Die Rettung der Kultur in Einfachheit und Armut?
Die Entscheidung.
Der
Hauptentscheid kann nur aus dem Innern der Menschheit hervorgehen. Wird der als
Machtsinn und Erwerbssinn ausgeprägte Optimismus weiter dauern, und wie lange?
Oder wird, worauf die pessimistische Philosophie der heutigen Zeit hinweisen
könnte, eine allgemeine Veränderung der Denkweise eintreten?
Zeiten der Verarmung.
Was die geistige Produktion der heutigen Zeiten betrifft, in
welcher Sie die großen Individuen vermissen, so wird sich wohl im 20.
Jahrhundert, wenn einmal Zeiten der Verarmung und Vereinfachung kommen, und die
Orientation aller Hervorbringungen auf das Großstädtische und dessen Presse
aufhört, noch immer zeigen, daß frische und große wirkliche Kräfte vorhanden
sein können, welche der allgemeinen Verfälschung entrinnen und sie überleben
werden. Das sind so meine unmaßgeblichen Tröstungen.
Was die Abnahme der geistigen Spontaneität in Deutschland betrifft, so
wird sich wohl in irgend einem meiner Briefe von vor zwei Jahren ... eine Weissagung
dieses Inhalts vorfinden. Die Sache wird einzig nur durch asketische Menschen
anders werden, welche unabhängig von den enorm verteuerten großen Städten, fern
von allem Gründertum und auch von dem horrenden Luxus, dem die offizielle
Literatur und Kunst verfällt, dem nationalen Geist und der wahren Volksseele
wieder zum Ausdruck verhelfen werden.
Rettende Religion
Wenn der deutsche Geist noch einmal aus seinen
innersten und eigensten Kräften gegen diese große Vergewaltigung reagiert,
wenn er ihr eine neue Kunst, Poesie und Religion entgegenzustellen imstande
ist, dann sind wir gerettet; wo nicht, nicht. Ich sage Religion, denn ohne ein
überweltliches Wollen, das den ganzen Macht- und Geldrummel aufwiegt, geht es
nicht.
Quelle: „Politische
Leitsätze“ von F. A. Kramer, Koblenz, Januar 1946, S. 75 f
Anmerkung: Kramer war
seinerzeit Herausgeber des „Rheinischen Merkur“. Hochgelobt war auch sein „Vor
den Ruinen Deutschlands“ mit einer meisterhaften Analyse der Entwicklung Hitlers.