Lothar Malskat
Bescheidenheit war nicht sein Ding
Den genialen Künstlern der Stauferzeit fühle ich mich durch mein
früheres Schaffen – meine gotischen Wandmalereien in der Lübecker Marienkirche
und in anderen Sakralbauten – wahlverwandt. Die Koryphäen der Kulturgeschichte
feierten mich als einen von ihnen und ließen mich Anno Domini 1321
dahinscheiden, bevor man mich als „größten Fälscher aller Zeiten“ entlarvte.
Für die Künstler jener Zeit wäre die Berufung auf ihre kreative Leistung eine
des Scheiterhaufens würdige Todsünde gewesen, da das Attribut „schöpferisch“
noch bis weit ins 18. Jahrhundert hinein allein dem Allmächtigen zustand. Sie
hätten es ganz legitim gefunden, dass ich einst, der Not der Nachkriegszeit
gehorchend, in ihrem Stil in Gottes Namen die Kirchenschiffe zum Frommen der
Gläubigen schmückte und um meiner darbenden Familie willen auch „echte“
Rembrandts, Utrillos und Picassos hervorbrachte. Der durch die internationale
Presse gegangene Malskat-Skandal ist abgeklungen, und wenn in dem berühmten
SPIEGEL-Gespräch mit Heidegger mein Name einen Disput über Wesen und Aufgabe
der Gegenwartskunst auslöste, so sehe ich darin ein Symptom für eine
zukunftsweisende adäquate Würdigung. Es ist eine Gnade, dass ich nun, dem Kampf
ums schiere Dasein enthoben, die Ernte meiner Erfahrungen mit Natur und Kunst
in meinem Spätwerk einbringen darf.
Mit besten Grüßen
Ihr Lothar Malskat