Antisemitismus

 

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts verschärft sich der europäische Antisemitismus noch erheblich und wird dadurch besonders beunruhigend, daß in der modernen Politik Menschenmassen mitwirken, deren Verhetzung durch die technischen Propagandamittel keine Schwierigkeiten bereitet. Der zunehmende Reichtum und Einfluß der Juden in Deutschland erregt Neid und Haß, der verlorene Erste Weltkrieg wird mit auf ihr Schuldkonto geschrieben ‑ weil die Deutschen nicht verstehen wollen, daß der Krieg eines noch so tapferen Volkes gegen eine Welt von Feinden mit seiner Niederlage enden muß. Die Not der Nachkriegsjahre, Inflation und Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftskrisen der dreißiger Jahre ‑ alles das fällt zu Lasten der Juden, zum Teil auch der Freimaurer, die führende Positionen in Wirtschaft und Verwaltung innehaben und für das Chaos als Sündenböcke hingestellt werden. Hinzu kommt eine verstärkte Einwanderung von Juden nach Mitteleuropa aus dem Osten. Dazu tritt vor allem der Bolschewismus, das Rätesystem in Deutschland, Ungarn und Rußland in Erscheinung, die in erheblichem Maße (jedoch nur in seiner damaligen Frühzeit) von Juden geführt und gestaltet wurden. So tauchen sie gleichermaßen als Führer von Kapitalismus und Bolschewismus auf und können sich nun drehen und wenden, wie sie wollen: sie werden verfolgt. Selbst die nationalen Gruppen rücken in zunehmendem Maße von ihnen ab, und jüdische Beteiligung an dieser "Rechten" und am Faschismus-Nationalsozialismus bleibt auf Einzelfälle beschränkt, vor allem auf die sogenannten "Teiljuden", die in ihrer besonderen Situation als Renegaten und Konvertiten oft zu schlimmeren Antisemiten werden als die Nichtjuden ‑ wie die Zeit der Hitlerschen Judenverfolgung eindeutig beweist. (...)



Nach dem Ersten Weltkriege drängte sich der Antisemitismus immer zielstrebiger in die Politik hinein. Schon am 11. 12. 1918 kam es in Berlin von sozialistischer Seite aus zu den ersten antijüdischen Pogromen. In Österreich verlangten die Deutschnationalen und jene antisemitischen Sozialdemokraten, die es im Lande damals recht häufig gab, eine Abschiebung der Ostjuden in ihre heimatlichen Gefilde; ja im Mai 1919 schlugen die Antisemiten in der Nationalversammlung sogar vor, die Juden in Konzentrationslagern zu internieren, wie es der Abgeordnete Kunschak wollte. Als "barbarische Kulturschande" lehnte die große Mehrheit der Parlamentarier dies ab. In der Deutschen Republik betrieben neben den Nationalsozialisten und den antisemitischen Gruppierungen auch eine große Anzahl von völkischen Schriftchen und Blättchen antijüdische Propaganda; ihre Zahl wird im Jahre 1927 auf 718 geschätzt. Die Geldgeber stammten dabei aus besten Kreisen von Wirtschaft und Gesellschaft: wie Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern, die bayrischen Industriellen Aust, Baron Cramer‑Klett, Hornschuch und Maffei sowie außerhalb Bayerns Bechstein, Borsig, Kirdorf, Krupp, Mannesmann, Thyssen u.v.a. So verwundert es nicht, wenn auch die Judenverfolgungen im Weimarer Staat sich immer häufiger in tätlichen Angriffen äußerten: zwischen 1923 und September 1932 wurden 128 Friedhofs‑ und 50 Synagogenschändungen gezählt ‑ ein Handwerk, das also damals schon von geist‑ und ehrfurchtslosen Kreaturen geübt wurde. Anfang 1930 allein wurden 8 Juden in Berlin erschlagen, 8 Monate später deren 78 verletzt. Am 2. 5.1931 überfielen Studenten in der Berliner Universität alle jüdischen Kommilitonen und verletzten viele von ihnen schwer. Damit beginnt sich allmählich die kommende Hitler‑Herrschaft abzuzeichnen, welche die schwächliche und sich durch ihre großen demokratischen Parteien selbst aufgebende erste deutsche Republik ablöste.

 

Es kann keinerlei Zweifel darüber herrschen, daß der überwiegende Teil der Nationalsozialisten antisemitisch eingestellt war, während eine allerdings sehr kleine Gruppe sich hierbei sogar aktiv und d. h. aggressiv bis zu verbrecherischen Ausschreitungen beteiligte. Daß diese bei der Mehrheit des deutschen Volkes keine Zustimmung fanden, ja sicher auch von der Mehrzahl der Parteigenossen abgelehnt wurden, darf als gewiß vorausgesetzt werden. Aber die kleine, entschlossene Minderheit hat sich im Besitze aller Machtmittel besser durchzusetzen verstanden. (...)

 

Quelle: "Bevor Hitler kam" von Dietrich Bronder, 2. Aufl., Genf 1975, S. 390 + 400 f



ANTISEMITISMUS

 

Die Behauptung von einem seit jeher besonders radikalen deutschen Judenhass wird bei Autoren wie Goldhagen zum Vorwurf gesteigert, der Antisemitismus in Deutschland sei traditionell "eliminatorischen" (auf physische Vernichtung zielenden) Charakters gewesen. Dem widerspricht total die gerade in der jüdischen Literatur betonte außergewöhnlich gelungene Symbiose von Judentum und Deutschtum. Hunderte jüdische Autoren haben in tief schürfenden Analysen herausgearbeitet, welch fruchtvolles Zusammenleben durch Hitler zerstört worden sei. Und nicht selten heißt es sogar, Deutschland sei durch den jüdischen Exodus ab 1933 geistig, kulturell, wissenschaftlich, künstlerisch usw. gleichsam verelendet. Das setzt voraus, dass Juden in all den genannten Bereichen führend waren. Nahum Goldmann, langjähriger Präsident des Jüdischen Weltkongresses, hat in seinen Memoiren betont, nirgends sei die Judenheit so enorm aufgestiegen wie in Deutschland bis 1933; ihr Erfolg im Deutschen Reich werde selbst vom jüdischen Siegeszug in den USA nicht übertroffen. Das alles aber wäre in einer zutiefst antisemitischen, womöglich eliminatorisch veranlagten deutschen Gesellschaft unmöglich gewesen.

 

Quelle: "Das Lexikon der antideutschen Fälschungen", München 2003, S. 10

 

Anmerkung: Grundlegende Ausführungen zu den Dingen, die hinter den weitgehend unbegründeten Vorwürfen des Antisemitismus stehen, enthält die hervorragende Schrift von Johannes Rothkranz: "Totschlagswort 'Antisemitismus' - Klarstellungen zu einem 'einzigartigen Wortmißbrauch'", Durach 2003 (Bezugsquelle: Verlag Anton A. Schmid, Postfach 22, D-87467 Durach)