Pike und Luzifer
Albert Pike, Reformator des Hochgradsystems des Alten und Angenommenen
Schottischen Ritus und selbst Freimaurer des 33. Grades, erläutert in seiner
Erklärung vom 14. Juli 1889 vor den 23 Obersten Räten der Welt - also den
Häuptern der Weltfreimaurerei - worin die luziferische Religion besteht:
"Was wir dem gewöhnlichen
Volk sagen müssen, ist folgendes: 'Wir beten einen Gott an, doch ist dieser der
Gott, den man ohne Aberglauben anbetet.'
Euch, ihr Souveränen
Generalgroßinspektoren, sagen wir folgendes, damit ihr es (ausschließlich) den Brüdern des 32., 31. und 30. Grades mitteilt:
Die freimaurerische Religion
muß von allen in die höchsten Grade Eingeweihten in der Reinheit der
luziferischen Lehre bewahrt werden ... Die schöpferische Magie des Dämons ...
ist nicht die unsere; dieser Irrtum, dieser Wahnsinn ist nicht der unsere:
dieser Irrtum, dieser Wahnsinn mit seinem Gefolge von Schändlichkeiten und
Albträumen ist die Angelegenheit des päpstlichen Roms, und dieses trägt die
Verantwortung dafür. Dieser Wahnsinn ist von Adonai (dem biblischen Gott, dem Gott der Christen) erschaffen worden, dem
Verleumder Luzifers. In seinem Ingrimm gegen seinen ewigen und großherzigen
Widersacher hat der Boshafte Gott bei den abergläubischen Menschen den Sinn für
die heiligen Dinge verwirrt. Er hat die Göttlichkeit des Vaters des Guten
geleugnet und ihn als böse bezeichnet ... Wenn Luzifer nicht Gott wäre, würden
Adonai, dessen Werke allesamt von seiner Grausamkeit, seiner Treulosigkeit,
seinem Menschenhaß, seiner Barbarei und seinem Abscheu für die Wissenschaft
zeugen, sowie seine Priester ihn dann verleumden?
Ja, Luzifer ist Gott, und
leider ist Adonai auch Gott. Weil das ewige Gesetz bestimmt, daß es kein Licht
ohne Schatten gibt, keine Schönheit ohne Häßlichkeit, kein Weiß ohne Schwarz,
weil das Absolute nur in Gestalt zweier Götter bestehen kann, weil die
Finsternis für das Licht notwendig ist, um ihm als Schatten zu dienen, so wie
der Sockel für die Statue notwendig ist und die Bremse für die Lokomotive ...
Somit ist die Lehre des Satanismus (worunter
hier die Lehre zu verstehen ist, welche Satan als boshaftes Wesen betrachtet)
eine Ketzerei, und die wahre und reine Religion ist der Glaube an Luzifer, der
Adonai ebenbürtig ist; aber Luzifer, der Gott des Lichtes und der Gott des
Guten, kämpft für die Menschheit gegen Adonai, den Gott der Finsternis und des
Bösen."
Zitiert in "La Civiltà Cattolica" ["Die katholische
Zivilisation"], 24. 9. 1894, Serie 15, Band 12, Faszikel 1063, abgedruckt
in der Zeitschrift "The Freemason" ["Der Freimaurer"] vom 19.
Januar 1935, zitiert von Pierre Virion, "Bientot un gouvernement mondial,
une super et contre Eglise?" ["Bald eine Weltregierung, eine Über‑
und Gegenkirche?"] Téqui, Ed. 1967, S. 231
Albert Pike war zweifellos
eine außergewöhnliche Persönlichkeit, mit ebenso außergewöhnlichen und
vielseitigen Talenten. Während des (amerikanischen)
Bürgerkrieges diente er als Brigade‑General in der Armee der
Konföderierten (Südstaaten). Als
Indianerbevollmächtigter rekrutierte »der treue und bleichgesichtige Freund und
Beschützer« aus verschiedenen Indianerstämmen eine Spezialarmee, deren
Barbareien und Orgien der Grausamkeit sogar die ohnedies nicht zimperlichen
Engländer dazu veranlaßte, mit einem Einschreiten aus »humanitären Gründen« zu
drohen. Pike, der zunächst in Havard studiert hatte, beherrschte nicht weniger
als sechzehn antike Sprachen in Rede und Schrift. Lange vor der Carbonari H. P.
Blavatsky verstand es Pike, wie es heißt, die geistigen Zusammenhänge zwischen
den verschiedenen Ritus‑ und Kultsystemen zu erkennen und analytisch
auszuwerten. In über 200 Werken bewies Pike zweifelsfrei, daß er nicht nur die
klassischen Schriften des Altertums kannte und auch verstanden hatte, sondern
auch mit den Werken der großen Esoteriker des vergangenen Jahrhunderts bestens
vertraut war.
Quelle: "Das schwarze Reich. Geheimgesellschaften und Politik im 20.
Jahrhundert" von E. R. Carmin, 5. Aufl., München 2000, S. 275