Deutsche und Polen

 

(...) Dr. Edward Dmitòw vom Institut für politische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau führte ... aus, dass in Polen nach 1945 die Erinnerung an die deutschen Kriegsverbrechen und den Kampf gegen die Deutschen der nationalen Integration gedient habe. Die Herrschaft der kommunistischen Partei sei aus dem Sieg über Hitlerdeutschland hergeleitet und das politische System der Kommunisten zur unabdingbaren Folge der Geschichte erklärt worden. Dieser Mythos sei die einzige Legitimation für das Regime gewesen.

Die kommunistische Partei habe die Deutschen zum „mythischen Feind“ erklärt und die „Verschiebung der Grenze nach Westen“ mit Geschichtsfälschungen begründet. Dabei habe vor allem die „Piastentheorie“ als „historische Prothese“ gedient. Ziel dieser Fälschungen sei es auch gewesen, psychische Probleme der neuen Bewohner der „Westgebiete“ – moralische Dilemmata und Ängste – zu bekämpfen.

Dmitòw konstatierte, dass mit der Anerkennung der polnischen Westgrenze 1990/91 der Instrumentalisierung der Geschichte der Boden entzogen worden sei. Heute werde die „Zwangsaussiedlung“ in der Nachkriegszeit als Drama der deutschen Bevölkerung dargestellt. Die Polen hätten den Wunsch, eine neue Identität aufzubauen, es gebe aber immer noch eine „Hypertrophie des historischen Gedächtnisses“. Die Sympathie der polnischen Bevölkerung für die Deutschen steige, aber zum Teil werde noch in den alten Schemata gedacht. (...)

 

Quelle: DOD Nr. 39 vom 1. Oktober 1999, S. 5 – Auszug aus einem Bericht über eine dreitägige deutsch-polnische Konferenz, die Ende August 1999 in Posen stattfand. Die Tagung wurde veranstaltet von der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit den Landeszentralen der anderen Bundesländer und der Bundeszentrale für politische Bildung sowie dem Westinstitut in Posen.