Br. Ernst Freymann ist Privatdozent Paul Köthner

 

Im Jahre 1919 begann das "Mecklenburgische Logenblatt", das amtliche Organ der der "Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland" unterstehenden Provinzialgroßloge von Mecklenburg in einer "Handschrift nur für Brüder" mit dem Abdruck einer hochinteressanten Artikelserie mit dem Titel "Auf den Pfaden der internationalen Freimaurerei - Beiträge zur Geschichte der Gegenwart", bearbeitet von Br. Ernst Freymann. Hinter dem Logennamen "Br. Ernst Freymann" verbarg sich der Privatdozent Paul Köthner. Mit dieser großen Arbeit begann eigentlich die Tragödie dieses Mannes, denn wohl selten ist jemand mit so viel Durst nach Idealismus und Ethik in die Loge eingetreten, wie Paul Köthner. Und wohl selten ist jemand kläglicher an den betörenden Phrasen von "Seelenveredelung" und "geistiger Schönheit", "sittlicher Würde" und "Humanität", mit denen die Freimaurerei zu arbeiten gewohnt ist, gescheitert, als Paul Köthner. Sein Name klingt noch heute als furchtbare Anklage gegen die freimaurerische "Erleuchtung". Köthner schrieb unter anderem:

 

"Seit mehr als 7 Jahren verfolgte ich die Tätigkeit ausländischer Freimaurerlogen. Ich hatte in Wien, Budapest, Lugano, Rom, Brüssel, Paris, London, auch in Mexiko, Washington gute Freunde unter den Freimaurern und habe selber zum Teil an ihren Tempelarbeiten teilgenommen. Als gut erzogener Bruder Freimaurer war es für mich über jeden Zweifel erhaben, daß ein Geist alle Freimaurer‑Logen der Erde beherrscht, daß eine einzige Bruderkette die ganze Welt umspannt. Wie bald mußte ich erkennen, daß dies nur unser frommer Wunsch ist! Wie tief war die Enttäuschung, als ich zum ersten Male die Maske durchschaute, die uns gutgläubigen deutschen Brüdern eine Freimaurerei verbirgt, welche der unseren so wesensfremd ist, daß jeden Entsetzen befällt, der einmal ihr wahres Gesicht gesehen hat. Ebenso befremdend, wie diese Worte jedem klingen, der sie jetzt zum ersten Male hört, ebenso fremd kam es mir seiner Zeit an, sie als Tatsache erkennen zu müssen.

 

Bei uns dachte man über die ausländische Maurerei im allgemeinen harmlos. Man wußte zwar, daß die nichtdeutschen Großlogen und Logen Politik treiben, man glaubte aber, und glaubt es heute noch, daß im Innersten trotzdem ein gemeinsames geistiges Band alle Brüder Freimaurer umschließe, welches sofort wieder fühlbar werden könne, wenn die politischen Wirren vorüber sind und jeder Freimaurer sich wieder auf sich selbst besinnen lernt. Selbst wenn man an die Wiederaufnahme des Verkehrs wegen der so ganz verschiedenen äußeren Anschauungen nicht dachte, blieb doch ein Rest von brüderlichem Gemeinschaftsgefühl. Wie sollte es auch anders sein, da doch in allen Logen der Welt unter denselben Symbolen dieselbe Lehre und dieselbe Erziehung grundlegend schien!

 

Das war und ist der Glaube unserer deutschen Brüder. Aber er ist irrig. Ich habe es seiner Zeit erlebt, und die folgenden Dokumente werden es beweisen, daß die nichtdeutsche Freimaurerei (ohne irgendwie in Betracht kommende Ausnahmen) grade: "im innersten" und grade: wenn sie sich "auf sich selbst besinnt", in unversöhnlichstem Gegensatz zu uns steht; ihr politisches Denken ist nicht wie bei uns etwas dem freimaurerischen Empfinden nebengeordnetes, sondern politische Arbeit ist im Innersten eins mit ihr und erfüllt sie ganz und gar bis ins Innerste. Der unüberbrückbare Gegensatz besteht also darin, daß ihr politisches Ideal ihr höchstes freimaurerisches Ideal ist; ein geistiges Ideal, eine geistige Brüderschaft ohne politische Machtbestrebungen sind für sie Hirngespinnste und nur Lockmittel für Anfänger.

 

In jedem Falle (gleichgültig, ob ihre Bestrebungen royalistischer oder kommunistischer Art sind) wollen sie äußere Macht und wollen nur durch äußere Mittel Einfluß auf das politische Leben gewinnen.

 

Dies war schon vor sieben Jahren das Ergebnis meiner persönlichen Wahrnehmungen. Und, nachdem diese Erkenntnis einmal erwacht war, ergaben sich auf Schritt und Tritt Beweise für die Richtigkeit meiner Wahrnehmungen. So bin ich denn dazu gekommen, von zwei verschiedenen prinzipiell feindlichen Freimaurereien zu reden; damals hielt man das für Phantasie; heute wird man es ernst genug nehmen, wenn man im folgenden geradezu erschreckende Beweise erhält für den äußerst erbitterten geheimen Kampf der nichtdeutschen Freimaurerei gegen Deutschland und damit gegen die deutsche Freimaurerei, welche den Geist der deutschen Volkskraft symbolisiert.

 

Schon ein kurzes Weiterverfolgen des Gedankens, daß ein Geheimbund (!) politische Macht anstrebt und tatsächlich besitzt, bringt das Gefährliche dieses Strebens zum Bewußtsein. Wenn es die deutsche Freimaurerei wäre, welche eine politische Stellung einnehmen wollte, so könnte diese nur eine Schutzstellung für Thron und Altar sein, ohne autokratische Gelüste. Bestehen solche aber, wie bei der nichtdeutschen Freimaurerei, dann richtet sich diese freimaurerische Arbeit auch im Falle royalistischer Ziele immer gegen die Macht des jeweiligen Königs bzw. der jeweiligen Regierung. Der treibende Gedanke ist in allen Fällen auf Umsturz und Vernichtung gerichtet, weil nur aus den Trümmern der bestehenden Zustände sich die Macht dieses großen Geheimbundes erheben kann. Wir stehen alle vor der nichtdeutschen Freimaurerei wie vor einer geheimen Weltmacht, die alle ihre Kräfte vereinigt gegen alles, was dem echten (nicht dem verdeuteten) Symbol des Gr. B. d. W. (Großer Baumeister aller Welten) treu bleibt; und das ist vor allem das deutsche Volk, weil tief in seinem Innern noch der Glaube an den Gott und den Erlöser schläft, der uns die geistige Macht über die unheilvollen Kräfte der Zerstörung verleihen kann.

 

Das Unwahrscheinlichste an diesem Ergebnis ist, daß die gesamte nichtdeutsche Freimaurerei als geschlossene Macht gegen Deutschland zusammensteht und von einer Zentrale aus geleitet wird, so daß von einzelnen Logen oder Groß‑Orienten in der Welt nichts unternommen wird, was nicht dem einheitlichen Plan des Ganzen entspräche. Kurz: die "Weltmacht" der nichtdeutschen Freimaurerei wird vermutlich angezweifelt werden. Diese zu erweisen, wird die Aufgabe sein; denn in dieser Tatsache enthüllt sich die bisher unterschätzte furchtbare Gefahr der geheimen Weltmacht gegen die wir uns zu wappnen haben.


Unter Eid vor Zeugen wird keiner der geheimen freimaurerischen Machthaber etwas aussagen, was uns als handgreiflicher Beweis für das Treiben der geheimen Weltmacht dienen könnte. Der eigentliche Grund dafür ist nicht der, daß er in jedem geordneten Staatswesen dadurch sein Leben verwirkte, sondern weil ihm kein Richter beweisen kann, daß gerade er ein Schuldiger ist, denn er steht immer gedeckt durch seine Brüder, die ebenso wie er den Eid der Verschwiegenheit zu halten wissen. Im Notfall wird ein wenig unterrichteter Fanatiker vorgeschoben, der sein Leben einsetzt für die Idee. Diese direkte Beweisform kommt also hier nicht in Betracht. Wir können nur einen Indizienbeweis führen. Wir müssen Äußerungen, unbeabsichtigte Enthüllungen über politische Pläne, später eintreffende Voraussagen von politischen Aktionen u. dgl. sammeln, wie sie in der Presse hundertfach zu finden sind. Wir müssen sie sammeln aus den freimaurerischen Zeitschriften und Kongreßberichten und aus den führenden Presseorganen aller Länder. Und wenn wir dann sehen werden, daß all das, was in den verschiedensten Ländern propagiert wird, sich niemals gegenseitig widerspricht, oft mit denselben Wendungen und Worten wiederholt wird, und daß ein neuer Gedanke und Plan stets zu gleicher Zeit in allen Ländern auftaucht und überall sofort in Angriff genommen wird, so wird uns das Beweis genug dafür sein, daß in allen Ländern dieses einheitliche Wirken von einer geheimen Oberleitung angeregt wird, welche eine fast unbeschränkte Macht über die Völker ausübt. Da dies nur durch tiefgehende Verständigung unter den geheimen Führern in den verschiedenen Ländern möglich ist, so müssen diese alle miteinander durch eine hohe, den nationalen Interessen übergeordnete Idee verbunden sein. Stellt man schließlich noch fest, daß alle diese geheimen Führer Freimaurer sind, so ist es für jeden klar, der nicht blind sein will, daß die alte verbindende, alle verpflichtende übergeordnete politische Idee in den freimaurerischen Großorienten geboren, gelehrt und gefördert wird, zumal man weiß (soweit man es noch nicht weiß, wird es bewiesen werden), daß alle nichtdeutschen Großoriente politische Ziele haben.

 

Und nachdem dieser Beweis gesichert ist, wird man die ungeheure Tragweite davon durchschauen und erkennen, daß nicht Amerika, nicht England, nicht die Entente als solche uns in diesen Krieg und in das namenlose Elend hineingetrieben haben, sondern eine geheime Weltmacht, welche die Regierungen der Entente nur als Werkzeug gebraucht.

 

Es ist eine Entweihung des Namen "Freimaurerei", wenn man eingestehen muß, daß diese geheime Weltmacht, welche nur zerstört und überallhin Unfrieden und Verzweiflung trägt, die nichtdeutsche Freimaurerei ist.

 

Aber diese Erkenntnis ist eine unerbittliche Notwendigkeit. Denn sie allein löst die Rätsel unseres Zusammenbruchs, und wer sich dieser Erkenntnis verschließt, wird niemals das Geschehene in seinen Ursachen begreifen und folglich unfähig bleiben, diese Ursachen zu bekämpfen.

 

Für uns deutsche Freimaurer aber bleibt noch das große Rätsel ungelöst, wie es denn möglich gewesen war, daß diese internationalen Freimaurer das freimaurerische Ideal so verhängnisvoll mißdeuten konnten, daß sie aus der Idee eines geistigen Tempelbaues eine Idee des Umsturzes und der Zerstörung aller geistigen Werte machten und auf dieser Grundlage eine Weltpolitik treiben, die alle Völker der Erde mit drückenden Sklavenketten belasten, jede freie Entwicklung hemmen, Erregung und Unzufriedenheit schüren; und dies alles unter der Parole: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". ‑ Es würde den vorwiegend historischen Charakter der folgenden Studien beeinträchtigen, wenn wir dieses Rätsel mit der Gründlichkeit, die es verdient, hier lösen würden. Es ist aber schon an anderer Stelle geschehen und kann unsern Brüdern zugänglich gemacht werden.

 

Quelle: "Entlarvte Freimaurerei - Band II - Vom Freimaurer-Mord in Sarajewo - über den Freimaurer-Verrat im Weltkriege - zum Freimaurerfrieden von Versailles!", von Friedrich Hasselbacher, 3. Auflage, 1938, S. 18 - 21