Freimaurermord von Sarajewo
"Verschiedene Blätter
brachten nicht nur den Ausbruch des Weltkrieges, sondern auch den Mord von
Sarajewo in Zusammenhang mit dem Internationalen Freimaurertum. Man hob hervor,
dass diese Sekte schon längst auf die Vernichtung des katholischen Oesterreichs
hinarbeite und bemerkte, dass die "Revue internationale des Sociétés
secrètes" bereits am 15. September 1912 die Mitteilung eines
hochgestellten Geheimbündlers bringen konnte, dass Erzherzog Franz Ferdinand
zwar ein braver Mann, aber schon zum Tode verurteilt sei und auf den Stufen des
Thrones sterben werde. (Siehe Petrus‑Blätter Jahrg. 1913/14, S. 508.)
Mit diesen Darstellungen stimmen die Aussagen der Hauptverschwörer
Princip, Cabrinovic und Grabez bei der Gerichtsverhandlung überein. Die
Attentäter wurden bekanntlich vom Major Tankosic und dem Beamten Ciganovic in
Belgrad mit Geld und Mordwaffen versehen, mit denselben eingeübt und dann auf
sicheren Wegen durch offizielle serbische Behörden über die Grenze nach Bosnien
befördert. Nun bezeugten die Attentäter, dass sowohl Ciganovic als auch
Tankosic Freimaurer seien und dass sie die Waffen nicht früher erhalten hätten,
bis ein gewisser Kazimirovic, der in Russland Theologie studiert hatte, eine
Reise nach Russland und Frankreich unternommen und von ihr zurückgekehrt sei.
Kazimirovic sei ebenfalls Freimaurer.
Jedenfalls scheinen die
freilich schon für ein Attentat disponierten jungen Leute ein willkommenes
Werkzeug in der Hand höherer Mächte gewesen zu sein, welche den
österreichischen Thronfolger aus der Wege räumen wollten, um das Reich dann
leichter vernichten zu können.
Damit sich der Leser über die
ganze Sache selber ein Urteil bilden kann, bringen wir einfach die diesbezüglichen
Fragen und Antworten aus der Gerichtsverhandlung.
Dr. Premuzic: Verteidiger des
Cabrinovic, frägt diesen: Sage mir, glaubst Du an Gott?
Cabrinovic: Nein.
Dr. Premuzic: Bist du
Freimaurer?
Cabrinovic: Schweigt verlegen
eine Weile und sagt dann: Was fragen Sie mich das? Darauf kann ich nicht
antworten.
Dr. Premuzic: Hast Du in
Belgrad gehört, dass man Oesterreich vorwirft, dass es ein katholischer Staat
sei?
Präsident
von Curinaldi unterbrechend: Bitte, das sind suggestive Fragen; gegen Cabrinovic
gewendet: War Ihnen bekannt, dass der Erzherzog ein sehr frommer Mann war?
Cabrinovic: Ja, der hier
gegenwärtige P. Puntigam war ja sein Ratgeber.
Präsident: Das war aber
wahrscheinlich nicht der Grund ihn zu töten?
Cabrinovic: Ich wusste, dass
er ein Chauvinist war, und deshalb war er mir unsympathisch.
Präsident: Auch mir könnte
jemand unsympathisch sein, und ich werde ihn nicht töten. War also sein
Katholizismus der Hauptgrund oder ein Nebengrund, dass ihr ihn ermordet habt?
Cabrinovic: Ein Nebengrund.
Dr. Premuzic: Ist vielleicht
Voja Tankosic Freimaurer?
Cabrinovic: Schweigt verlegen.
Nach einer Pause: "Ja, auch Ciganovic."
Präsident: Woher wissen sie
das?
Cabrinovic: Daher, dass
Tankosic im "Piemont" einen Artikel gegen die Regierung schrieb, weil
sie in Skoplje einen russischen Anarchisten auswies, der den russischen Kaiser
umbringen wollte.
Präsident: Daraus folgt, dass
auch Sie Freimaurer sind. Ein Freimaurer wird nie einem anderen als einem
Freimaurer sagen, dass er Freimaurer sei.
Cabrinovic: Ich bitte mich nicht darüber zu fragen. Ich
will darauf nicht antworten.
Präsident: Wer auf die Frage
schweigt, bejaht sie.
Am Nachmittag wird die
Verhandlung mit Cabrinovic fortgesetzt.
Präsident: Sagen Sie uns noch
etwas über die Motive der Mordtat. War es Ihnen, bevor Sie das Attentat
beschlossen, irgendwie bekannt, dass Tankosic und Ciganovic Freimaurer seien?
Hat auf Ihren Entschluss der Umstand, dass Sie und jene Freimaurer sind, einen
Einfluss gehabt?
Cabrinovic: Ja.
Präsident: Erklären Sie mir
das. Haben Sie von ihnen den Auftrag bekommen, das Attentat auszuführen?
Cabrinovic: Ich habe von
niemandem den Auftrag bekommen, das Attentat auszuführen. Die Freimaurerei
steht mit dem Attentate insofern in Verbindung, als sie mich in meinem Vorhaben
bestärkte. In der Freimaurerei ist der Mord erlaubt. Ciganovic hat mir gesagt, dass die Freimaurer den Erzherzog schon vor
einem Jahre zum Tode verurteilt haben.
Präsident:
Hat er das sofort, gesagt oder erst dann, als Sie ihm sagten, dass Sie willens
seien, das Attentat auszuführen?
Cabrinovic: Wir haben auch
früher über die Freimaurerei gesprochen, aber er sagte uns nichts von dieser
Verurteilung, bis wir zum Attentate fest entschlossen waren.
Princip, der nach Cabrinovic
verhört wurde, sagte folgendes aus:
Präsident: Hat Sie bei Ihrer
Tat auch ein anderes Motiv geführt. Vielleicht eines vom religiösen
Gesichtspunkte?
Princip: schweigt.
Präsident: Glauben Sie an
etwas?
Princip: Komische Frage.
Präsident: Das ist keine
Antwort. Sie haben allerdings das Recht, auf Fragen, die an Sie gestellt
werden, nicht zu antworten.
Princip: Darauf will ich nicht
antworten.
Präsident: Kennen Sie den
Major Tankosic?
Princip: Tankosic kenne ich
nicht.
Präsident: Haben Sie nie mit
ihm gesprochen?
Princip: Ich nicht, sondern
Grabez. Ich kenne den Ciganovic.
Präsident: Haben,sie mit
Ciganovic von der Freimaurerei gesprochen? ,
Princip: Warum fragen Sie mich
das?
Präsident: Ich frage Sie, weil
ich es wissen will. Haben Sie gesprochen oder nicht?
Princip: Ja. Cigancrvic sagte
mir, dass er Freimaurer sei.
Präsident: Wann hat er Ihnen
gesagt, dass er Freimaurer sei?
Princip: Als ich mich an ihn
wandte, wegen der Mittel zum Attentate, sagte er es mir und betonte, dass er
mit einem "Manne" sprechen werde. Von diesem werde er die Mittel für
die Ausführung des Attentates erhalten. Bei einer Gelegenheit erzählte er mir auch, dass der österreichische
Thronfolger in einer Loge von den Freimaurern zum Tode verurteilt worden sei.
Präsident:
Und Sie, sind Sie vielleicht auch
Freimaurer?
Princip: Wozu diese Frage,
darauf will ich nicht antworten. Nach kurzem Schweigen: Nein.
Präsident: Ist Cabrinovic
Freimaurer?
Princip: Ich weiss es nicht.
Vielleicht ist er es. Bei einer Gelegenheit sagte er zu mir, dass er in eine
Loge eintreten wird.
Präsident: Wie hiess dieser
Freund des Tankosic?
Princip: Er hiess Kazimirovic.
Er vollendete die geistliche Akademie in Russland
Dr. Feldbauer: Princip, sage
mir, was ist das für ein Mensch, dieser Kazimirovic.
Princip: Ich weiss es nicht.
Er reiste viel ins Ausland. Ich weiss, dass er vor unserer Abreise ins Ausland ging
und dass wir warteten, bis er zurückkehrte; sonst wären wir schon früher aus
Belgrad abgereist.
Cabrinovic: Ich weiss was er
war. Er war ein Freimaurer. Ich
weiss positiv, dass er vor unserer
Abreise nach Kiew ging. Es war so: Ciganovic sprach in einem fort, es wird
schon worden, aber wir müssten uns gedulden, und so war es von einem Tag zum
anderen. Ich gab meinen Plan schon auf und dachte, es werde aus all dem nichts
werden, als eines Tages Kazimirovic aus dem Auslande zurückkehrte. Jetzt kam
Ciganovic sofort zu uns und sagte, dass wir Bomben und Revolver bekommen
werden.
Dr. Perisic: War es Dir
möglich zu schliessen, dass er gerade zum Zwecke dieses Attentates ins Ausland
reiste?
Cabrinovic: Das weiss ich
nicht. Ich weiss nur, dass Princip dagegen war, dass noch jemand ins Vertrauen
gezogen werde, aber Ciganovic sagte, dass dieser Kazimirovic ein verlässlicher
Mensch sei und wir zu ihm Vertrauen haben könnten. Er sagte, er sei ein guter
Mensch und auch ein guter Freund des Tankosic.
Präsident: Wissen Sie noch
etwas von ihm?
Cabrinovic: Ich weiss nichts
mehr.
Präsident: Gab es hier in
Sarajewo Personen, welche darum wussten? oder glauben Sie, dass es sonst
Personen gab, die in die Sache eingeweiht waren?
Cabrinovic: Davon will ich
nicht reden. Ich werde diese Geheimnisse
mit ins Grab nehmen.
Präsident: Wie heisst jener
dritte Student, von dem Sie am Samstag erzählten, dass er vom Attentate wusste,
jener, der von Belgrad abreiste?
Cabrinovic: Ich weiss nicht,
wie er heisst.
Präsident: Wie? und Sie haben
so genau erzählt?
Cabrinovic: Ich weiss, dass er
Kazimirovic heisst. Er ist kein Student, sondern er hat eine geistliche
Akademie vollendet. Er ist eine angesehene Persönlichkeit in Belgrad.
Dr. Premuzic: Wie alt ist er?
Cabrinovic: Er ist ein Kamerad
des Tankosic und mag 30 bis 40 Jahre alt sein.
Präsident: Erzählen Sie, was
war mit ihm?
Cabrinovic: Ich sagte zum
Ciganovic, dass ich bereit sei. Er antwortete, dass er sehen werde. Als wir
davon sprachen, man müsse das Attentat ausführen, aber dass man Waffen dazu
brauche, sagte er, es gebe Leute, welche die Mittel geben würden; er werde mit
ihnen reden. Später sagte er mir, dass er mit Tankosic reden werde und mit
diesem Kazimirovic, der ein Freimaurer ist, und etwas wie ihr Vorsteher war.
Dieser reiste gleich darauf ins Ausland. Er bereiste den ganzen Kontinent. Er
war in Russland und in Frankreich. Als ich Ciganovic fragte, was es mit der
Sache sei, antwortete er immerfort, ja wenn dieser kommt. Damals erzählte mir
Ciganovic, dass die Freimaurer schon vor zwei Jahren den Thronfolger zum Tod
verurteilt hätten, aber dass es keine Menschen gebe, die dies ausführten.
Nachher, als er mir die Browningpistole und die Patronen gab, sagte er mir,
dass dieser Mensch gestern abends angekommen sei. Ich wusste, dass seine Reise
ins Ausland damit in Verbindung stand und dass er so was wie Konferenzen mit
anderen abhielt.
Präsident: Hat das Ciganovic
auch dem Princip gesagt? War Princip gegenwärtig, als Ihnen Ciganovic das
sagte?
Cabrinovic: Princip war
mehrmals zugegen.
Präsident: Was sagte Princip
dazu, dass auch dieser es wusste?
Cabrinovic:
Dem Princip war es nicht lieb, dass jener es wüsste, aber Ciganovic sagte, dass
man ohne diesen (Kazimirovic) nichts tun könne.
Präsident: Sind das nicht
Fabeln, die Sie erzählen?
Cabrinovic: Das ist reine
Wahrheit, und hundertmal wahrer, als alle Eure Dokumente über die Narodna
Odbrana".
Quelle: "Petrus - Blätter" vom 14. und 25. September 1915
("Der Mord von Sarajewo und die Freimaurerei")