Heftige Kritik an Kanzler Schröder

 

De Zayas beim Tag der Danziger in Lübeck

 

Lübeck (dod). "Als Amerikaner kann ich absolut nicht begreifen, warum Schröder derart diskriminierende Worte in Warschau ausgesprochen hat, denn sämtliche deutschen Regierungen haben bisher die korrekte völkerrechtliche Haltung vertreten, nämlich dass die Vertreibung ein Unrecht war, und dass die Konfiskationen von Privateigentum ebenfalls völkerrechtwidrig war. Mit seinen Worten hat Schröder die Vertriebenen im Stich gelassen. Ich kann mir keinen amerikanischen Präsidenten denken, der auf die Rechte der amerikanischen Bürger verzichten würde, wie Schröder es getan hat." Dies sagte der amerikanische Völkerrechtler Prof. Dr. Dr. Alfred Maurice de Zayas auf dem "Tag der Danziger" in Lübeck.

 

Prof. de Zayas betonte, dass das Heimatrecht Menschenrecht ist. "Lassen Sie sich von keinem etwas anderes suggerieren. Bekenntnis zur Heimat ist kein Chauvinismus, es ist eins der fundamentalsten Menschenrechte, die den Genuss an anderen Menschenrechten erst ermöglichen".

 

Verpflichtung des Staates

 

Das Recht auf die eigene Geschichte und die eigene Heimat existiere, es dürfe kein leeres Postulat sein. Allerdings würden gewaltige Kräfte dagegen wirken ‑ Kräfte, die man unter dem allgemeinen Begriff des Zeitgeistes wiederfindet ‑ in der Politik des Schweigens, der Desinformation, der Satanisierung, der Erpressung, der Anpassung, auch in der Politik des billigen Opportunismus.

 

Zu den Ansprüchen der deutschen Vertriebenen auf Wiedergutmachung führte de Zayas aus: "Als Völkerrechter muss ich betonen, dass jeder Staat eine Verpflichtung zum diplomatischen Schutz der eigenen Bürger hat. Dies ist Völkergewohnheitsrecht. Wenn ein Staat Privateigentum von Bürgern anderer Staaten konfisziert, besteht eine Völkerrechtsverletzung, die das Recht auf Wiedergutmachung mit sich bringt. Es ist halt die Aufgabe des Staates dieses Recht auf Wiedergutmachung zu behaupten. Tut dies der Staat nicht, so soll und muss der Staat selbst seine Bürger entschädigen. ...

 

Insbesondere kritisierte er die Berichterstattung: "Ich bedaure die unintelligenten Analysen von menschlichen Katastrophen, die ich in vielen amerikanischen und deutschen Blättern gelesen habe, Pseudo‑Analysen, die sich auf die Täter/Opfer‑Schablone fixiert haben, dessen pseudointellektuellen Verfasser anscheinend unfähig sind, sich davon zu befreien."

 

De Zayas hob die Aufgaben des ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN hervor: "Ich begrüße die Wahl des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler und beglückwünsche Sie dazu. Er ist wohl Volksdeutscher... Er dürfte mehr Einsicht in sein hohes Amt mitbringen. Ich begrüße die Initiative eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin und den Einsatz von Erika Steinbach und Peter Glotz. Als Mitglied des Beirats des Zentrums lege ich besonderen Wert darauf, klarzustellen, dass es dem Zentrum darum geht, die Tragödie aller Vertreibungen im Europa des 20. Jahrhunderts zu dokumentieren, um sie besser zu verstehen. Es geht darum, künftige Vertreibungen überall in der Welt vermeiden zu helfen, sowie darum, den Opfern von Vertreibungen eine gewisse moralische Anerkennung und historische Gerechtigkeit widerfahren zu lassen."

 

Danziger mit intakter Identität

 

Die Danziger könnten mit Recht auf ihre Identität stolz sein und durch ihre Anwesenheit beweisen, dass sie die Lebenskraft und Lebensfreude besitzen, sich zu ihrer hanseatischen Heimat zu bekennen. "Die völkerrechtliche Klärung der Rechte der Bürger des Freistaats Danzig steht offen. Man hat die Diskussion bisher stets vermieden. 2004 ist nicht zu spät, dies zu tun."

 

Tausende Danziger in Lübeck

 

Die Osterweiterung, so de Zayas, sei eine gute Sache. Sie dürfe nur nicht auf Kosten der historischen Wahrheit forciert werden, auf Kosten der nationalen Ehre und schließlich auf Kosten der Vertriebenen. "Ich bezweifle, dass Frieden und Freundschaft auf der Basis von Verlogenheit aufgebaut werden können. Aber, wie Günter Grass in einem seiner Romane betitelt ‑ das ist wohl "Ein weites Feld."

 

Tausende Danziger aus Deutschland, Europa und Übersee hatten sich am 21. und 22. August 2004 in der Lübecker Musik‑ und Kongreßhalle eingefunden, um den "Tag der Danziger" zu begehen. Die deutschen Danziger, die 1945 ihre Heimatstadt Danzig verlassen mussten und heute verstreut in aller Welt leben, erinnern sich an diesem Wochenende an ihre schöne Heimat und an die traditionsreiche Stadt Danzig, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Polen teilweise in alter Pracht wieder aufgebaut worden ist. Auch aus Danzig selbst nahm eine starke Besuchergruppe daran teil.

 

Der Sonnabend und der Sonntagnachmittag waren dem "Wiedersehen" und dem "Familientreffen" gewidmet. Als kultureller Mittelpunkt referierte Archimandrit Irenäus Totzke, Abtei Niederaltaich, über "Das Danziger Staatstheater ‑ Geschichte und Gegenwart".

 

Heimat bleibt Heimat

 

Gelegenheit geboten wurde zum Besuch des "Museum Haus Hansestadt Danzig" in Lübeck und zur Besichtigung der dort am Vorabend eröffneten Ausstellung "Der Danziger Architekt Adolf Bielefeld, 1876‑1934". Höhepunkt des Treffens war am Sonntagvormittag im Anschluß an heimatlich gestaltete Gottesdienste in den Kirchen beider Konfessionen die "Festliche Veranstaltung". Das Vorstandsmitglied des "Bund der Danziger e.V.", Erika Boike, erwähnte in ihrer Begrüßung das Grußwort des ehemaligen Bundesinnenministers Dr. Wolfgang Schäuble zum "Tag der Danziger" im Jahr 1991 und zitierte daraus u.a.: "Die Menschenrechte und das Recht auf die Heimat stehen in einem engen Zusammenhang. Wenn sich die heimatvertriebenen Deutschen ihrer angestammten Heimat erinnern, ist dies ihr selbstverständliches Recht."

 

Der Bundesvorsitzende des "Bund der Danziger e.V", Werner Hewelt, betonte, dass die Danziger von den Politikern nichts anderes erwarteten, als dass sie ihre Menschenwürde und ihre Menschenrechte respektierten. Heimat habe etwas mit der Seele, der geistigen Einstellung und der Würde des Menschen zu tun.

 

"Heimat ist eben nicht nur ein Ort, in dem man gerade wohnt, sondern in den man hineingeboren wurde. Es ist der Lebensraum, der einen geformt hat, der erst durch die Vorfahren zu eigenen Lebenskreis wurde. Wir haben unsere Heimat nicht freiwillig verlassen und deshalb werden wir uns auch immer als Danziger fühlen.

 

Gegenseitiges Verständnis erfordert

 

Wir wollen die Geschichte unseres Lebens in der Danziger Heimat, die schrecklichen Ereignisse im Krieg, die Flucht und Vertreibung einbringen als Pfand aus unserer Vergangenheit, als Anschauungsmaterial in der Gegenwart und als Lehre für die Zukunft! Wir wollen sie einbringen als Beitrag für ein gegenseitiges Verständnis mit unserem Nachbarn Polen. Aber wir wollen sie auch einbringen als Beweis dafür, dass wir die völkerrechtlichen Interessen der deutschen Danziger und ihrer Nachkommen zu Recht vertreten und weiterhin vertreten werden. Unser Wirken in unserem Vaterland Deutschland wie auch in unserer Heimatstadt Danzig soll unser Anteil für ein friedvolles Leben und ein verständnisvolles Miteinander aller Menschen im vereinten Europa sein."

 

Stefan Teppert

 

Quelle: DOD 9 / 2004 / 32 f