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Viele AKW-GegnerInnen glauben, sie seien
ausreichend informiert oder es würde genügen, zu wissen, daß die
"Entsorgung" unmöglich ist...
Als Argument, dagegen zu sein, genügt es sicher. Aber: Um mit aller Kraft
dagegen anzukämpfen, ist es nötig, uns den ganzen Horror ungeschminkt
zuzumuten. Wissen macht stark. Verdrängen hängt immer mit (partieller oder zeitweiser) Untätigkeit zusammen!
Ein paar Worte zum Autor:
Holger Strohm schrieb bereits 1971 sein erstes
einer ganzen Reihe von Büchern gegen die Atomenergie. Er bot es über 80
Verlagen an. Alle lehnten ab und fragten, ob er verrückt sei - jeder wisse
doch: Atomenergie ist sicher, sauber, billig und unerschöpflich...
Es wurde mit Hilfe dutzender Bürgerinitiativen im Privatdruck herausgebracht
und war innerhalb kürzester Zeit vergriffen, so daß ständig Neuauflagen
nachgedruckt werden mußten. 1973 erschien in erster
Auflage 'Friedlich in die Katastrophe' beim kleinen anarchistischen Verlag
'Association' in Hamburg. Die Verleger beeindruckte,
daß alle bekannten Verlage Strohms erstes Buch
abgelehnt hatten, und schlossen daraus, daß es sich um etwas wirklich
Wichtiges handeln müsse.
1976 hielt Strohm eine Vortragsreihe in der
Schweiz. Sein Redemanuskript wurde von den Anti-AKW-Bürgerinitiativen in der
Schweiz für einen Franken das Stück nahezu eine Million mal
verkauft.
1978 kandidierte er als Spitzenkandidat der Bunten Liste in Hamburg, einer der
Vorläuferinnen der Grünen, die er später als Gründungsmitglied aus der Taufe
hob.
Nachdem der Verlag 'Association' 1979 Pleite gegangen war, erschien Holger Strohms Bestseller 'Friedlich in die Katastrophe' 1981
bei 'zweitausendeins' und erreichte schnell die Auflage von über 130.000
Exemplaren. Der kleine Alternativ-Verlag verschickte 4.000 Exemplare an
Landesregierungen, Abgeordnete und Personen des öffentlichen Lebens. Damit
keiner sagen könne, er hätte nichts gewußt.
Im April 1986 kündigte Holger Strohm in einer
Vortragsreihe an, daß es nicht mehr lange dauern werde, bis ein großer
Reaktorunfall sich ereigne. Daraufhin ließ die Deutsche
Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf GmbH in der 'Mittelbayrischen Zeitung',
'Der neue Tag' und anderen Zeitungen halbseitige Annoncen drucken mit der
Überschrift "Jenseits des Erträglichen. Die Horrorgeschichten des Holger
Strohm. - Mit Schreckensvisionen ungeheuren
Ausmaßes konfrontierte Holger Strohm bei seinem
Auftritt in Schwandorf seine Zuhörer (...) über die angeblich zu erwartende
Atomkatastrophe." Die Anzeigen erschienen am 26. April 1986. Zwei Tage
darauf erfuhr die deutsche Öffentlichkeit, daß exakt an diesem Tag der
Reaktor in Tschernobyl explodiert war.
Kurze Zeit darauf wurde Holger Strohms Familie mit
dem Tode bedroht - seine "Schwachstelle" seien seine beiden kleinen
Kinder. Obwohl er sich daraufhin für 8 Jahre nach Portugal zurückzog, wurde
er 1988 mit einer Verleumdungsklage der Nuklearindustrie wegen einer Passage
in 'Friedlich in die Katastrophe' verfolgt. Die Verleumdungsklage,
normalerweise eine Privatsache, wurde zur Staatsaffäre und war von einer
Überwachungsorgie begleitet, die sogar den Verleger von 'zweitausendeins' und
andere Personen mit einbezog. Schließlich erfolgte der Prozeß
im Hochsicherheitstrakt für Atomgegner in Schwandorf...
Nun zu seinem neuen Buch
Aus einer Fülle begeisterter Rezensionen möchte ich hier nur vier zitieren:
'Hamburger Abendblatt', 9.12.99, S. 41:
"'Die stille Katastrophe' hat alle Chancen, der Anti-AKW- Bewegung einen
neuen Schub zu geben."
NDR I, Das Abendjournal, 10.12.99, 19 Uhr 15:
"Und was man jetzt auf jeden Fall zum Schluß
sagen kann: es ist eine äußerst spannende Lektüre."
'Münchner Abendzeitung', 28.01.00, S. 6:
"Holger Strohm ist ein Chronist der sogenannten 'friedlichen Nutzung' der Atomkraft. Sein
Erstlingswerk 'Friedlich in die Katastrophe' (1973) wurde bald zur Bibel der
Atomgegner und der Autor zum Staatsfeind. (...) Strohms
neuer Katastrophen- wälzer ist keine Bettlektüre.
Thriller, deren Hauptfiguren tatsächlich frei herumlaufen, lassen einem
keinen wohligen Schauer über den Rücken kriechen."
'O Diario', Lissabon, Portugal, 17./18.06.00:
"Das Buch ist spannend geschrieben und vollgepackt
mit Informationen. Der hochintelligente Strohm mit
seinem gesunden Menschenverstand und sittlichen Verantwortungs- gefühl versucht seinen Landsleuten klar zu machen, daß
sie auf eine Umweltkatastrophe gigantischen Ausmaßes zusteuern. Ein Desaster,
das selbst die Schrecken des Nazi-Regimes übersteigen könnte. Denn die langlebigen,
strahlenden Produkte, die bei einem Super-GAU frei
werden, werden alle kommenden Generationen belasten und Krankheit und Tod
über die Menschheit bringen. Doch, wie zu Hitlers Zeit, wollen die Menschen
von dem Unheil nichts wissen, verdrängen die Gefahren und machen sich aufs
neue schuldig."
Ein paar Leseproben:
Zur angeblich höheren Sicherheit deutscher AKWs:
Das AKW Krümmel war bereits in der Zeit vom
14. August 1993 bis zum 7. Oktober 1994 vom Netz, weil bei Sonderprüfungen 67
Risse in ferritischen und 5 Risse in austenitischen Rohrleitungen entdeckt worden waren. Das
AKW Brunsbüttel stand zwischen dem 25. August 1992 und dem 16. Juni 1995
still, nachdem 33 Risse analysiert worden waren.
Am 17. Juli 1998 hieß es: "Im Rahmen der Revision des AKW Krümmel wurde ein Defekt im Bereich eines Steuerstab- antriebes im Reaktordruckbehälter festgestellt. >Dabei
handelt es sich um einen sicherheitstechnisch höchst bedeutsamen Defekt<,
führte Energiestaatssekretär Wilfried Voigt am Freitag aus. (...) Bei einem
der Steuerstäbe hatte sich nach Bruch eines Sicherungsstiftes die zentrale,
22 Zentimeter große Sicherungsmutter des Gehäuserohres vollständig gelöst.
(...) Ersten Überlegungen der HEW, die deformierte Mutter in Zukunft
ersatzlos wegfallen zu lassen, werde das Energieministerium keinesfalls
zustimmen können. >Wir werden nicht hinnehmen, wenn eine der beiden
Sicherheitseinrichtungen im Bereich des AGR unter dem Hinweis wegfällt, es
gäbe ja noch eine zweite Sicherung<, betonte Voigt." (Ministerium für
Finanzen und Energie, Energiestaatssekretär Wilfried Voigt: Deformierte
Mutter im Reaktordruckbehälter des AKW Krümmel ist
sicherheits- technisch bedeutsam, Kiel, S. 1,2, 17.07.98)
Doch die HEW demonstrierten schnell, was sie von der vielgepriesenen
deutschen Reaktorsicherheit halten. Sie kündigten an, sie werden den Betrieb
ohne die vorgeschrie- bene Sicherungsmutter
fortführen, und wenn das Energieministerium dem nicht zustimme, werde sie vor
das Oberverwaltungsgericht Schleswig ziehen. Voigt erklärte daraufhin, das
Energieministerium werde >keine Abstriche im Bereich der Anlagensicherheit
dulden. (...) Bei einem Schaden im Herzstück des Kraftwerks sei die Devise
>Dividende statt Sicherheit< keine Entscheidungsgrundlage.< (Ministerium für Finanzen und Energie,
Energiestaatssekretär Wilfried Voigt zur Revision im AKW Krümmel:
Keine Abstriche bei der Sicherheit, Kiel, S. 1-3, 21.07.98)
Die zweite Betriebsgenehmigung für das AKW Krümmel
von 1988 fordert eine umfassende Sicherheitsanalyse alle zehn Jahre. Speziell
auch vor dem Hintergrund des Unfalls im AKW Tschernobyl ist dies zwingend
notwendig. Doch die HEW wollten dies mit allen Mitteln verhindern. Da half
ihr guter Draht zur damaligen Bundesumweltministerin, die immerzu die die
deutsche Reaktorsicherheit als beste der Welt pries. Angela Merkel erließ
kurzerhand eine Weisung und wischte die Sicherheitsanalyse einfach zur Seite,
zum Ärger des Kieler Ministeriums: >Frau Merkel trägt mit ihrer Weisung
die volle politische Verantwortung dafür, (...) Die Weisung von Frau Merkel
ist ein Beweis dafür, daß ihr die Interessen der Stromkonzerne wichtiger sind
als das Interesse der Bevölkerung (...)< (Ministerium für Finanzen und
Energie, Energieministerium zur atomrechtlichen Weisung des
Bundesumweltministeriums zum AKW Krümmel, Kiel, S.
1-3, 2.07.98)
Aber auch sonst demonstrieren die HEW ständig, wie sie die nukleare
Sicherheit mit Füßen treten. Defekte Brennstäbe ließen sie einfach
verschwinden. (...)
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 18 -
20)
Ein weiterer schwerer Störfall im AKW Biblis A vor Weihnachten 1987 war
nicht nur sehr bedenklich, er wurde auch noch ein Jahr geheimgehalten.
(...) Der damalige Umweltminister Karlheinz Weimar erklärte in einer
Regierungserklärung, der Störfall hätte mit >höherer Wahrscheinlichkeit<
zur Katastrophe führen können. Doch die Aufseher in Bonn und Wiesbaden
brauchten ganze neun Monate, >bis sie wenigstens intern zugaben, daß die dichtbesiedelte Rhein-Main-Region gerade nochmal davongekommen war. (...)< (Der Spiegel, Hamburg,
Nr. 51, S. 27,28, 19.12.1988)
Da Bonn die Aufrüstung des klapprigen Meilers auf den neuesten
Sicherheitsstand erfolgreich verhinderte, erfolgte die Anweisung, in Zukunft
Störfallvorsorge per Provisorium im Handbetrieb durchzuführen. (...) Aber
ohne diesen Kunstgriff hätte der Meiler angeschaltet werden müssen. Und dabei
wären der RWE Millionengewinne entgangen.
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 184)
Zum Thema Niedrigstrahlung und Krebs:
Die bisherigen Strahlenerkenntnisse basieren weitestgehend auf den
Atombombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki. Da die Amerikaner damals
sämtliches Material über die Strahlungsmenge beschlagnahmten, vernichteten
oder verfälschten, ist das gesamte Zahlenmaterial äußerst fragwürdig. Bei den
Atombombentests wurde auch die schädliche Wirkung der Radioaktivität
leichtfertig unterschätzt. Bekannt ist das Beispiel der Insel Bikini. Deren
Einwohner mußten nach Atombombentests evakuiert
werden. 1968 erklärten Wissenschaftler der US-Regierung die Strahlung für
harmlos und die Insel für bewohnbar. Zehn Jahre später mußten
die Bewohner erneut weggebracht werden. In ihren Körpern hatten sich
"signifikante Belastungen" durch atomare Spaltprodukte angesammelt.
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 200)
1988 veröffentlichte eine amerikanisch-japanische Forschergruppe in
'Science', daß bereits niedrige Mengen radioaktiver Strahlung etwa fünfmal
gefährlicher für die menschliche Gesundheit sind, als bisher angenommen. Die Berechnungender Opferzahlen in Nagasaki und Hiroshima
beruhen auf theoretischen Annahmen, die nachweisbar falsch waren. So sei die
Wirkung der Neutronenstrahlen vielzu hoch angesetzt
worden. Die Menschen hätten erheblich weniger Strahlen abbekommen als
berechnet. Dennoch seien von 120.000 untersuchten Überlebenden bis 1985
bereits 40 Prozent gestorben. Und das Sterben halte immer noch an.
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S.
203,204)
"(...) Werden 1 Million Menschen einer Strahlung von 1 Rem ausgesetzt,dann muß langfristig
mit Tausenden tödlichen Krebsfällen gerechnet werden. Der bereits erwähnte
Experte Radford rechnet mit 1.000 zusätzlichen
tödlichen Fällen, während Gofman bei sorgfältiger
Abwägung aller Risikogruppen, die gewöhnlich von Behörden ignoriert werden,
auf 3.000 bis 4.000 Krebsttote kommt. Immer mehr
Wissenschaftler gelangen zu dem Schluß, daß die
Niedrigstrahlung, die Millionen Menschen belastet, besonders gefährlich
ist."
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 205)
Nach dem 'Ökologischen Ärztebund' (Bremen) hat jetzt auch die
schleswig-holsteinische Fachkommission Leukämie eine vom Bundesministerium in
Auftrag gegebene Studie über das Krebsrisiko durch Atomreaktoren kritisiert.
Die Untersuchung, die weitgehend Entwarnung gibt, sei >nicht
aussagekräftig<. (...) Die kritisierte Studie wurde vom Mainzer Institut
für medizinische Statistik und Dokumentation (IMSD) erstellt und im November
1997 von Umweltministerin Merkel (CDU) mit den Worten vorgestellt, es gebe
kein erhöhtes Krebsrisiko in der Nähe von Atomreaktoren. Die Kieler
Fachkommission erklärte jetzt nach einer Sondersitzung einmütig, diese
Aussage sei >in keiner Weise haltbar<. (...) Bei der Überprüfung der
Frage, ob die Leukämiehäufung bei Kleinkindern statistischer Zufall sein
könne, habe das Institut unpassenderweise den sogenannten >zweiseitigen< Signifikanztest
verwendet statt des eigentlich angebrachten >einseitigen< Tests.
Dadurch habe das IMSD Erkrankungen für zufällig erklärt, die mit hoher Wahr- scheinlichkeit mehr als Zufall seien. (Frankfurter
Rundschau, 22.08.98)
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 245,
246)
Zur sogenannten Wiederaufarbeitung:
Inzwischen haben Forschungen ergeben, daß Sellafield
die nordöstliche Irische See mit Plutonium und Americium völlig verseucht
hat. (A.B. Mackenzie et al., 'Mechanisms
for northwards dispersal of Sellafield waste', Nature, London, S. 42-45, 3.09.87) Rund um Sellafield bewiesen Bodenproben, daß die Umwelt stärker
verseucht ist als in Tschernobyl. (...)
Rund neun Millionen Liter radioaktiver Abwässer verseuchen täglich die
Irische See. Unter anderem wurde mehr als eine halbe Tonne Plutonium
freigesetzt. Im Laufe der Zeit nahmen die Ableitungen aufgrund technischer
Probleme zu. Ende 1996 beantragte die Betreiberfirma eine Erhöhung der
ohnehin schon großzügig bemessenen Grenzwerte. Im Zeitraum von 1993 bis 1995
wurde beispielsweise 27mal soviel radioaktives Technetium-99 in die Irische
See geleitet wie in vergleichbaren Zeiträumen zuvor. So verwundert es nicht,
daß Fische, Krebse und Muscheln in der Nähe der Anlage hoch belastet sind.
Krebse aus der Irischen See weisen durchschnittlich 13mal so hohe
Radioaktivitätswerte auf, wie sie die Europäische Kommissionder
Bevölkerung nach einem Atomunfall zumutet. (Ministerium für Finanzen und
Energie, Schleswig-Holstein, März 1998)
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 234)
Die französische Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague
verseucht das Meer und die Umwelt. Nach dem Report >CRII-RAD< eines
unabhängigen Forschungslabors wurden in Luft, Wasser und Boden rund um die
Anlage hohe Werte an Jod-129 gemessen. (R. Rollnick, 'Radiation
scare at nuclear plant', 'The European', London, Nr. 302, S. 2, 22.02.1996)
(...) Die radioaktiven Abwässer aus La Hague
gelangen über den Golfstrom durch den Ärmelkanal in die Nordsee und die
Deutsche Bucht. Den Südwesten Norwegens erreichen sie in gut einem Jahr.
(...)
1997 entdeckte Greenpeace, daß die Cogema
(Betreiberfirma von La Hague, d.V.)
ihren radioaktiven Müll einfach ins Meer leitet. Durch eine Rekordebbe lag
eines der Abfallrohre frei. Die französische grüne Umweltministerin,
Dominique Voynet, ließ die Angaben von Greenpeace,
die von der Cogema heftig abgestritten wurden,
überprüfen. Die Messungen ergaben, daß die Werte wesentlich höher waren, als
es selbst Greenpeace für möglich gehalten hatte. Der erlaubte EU-Wert von
100.000 Becquerel pro Kilogramm wurde mit gemessenen
155 Millionen Becquerel weit übertroffen. Ein unabhängiges Forschungsteam maß
sogar 3.000fache Überschreitungen. Außerdem wiesen sie nach, daß Strände,
Meerwasser und Fische in der Nähe der Anlage hoch verseucht waren. Das führte
letztendlich dazu, daß die französische Umwelt- ministerin
die Strände sperrte und ein Fischfangverbot erließ.
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 235,
236)
Zum Thema Subventionierung der Atomindustrie:
Die Atomindustrie ist von Anfang an hoch subventioniert worden. Allein
durch die Atomprogramme von 1955 bis 1980 flossen 22,5 Milliarden Mark in die
Taschen der Nuklear- industrie. Seitdem sind
weitere Dutzende Milliarden zur Förderung der Atomenergie auf Steuerzahlers
Kosten an die Industrie gegangen. Dabei sind die Beträge des
Verteidigungsministeriums und die Gelder, die an die Universitäten flossen,
noch gar nicht berücksichtigt, weder Nachrüstungen, der Stillstand von Atomkraftwerken,
der Polizeischutz von Atomtransporten, die Kosten für die Endlagerung, die
Atomsanierungskosten in Ostdeutschland, die Versicherung im Fall eines Super-GAUs und dessen Folgen, die Ausfallbürgschaften bei
Nuklearexporten, die Propaganda und noch mehr bis hin den großzügigen
Champagner-Werbekosten. Der Steuerzahler durfte bisher neben den
gesundheitlichen Risiken auch alle finanziellen Risiken tragen. Dabei ergab
sich eine erkleckliche Summe, die sich mittlerweile auf rund 100 Milliarden
Mark belaufen sollte.
(...)1975 erteilte das Land Rheinland-Pfalz die erste von acht
Teilgenehmigungen für den Bau des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich. Zu Unrecht,
wie sich später herausstellte. Die Baupläne waren geändert worden, und es
hätte ein neues, langwieriges Genehmigungsverfahren in Gang gesetzt werden
müssen. Auf Betreiben der RWE drückten die Mainzer behörden
unter dem damaligen Ministerpräsidenten und Atomfreund Helmut Kohl beide
Augen zu. Das kommt den Steuerzahler heute teuer zu stehen. Die RWE zog vor den
Bundesgerichtshof, verlangte vom Land Rheinland-Pfalz sieben Milliarden Mark
Schadensersatz - und gewann.
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 271,
272)
Zum Thema Restlaufzeiten und "Atomausstieg":
Erster Baustein eines Energiekonsenses hätte der Rückzug aus der
Wiederaufarbeitung sein können, die den Betreibern nur Nachteile bietet. Bei
einer Zusammenkunft am 17. Oktober 1994 räumte selbst Otto Majewski, Chef des Bayernwerkes, ein: >Wir müssen
schnellstmöglich aus der Wiederauf- arbeitung raus.< Denn den Atomindustriellen wurde die
Wiederaufarbeitung zu teuer. In einem internen Papier hatten die
EVU-Fachleute längst ausgerechnet, daß sich auf diese Weise 3,3 Milliarden
jährlich einsparen ließen. Und bei dieser Summe waren eventuelle Vertragsstrafen
mit eingerechnet. Warum aber sträubte sich die Atomlobby auf einmal? Es geht
um die steuerfreien Entsorgungsrückstellungen von mindestens 55 Milliarden
Mark, die den Energiekonzernen jederzeit als Liquiditätsreserve zur Verfügung
stehen.
Tatsächlich sind diese Gelder am Fiskus vorbei zum Aufkauf kommunaler
Energieversorger oder für den Einstieg in die Telekommunikation verwendet
worden. Sie müssten, wenn die Wiederaufarbeitung nicht mehr nötig ist,
aufgelöst und versteuert werden. Und dagegen sträubt sich die Atomindustrie.
(...) Für die Restlaufzeiten der 19 vorhandenen AKWs gilt die Maxime, daß es
zu keiner finanziellen Belastung der Kraftwerksbetreiber kommen darf. Die
meisten der Anlagen sind voll abgeschrieben und lassen sich von daher mit
einer Gelddruckmaschine vergleichen. Und genau an diesem Punkt hört jede
Bereitschaft zum Konsens auf.
(...) Dabei geht es hier schon lange nicht mehr um einen Ausstieg. Die
Atomlobby greift wieder einmal zum Etikettenschwindel, wie sie es schon immer
gerne tat. (...)
Denn ursprünglich waren Reaktoren nur für eine Laufzeit von 25 Jahren
vorgesehen und bekamen dann trotz fehlender Nachrüstung und schwerer
Sicherheitsmängel, meist unter dubiosen Umständen, unbefristete Laufzeiten.
Daher sind die EVUs auch in keiner Weise an einem
wirklichen Ausstieg, sondern nur an einem neuen verbrämten Einstieg
interessiert. Nur dafür mußte eine Lösung für die offene Transport- und
Entsorgungsproblematik gefunden werden. In einigen Abklingbecken ist nicht
mehr genug Platz vorhanden. Bereits in zwei Jahren, sagen Experten von
Greenpeace, seien zwölf dieser Lager voll. Für die Kraftwerke Stade, Biblis A ud B, Krümmel, Philippsburg I und Neckarwestheim I könnte das
Wiederaufarbeitungsverbot die Stilllegung noch in diesem Jahr bedeuten. Das
heißt, die abgebrannten Brennelemente müssten zu anderen Lagerstätten
transportiert werden. Das ist zur Zeit aber
unmöglich. Nur eine rot-grüne Bundesregierung, die mit dem Ausstieg aus der
Atomenergienutzung lockt, könnte es schaffen, die Atomgegner zum Stillhalten
zu bewegen. So der Plan der Atomlobby.
Nach dem mehrfachen Kotau von Bundeskanzler Schröder, nach Drohungen von
Großdemonstrationen aufgebrachter Atomkraftwerker und Drohungen mit
Stromabschaltungen fielen die Ansprüche von Rot-Grün wie ein Kartenhaus
zusammen. Die 'Lübecker Nachrichten' (27.01.99) konstatierten: >Mit dem
baldigen Ausstieg aus der Kernenergie wird es eh nichts, und der rasche Stopp
der Wiederaufarbeitung mit knallharter Fristsetzung ist nun auch den Bach
hinunter. Schmerzhafte Wahrheiten für die rot-grüne Regierung, die in den
Konsensgesprächen mit Pauken und Tropeten
untergegangen ist. (...)<
(Holger Strohm, 'Die stille Katastrophe', S. 292 -
294)
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18411
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Also: Tut es Euch an! Lest das Buch!
Klaus Schramm
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