: Seine Aufrichtigkeit und Treuherzigkeit, seine ständige
Hilfsbereitschaft gegenüber anderen in allen Notlagen, sein unerschrockenes
Eintreten für das Recht und sein unbeirrter Kampf gegen das Unrecht verschaffen
ihm jetzt den Ehrennamen ."deutscher Michel". Die dänische Truppe,
die unter seinem Kommando standen, wußten nur zu genau. warum sie
Generalleutnant Hans Michael von Obentraut diesen Namen gegeben hatten. Für sie
war er ein überaus tapferer Führer, der sie von Sieg zu Sieg führte, der die
einfachen Soldaten hochschätzte und dementsprechend behandelte, und dem sie
daher bis zum Tode treu bleiben wollten. Vor Nienburg an der Weser kam es dann
zu einer entscheidenden Auseinandersetzung mit den Kaiserlichen ...
General Tillv hatte die
Festung Nienburg eingeschlossen und berannte sie aufs heftigste, als Obentraut
mit seinen Truppen heranzog. Nach einer Reihe von Gefechten sah sich Tilly
gezwungen, die Belagerung Nienburgs aufzuheben und nach Süden zurückzuweichen.
Diese Tage vor Nienburg waren die stolzesten im Leben des "deutschen
Michel". Von seiner Truppe geliebt, vom dänischen König hochgeehrt, schlug
jedoch das Schicksal plötzlich mit unerbittlicher Härte zu: Bei einem eher
zufälligen Zusammenstoß mit einer Truppeneinheit Tillys wurde er am 25. Oktober
1625 von einer verirrten Kugel getroffen.
General Hans Michael von
Obentraut. starb in den Armen seiner Soldaten, die ihm die Augen zudrückten.
Der Tote wurde in die Marktkirche nach Hannover gebracht, wo er unter höchsten
Ehren bestattet wurde. Der Ehrenname "deutscher Michel", den die
dänischen Soldaten ihrem Anführer gegeben hatten, ist geblieben bis zum heutigen
Tag...
Quelle: Flugschrift ohne Autorenangabe