Unumstößliche Tatsachen

Anerkennung historischen Völkermords gescholten

 

Im Dezember 2003 hat der Schweizer Nationalrat, nach bis­her 15 anderen Parlamenten, den während des Ersten Welt­kriegs in der Türkei verübten Völkermord an den Armeniern „anerkannt“, d.h. als historische Tatsache bestätigt. Recht scharfe Kritik an diesem Entscheid übte am 21.12.2003 in der Neuen Zürcher Zeitung der Historiker Jörg Fisch, der an der Universität Zürich neue Geschichte lehrt:

"Der Nationalrat kann bestimmen, was sein soll. Aber er kann nicht entscheiden,

was ist, genauer: was wahr ist."

Der Historiker führte Argumente ins Feld, die jedem Holo­caust-Revisionisten bekannt vorkommen:

"Die Frage, ob in Armenien 1915 ein Völkermord stattge­funden hat, betrifft eine historische Tatsache oder, empha­tischer ausgedrückt, sie betrifft die historische Wahrheit. Für dessen Feststellung bestehen bestimmte  Verfahren. Diese beruhen nicht auf Mehrheitsbeschlüssen, sondern sie bilden sich in einem komplizierten wissenschaftlichen Prozess heraus, in dem sich Argumente, Logik und Beweis­techniken miteinander verbinden. Ein solches Verfahren ist nie wirklich abgeschlossen. Jeder Vorgang kann im Lauf der Zeit wieder in verändertem Licht erscheinen, weil neue Tatsachen oder neue Argumente eingebracht werden. Aus Gewissheit kann Ungewissheit, aus Ungewissheit Gewiss­heit werden, und kein Mensch und kein Parlament kann sagen,   wie  sich  der Sachverhalt  in  Zukunft darstellen wird."

Für die Prüfung "sogenannter unumstößlicher Tatsachen", schreibt Fisch weiter, seien Parlamente nicht zuständig und könnten es als Organe der Macht gar nicht sein, "es sei denn, sie verstehen sich in traditionellem Sinne als religiöse Autori­täten, die ihren Untertanen vorschreiben, was sie zu glauben haben." Wahre Worte! Hätte Prof. Fisch dasselbe in Bezug auf den behaupteten Holocaust an den Juden geschrieben, so hätte keine Neue Zürcher Zeitung seinen Artikel abgedruckt: er hätte ihn in einem Außenseiterblatt veröffentlichen müs­sen, und seine Stelle als Professor wäre er vielleicht schon los.

 

Quelle: Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung – April 2004 / S. 127

 

Anmerkung: Die Verschärfung des Straftatbestandes der Volksverhetzung bezüglich der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlungen des Völkermordes und die (missbräuchliche) Ablehnung von Beweisanträgen bezüglich von in den Fachwissenschaften heftig umstrittenen Behauptungen und Tatsachen wegen angeblicher Offenkundigkeit durch deutsche Strafgerichte richtete sich ursprünglich allein gegen die Leugner der planmäßigen und industriemäßigen Massentötung von Juden in Gaskammern der Vernichtungslager. Andere Staaten zogen nach und erließen ähnlich Gesetze. Obwohl dem Holocaust vielfach Singularität zugesprochen wird, wird seit einiger Zeit auch dem Massenmord an den (christlichen) Armeniern im Jahre 1915 (Atatürk war jüdischer Abkunft und Freimaurer) ein solcher strafrechtlicher Schutz zugebilligt. Aus naheliegenden Gründen wird man dabei nicht stehen bleiben können. Als nächstes harren die Morde der Spanier an über 20 Millionen südamerikanischen Indianern, die Morde der Weißen an den nordamerikanischen Indianern, die Verbrechen im Zusammenhang mit dem Sklavenhandel aus Schwarzafrika und die 100 Millionen Opfer des Kommunismus seit 1917 auf Rehabilitation, Anerkennung und strafrechtlichen Schutz vor Leugnung.