Das kommunistische Manifest
Im Februar 1848 in London von Karl Marx und Friedrich Engels
veröffentlichte Programmschrift "Manifest der Kommunistischen Partei"
Präambel: Ein Gespenst geht um in Europa ‑ das
Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer
heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar,
Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten ...
Die bisherige Geschichte ist die Geschichte von Klassenkämpfen: Die
Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.
Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger
und Geselle, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz
zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen
Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der
ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden
Klassen ...
Die aus dem Untergang der
feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche Gesellschaft hat die
Klassengegensätze nicht aufgehoben. Sie hat nur neue Klassen, neue Bedingungen
der Unterdrückung, neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten
gesetzt. Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch
dadurch aus, daß sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze
Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei
große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat
...
Die Rolle der Bourgeoisie: Die Bourgeoisie hat in ihrer
kaum 100jährigen Klassenherrschaft massenhaftere und kolossalere
Produktionskräfte geschaffen als alle vergangenen Generationen zusammen.
Unterjochung der Naturkräfte, Maschinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie
und Ackerbau, Dampfschiffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegrafen,
Urbarmachung ganzer Weltteile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden
hervorgestampfte Bevölkerungen ‑ welch früheres Jahrhundert ahnte, daß
solche Produktionskräfte im Schoß der gesellschaftlichen Arbeit schlummerten
... Die Produktivkräfte, die ihr zur Verfügung stehen, dienen nicht mehr zur
Beförderung der bürgerlichen Zivilisation und der bürgerlichen
Eigentumsverhältnisse, im Gegenteil: Sie sind zu gewaltig für diese
Verhältnisse geworden, sie werden von ihnen gehemmt. Und sobald sie dies
Hemmnis überwinden, bringen sie die ganze bürgerliche Gesellschaft in Unordnung,
gefährden sie die Existenz des bürgerlichen Eigentums ...
Die Rolle des Proletariats: Von allen Klassen, welche
heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehen, ist nur das Proletariat eine
wirkliche revolutionäre Klasse ... Die Lebensbedingungen der alten Gesellschaft
sind schon vernichtet in den Lebensbedingungen des Proletariats. Der
Proletarier ist eigentumslos. Sein Verhältnis zu Weib und Kindern hat nichts
mehr gemein mit dem bürgerlichen Familienverhältnis. Die moderne industrielle
Arbeit, die moderne Unterjochung unter das Kapital, dieselbe in England wie in
Frankreich, in Amerika wie in Deutschland, hat ihm allen nationalen Charakter
abgestreift. Die Gesetze, die Moral, die Religion sind für ihn ebenso viele
bürgerliche Vorurteile, hinter denen sich ebenso viele bürgerliche Interessen
verstecken.
Alle früheren Klassen, die
sich die Herrschaft eroberten, suchten ihre schon erworbene Lebensstellung zu
sichern, indem sie die ganze Gesellschaft den Bedingungen ihres Erwerbs
unterwarfen. Die Proletarier können sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte
nur erobern, indem sie ihre eigene bisherige Aneignungsweise und damit die
ganze bisherige Aneignungsweise abschaffen .... Alle bisherigen Bewegungen
waren Bewegungen von Minoritäten oder im Interesse von Minoritäten. Die
proletarische Bewegung ist die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im
Interesse der ungeheuren Mehrzahl. Das Proletariat, die unterste Schicht der
jetzigen Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht aufrichten, ohne daß der
ganze Überbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in die
Luft gesprengt wird ...
Kommunisten und Proletariat: Die Kommunisten sind keine
besondere Partei gegenüber den anderen Arbeiterparteien. Sie haben keine von
den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen. Sie stellen keine
besondern Prinzipien auf, wonach sie die proletarische Bewegung modeln wollen.
Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien nur
dadurch, daß einerseits sie in den verschiedenen nationalen Kämpfen der
Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des
gesamten Proletariats hervorheben und zur Geltung bringen, andrerseits dadurch,
daß sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen
Proletariat und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung
vertreten.
Die Kommunisten sind also
praktisch der entschiedenste, immer weiter treibende Teil der Arbeiterparteien
aller Länder. Sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die
Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der
proletarischen Bewegung voraus.
Der nächste Zweck der
Kommunisten ist derselbe wie der aller übrigen proletarischen Parteien: Bildung
des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisieherrschaft, Eroberung der
politischen Macht durch das Proletariat ...
Die Diktatur des Proletariats: Das Proletariat wird seine
politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles
Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, das
heißt des als herrschende Klasse organisierten Proletariats zu zentralisieren
und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. Es kann dies
natürlich zunächst nur geschehen vermittelst despotischer Eingriffe in das
Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse ...
Die Aufhebung der Klassenherrschaft: Sind im Lauf der
Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle Produktion in den
Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so verliert die öffentliche
Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt im eigentlichen Sinn
ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer anderen. Wenn
sich das Proletariat im Kampf gegen die Bourgeoisie notwendig zur Klasse
vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als
herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so hebt
es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes,
der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf
Die
Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie
erklären offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den
gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die
herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die
Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine
Welt zu gewinnen.
PROLETARIER ALLER LÄNDER, VEREINIGT EUCH!