Sprachstörungen

 

Jeder ethnischen Minderheit wird heute politisch zugestanden, dass sie ihre Sprache pflegt und als Teil ihrer Wesensart verteidigt. Die Deutschen aber lassen sich die ihre anscheinend ohne nennenswerte Gegenwehr aus dem Mund nehmen und plappern schon selber wie die amerikanische Zigarettenwerbung. Sie werden hierzu noch von einigen verstörten Intellektuellen ermuntert, die der Ansicht sind, es sei nach den Verbrechen des Dritten Reichs moralisch nicht mehr zu verantworten, sich für die deutsche Sprache noch irgendwie zu engagieren. Als ob unser Land durch eine Dauer­Demutsgeste irgend jemandes Respekt oder Sympathie in der Welt gewinnen könnte. Viel größer ist die Gefahr, eine nationalistische Gegenbewegung des politischen Pendels auszulösen. Die großen Parteien sollten sich zu einem freundlichen Patriotismus, der andere Länder nicht erobert, ihnen aber auch nicht in den Hintern kriecht, bekennen und dieses Politikfeld selbst besetzen.

 

Dr. KURT GAWLITTA Berlin

 

Quelle: STERN-Leserbrief 38 /1999 / 11