Italienische Freimaurer und Jugoslawiens Gold

Am 14. Januar 1953 ist Marschall Tito zum Präsidenten Jugoslawiens geworden. Doch bis jetzt sprechen viele Geschichtsforscher davon, dass er den Sozialismus in Jugoslawien, gestützt auf das Gold der königlichen Dynastie Karageorgievic, aufgebaut habe.

Maurice Thorez, maßgebliche Persönlichkeit der Kommunistischen Internationale, und Jossif Stalin, Leader der UdSSR, hätten dem Marschall ein enormes Vermögen des alten Jugoslawien übergeben. Und als dieses Geld alle wurde, sei Jugoslawien in Teilrepubliken zerfallen.

Die geheimnisvolle Geschichte mit dem Goldvorrat des Königreiches Jugoslawien begann im Frühjahr 1941, als Flugzeuge der Luftwaffe täglich Tausende von Bomben über Belgrad abwarfen. Allen war klar, dass Hitler bald das Land besetzen werde. Der König Jugoslawiens, Peter Karageorgievic, und dessen Regierung beschließen, den gesamten Staatsvorrat zunächst nach Montenegro und anschließend nach Ägypten auszuführen.

60 Tonnen Edelmetall wurden in 1.300 Holzkoffer eingepackt. Ein Sonderzug, der aus 57 Wagen bestand, machte sich unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen auf die Reise. Genau einen Monat brauchte der „Goldzug“, um die Hafenstadt Kotor an der Adriaküste zu erreichen. Peter Karageorgievic und dessen Gefolge haben zusammen mit dem Staatsvorrat auch allerhand persönlichen Schmuck und Währung fortgeschafft.

Es war jedoch nicht gelungen, das Gold auf ein Schiff umzuladen, denn die italienischen Faschisten hatten Montenegro praktisch bereits besetzt. Und so wurde in den Bergen, dort, wo Heiducken einst ihr Raubgut versteckt hatten, eine Höhle ausfindig gemacht, und darin wurden alle 60 Tonnen Gold des Königreiches Jugoslawien gelagert. Der König Peter nahm nur Kleingeld für persönliche Ausgaben mit und floh nach London.

Bis zum Jahre 1943 waren sich die Italiener dessen sicher, dass man das Gold nach Ägypten verschifft hatte, doch dann machte jemand die Faschisten auf die Höhle aufmerksam. Mussolini erteilte sofort den Befehl, das Gold nach Rom zu verfrachten, ohne dabei seinen Mitstreiter, Adolf Hitler, davon in Kenntnis gesetzt zu haben. Die Operation leitete der junge Faschist Licio Gelli, der mit einem speziellen Sanitätszug, der angeblich 73 an Pocken erkrankte Soldaten transportierte, unter Umgehung der Kordons der Hitlertruppen, Triest erreichte. Dort übergab er 8 Tonnen Edelmetall offiziell an den Verwalter der italienischen Staatsbank und verhehlte die restlichen 52 Tonnen. Gelli begriff sehr wohl, dass die Tage vom Duce gezählt seien, und bereitete sich auf das Leben unter der neuen Macht vor.

Ende 1944 traf sich Gelli mit dem Leader der italienischen Kommunisten, Palmiro Togliatti, einem großen Freund von Stalin. Togliatti war zu jener Zeit Mitglied der Koalitionsregierung Italiens. Genosse Togliatti setzte sich für die Rehabilitierung des ehemaligen Faschisten ein, wofür Gelli an Palmiro Togliatti weitere 27 Tonnen Gold ablieferte. Er erwähnte dabei mit keinem Wort, dass er in Jugoslawien 60 Tonnen geklaut und den gesamten Rest des Schatzes, 25 Tonnen, in die eigene Tasche gesteckt hatte.

Nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges übergab Palmiro Togliatti das „Geschenk“ an den neuen Machthaber Jugoslawiens, Josip Broz Tito, der, auf dem Goldvorrat der Karageorgievic beruhend, den Aufbau des Sozialismus in Angriff nahm. Nach dem Zwist mit Moskau im Jahre 1948 hat Tito von den USA darüber hinaus 30 Milliarden Dollar erhalten. Bis zu seinen letzten Tagen vergötterte Tito das Gold, schwärmte er für Schmuck und Luxus.

Licio Gelli überlebte alle seine Herren und Gebieter. Im April dieses Jahres wird er 94 Jahre alt. Nach dem Krieg wurde Herr Gelli zum Besitzer einer Druckerei in der Stadt Pistoia. Anschließend befasste er sich mit dem Möbelbusiness. 1962 wurde er in die Freimaurerloge „Propaganda-2“ aufgenommen. 1969 wurde er zu ihrem Organisationssekretär und nach einer Weile zu ihrem Großmagister. Nach der offiziellen Schließung der Loge im Jahre 1974 verwandelte er sie praktisch in eine politische Geheimgesellschaft.

Gelli schuf 25 vorgeschobene Gesellschaften in Liechtenstein, Luxemburg und Panama, pflegte intensiv Kontakte zu Reagan-Administration und die Beziehungen zum Präsidenten Haitis, Francois Duvalier, sowie zu der nächsten Umgebung des argentinischen Präsidenten Peron. Zu seinem persönlichen Vermögen zählen Landsitze in Chile und Paraguay, Häuser und Wohnungen in Mexiko und Brasilien. Herr Gelli arbeitete aktiv mit der CIA zusammen und jetete unermüdlich in der ganzen Welt, besuchte am häufigsten aber die USA und Lateinamerika. Und er kontrollierte alles. So ist das bis Anfang der 80er Jahre gewesen.

Doch dann traten „düstere Zeiten“ ein. Als Gelli, vom bevorstehenden Besuch der Carabinieri gewarnt, kurz vor dem Erscheinen der Polizei seine Villa Wanda. verließ, schaffte er es nicht, den Safe mit einem Teil des jugoslawischen Goldes und der Mitgliederliste der Freimaurerloge in seinem Garten auszugraben. Die Liste enthielt die Namen von 3 Ministern, 23 Parlamentsabgeordneten, 10 Präfekten, 10 Generälen des Carabinierikorps, 7 Generälen der Finanzgarde, 6 Admirälen, 83 Präsidenten von Staatsunternehmen, 12 Generaldirektoren der Banken und eine Vielzahl von Richtern, Staatsanwälten und Beamten. Die parlamentarische Kommission, die die Mitgliederliste der Freimaurerloge „Propaganda-2“ veröffentlichte, befand sie für echt, jedoch „unvollständig“. An der Spitze der Loge hat aber Licio Gelli gestanden.

Später folgten Einziehung von 120 Millionen Dollar in einer Genfer Bank, Festnahme, Gefängnishaft, Flucht und weitere Verhaftung nach einigen Jahren. Doch statt 12 Jahre Haft hat Gelli lediglich eine Meldeverpflichtung als Strafe aufgebrummt bekommen. Seine Villa Wanda wurde zwar durch den Staat konfisziert, doch nach mehreren erfolglosen Verkaufsauktionen Licio Gelli als verantwortlichem Verwahrer anvertraut. In den letzten Jahren hat er die Geschäfte aufgegeben und verfasst lyrische Gedichte und Erzählungen.

Gelli ist eine der widersprüchlichsten Persönlichkeiten des italienischen politischen Lebens. Die Freimaurerloge „Propaganda-2“ ist in den Jahren 1974 – 1981 ein Zentrum gewesen, in dem sich Interessen der Politik, der Geschäftswelt und der Militärkreise kreuzten. Heute hat sich die Gesellschaft geändert. Andere Menschen stehen an der Machtspitze. Doch Gelli erinnert sich nur ungern an sein früheres Leben, denn Schwätzer leben ja nicht lange. Schweigen ist Gold. Es dauert noch eine Weile, bis das Spiel aus ist.

Konstantin Katschalin

Quelle: Radio Stimme Russlands