Arabische Einheit - der Traum von dem Wiedererstehen eines arabischen
Großreiches
Gamal Abdel Nassers
große Abrechnung
mit Kolonialismus und
Imperialismus
führt den Beweis für die Vitalität
der arabischen Bewegung (1957)
Landsleute!
Ich bin aus Syrien, aus dem syrischen Gebiet der
Vereinigten Arabischen Republik voller Hoffnung und Optimismus zurückgekommen.
Dank Gott, bin ich nun, da ich an dieser Stelle vor euch stehe und zu euch
spreche, voller Hoffnung und Optimismus. In der Tat, was ich im syrischen
Gebiet gesehen habe, hat mich mehr denn je davon überzeugt, mehr denn je in dem
Glauben gefestigt, daß unsere lange gehegten Hoffnungen erfüllt wurden ... Mein
Besuch in Syrien war der erste, bei dem ich eure Brüder im syrischen Gebiet
traf. Dieser Besuch war eine Gelegenheit für uns, unsere Stärke kennenzulernen
und der ganzen Welt unseren Willen und unsere Bestrebungen kundzutun.
Ich bezeugte in Syrien den Überschwang eurer Gefühle,
ich sah wahrhaften arabischen Nationalismus, starke Gemütsbewegungen, flammende
Begeisterung. Ich sah, wie die Menschen Syriens erfüllt waren von einer
einzigen Idee, wie sie in ihrer Sprache und ihren Empfindungen mit uns vereint
sind.
Ich sah, wie die Menschen Syriens ihren Glauben an den
arabischen Nationalismus ausdrückten und ihre Freude über den Sieg der
arabischen Idee. Ich sah Syrer zusammenströmen ‑ ich sah, wie ein Volk
seine wirkliche Stärke zeigte, seine Willenskraft, Entschlossenheit und
Festigkeit... Ich war Zeuge der Umstände, denen die syrische Bevölkerung bei
ihrem Kampf um die Verwirklichung ihrer größten Hoffnung gegenüberstand. Keine
Versprechungen, Drohungen, Truppenkonzentrationen oder ‑bewegungen und kein Nervenkrieg konnten sie aufhalten. Ich
habe gesehen, wie die syrischen Menschen den Sieg feierten, der einmal
unerreichbar schien. Die Eintracht zwischen dem Willen der ägyptischen und
syrischen Bevölkerung war eine wesentliche Kraft bei der Gründung der
Vereinigten Arabischen Republik. Sie war der Hintergrund des Sieges über Drohungen,
Nervenkrieg, Anklagen, Truppenbewegungen und Versuche, die Samen der
Uneinigkeit und des Separatismus zu säen. In dieser Einigkeit lag die
entscheidende Stärke der Völker. Sie hat es möglich gemacht, die Vereinigte
Arabische Republik zu gründen. Der Sieg des arabischen Nationalismus im ersten
Stadium ... ist voller Bedeutung und Sinn. In der Tat, es ist unser aller
Pflicht, uns zu fragen: worin liegt der Sinn dieses Sieges? Worin liegt die
wirkliche Bedeutung der Vereinigten Arabischen Republik? Welches sind die
Faktoren und Motive, welche die arabischen Menschen veranlaßten, sich die Idee
der Einheit zu eigen zu machen? Welches sind die Motive und Faktoren, welche
die arabischen Völker in allen arabischen Ländern veranlassen, die arabische
Einheit als die Verwirklichung ihrer Hoffnungen und Bestrebungen zu betrachten?
...
Um die wirkliche Bedeutung des Imperialismus und die
wirkliche Bedeutung der Vereinigten Arabischen Republik zu verstehen, muß man
an die Vergangenheit denken, an die Jahrhunderte alte arabische Geschichte. Vor
1952, das heißt vor der Revolution, pflegte ich wie alle anderen Menschen über
die Situation nachzudenken, in die wir nach der Palästina‑Krise von 1948
gerieten. Das Hauptproblem, dem jeder Araber gegenüberstand, der sich um sein
Land sorgte, war die Suche nach einem Weg, auf dem wir uns gegen Aggression und
imperialistische Unterdrückungsversuche verteidigen konnten.
Es hatte unterschiedliche und einander widersprechende
Gedanken und Meinungen gegeben. Manche vertraten die Ansicht, daß wir, da wir
eine kleine arabische Nation sind, einfach keine Möglichkeit hätten, den
Frieden zu erlangen oder uns von Fremdherrschaft zu befreien; daß es absolut
notwendig sei, uns unter irgendeine Form von Fremdherrschaft zu stellen; daß
wir um unserer Sicherheit willen von irgendeiner großen Nation abhängen sollten
und müßten. Es waren jene Menschen, die an Verträge glaubten und solche
abschlossen und dadurch der Ausbreitung dieser Ideen dienten. Sie sprachen
fortgesetzt von der Notwendigkeit, mit irgendeinem fremden Land einen Pakt
abzuschließen, damit wir Sicherheit hätten, da dieses fremde Land unser Schutz
gegen eine Aggression sei. Diese Menschen heuchelten Vergeßlichkeit, denn sie
wußten sehr gut, daß solche Pakte und Übereinkommen nichts anderes waren als
mannigfaltige Formen der Herrschaft und Aggression, denn wenn ein Pakt
Besetzung und Fremdherrschaft und Intervention zur Folge hat, kann er eine
Nation keinesfalls schützen, sie sichern oder ihre Freiheit gewährleisten. jeder
Pakt, der von einer fremden Macht oder Nation befürwortet wird, ist nichts als
eine Form der Herrschaft; er ist sogar eine Form der Aggression.
Das Problem, dem freiheitlich denkende Araber
gegenüberstanden, war es, die Mittel und Wege zu finden, durch welche die
arabische Nation fremde Aggression zurückweisen und ihre Freiheit bewahren
konnte, ohne dabei unter den Einfluß einer Fremdherrschaft zu geraten oder eine
Fremdherrschaft gegen eine andere einzutauschen. Die Geschichte gibt uns eine
Lektion für die Gegenwart und eine Lektion für die Zukunft. Jedermann mit
einiger Kenntnis der Geschichte unseres Landes wird zu dem einleuchtenden
Schluß kommen, daß dieses Gebiet ‑ die arabische Zone ‑ immer
besiegt wird, wenn sie geteilt und durch kleinliche Eifersüchteleien und Neid
zerrissen ist. Wenn dies der Fall war, fiel es keinem Angreifer schwer, von der
ganzen arabischen Nation Besitz zu ergreifen, sie unter seine Herrschaft zu
bringen und sie seinen Interessen dienstbar zu machen. So können wir feststellen,
daß der Grund der Niederlage immer im Separatismus lag, in Haß und Groll, da
jene Mächte, die uns ausnützen wollten, ohne Unterschied diese Waffen
benutzten, um uns in Sekten und Kleinstaaten zu teilen und so die arabische
Nation Land für Land zu beherrschen ...
Es ist ebenso augenscheinlich, daß die arabischen
Menschen, wann immer sie in Einheit und Solidarität zusammenstanden, fähig
waren, die stärksten Armeen der Welt zu besiegen.
Als die arabischen Völker im Islam vereinigt waren,
besiegten sie die Römer und gründeten die arabische Nation. Als die Byzantiner
versuchten, ein come‑back zu inszenieren, war
diese Nation fähig, sie zu besiegen, weil sie vereinigt war. Und noch
dreihundert Jahre nach der Vereinigung der arabischen Nation, als die Griechen
erneut in die arabischen Länder eindringen wollten, erhob sich Aleppo, um die
Flut der vorrückenden Horden einzudämmen und die Invasion aufzuhalten. Ja,
Aleppo erfüllte damals seine Mission. Es stellte die Vorhut dar bei der
Verteidigung der arabischen Welt ... Aleppo verteidigte nicht nur sich selbst,
sondern es schützte das ganze arabische Gebiet. Aleppo verteidigte in
Wirklichkeit nicht eine lokale Idee, noch eine regionale Idee. Es verteidigte
eine Idee, die weit über seine Grenzen hinausreichte, weit über den Bereich
seiner Befestigungen. Aleppo verteidigte die Idee des arabischen Nationalismus.
Die Einigkeit war der Fels, an dem sich die Wellen der
Eindringlinge brachen, und Zwietracht, Zersetzung und Teilung war die einzige
List, zu der die Kolonisten Zuflucht nahmen, um uns zu schädigen.
Als die arabischen Staaten vereinigt waren, standen sie
auch angesichts der Kreuzzüge felsenfest. Tatsächlich war die Bezeichnung
>Kreuzzüge< nichts anderes als ein Name für Kolonialismus. Sie hatten
kein anderes Ziel als Herrschaft und Unterdrückung.
Die Idee des arabischen Nationalismus jedoch öffnete den
Völkern die Augen und machte sie wachsam gegen die drohende Gefahr.
So erhoben sich die Moslems und Christen in allen Teilen
der arabischen Nation zum Kampf und zur Schlacht, um die Idee des arabischen
Nationalismus zu verteidigen. Der europäische Imperialismus erkannte zu jener
Zeit die Auflösung, welche die arabische Nation befallen hatte, und unter der
Maske der Kreuzzüge gelang es ihnen, in das arabische Heimatland einzudringen.
Trotz der Schwäche der arabischen Nation in ihrer inneren Zerrissenheit erhoben
sich die Araber in allen Ländern der arabischen Nation wie ein Mann, um ihre
Länder zu verteidigen.
Die christlichen Araber täuschten sich nicht in den
Zielen der Kreuzzüge, denn sie glaubten an den arabischen Nationalismus. Sie
standen Seite an Seite mit ihren Moslembrüdern und verteidigten eine Idee, die
Idee des arabischen Nationalismus ... Diese Kämpfe wurden zwischen den Königen
Europas ‑ Frankreichs, Englands und der übrigen europäischen Staaten ‑
und den arabischen Ländern ausgetragen.
Achtzig Jahre lang wütete der Krieg und sein Ziel war
die völlige Vernichtung des arabischen Nationalismus; es folgte Angriff auf
Angriff, Feldzug auf Feldzug, einmal unter dem Befehl des Königs von
Frankreich, dann unter dem Befehl des Königs von England. Doch sie alle hatten
nur ein Ziel ‑ Herrschaft und Unterdrückung. Zu Beginn gelang es ihnen,
Palästina und Jerusalem zu besetzen; auch hatten sie Erfolg darin, Uneinigkeit
und Zwietracht zwischen den arabischen Nationen zu säen... Als sich die Dinge
in Palästina zu ihren Gunsten wandten und sie dort die Herren wurden, wollten
sie gegen Ägypten vorrücken. Die Kreuzritter zogen von Palästina aus, um in
Ägypten einzufallen, und sie kamen bis vor die Tore Kairos. Die ägyptischen
Armeen kämpften damals allein. Es mußte etwas geschehen, um die arabische
Nation vor dieser imperialistischen Invasion Englands und Frankreichs zu
retten. Es war notwendig, daß sich die arabische Nation wieder vereinigte, um
siegreich aus dieser Gefahr hervorzugehen.
Solidarität und Einheit waren die einzigen Mittel, diese
Angriffe der Kreuzritter zu überwinden und die arabische Nation zu retten. Nour-Eddin Mahmoud, der Sultan von
Syrien, schickte seine Armeen nach Ägypten, damit sie sich bei der
Zurückweisung der Eindringlinge beteiligten. Den vereinigten Armeen von Syrien
und Ägypten gelang es, die Kreuzritter zu besiegen und sie von den Toren Kairos
zu den Grenzen Palästinas zurückzutreiben. Das ist unsere alte Geschichte. Wenn
wir geteilt waren, konnten sie unsere Länder überfallen und uns unterjochen.
Wenn wir vereinigt waren, konnten wir die mächtigsten Unterdrücker besiegen und
die stärksten Armeen überwältigen. Wenn wir geteilt waren, konnten uns die
schwächsten Armeen besiegen, aber vereint waren wir fähig, die Armeen von
Britannien und Frankreich zu besiegen ‑ nicht nur 1956, sondern auch im
Jahr 1180. Auch dies ist alte Geschichte, aber es ist die Idee, die unseren
Sieg bestätigt ... Darin liegt die Bedeutung der Vereinigten Arabischen
Republik. Warum kam die Vereinigte Arabische Republik zustande? ... Immer
versuchten die Imperialisten und Unterdrücker mit allen Mitteln, die arabische
Nation zu teilen. Jedesmal, wenn Ägypten und Syrien vereinigt waren, wurden die
Grundlagen des arabischen Nationalismus gelegt.
Als die Kreuzritter aus Ägypten vertrieben wurden,
griffen sie Syrien an. Da vereinigten sich Syrien und Ägypten noch einmal unter
der Führung von Saladin. Truppen eilten aus Ägypten herbei, um die arabischen
Menschen in Syrien zu befreien, und Saladin besiegte die Kreuzritter in der
Schlacht von Hassin. Dann nahm die syrisch‑ägyptische
Armee ihren Kampf wieder auf, und es gelang ihr, Palästina und Jerusalem von
den Kreuzrittern zu befreien. Dies war die Grundlage der arabischen Einheit.
Wenn die arabischen Menschen heute auf ihre Geschichte zurückschauen und
Einheit verlangen, betrachten sie diese als eine Wiedergeburt des arabischen
Nationalismus und als Mittel, imperialistischen Plänen und Bestrebungen
entgegenzutreten ...
Beinahe gleichzeitig mit den Kreuzzügen wurde die
arabische Welt von Horden aus Zentral‑Asien überfallen ‑ von den
Tataren. Unter der Führung von Holako besetzten sie
Bagdad und beendeten die Herrschaft der Abbasiden‑Dynastie.
Im Zuge ihrer Eroberungen griffen sie Syrien an, während es die Schlacht für
Freiheit und arabischen Nationalismus austrug. Die Tataren‑Truppen waren
berauscht vom Erfolg, nachdem sie einen Sieg nach dem anderen zu verzeichnen
und alle Länder unterjocht hatten, durch die sie auf dem Weg nach Bagdad
gekommen waren.
Sie überschritten den Euphrat und fielen in Syrien ein.
Syrien erhob sich gegen die Tataren, und die ägyptische Armee vereinigte ihre
Kräfte mit der syrischen gegen die Angreifer, die bis zu diesem Augenblick
nicht in einer einzigen Schlacht besiegt worden waren, seit ihre Invasion
begonnen hatte. Gemeinsam gelang es den ägyptischen und syrischen Armeen, die
Tataren im Jahr 126o bei Ein Galout zu besiegen. Wann
immer Syrien und Ägypten ihre Kräfte vereinigten, konnten sie die stärksten
Armeen der Welt besiegen. Sie besiegten die Armeen der Kreuzritter die den
europäischen Imperialismus repräsentierten, und sie besiegten die Armeen der
Tataren, die bis zu ihrer Niederlage bei Ein Galout
in jeder einzelnen Schlacht triumphiert hatten. Die Tataren wurden nicht nur
bei Ein Galout geschlagen, sondern sie wurden von den
syrischen und ägyptischen Armeen verfolgt, bis sie sich aus allen arabischen
Ländern zurückzogen. Das erreichten wir durch die Einigkeit. Und das ist es,
wonach wir in der Vereinigten Arabischen Republik streben.
Während meines Aufenthaltes in Damaskus, Aleppo und
anderen syrischen Städten hörte ich, wie die Bürger die arabische Einheit
verlangten; auch in Kairo hörte ich, wie die Bürger die arabische Einheit
verlangten. Als ich diese Rufe hörte, fühlte ich, daß die Menschen sich an ihre
Geschichte erinnerten und daran, daß die Wahrung ihres Nationalismus und ihrer
Rechte weitgehend von unserer Einheit abhängt ...
Nach dem Palästina‑Krieg, nach der Tragödie von
1948, waren sich alle wirklichen Nationalisten über die Mittel einig, durch die
wir die arabische Nation vor fremder Herrschaft und fremder Aggression bewahren
konnten. Dies ist die Waffe, die uns vor fremden Plänen schützen wird ‑
dies ist die Waffe, die uns auch vor der Gefahr des zionistischen Nationalismus
schützen wird ... Durch alle Zeiten hindurch, in jedem einzelnen Fall der
Geschichte war es den arabischen Völkern möglich, Eindringlinge durch Einheit
und Solidarität zu besiegen. Ihre Waffen waren nicht Bündnisse oder Verträge
mit fremden Mächten. Unsere Waffe lag nicht darin, uns unter den Schutz einer
fremden Macht zu stellen, so daß sie uns beherrscht hätte. Unsere Waffe war die
Einheit.
Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, lange nach der
ottomanischen Eroberung und der Herrschaft der Ottomanen, welche die arabische
Nation unter der Maske der Religion und des Kalifats verrieten, sahen sich
jene, welche die arabische Nation fünfhundert Jahre lang beherrschten und
Korruption, Unterdrückung und Despotismus in ihr ausbreiteten, den ersten
Anzeichen der Freiheit am Horizont gegenüber. Es waren erste Versuche, die zur
Erlangung der Einheit, der Unabhängigkeit und der Freiheit unternommen wurden.
Als der erste Weltkrieg ausbrach, sahen die arabischen Völker in ihm eine
Gelegenheit, sich von der ottomanischen Herrschaft zu befreien und Freiheit,
Unabhängigkeit und Einheit zu erreichen.
Sie erzielten eine Übereinkunft mit den Alliierten über
die Befreiung ihrer Länder von der Knechtschaft der ottomanischen Regierung und
über die Erlangung ihrer Freiheit und Unabhängigkeit. Zu jener Zeit glaubten
die arabischen Menschen die Unabhängigkeit zu erlangen, wenn sie an der Seite
der Alliierten gegen die Ottomanen kämpften, während die Alliierten dachten,
die von der Ottomanen‑Herrschaft befreiten Länder würden ihnen als
leichte Beute zufallen.
Jene Araber, die sich mit Großbritannien und Frankreich
alliierten, um dieses Gebiet aus den Krallen der ottomanischen Regierung zu
befreien, vergaßen aber, daß es Großbritannien und Frankreich selbst waren, die
eben dieses Gebiet unter der Maske der Kreuzzüge angegriffen hatten, und daß
die Kreuzzüge nichts anderes waren als britischer und französischer
Imperialismus in Verkleidung. Hatte aber Großbritannien vergessen, oder hatte
Frankreich vergessen, während sie gegen die Ottomanen, gegen die Türken
kämpften, daß sie genau diesen Teil der Erde vor einigen sieben‑ oder
achthundert Jahren besetzt hielten und hinausgetrieben wurden?
In der Tat, es entsprach nicht den Tatsachen, als
General Allenby, der kommandierende General der
britischen Streitkräfte, bei seinem Einzug in Jerusalem sagte: >Heute sind
die Kreuzzüge beendet<, und dieser Ausspruch stimmte wenig mit dem überein,
den General Gourand, der französische Kommandeur tat,
als er in Damaskus eintraf. Er stand an Saladins Grab
und wandte sich mit den Worten an ihn: >Wir sind wiedergekommen,
Saladin.<
Wenn wir die Freiheit verwirklichen wollen, wenn wir die
Unabhängigkeit verwirklichen wollen, sollten wir sie vollständig verwirklichen
und fest davon überzeugt sein, daß wir uns nur auf uns selbst verlassen dürfen,
und daß wir, wenn wir uns auf fremde Mächte verließen, zu guter Letzt nichts
anderes als das Opfer wären, wie es nach dem ersten Weltkrieg der Fall war. Wir
sollten uns immer vor Augen halten, daß ein fortgesetzter Krieg zwischen den
Westmächten und diesem Gebiet herrscht.
Aus unserer jüngsten Geschichte können wir sehen, daß
die Einheit in Freiheit uns befähigt, die britischen und französischen Armeen
zu besiegen, genau wie damals, als wir uns gegen die Tataren vereinigten. Doch
wenn wir uns vereinigten, uns dabei aber unter die Kontrolle des Imperialismus
und der Alliierten stellten, wurden wir die Beute des Imperialismus und der
Alliierten. Im Jahre 1917, als wir Seite an Seite mit den Alliierten kämpften,
versprach der britische Außenminister den Juden eine nationale Heimat in
Palästina. Die Balfour‑Deklaration wurde im
Jahr 1948 verwirklicht. Im Jahr 1947 standen die arabischen Länder unter
Fremdherrschaft und waren durch all den Haß und Groll, den der Imperialismus
mit sich gebracht hatte, geteilt. Sie hatten die Samen der Zwietracht unter uns
gesät, um uns zu schwächen und uns unsere gerechten Forderungen vergessen zu
lassen.
Zu jener Zeit verband sich der Imperialismus in unserem
Gebiet mit dem Welt-Zionismus durch die Gründung einer zionistischen
Nationalheimat auf Kosten des arabischen Nationalismus.
Im ersten Weltkrieg standen und fochten wir an der Seite
der Alliierten und das Ergebnis war, daß wir ihre Beute wurden. Im zweiten
Weltkrieg standen wir neben ihnen und unterstützten sie in jeder möglichen
Weise, und das Ergebnis war, daß uns ein geliebter Teil unserer arabischen
Nation genommen wurde, um die jüdische Nationalheimat zu gründen. Im Jahr 1948 erhoben
sich die arabischen Völker, um gegen die Gründung des Staates Israel zu kämpfen
und die arabische Nation zu retten. Und was war das Ergebnis? Es konnte für uns
damals nur ein Schicksal geben ‑ die größte Tragödie. Wir waren sieben
arabische Nationen, aber wir waren nicht vereinigt, wir waren durch
eigensüchtige Bestrebungen und Haß geteilt. Wir waren sieben Länder, in denen
einige Menschen kämpften, während andere die Befehle der Imperialisten und
fremden Mächte entgegennahmen. Es war uns klar ‑ und damals kämpfte ich
selbst in Palästina ‑, daß unsere Schlacht nicht in Palästina stattfand,
sondern in Kairo.
Wir wußten, daß wir zuerst unser eigenes Land befreien
mußten, um zum Kampf fähig zu sein.
Wir ließen uns 1948 auf den Palästina‑Krieg ein,
weil wir auf uns als Volk vertrauten. Wir glaubten, daß unsere Führer
tatsächlich den arabischen Nationalismus verteidigten. Aber danach brach die
Tragödie über uns herein. Danach kam die Hauptniederlage, und diese Niederlage
wurde nur durch den einen Umstand verursacht, daß wir sieben arabische Armeen
waren. Wären wir eine arabische Armee gewesen ‑ wie die Armee, die von Saladin
angeführt wurde und wie die Armee, die sich den Tataren entgegenstellte, als
sie den Euphrat überquerten ‑, dann wären wir siegreich gewesen. Aber wir
waren sieben Armeen. Wir waren gespalten durch persönliche Bestrebungen ‑
einige von uns litten unter Fremdherrschaft, Ägypten stand unter britischer
Besetzung, der Irak stand unter britischer Besetzung.
Die ägyptische Armee focht in
der Annahme, ein vereinigtes Oberkommando sei im Angriff; aber während die
ägyptische Armee kämpfte, erhielt die jordanische Armee, die nach Lydda und Ramleh marschiert war
und bei ihrem Vormarsch viel arabisches Blut verlor, Befehle von König
Abdullah, sich aus Lydda und Ramleh
zurückzuziehen, weil die Briten dies wünschten. Die jordanische Armee kämpfte
für die arabische Sache und war bereit, ihr Leben zu opfern um des arabischen
Nationalismus und um dieses geliebten Teiles der arabischen Nation willen. Aber
die Regierung Jordaniens
weigerte sich, die notwendigen Befehle zu erteilen.
Niederlage war immer das
Ergebnis der Uneinigkeit, während Einigkeit stets den Sieg brachte. Dies war
eine Lektion, aus der wir lernten, daß Einheit und Solidarität unerläßlich sind
und daß wir die arabische Zusammenarbeit in jedem Teil der arabischen Heimat
gegen Imperialismus und fremden Einfluß sichern müssen, wenn wir erfolgreich
sein wollen ...
Als im Jahre 1952 die Revolution in Ägypten ausbrach,
fühlten wir, daß die natürliche Waffe zur Verteidigung Arabiens in der Einheit
liegt und daß diese die ganze Welt erkennen ließe, daß wer auch immer eine
arabische Nation angriffe, in Wirklichkeit alle Araber in der ganzen arabischen
Welt angriffe. Wir proklamierten unsere Politik der Unabhängigkeit. Wir
proklamierten, daß die Verantwortung für die Verteidigung der arabischen Zone
von der arabischen Zone selbst getragen werden müsse, in der kein Platz ist für
irgendeine ausländische Kontrolle. Wir wollten Nutzen aus der Lehre ziehen, die
wir aus unserer Erfahrung in Palästina gewonnen hatten, und unseren
Nationalismus gegen den zionistischen Nationalismus verteidigen, der stets
proklamierte, sein Heimatland erstrecke sich vom Nil bis an den Euphrat, der
stets der ganzen Welt ankündigte und kein Geheimnis aus solch einer Ankündigung
machte, daß er sich auf Kosten der Araber ausdehnen würde.
Wir hegten in jenen Tagen keinen Groll, Brüder, gegen
irgendeinen Regierenden irgendeines arabischen Landes, noch gab es die
geringsten Differenzen oder die geringsten Unfreundlichkeiten. Wir stritten
niemals um Throne. Wir stritten niemals um Autorität, wir hatten niemals um
Reichtum und materiellen Gewinn gestritten ‑ niemals. Es war ein neuer
Beginn. Wir wollten die Gelegenheit nutzen und eine friedliche Koexistenz
zwischen den Völkern und Zusammenarbeit und Solidarität fordern. Zu gleicher
Zeit forderten wir von jenen unserer Brüder, die noch immer an Großbritannien
gebunden waren, sich von diesen Bindungen zu befreien, die das Haupthindernis
darstellten, das der Verteidigung unserer bloßen Existenz und Freiheit im Wege
stand.
Im gleichen Atemzug erinnerten wir sie daran, daß die
Fortdauer dieser Bindungen zu einer Wiederholung der Tragödie von 1948 führen
würde und vielleicht zu noch schlimmeren Tragödien.
Wir erinnerten sie auch daran, daß wir den arabischen
Nationalismus verteidigten, genau wie ihn unsere Väter und Vorväter
Jahrhunderte lang verteidigt hatten. Wir erinnerten sie daran, daß wir unseren
Nationalismus gegen die europäische Invasion unter der Maske der Kreuzzüge
verteidigt hatten, und ebenso gegen die zionistische Invasion, die sich seine Zerstörung
und die Gründung des zionistischen Nationalismus zum Ziel gesetzt hat.
Unser Ziel war die Union und die Einigkeit unter den
arabischen Führern. Zugleich achteten wir jedoch darauf, daß diese Einheit
nicht den Interessen der Imperialisten oder ihren nichtswürdigen Bestrebungen
unterlag. Wir waren vorsichtig, um nicht die arabischen Menschen durch süße,
plausible Worte zu dem Glauben zu verleiten, wir seien einig, während es unter
uns selbstverständlich blieb, daß diese Einheit unter dem Einfluß Londons
stünde oder den Zielen der imperialistischen Mächte diente ...
Wir besitzen eine strategische Position, die als eine
der wichtigsten der Welt gilt, die uns große Stärke verleiht, und wir haben
ungeheure Hilfsquellen. Alle diese Faktoren sollten zu unserer Stärke
beitragen. Sie erwiesen sich jedoch als Beiträge zu unserer Schwäche. Unsere
strategische Position war der Hauptgrund unserer Besetzung, das gleiche galt
für unseren großen Wohlstand und unsere ungeheuren Hilfsquellen.
Wir haben alle diese Tatsachen proklamiert, wir haben
sie alle arabischen Führer wissen lassen und alle arabischen Völker. In der
Tat, gewisse arabische Führer waren überrascht, als sie uns über die Araber und
die Stärke der arabischen Völker sprechen hörten. Nuri‑es‑Said
zum Beispiel glaubte 1954 und 1955, daß die Verteidigung und der Schutz seines
Landes nur durch die Abhängigkeit von einem fremden Staat gesichert werden
konnte. Wenn wir ihm sagten, daß die Verteidigung der arabischen Nation aus der
arabischen Welt entspringen sollte, da wir achtzig Millionen Menschen sind und
fünfzehn Bataillone aufstellen könnten, antwortete er, weder Syrien noch
Jordanien noch irgendein anderer arabischer Staat könnte eine wirksame Hilfe
entwickeln, wenn sein Land angegriffen würde. Er glaubte, nur Großbritannien
oder die Türkei könnten ihn sichern. Unsere Forderung aber stützte sich auf die
Stärke der Völker, welche durch die Zeiten hindurch über Tyrannei,
Fremdherrschaft und Invasion triumphiert haben.
Dann wurde der Bagdad‑Pakt ins Leben gerufen, der
die Theorie Nuri-es‑Saids verwirklichte. Dieser
Pakt ist britisch, da sein Urheber Anthony Eden war, der im Jahr 1955 vor dem
Unterhaus erklärte, daß der Bagdad‑Pakt es bezwecke, den britischen
Einfluß im Mittleren Osten zu stärken. Deshalb ist das Bagdad‑Pakt-Gebiet
eine britische Einflußsphäre ‑ Imperialismus unter einer neuen Maske ...
Während wir rangen, um alte Verpflichtungen loszuwerden,
gab es Verschwörungen, die danach trachteten, die Forderung der arabischen Nation
nach Freiheit und Einheit zu vereiteln. Diese Pläne wurden schließlich im
Bagdad‑Pakt verwirklicht, der es bezweckt, die arabischen Länder durch
einen Pakt mit Großbritannien und Amerika einzukreisen und sie unter der
Kontrolle dieser beiden Länder zu halten.
Daher sagten wir unsere Opposition gegen den Bagdad‑Pakt
an und wiederholten unsere Meinung, daß die Verteidigung der arabischen Nation
von der arabischen Zone selbst ausgehen müsse. Der Kampf um den Bagdad‑Pakt
begann. Ziel des Bagdad‑Paktes war es, unseren Hoffnungen ein Ende zu
bereiten und die neue Idee zu zerstören, die gerade begonnen hatte, in der
ganzen arabischen Welt Gestalt anzunehmen. Diese neue Idee forderte Freiheit
und die Aufhebung von Pakten und Abkommen. Ziel des Bagdad‑Paktes war es,
die Idee der arabischen Einheit zunichte zu machen und besonders den Plan einer
Vereinigung der arabischen Armeen. Der Abschluß des Bagdad‑Paktes schuf
eine Situation, die man in wenigen Worten zusammenfassen kann. Auf der einen
Seite wollten die Großmächte dieses Gebiet in ihrer Einflußsphäre halten, auf
der anderen stand ein freies Volk, das für Freiheit, Unabhängigkeit und Einheit
kämpfte. Der Bagdad‑Pakt trat im Jahr 1955 in Kraft. Er unterstellte die
Notwendigkeit einer Allianz mit Großbritannien mit der Begründung, daß sie uns
gegen eine russische Aggression schütze. Wer sagte jemals, daß ein Angriff auf
uns nur ein russischer Angriff sein könnte? Warum sollte es kein britischer
oder französischer sein? Die Erfahrung hat uns inzwischen gelehrt, daß dies
imperialistische Gedanken waren, weil es tatsächlich Großbritannien, Frankreich
und Israel waren, die uns angriffen. Die Erfahrung hat unsere Auffassung
bestätigt, denn Großbritannien und Frankreich, und Israel in ihrem Gefolge
waren in Wirklichkeit die Aggressoren. Großbritannien und Frankreich, die
erklärt hatten, sie würden uns verteidigen, griffen uns mit Israel zusammen an.
Großbritannien, ein Mitglied des Bagdad‑Paktes, das dem Pakt beitrat, um
die arabischen Länder gegen sowjetische Angriffe zu verteidigen, dieses gleiche
Großbritannien unternahm eine Aggression gegen das arabische Ägypten. Wer war
der Sieger? Es war die arabische Nation, die die großen Mächte besiegte. Nicht
nur die arabische Nation in Ägypten, sondern auch die in Syrien und in jedem
arabischen Land.
Als die ägyptische Nation in Port Said kämpfte, tat die
palästinische Nation in Gaza dasselbe; als wir auf Sinai kämpften, fand in
jeder arabischen Hauptstadt eine Schlacht statt. Es gab eine Schlacht in
Damaskus, wo das Nationalbewußtsein eine Stufe erreichte, in der die arabischen
Patrioten erkannten, daß es ihr Reichtum war, der die Adern der westlichen
Wirtschaft stärkte. Im Irak erhob sich das Volk trotz der Gewaltherrschaft, die
dort regiert, um sich seinen arabischen Brüdern anzuschließen, die gegen den
Imperialismus, gegen eines der Mitglieder des Bagdad‑Paktes kämpften. Das
irakische Volk erhob sich im Zorn gegen die Aggression auf Ägypten; es erhob
sich in Bagdad, in Basra, in Najaf.
Die Studenten verließen ihre Hörsäle, um ihre Solidarität mit ihren arabischen
Brüdern zu demonstrieren. Sie vertraten nicht die arabische Führerschaft, aber
den arabischen Nationalismus. Als das Blut der Söhne Ägyptens in Port Said
floß, floß auch das Blut der Iraker in den Städten des Irak. Das Gebiet des
Konflikts hatte sich ausgedehnt.
Als die Schlachten der dreifachen Aggression vorüber
waren und die arabischen Völker über die Staaten des Bagdad‑Paktes
gesiegt hatten, die gesagt hatten, sie würden uns gegen russische Aggression
schützen, begannen die Verschwörungen und Bestechungen. Es gab eine Arabische
Liga, die Ägypten, Syrien, Saudisch Arabien und Jordanien in politischen und
militärischen Abkommen miteinander verband. Wir hatten geglaubt, diese Liga sei
ein Schutz und die Beherrscher Jordaniens hätten die Bedeutung der
Zusammenarbeit mit den Völkern eingesehen und marschierten mit ihnen zusammen
auf die Verwirklichung ihrer Ziele zu.
Wir hier in Ägypten, und andere
freie Araber überall, ermutigten den König und die Führer Jordaniens, daß sie
die nationale Front, die arabische Solidarität und Freiheit festigten. Doch mit
dem Ende der Aggression kam auch der Verfall der Arabischen Liga. Natürlich
konnten die Aggressoren, die besiegt worden waren und deren Pläne fehlschlugen,
in diesem Stadium nicht aufgeben. Sie versuchten, ihre Ziele mit anderen
Mitteln zu erreichen. Ihr erstes Ziel war es, jene Ärmsten im Geiste in der
arabischen Welt zu suchen und sie davon zu überzeugen, daß das arabische
Konzept die Jahre nicht überdauern könnte, daß die Grundsätze, die wir in
Ägypten und Syrien proklamierten, nicht von Dauer seien und daß der
Imperialismus gewiß letztlich siegen würde. Die Auswirkungen dieser Propaganda
begannen spürbar zu werden, und in Jordanien wurde im April letzten Jahres ein
Staatsstreich gegen das Volk und die nationalen Elemente inszeniert. Die
Stiche, die wir nach der Aggression von Jordanien empfingen ‑ nicht vom
jordanischen Volk ‑ schreckten uns nicht, sondern trugen eher zu unserer
Entschlossenheit bei, stärker zu werden. Wir bedauerten das jordanische Volk,
das geglaubt hatte, es bewege sich auf die Verwirklichung seiner nationalen
Ziele zu, nur um zu finden, daß es betrogen worden war. Es war überrumpelt
worden, als der König sich von den nationalen Zielen abwandte und ein Feind der
Sehnsucht des Volkes und des arabischen Nationalismus wurde.
Dann folgten Schläge gegen Ägypten und Syrien in rascher
Folge. Sie wurden in der Hoffnung geführt, daß die Völker ihnen nicht lange
standhielten und daß innerhalb von sechs Monaten ein Staatsstreich zugunsten
des Imperialismus inszeniert werden würde. Diese Menschen hatten vergessen, daß
die arabische Revolution die Revolution der arabischen Völker war, daß sie all
ihr Hoffen und Sehnen verkörperte. Es leuchtet ein, daß diese Schläge, solange
sie von einigen wenigen Menschen kamen, die Konsolidierung des arabischen
Nationalismus und die Erlangung der Freiheit nicht beeinträchtigten. überall
riefen die arabischen Völker nach Einheit, nach der Ausrottung des
Imperialismus und der Einsetzung von Regierungen, die vom Volk abhingen und
sich auf Unabhängigkeit, Solidarität und Selbstvertrauen gründeten. Als die Port‑SaidAggression stattfand, entschlossen sich die
Arbeiter auf den Ölfeldern Syriens, die Leitungen zu sprengen, obwohl diese Aktion
sie ihrer Arbeitsstellen und Löhne berauben würde. Als die ägyptische Arbeiter‑Union
hunderttausend Pfund an diese syrischen Arbeiter sandte, weigerten sie sich,
das Geld anzunehmen. Sie sagten, sie seien sich des Opfers bewußt gewesen, das
sie brachten, als sie ihren Entschluß faßten.
Diese Sinnesart herrschte unter
den arabischen Völkern vor, obwohl viele Menschen die Versuche sahen, die
unternommen wurden, um Ägypten und Syrien vom Rest der arabischen Welt zu
isolieren.
Dann erschien die Eisenhower‑Doktrin auf der
Bildfläche als ein weiterer Versuch, die arabischen Völker daran zu hindern,
ihre Ziele zu erreichen. Es war ein Versuch, die Verantwortung für die
Verteidigung arabischen Landes auf Amerika zu legen. Wir alle wissen, wie die
Eisenhower‑Doktrin fehlschlug. Die arabischen Völker waren entschlossen,
ihre Grundziele und Grundprinzipien zu verwirklichen: Freiheit, Unabhängigkeit
und Einheit. Dies war der gemeinsame Faktor, der die arabischen Völker
miteinander verband. Die Völker glaubten an ihre Mission und daran, daß die
Einheit ihr einziges Mittel ist, Unabhängigkeit zu erlangen und ihr Land zu
verteidigen.
Die Einheit, Brüder, bedeutet, daß der Imperialismus
aller seiner Waffen beraubt ist. Der Imperialismus wurde durch die Marine‑
und Luftstreitkräfte der Waffe der Aggression beraubt. Der Imperialismus wurde
der Waffe der Intrigen, Verschwörungen und des Säens von Zwietracht beraubt.
Wir sind uns der Vorgänge hinreichend bewußt geworden, daß wir alle diese
boshaften Machenschaften und heimtückischen Intrigen durchschauen, so daß wir
in der Tat nicht mehr die Opfer dieser imperialistischen Listen und Tücken
werden.
Wenn wir die Anschläge und Verschwörungen zählen müßten,
die man gegen Ägypten und Syrien ausgeheckt hat, wir würden sie unzählbar und
endlos finden.
Die Einheit Brüder, bedeutet auch, daß der Imperialismus
der Waffe der Bestechung beraubt ist. Der Glanz des Goldes, der einstmals so
unwiderstehlich war, hat seine Wirkung völlig verloren. Stellt euch einen Mann
vor, der zwei Millionen Pfund ablehnt! Zwei Millionen Pfund in Gold, zwei
Millionen Pfund in harter Währung, zwei Millionen Pfund in Schweizer Franken
konnten einen Mann nicht kaufen, einen armen jungen Mann, erst 33 Jahre alt,
der nicht einmal ein Hundertstel dieser Riesensumme hätte verdienen können,
selbst wenn er ein ganzes Leben lang den Posten eines Ministers innegehabt
hätte.
Die Macht des Geldes wirkt nicht mehr. Die erste Zahlung
betrug 162 tausend Pfund. Sie konnte einen arabischen Jüngling nicht
veranlassen, sein Mutterland zu verraten. Die zweite Zahlung betrug zwei
Millionen Pfund in Gold. Auch sie verfehlte es, einen anderen arabischen
Jüngling zu ködern und ihn sein Land verraten zu lassen.
In der Tat, der Imperialismus wurde völlig entwaffnet.
Er wurde aller Waffen der Aggression beraubt. Er wurde auch der Waffe der
Intrige beraubt. Er wurde der wirksamsten Waffe beraubt: des Geldes. Es war
daher nur natürlich, daß die Einheit Wirklichkeit wurde.
Wir haben den Kolonisator
jeder Waffe beraubt. Wir haben auch die Feinde des arabischen Nationalismus
völlig entwaffnet. Jeder von uns, gleichgültig wie arm und bedürftig, lehnt es
ab, mit Geld getäuscht zu werden. Jeder von uns, gleichgültig wie unvollständig
seine Bildung ist, ist intelligent genug, um die Nachrichten und
Rundfunksendungen zu durchschauen, die auf Betrug und Intrigen abzielen.
In der Tat, die einzige Waffe, die noch in den Händen
des Imperialismus und der Feinde des arabischen Nationalismus verblieben ist,
ist der Meuchelmord. Aber sie haben natürlich vergessen, daß Mord den Lauf der
Geschichte nicht ändert. Der Meuchelmord diente im Mittelalter politischen
Zielen, als eine Handvoll Menschen den Völkern ihren Willen aufzwang und ihr
Schicksal bestimmte. Das ist heute nicht mehr der Fall. Einzelpersönlichkeiten
beherrschen nicht mehr das Schicksal der Völker und zwingen ihnen nicht mehr
ihren Willen auf. Im Gegenteil, es ist das Volk, das heute sein Schicksal
bestimmt und den Regierungen seinen Willen aufzwingt.
Ich selbst, Gamal Abdel
Nasser, habe mit fünf Jahren, sogar noch ein wenig länger, Ägypten und Syrien
für vereinigt gehalten. Nicht ich war es, der die Einheit Ägyptens und Syriens
zustande brachte. Noch trugen irgendwelche Kollegen in kleinerem oder größerem
Maße zur Erlangung dieser Einheit bei. Es war das arabische Volk Syriens und
das arabische Volk Ägyptens, das diese Einheit forderte. Es war das freie
arabische Volk, das seinen eigenen Willen bestimmt und seinen Willen diktiert.
Es gibt heute keine Staaten oder Menschen, deren Schicksal vom Willen eines
einzelnen Individuums oder einer Gruppe von Individuen abhängt. Der arabische
Nationalismus muß heute nach Gesichtspunkten beurteilt werden, die sich von
denen der Vergangenheit unterscheiden, in der er nichts war als eine Bewegung,
die von den Großmächten abhing und die von diesen Mächten betrogen wurde, als
sie versuchte, ihre Hoffnungen auf gewisse Individuen zu setzen, um später zu
entdecken, daß persönliche Bestrebungen und materieller Gewinn die einzigen
Interessen dieser Individuen waren.
Heute fühlen sich die arabischen Völker in der Lage, die
Verantwortung zu übernehmen und ihren eigenen Kampf zu führen. Die arabischen
Völkern versuchten im ersten Weltkrieg, den Großmächten zu vertrauen. Doch sie
wurden betrogen und fanden, daß sie hintergangen worden waren. Die arabischen
Völker versuchten, ihr Schicksal in den Händen gewisser Individuen zu belassen
und fanden, daß sie wieder betrogen wurden.
Wir haben 1948 entdeckt, daß gerade diese Individuen
gegen den arabischen Nationalismus mit den Großmächten und dem Weltzionismus im
Komplott standen in dem einzigen Bestreben, die Ziele der Imperialisten zu
verwirklichen. Es hat sich gezeigt, daß manche dieser Individuen, denen wir
unsere Zukunft anvertrauten, uns verrieten. Lydda und
Ramleh gingen nur deshalb verloren, weil keine
Angriffsbefehle an die Armee des Irak ausgegeben wurden.
Wir fühlten auch, daß der Betrug sogar hier in Kairo die
Oberhand hatte und daß wir, wenn wir siegreich und zum Kampf fähig sein
wollten, unseren Rücken schützen mußten. Wir sahen, daß der Imperialismus
gewisse Strohmänner und Agenten in unserem Land hatte, von denen wir uns
befreien mußten, und daß das Volk selbst die Verantwortung auf die Schulter
nehmen mußte. Die arabischen Völker haben diese Tatsachen erkannt und sich mit
aller Entschlossenheit dafür entschieden, selbst die Verantwortung zu
übernehmen.
Die arabischen Völker wußten, wie sie zu handeln hatten.
Als die Aggression gegen Ägypten stattfand, erhob sich das syrische Volk, um
die Ölleitungen zu sprengen, und überall in der arabischen Welt wurden die
Interessen der Aggressoren bedroht. Sie wußten, wo die Quellen der Kraft zu
finden waren, die sie sich zunutzemachen konnten. Sie
zogen Vergleiche zwischen dem, was 1947 und 1948 geschehen war, als sie sich
erhoben, um ihre Rechte in Palästina geltend zu machen und als sie von der Welt
mit sorgloser Nachlässigkeit behandelt wurden ‑ und dies mit der
Begründung, daß es bedeutungslose Völker seien ‑, und dem, was sie 1955, 1956
und 1957 sahen, als die Augen der Welt sich auf dieses Gebiet richteten, als
die ganze Welt sich seiner Bedeutung bewußt wurde und fühlte, wie sich die
Elemente der Schwäche, die 1947 zu unserer Niederlage führten, in Elemente der
Stärke verwandelt hatten.
In der Tat, 1956 bemühten sie sich alle um die Araber,
luden sie ein und fütterten sie. 1947 baten wir Amerika dringend, den Arabern
beizustehen, aber sofort nachdem wir dies getan hatten, erkannte Truman am 15. Mai
den Staat Israel an. Er nahm nie das geringste Interesse an den arabischen
Völkern. 1957 wurden Araber nach New York eingeladen, damit weitere Pläne gegen
den arabischen Nationalismus geschmiedet werden konnten.
Wir als Volk können durch solche Schauspiele nicht
getäuscht werden. Wir besitzen Rechte, die wir festigen wollen, wir haben eine
Politik, die wir betreiben wollen und Ziele, die wir erreichen wollen. Als
unsere Revolution ausbrach, glaubten wir an die Philosophie der Revolution,
daran, daß wir die Pioniere waren, die auf den Beginn des Heiligen Feldzuges
warteten. Wir fühlten, daß der Heilige Feldzug noch nicht begonnen hatte.
Heute jedoch, da ich unter euch stehe, nach meinem
Besuch in Syrien und nach der Verwirklichung unserer Union, kann ich sagen, daß
der Heilige Feldzug begonnen hat. Nun ist es die Sache seiner Führer, die
Hindernisse, die auf seinem Weg liegen, zu beseitigen. Es ist der Marsch eines
Volkes, das an seine Grundsätze und an seine Stärke glaubt. Er erwächst aus dem
Glauben des Volkes, daß seine Grundsätze von ihm selbst bestimmt werden müssen
und ihm nicht aufgezwungen werden dürfen. Der Heilige Feldzug ist von den
Völkern ausgegangen, die sich vom Reaktionismus und
von Fremdherrschaft befreit haben, die sich entschlossen haben, die
Verantwortungen auf sich zu nehmen.
Die Völker wurden sich ihres Zieles bewußt und des
Weges, den sie beschreiten müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Daher forderten
sie die Einheit. Wenn ich sage, daß die Völker die Einheit forderten und dies
zu einer Zeit, da ich dachte, es müßten noch viele Jahre vergehen, ehe sie
erreicht werden könne, so ausgeströmt mich dabei die Freude, denn die Reaktion
der Völker kam früher, als wir erwartet hatten. Dies bedeutet, daß es für
unsere Union in der Zukunft nichts zu befürchten gibt, weil diese Union dem
Willen des Volkes entsprang. Das Volk verlangte den Zusammenschluß von seinen
Regierungen, von den Führern des Heiligen Feldzuges, der begonnen hatte, nach
vorwärts zu drängen zur Freiheit hin, zu einer unabhängigen Politik und zum
arabischen Nationalismus. Der Heilige Feldzug ist sich seines Zieles bewußt
geworden ‑ sein Ziel ist die Einheit.
Als diese Union gegründet wurde, versuchten die
Imperialisten und die Feinde des arabischen Nationalismus mit allen Mitteln,
sie zu brechen. Aber ihre Intrigen schlugen fehl. Alle Versuche,
lokalpatriotische Gefühle zu wecken, versagten. Umstürzlerische ausländische
Rundfunkstationen begannen zu erklären, dies sei ägyptischer Imperialismus.
Deshalb besuchte ich Syrien. Das Verhalten des syrischen Volkes zeigte klar,
daß es diese Propaganda und ihre Methoden durchschaut. Diese Stationen, die von
den Imperialisten und ihren Agenten finanziert werden, die arabischen Stationen
von Bagdad und Amman erklärten, syrische Kaufleute seien in die ägyptische
Wirtschaft eingedrungen, und syrische Kaufleute sind klug. Aber niemand wurde
von diesen Ideen beeinflußt. Es hieß auch, Damaskus, die Hauptstadt der Ummayaden verlöre seine Bedeutung. Als ich in Syrien der
Proklamation der Verfassung zuhörte, sah ich, daß der Paragraph am meisten
Beifall fand, in dem festgelegt wurde, daß Kairo die Hauptstadt der Vereinigten
Arabischen Republik sein soll. Mit Intrigen gegen Völker verhält es sich anders
als mit solchen, die gegen Einzelpersönlichkeiten gesponnen werden. Das Volk
wird nicht von kleinlichen Eifersüchteleien, Geiz, Habsucht oder Neid geleitet.
Die imperialistischen Kollaborateure berechnen Erfolge nur in Ausdrücken des
Geldes und der Macht und aller anderer Arten von materiellen Vorteilen. Das
Volk aber kümmert sich nur um seine internationale Position und um seine
Stellung in der Welt. Wenn es den Imperialisten gelungen ist, in einigen
arabischen Ländern gewisse Opportunisten zu kaufen, so ist ihr Versuch, die
Völker dieser Länder zu ködern, die an die arabische Einheit glauben und die
diese Einheit verlangten, kläglich mißlungen.
Nach meiner Rückkehr aus Syrien wurde ich von einem
Ausländer gefragt: >Welche Nation wollen Sie nun als nächste der
Vereinigten Arabischen Republik eingliedern?< Diese Frage zeigt, daß der
Frager unsere Sache nicht verstanden hat, über die wir hier sprechen. Er
ignoriert bei dieser seltsamen Frage unsere ganze Geschichte. Es handelt sich hier
nicht um eine Aneignung ‑ Ägypten hat sich ebensowenig Syrien angeeignet
wie Syrien sich Ägypten angeeignet hat. Die Moral, sich Länder anzueignen, ist
auf die imperialistischen Nationen beschränkt, die in der Vergangenheit Indien,
Singapur und andere afroasiatische Länder ihrem Herrschaftsbereich einverleibt
hatten. Wir haben uns immer vereinigt, um den Anstrengungen jener
entgegentreten zu können, die versuchten, uns zu einem Teil ihres Imperiums zu
machen. Die arabischen Völker haben sich immer gegen Fremdherrschaft und
Unterjochung zusammengeschlossen. Dieser Zusammenschluß wurde durch den Willen
der Völker erreicht und er kann nur von solchen Menschen verstanden und richtig
eingeschätzt werden, die fühlen wie wir. Wir haben gesagt, daß unsere Union
jedem, der sich uns anschließen will, offen steht. Die einzige Voraussetzung
ist, daß dieser Wunsch nach Einheit der Wille des Volkes selbst sein muß.
Wir haben gesagt, daß sich keine arabische Waffe gegen
eine arabische Nation erheben und daß kein arabisches Blut von arabischer Hand
vergossen werden wird. Die Einheit, die wir jetzt erlangt haben, ist schon
verschiedene Male vorher erlangt worden. Diese Einheit ist das Glied, das alle
Araber miteinander verbindet. Es war nicht beabsichtigt, die arabische Welt in
einem Bürgerkrieg zu spalten. Der Volksentscheid, der sowohl in Ägypten als
auch in Syrien stattgefunden hat, zeigte, daß 99 Prozent der Bevölkerung diese
Einheit unterstützten. Diese Einmütigkeit und dieser starke Wille haben der
Vereinigung ihre jetzige Bedeutung verliehen. Als der Jemen sich entschloß, der
Vereinigten Arabischen Republik beizutreten, sandte Imam Ahmed, der König des
Jemen, eine Delegation, die aus Vertretern aller einflußreichen
Persönlichkeiten des Jemen und aller Stammesfürsten bestand. Sie kamen, um
ihren einmütigen Entschluß zu erklären, der Vereinigten Arabischen Republik
beizutreten. Wir glauben fest daran, daß wir ein Teil der arabischen Nation
sind. Wir können die Dinge nicht mit den Augen eines Fremden betrachten. Wir glauben
auch, daß Ideale nicht durch Flotten, Geld, Verschwörungen oder durch die Hilfe
fremder Mächte oder durch irgendeine Gewaltmethode aufgezwungen werden können.
In Damaskus habe ich proklamiert, daß unsere einzigen Mittel die Liebe, das
Vertrauen und das Selbstbewußtsein sind. Wir fordern nicht mehr als unsere
natürlichen Rechte. Wir beanspruchen nichts als unser Lebensrecht und unser
Recht auf eine friedliche Koexistenz mit allen. Dies besagt nicht, daß wir
irgendeinen Eingriff in unsere Rechte dulden würden, ob er nun von den
Imperialisten. selbst ausgeht oder von den imperialistischen Agenten und
Kollaborateuren. jedem Angriff, erfolge er nun direkt oder indirekt, wird mit
dem gleichen Angriff begegnet werden.
Nach der Ausrufung der Vereinigten Arabischen Republik
erfolgte die Ankündigung über die Gründung der Haschemiten‑Föderation.
Die Haschemiten hatten seit dem ersten Weltkrieg
immer von einer Föderation geträumt. Die Idee der Einheit, die die Haschemiten verfochten, war der Traum aller arabischen Völker
gewesen. Warum wurde sie dann bis jetzt nicht verwirklicht? Die Antwort ist
einfach: die Haschemiten warteten immer darauf, daß
die Anregung dazu aus London käme. Erst als Ägypten und Syrien sich
zusammengeschlossen hatten, war dies für sie die langerwartete
Anregung. Sie schickten sich an, den Irak und Jordanien zu vereinigen. Wir
dachten, daß wir mit Gottes Hilfe ein neues Stadium der Zusammenarbeit beginnen
könnten. Deshalb kabelte ich eine Glückwunschadresse an König Feisal, die besagte, daß hier eine Hoffnung für die Araber
erneuert sei. Ich tat dies, obwohl er mir keine ähnliche Botschaft gesandt
hatte und obwohl es klar war, daß es der Zweck der Haschemiten‑Föderation
war, gegen die Vereinigte Arabische Republik zu opponieren. Aber unser Weg ist
der der friedlichen Zusammenarbeit, und dieses Telegramm sollte eine Atmosphäre
in der arabischen Welt schaffen, die den Imperialisten und ihren Agenten keine
Gelegenheit zum Übermut geben würde.
Auf jenes Telegramm folgten Provokationen von seiten des
Außenministers des Irak. Man versuchte, die anderen Staaten dahin zu
beeinflussen, daß sie die Vereinigte Arabische Republik nicht anerkannten. Der
Irak nahm mit Amerika, Iran, Pakistan und der Türkei und allen Staaten des
Bagdad‑Paktes Verbindung auf und bat sie, uns die Anerkennung zu
verweigern. Aber Amerika, Iran, Pakistan und die Türkei erkannten uns trotz Nuri‑es‑Said's Bitte an. Trotz der Bitten der
Strohmänner des Imperialismus in Jordanien und im Irak sind die einzigen
Staaten, die uns bis jetzt nicht anerkannt haben, Großbritannien und
Frankreich, die Aggressoren, und der Irak und Jordanien.
Damals wurde deutlich, daß die friedliche Koexistenz,
die wir innerhalb der arabischen Nation suchten, keine Gegenliebe fand, weil
die Reaktionäre in den arabischen Staaten glaubten, das arabische Erwachen, das
unserer Union das Leben schenkte, bedeute eine Gefahr für sie. Sie glaubten
aggressive Absichten zu sehen. Sie sahen in allen Grundsätzen, die wir
proklamierten, eine Gefahr für ihre Throne und ihre einflußreichen Stellungen,
für ihren Feudalismus und ihre Räubereien.
Sie sahen alle diese Dinge bedroht, während wir nur
friedliche Koexistenz suchten, um uns gemeinsam mit ihnen vorwärtszuarbeiten.
Wir wollten, daß die Haschemiten‑Föderation für
das Wohl der Araber arbeite, doch die Imperialisten stachelten ihre
Kollaborateure mit Geld, mit Intrigen und Drohungen dazu an, sich gegen uns zu
verschwören. Es war klar, daß der Ruf nach friedlicher Koexistenz auf taube
Ohren stieß, denn die Imperialisten erkannten, daß unsere Gedanken und Ideen,
die wir ausdrückten, unsere Pläne, die wir verwirklichten, wie alle unsere
Handlungen zum Ziel hatten, dem Volk seine Rechte zurückzugeben und es erkennen
zu lassen, daß wir einzig und allein von ihm abhängen. Sie erkannten, daß dies
alles letztlich dem arabischen Volk seine wirkliche Stärke zurückgeben würde.
Darüber hinaus erkannten sie, daß sie als Individuen vielleicht zwar für einige
Zeit Macht, Geld und Vorteile besitzen mochten, daß sie aber vielleicht nicht
fortbestehen konnten, wenn sie nicht den Wünschen und dem Sehnen ihrer Völker
stattgaben, wenn nicht das Volk aufrichtig und ehrlich ihre Herrschaft
unterstützte. Deshalb antwortete man unserem eindringlichen Ruf nach
friedlicher Koexistenz nur mit Verschwörungen und aggressiver Feindseligkeit.
Wenn ich nun von diesem Stadium aus, das wir erreicht
haben, in die Zukunft blicke, so weiß ich gewiß, daß jeder Bürger der
Vereinigten Arabischen Republik jeden Zentimeter des Territoriums seiner
Republik bis zum letzten Blutstropfen verteidigen wird. Wir haben immer wieder
versucht, in friedlicher Koexistenz zu leben, aber anscheinend will man das
nicht. Deshalb werden wir jeden Schritt, den sie unternehmen, mit einem
Gegenschritt beantworten, wir werden auf Aggression mit Aggression antworten
und auf Unfreundlichkeit mit Unfreundlichkeit. Jedem, der uns anzugreifen
versucht, wird sofort pariert werden.
Heute, da wir die Geburt unserer Republik feiern, heute,
da der Strom der Einigkeit hier in Ägypten mit dem in Syrien zusammenfließt, um
die Ehre wiederherzustellen, die stets unser war, wann immer Ägypten und Syrien
sich trafen und zusammenschlossen, heute nehmen wir alle eine schwere
Verantwortung auf uns. Denn unsere Republik soll die erste Verteidigungslinie
zum Schutz der arabischen Nation bilden, und sie soll allen Hoffnungen und
Bestrebungen der arabischen Nationen Ausdruck geben, die durch Drohungen,
Unterdrückung und brutale Gewalt daran gehindert sind, dasselbe zu tun. Diese
Republik soll ein Modell der arabischen Einheit sein. Und sie gelobt, die Basis
zu sein, von der der Ruf nach der arabischen Einheit ausgeht, nach arabischer
Freiheit ebenso wie nach der Unterstützung aller freien Araber in jedem
arabischen Land gegen den Imperialismus, und seine Strohmänner. Wir haben auch.
die Verantwortung übernommen, für den Weltfrieden zu arbeiten, da wir uns eine
Politik der Bündnislosigkeit zu eigen gemacht haben und darüber hinaus, weil
unsere Politik unabhängig ist und unserem eigenen Willen entspricht. Wir
geloben auch, der Welt zu demonstrieren, daß der arabische Nationalismus für
die Araber und für die ganze Menschheit eine aufbauende Kraft ist. Je mehr wir
uns diesen Aufgaben und Verantwortungen gewachsen zeigen, desto größer werden
unsere Gewinne und Triumphe sein und desto mehr wächst unsere Stärke. Wir haben
ganz klare Ziele und weithin sichtbare Meilensteine an unserem Weg, die uns
helfen, sie zu erreichen. Unser Ziel ist Neutralität und Nichteinmischung;
unser Glaube an den arabischen Nationalismus kennt keine Grenzen; er ist für
uns keine bloße Politik, sondern wir arbeiten für seine Festigung in allen
arabischen Ländern. Diesen Glauben hat das syrische Volk mehr als hinreichend
ausgedrückt, als es seine politischen Parteien auflöste, ehe man es dazu
aufforderte. Es glaubte, dies sei der Weg zur Einheit. Wir wollten die
politische Einheit, die wir dadurch ausdrückten, daß wir uns unter einer
gemeinsamen patriotischen Führerschaft zusammentaten. Wir wollen unsere
Wirtschaft mobilisieren, damit wir unser Land wieder aufbauen können und
fühlen, daß wir Kraft und Stärke besitzen. Wir wollen unsere Wirtschaft und
unsere Produktion entwickeln, damit wir eine soziale, demokratische
Gesellschaft aufbauen können, in der es keine soziale, wirtschaftliche und politische
Ausbeutung gibt.
Wir haben viele Jahre gekämpft, und wir haben in unserem
Kampf nun einen lichten Gipfel erreicht. Da wir auf dem Gipfel stehen, können
wir uns umschauen und auf den langen Weg zurückblicken, den wir gewandert sind.
Wir können auch die lange Straße sehen, die in die Zukunft führt. Und wenn wir
auf die lange Straße blicken, die bereits hinter uns liegt, so sehen wir, daß
jene, die uns besiegen wollten, selbst besiegt wurden, daß jene, die uns
isolieren wollten, selbst isoliert wurden und daß jene, die uns aufhalten
wollten, selbst schrecklich aufgehalten wurden. Dies ist es, was in der
Vergangenheit geschah. Was die Zukunft anbetrifft, so bin ich hoffnungsvoll und optimistisch. Aber
laßt mich euch sagen, daß die
Augenblicke des Triumphs stets schwere Verantwortungen mit sich bringen.
Augenblicke der Niederlage entheben einen der Verantwortungen, denn man weint
dann über das, was hätte sein können. Augenblicke des Triumphs aber bringen
einem mehr Aufgaben und schwerere Verantwortungen. Der Gewinner denkt an die
Zukunft, der Besiegte denkt an die Vergangenheit und weint ihr nach. Der
Gewinner denkt an die großen Aufgaben, die vor ihm liegen. Und ihr seid die
Gewinner. Gott hat es uns ermöglicht zu gewinnen und unsere Ziele früher als erwartet
zu erreichen. Aber vor uns liegen immer noch gewaltige Aufgaben,
Verantwortungen und Verpflichtungen, die wir erfüllen müssen. Wir werden dem
Eigendünkel nicht erlauben, in unsere Herzen einzudringen. Wir wollen unsere
Hände in die Hand Gottes legen und voranmarschieren. So werden wir fähig sein,
unsere Verantwortungen zu tragen.
Möge Gott in diesen lichten Augenblicken uns seine
Unterstützung geben und uns helfen, unseren Verantwortungen zu entsprechen.