Hochventa (2) - Carbonari
Nubius - führender Kopf der Hohen Venta - schrieb
am 3.4.1844 an Volpe:
"Man hat unseren
Schultern eine schwere Last aufgebürdet, mein lieber Volpe; wir müssen durch
sorgfältig abgestufte, wenngleich recht verschwommen definierte kleine Schritte
den Triumph der Revolution durch einen Papst bewerkstelligen.
Der Papst, wer er auch sei,
wird niemals zu den Geheimgesellschaften kommen: Es obliegt den
Geheimgesellschaften, den ersten Schritt auf die Kirche hin zu tun, um sie
beide (d.h. Papst und Kirche) zu besiegen. Die Arbeit, die wir auf uns nehmen,
ist nicht das Werk eines Tages, ja vielleicht nicht einmal eines Jahrhunderts,
doch in unseren Rängen stirbt der Soldat, und der Kampf geht weiter.
Wir beabsichtigen nicht,
Päpste für unsere Sache zu gewinnen, sie als Anhänger unserer Prinzipien zu
werben, zu Verbreitern unserer Ideen zu machen. Dies wäre ein lächerlicher
Wunschtraum. Wie sich die Dinge auch entwickeln mögen, selbst falls
beispielsweise Kardinäle oder Prälaten sich, mit voller Absicht oder mehr
zufällig, einen Teil unserer Pläne zu eigen machen sollten, wäre das durchaus
kein Grund, ihre Erhebung auf den Stuhl Petri zu wünschen. Das wäre nämlich
unser Verderben. Was diese Männer zur Apostasie (Glaubensabfall) bewogen hätte,
wäre einzig und allein der Ehrgeiz gewesen, und nur die Erfordernisse der Macht
würden sie zwingen, uns zu opfern.
Um also sicherzustellen, daß
ein Papst, wie wir ihn wünschen, auf den Thron kommt, gilt es zunächst, ihm
eine Generation heranzubilden, die der von uns erträumten Regierung würdig ist.
Lassen wir Greise und Menschen reifen Alters beiseite; geht unter die Jugend
und, wenn möglich, bis zum Kindesalter hinab... Unter die Jugend heißt es
gehen, sie heißt es unter dem Banner der Geheimgesellschaften ins Schlepptau
nehmen, ohne daß sie es merkt. Um auf diesem gefahrvollen, aber sicher zum Ziel
führenden Wege gemessenen Schrittes vorwärts zu kommen, sind zwei Dinge absolut
notwendig.
Ihr müßt sanft tun wie die
Tauben, aber sein wie die Schlangen... Laßt vor ihr (der Jugend) niemals ein
unfrommes oder unflätiges Wort fallen. Maxima debetur puero reverentia ... (Dem
Knaben gebührt höchste Ehrerbietung ...) Ist euer Ruf erst einmal in den
Kollegien, in den Gymnasien, an den Universitäten und an den Seminarien
gefestigt, habt ihr erst einmal das Vertrauen der Lehrer und der Studenten
gewonnen, dann sorgt dafür, daß jene, die sich hauptsächlich in der klerikalen
Miliz engagieren, eure Gesellschaft begierig suchen...
Dieser Ruf wird unseren Lehren
den Zugang zum jungen Klerus eröffnen, aber auch zu den Klöstern. In einigen
Jahren wird dieser junge Klerus naturgemäß in alle Stellungen vorrücken: Er
wird regieren, verwalten, richten, den weltlichen Herrscher beraten; er wird
dazu aufgerufen sein, den Papst zu wählen, und dieser Papst wird wie die
Mehrzahl seiner Zeitgenossen die italienischen und humanitären Prinzipien mehr
oder weniger eingesogen haben, die wir demnächst in Umlauf zu setzen
beginnen... Möge der Klerus unter eurer Standarte marschieren und dabei immer
noch glauben, er marschiere unter dem Banner der apostolischen Schlüssel (= des
Papstes; vgl. Matth. 16, 19).
Spannt eure Netze wie Simon
Barjona (= Simon Petrus; vgl. Joh. 21, 15) spannt sie im Innern der
Sakristeien, der Seminarien und der Klöster statt in der Tiefe der Meere, und
wenn ihr nichts überhastet, verheißen wir euch einen wunderbareren Fischfang
als den seinen. Fürchtet euch nicht davor, einige der unseren in diese von
stumpfsinniger Hingabe geleiteten Herden einzuschmuggeln; sie mögen nach und
nach das Personal dieser Bruderschaften studieren, und sie werden sehen, daß
dort eine reiche Ernte winkt.
Träufelt das Gift in kleinen
Dosen und wie zufällig in die ausgewählten Herzen und dann in die Gedanken; ihr
werdet selbst baß erstaunt sein über euren Erfolg.
Verbreiten wir das Laster
unter den Massen; sie sollen es mit allen fünf Sinnen aufnehmen, sollen es
trinken, sollen sich daran sättigen. Züchtet lasterhafte Herzen heran, und ihr
werdet keine Katholiken mehr haben. Haltet den Priester von der Arbeit am Altar
und von der Tugend ab, versucht, seine Gedanken und seine Stunden mit anderen Dingen
zu erfüllen... Was wir in Angriff genommen haben, ist die Verderbnis im großen,
die Verderbnis des Volkes durch den Klerus und des Klerus durch uns, jene
Verderbnis, die es uns ermöglichen muß, die Kirche zu begraben.
Ihr werdet eine Revolution in
Tiara und Chormantel predigen, die mit dem Kreuz und dem christlichen Banner
marschiert, eine Revolution, die nur einer geringfügigen Anfachung bedarf, um
alle vier Ecken der Welt in Brand zu stecken."