Weibliche Machtergreifung im Kulturbetrieb

 

(...) Die Kulturwelt ließ zu wünschen übrig, wie wahrhaftig in jedem Sommer: ein ödes Theaterfestival hier, ein fälliger Geburts­tagsglückwunsch dort.

Es müsste eine Debatte her, etwas, das die Leute aufbringt; es dürfte auch ruhig absurd sein oder ein bisschen geistesschlicht, umso besser.

Der Volontär kratzte sich am Kopf, sag­te, er habe gestern die Sendung mit der Christiansen gesehen, da sei ihm aufgefal­len, dass in letzter Zeit so viele Frauen im Fernsehen sind, das war früher anders, da gab es nur den Pleitgen und den Lojewski - und jetzt sind da so viele Frauen mit Namen wie Illner oder Maischberger.

„Alle schon porträtiert“, wiegelte der Medienredakteur ab. „Aber die Heiden­reich“, mischte sich der Literaturredakteur ein, „die ist schon jetzt erfolgreicher, als es das ,Literarische Quartett’ je war. Das könnte man doch verbinden!“

„Wenn es um Männer und Frauen geht, lesen es alle“, sprach da entschlossen der Chef. „Ich mach das! Mir geht nämlich schon lange auf den Geist, wie diese Wit­wen die Welt regieren: Erst erbt Friede Springer diesen Konzern, dann bestimmt jetzt bei Suhrkamp die Berkewicz, und nun hat auch noch Verlegergattin Liz Mohn bei Bertelsmann das Sagen. Ein Kinder­mädchen, eine Schauspielerin und Schrift­stellerin, eine Telefonistin und eine Stewardess - die Christiansen war ja mal Flug­begleiterin! -, die definieren das Land! Wozu haben wir eigentlich studiert? Man muss deutlich sagen, was für ein Skandal das ist, da kommt etwas auf uns zu, davon habt ihr keine Vorstel­lung! Die Frauen übernehmen die Bewusstseinsindustrie.“ Und er verschwand in seinem Büro.

   So könnte es gewesen sein. Denn am l. Juli erschien ein Ar­tikel in der „FAZ“, der die Repu­blik zu warnen unternahm, im Ton höherer Dringlichkeit, unter dem Titel „Männerdämmerung“. Er fasste die Beobachtungen zusam­men, dass Frauen immer häufiger die Ereignisse zwar nicht kom­mentieren, aber immerhin mode­rieren, dass Elke Heidenreich eine höhere Quote hat als Reich-Ranicki und dass Bertelsmann, Sprin­ger und Suhrkamp von den Unter­nehmer-Frauen dominiert werden: „Eine Telefonistin, ein Kinder­mädchen, eine Schauspielerin und Schriftstellerin und eine Stewardess definieren das Land.“

Und das ist kein gutes Zeichen. Denn wo die Weiber das Sagen haben, da ist das Ganze krank: „Frauen übernehmen die Vermittlung und sogar die Macht in einer zerfallenden Gesellschaft.“

Der Autor des Artikels heißt Frank Schirrmacher. Er ist Herausgeber der „FAZ“, Doktor phil., und er hat Angst. „Die Patriarchen verdämmern, und die Nachfrage nach ihnen sinkt.“ Schirrmacher sieht diese Frauen im Fernsehen, die zur Macht gekommenen Kindermädchen; er hat einmal gewusst, dass Thomas Mann kein Abitur hatte und Günter Grass gelernter Steinmetz ist; er weiß, wir haben alle einmal klein angefangen, aber mit rechten Dingen können diese Karrieren doch nicht zugegangen sein!

Während er und seine Kollegen durch Fleiß und Rücksichtnahme in ihre Ränge gekommen sind, durch Kompetenz und Geradlinigkeit, also schlicht, weil sie viel können und überdies Charakter haben, ha­ben Frauen, das ist ihm klar, „in kompli­zierten, zuweilen von höfischen Intrigen begleiteten Strategien die Zuständigkeit für gewaltige Komplexe der Bewusstseins­industrie übernommen“. (...)

 

Quelle: Elke Schmitter in DER SPIEGEL 31 / 2003 / 114 („Warnung vor den Vipern“ – Auszug)

 

Anmerkung: Elke Heidenreich sei die höhere Einschaltquote von Herzen gegönnt, obwohl es bei Licht betrachtet in einem aufgeklärten Land mitteleuropäischer Tradition nicht als Bravourleistung gelten sollte, einen altstalinistischen Geheimdienstoffizier zu toppen.

Bei der Christiansen aus Preetz hätte man statt der Flugbegleiterin eben so gut auf ihre Glanzrolle als Softpornodarstellerin abstellen können.

Friede Springer hat man in der veröffentlichten Meinung viel zu wenig vorgehalten, durch ein wohl nur als erpresserisch zu bezeichnendes Telefonat mit Angela Merkel den Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann abgesägt zu haben, an dessen Rede es absolut nicht auszusetzen gab. Mit diesem ätzenden Philosemitismus übertrifft sie ja sogar noch ihren verstorbenen Gatten, der vor 1945 die SA-Uniform und nach dem Krieg zwei Pässe – einen deutschen und einen israelischen – trug.

Nichts liegt uns ferner, als in dem vom kämpferischen Feminismus losgetretenen Geschlechterkampf Öl ins Feuer zu gießen, aber wer über die Rolle der Frau in der Justiz Informationen aus erster Hand begehrt, der lese das Kapitel 23 der „Rechtsbeugermafia“ auf dieser Weltnetzseite.