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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe
Genossen!
Den "Lübecker Nachrichten" vom
14.4.2005 habe ich entnommen, daß Sie sich unter dem Motto "Nazigasthof
dichtmachen!" an einer Demonstration gegen die von Herrn Dieter Kern in
Heilshoop betriebenen Gaststätte beteiligen wollen. Deshalb erlaube ich mir,
Ihnen mein Schreiben vom 9.5.2004 zukommen zu lassen, welches ich seinerzeit in
einem ähnlichen Zusammenhang an einen "Hartmann" aus der "Alternative"
gerichtet hatte. Daraus können Sie ersehen, daß die auch von den "Lübecker
Nachrichten" verbreiteten Vorurteile gegenüber Herrn Kern einer
realistischen Grundlage entbehren. Herr Kern ist - im Gegensatz zu einigen
Gestalten aus dem Dunstkreis der Alternative - ein gesetzestreuer Bürger und
allemal kein Neonazi. Die Auftragsschreiber der "Lübecker
Nachrichten" täten nach wie vor besser daran, sich mit den kriminellen
Machenschaften ihres ehemaligen langjährigen Geschäftsführers Dr. G. Semmerow
zu beschäftigen - dem dann auch noch das unselige Gespann Simonis / Gärtner das
Bundesverdienstkreuz (nunmehr: Bundesschandeorden) hat umhängen lassen - als
einen ohnehin schon genug gemobbten Zeitgenossen weiterhin zu beschädigen.
Wenn sich die Ministerpräsidentin
Simonis im Fernsehen dazu hinreißen läßt, die Bevölkerung aufzufordern, solche
Leute wie Herrn Kern gesellschaftlich zu meiden und quasi als Paria zu
behandeln, kann ich Schleswig-Holstein nur dazu beglückwünschen, nicht mehr
länger von so einem bösen machtversessenen Weib regiert zu werden.
Dann halte ich es für sehr
problematisch, wenn sich Organisationen, die unter dem Kaiserreich und den
Nazis so gelitten haben, mit Personen verbünden, die für Reifenstechereien,
Autodemolierungen, Buttersäureanschläge und illegale Boykottaufrufe verantwortlich
sind. Wenn heute die DGB-Gewerkschaften gerade eben 25 % der Werktätigen
vertreten und wenn die SPD einmal fast eine Million Genossen hatte und jetzt
unter die 600.000-Marke gefallen ist, muß man sich doch fragen, ob man in den
vergangenen Jahrzehnten nicht zu oft die Interessen der falschen Klientel
vertreten hat.
Wenn Sie also demnächst wieder einmal in
Heilshoop demonstrieren wollen, sollten Sie sich als wahre Vertreter der
unterprivilegierten Bürger mit Herrn Kern auf ein Pils und eine vorzügliche
Portion Sauerfleisch mit Bratkartoffeln zusammensetzen und über Gemeinsamkeiten
und Meinungsverschiedenheiten diskutieren und nicht vorverurteilen und
denunzieren. Ich bin mir sicher, daß Sie erstaunlich viele Übereinstimmungen
feststellen werden.
Kein vernünftiger Mensch bestreitet, daß
Adolf Hitler - zusammen mit Stalin, Pol Pot usw. - einer der schlimmsten
Verbrecher des 20. Jahrhunderts war. Aber Geschichte ist nun einmal nicht
eindimensional und verläuft nicht gradlinig. Bis 1938 war Hitler ein weltweit
geachteter Staatsmann - was Sie u.a. bei Sebastian Haffner nachlesen können -
und die überwältigende Mehrheit des Deutschen Volkes konnte damals nicht
vorhersehen, das in einer revolutionären Bewegung zur Rettung des wankenden
Abendlandes eines Tages die kriminellen Elemente die Oberhand gewinnen würden,
wie es Gottfried Benn - der bedeutendste deutsche Lyriker des 20. Jahrhunderts
- einmal formuliert hat. In diesem Zusammenhang werde ich - wie Peter
Scholl-Latour auch - nicht müde, daraufhinzuweisen, daß die Nationalsozialistische
deutsche Arbeiterpartei ursprünglich eine sozialrevolutionäre Bewegung
war, was sich besonders sinnfällig in einigen zwischen SA und KPD gemeinsam organisierten
Streikmaßnahmen Anfang der 1930er Jahre in Berlin manifestierte.
Im Sinne von Rosa Luxemburg und Heinrich
Mann appelliere ich deshalb an Sie, "wehrhafte Demokratie" nicht mit
"Gesinnungsdiktatur" zu verwechseln. Prüfen Sie freundlicherweise
autonom die gegen Herrn Kern erhobenen Vorwürfe und wenn Sie - wie ich - zu dem
Ergebnis kommen, daß er sich auf dem Boden der verfassungsmäßigen Ordnung
bewegt, verschonen Sie ihn bitte mit weiteren Drangsalierungen.
Mit freundlichen Grüßen