Spuren braunen Staubes
Vergangenheitsbewältigung contra Kunst: Eine Ausstellung zu Arno Breker
sorgt bereits vor ihrer Eröffnung für Kritik
Der Frosch sagt eine Flugschau
ab, aus Protest dagegen, daß vorher der Adler fliegen darf. So etwa stehen die
Proportionen in dem grotesken Theater, das im Vorfeld der Arno‑Breker‑Ausstellung
abrollte, welche an diesem Wochenende im Schleswig‑Holstein-Haus in
Schwerin eröffnet und bis zum 22. August gezeigt wird.
Klaus Staeck, seines Zeichens Politgraphiker
und seit April dieses Jahres Präsident der Berliner Akademie der Künste, verbat
sich mit Aplomb (Nachdruck, d.B.) eine
geplante Schau mit seinen Arbeiten im selben Haus, eben weil dort jetzt Breker
gezeigt wird. Breker, salbaderte Staeck gleich in mehreren Interviews, sei ein
Nazi gewesen, und so einer dürfe nicht gezeigt werden. Dafür wolle er ein
Zeichen setzen.
Es geht nun aber in Schwerin
gar nicht um Politik oder "Vergangenheitsbewältigung", es geht um
Kunst. Breker war, nach Ansicht unzähliger Kunstfreunde, deren Namensliste von
Jean Cocteau und Aristide Maillol und Sacha Guitry bis hin zu Knut Hamsun und
Benedetto Croce reicht, einer der größten und faszinierendsten Künstler des
zwanzigsten Jahrhunderts. Es hat nach 1945 noch nie eine Werkschau von ihm
gegeben. Die Schweriner Veranstaltung war also längst überfällig.
Überfällig ist auch, daß man
endlich damit aufhört, Künstler der Vergangenheit vorrangig nach ihren
politischen Meinungen zu sortieren, sie polizistisch zu begeifern und zu
verbieten. Picasso war für Stalin, Dali für Franco, J. L. David für Robespierre
und Napoleon. Das gibt Stoff für biographische Hüpfer, für polizeiliche
Maßnahmen reicht es nicht. Künstlerische Würdigungen werden dadurch nicht
ersetzt.
Freilich gibt es Künstler, wie
etwa den Frosch Klaus Staeck, die nur aus läppischen Hüpfern bestehen. Sie
sollten sich freuen, wenn sie trotzdem im selben Haus wie Breker & Co.
gezeigt werden.
Quelle: RICHARD STOLTZ in JUNGE FREIHEIT vom
21.7.2006 ("Frosch und Adler")
Anmerkung: "Die Verfasser gehören nicht zu
den Schuldsüchtigen, die 'ein wenig braunem Staub nachjagen, als handele es
sich um Goldkörner'," heißt es - bei Ernst Jünger entlehnt - in der
"Rechtsbeugermafia" von Winter/Haferbeck.
Man kann ohne weiteres Klaus Staeck und seine
Arbeit bewundern und in diesem konkreten Fall Richard Stoltz recht geben.
Unabhängig davon, daß Kunst und Politik im
Grundsatz zwei verschiedene Paar Schuh sind, müssen wir endlich den
Nationalsozialismus und die Zeit von 1933 bis 1945 historisieren. Wir dürfen
weder Adolf Hitler noch den Nationalsozialismus als das "absolut
Böse" verstehen, sondern müssen objektiv mit wissenschaftlicher
Redlichkeit vorgehen, differenzieren und auf einmal stehen die ungeheuerlichen
Verbrechen, die in dieser Zeit unbestreitbar geschehen sind, in einem ganz
anderen Lichte. Auch Klaus Staeck sollte akzeptieren, daß die Siegermächte
beider Weltkriege Kübel von Lügen und Halbwahrheiten ausgekippt haben, um die
wahren Hintergründe zu verschleiern und Deutschland eine Schuld zuzuweisen, die
es einfach nicht in diesem Umfang zu tragen hat. Jeder ehrliche Patriot und
guter Deutsche hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, nach der formalen
Ablösung von Fremdherrschaft und Erlangung angeblich vollständiger Souveränität
für eine Aufklärung und Verbreitung der historischen Wahrheit zu sorgen.