Springers Nazionismus
1. Kapitel: "Die Anklage"
"Wilde antizionistische
Bücher", "Verfasser in Tanger Waffenhändler", "Agent
zwischen Braun und Rot", "Ost‑Westgeschäfte getätigt",
"litauischer Partisan", "sowjetpolnische Geheimpolizei",
"untergetaucht" "ostgelenkt", "seltsamer Kamerad
unterm Hakenkreuz" - worum geht es bei der Verwendung dieser lieblichen
Vokabeln aus Springers Schatzkästlein? Um den einen Halbsatz aus der bei Marva
erschienenen Untersuchung "ADOLF HITLER ‑ BEGRÜNDER ISRAELS"
des Verfassers Hennecke Kardel von der "winzigen Minderheit der Westjuden,
die Hitler mit ihren Dollarmillionen zur Macht" verholfen hatte. Jede der
Verleumdungen in dem nazionistischen Gaunerartikel der Springerschen
"Welt" vom 22. April 1978, das stellte sich vor Gericht heraus, war
vom Lohnschreiber Deschner einzeln aus den Fingern gesogen, das Wort
Tendenzliterat wäre für ihn zu milde.
Wo mit so grobem Geschütz
geschossen wird, da scheint das Ziel zu lohnen. Der selbst für eine
schleimschreibende Zunft ungewöhnliche Rufmord vom April 1978 erhält seine
Deckung, seine Aufstachelung durch Springer selbst. Die glatte Verfälschung
"Nach seiner (Kardels) Version haben die Westjuden mit ihren Dollar‑Millionen
Adolf Hitler zur Macht verholfen" ging bei der dem Springer‑Verlag
gewährten Verleumdungsfreiheit glatt durch und unter. Die Chuzpe wird vom
Konzern weit übertrieben: Wir wissen, daß der Verfasser von den US-Nazis mit
dem Tode bedroht ist und dass deren Führer Collin der umbenannte Sohn eines
Cohn ist, wir wissen weiterhin, daß der «Vizeführer» Daniel Burros Hand an sich
legte, als gerichtsbekannt wurde, dass dieser Sohn glaubenstreuer Juden Thora‑Schüler
in Richmond Hill gewesen war, wir wissen zudem, dass diese Zionistenschüler,
die Hilfsschüler in der BRD betuchen, um Hakenkreuze an Mauern zu schmieren und
wir wissen schliesslich, dass auch der Springer‑Mannschaft diese
Zusammenhänge genauestens bekannt sind.
Axel Springer, zionistischer
als die Zionisten, er selbst weiss genau, dass die beiden Werke des Marva‑Verlages,
die sich mit dem Zionisten-Thema befassen, in der Forschung keineswegs als
"wild antizionistisch" gelten (das andere Buch stammt aus der Feder
des Dr. Bronder, Generalsekretär der Freireligiösen Gemeinden Deutschlands:
«Bevor Hitler kam»). In jedem Jahre findet der Suchende beide Bücher auf der
Frankfurter Buchmesse, sie liegen aus in Buchhandlungen und Bibliotheken
Israels, in keinem Land der Welt sind sie verboten. Die "Zeitschrift für
die Geschichte der Juden", Tel Aviv: ".... aufschlußreiches Buch, mit
Hinweisen auf teils unbekannte Materialien, mit reicher Dokumentation und
zahllosen Namen der Zeitgeschichte."
Die «unheilige Allianz»
zwischen Nazis und Zionisten ist von Springers "Zeitgeschichtler"
Deschner (es ist der eingangs unrühmlich Erwähnte) bei früherer Gelegenheit
durchaus nicht geleugnet worden. "Als Nationalsozialist bin ich
Zionist", von Deschner wurde dieses stolze Wort des SD‑Chefs
Heydrich ausgegraben, dessen Vater "eigentlich Süss" (Riemanns
Musiklexikon) und dessen Grossmutter Sarah hiess. Deschner damals weiter: «Zu
den bedrückendsten Episoden in der historischen Verstrickung zwischen Deutschen
und Juden gehört das Bündnis auf Zeit, dass Heydrichs SD in den Jahren 1935 bis
1939 mit Aktivisten des jüdischen Zionismus pflegte. Klammer war ein
gemeinsames Ziel: Die Juden sollten aus Deutschland heraus und in Palästina
angesiedelt werden.»
Wo Axel Springer in seinem
Leib‑ und Magenblatt so tief und wider besseres Wissen unter die
Gürtellinie schlagen lässt mit "ostgelenkt", "Waffenhändler"
undsoweiter, da werden wir in Sachen der "winzigen Minderheit" aus
New Yorks Banken‑Wall‑Street als Zeugen aufrufen den früheren
Reichskanzler Dr. Heinrich Brüning und den früheren preussischen
Ministerpräsidenten Dr. Otto Braun. Beide haben das Dritte Reich und den
Zweiten Weltkrieg in alter Frische überlebt, beide waren bis zum Ende ihres
Lebens überzeugt davon, dass Hitler ohne die umgerechnet 128 Millionen
Reichsmark, die ihm aus der Wall Street zugeflossen sind, ewig Zweiter, seine
Partei immer nur Zweite geblieben wäre. Mit ihrem profunden Wissen waren die
beiden beim neuen Anfang 1945, in der sogenannten Stunde Null, "weg vom
Fenster".
Axel Springers
"Historiker" Görlitz, dessen Verpflichtungsschein in Sachen Zionismus
ebenso wie der des Deschner in den grossen Panzerschrank der Chefetage
gelangte, nimmt das Stuhlbein der saalschlachtenden SA aus der Kampfzeit als
Mittel geschichtlicher Forschung: «Die Ex‑Kanzler Joseph Wirth und
Heinrich Brüning (beide vom katholischen Zentrum) haben sich im Exil angesichts
des Scheiterns der Weimarer Republik mit der Vorstellung zu trösten gesucht,
das Ausland, vor allem amerikanische Industrielle und Bankiers, hätten Hitler
Millionen zur Verfügung gestellt. Solchen Vermutungen aber entsprach die Kassenlage
der Partei keineswegs. Das System der Selbstfinanzierung bei der SA spricht
Bände.» Die SA («Sturm‑Abteilung») rekrutierte sich 1932 zu drei Vierteln
aus dem grossen Heer der 7 Millionen Arbeitslosen und 5 Millionen Kurzarbeiter.
Hier Band eins zum "System
der Selbstfinanzierung bei der SA" von einem dazu Berufenen. Dr. Wilhelm
Abegg war als langjähriger Staatssekretär des preussischen Innenministeriums
von seinen Ministern und Kanzlern mit der Fahndung nach Hitlers Finanzierern
beauftragt, wir zitieren aus seinem Bericht vom 22. Mai 1933 den Punkt 4:
"dass die NSDAP 1929 bis 1932 aus normalen Beträgen nur folgende Einnahmen
hatte:
Jahr Mitgliederzahl NSDAP- Beiträge
in Mark
Ende
1929 176.426 ca 17 Millionen
Ende
1930 389.000 ca 25 Millionen
Ende
1931 806.294 ca 35 Millionen
Ende
1932 1.250.625 ca 45 Millionen
Ende 1932 betrug der Bestand
der Hitlerpolizei 400.000 Mann, und zwar 300.000 Mann SA und 100.000 SS. Der
Aufwand für die SA betrug 1932 ca 180 Millionen jährlich; der Aufwand für die
SS ist unbekannt.»
Zwei Monate später, am
15.6.1933, riet Abegg dem politischen Schriftsteller Emil Ludwig in Zürich:
"Was (Hitler) fehlte, kam aus dem Ausland, vorwiegend aus den USA. Das
darf man natürlich auch nicht erwähnen. Das würden die amerikanischen Verleger
streichen." Diese ausserordentliche Feststellung, die im Abegg‑Archiv
in Zürich liegt, haben seit dem Jahre des Herrn 1933 alle Verleger von Büchern
und Zeitungen, die sich mit dem 'widrigen Gegenstand' befassten, im In- und
Ausland durch ohrenbetäubendes Schweigen gewürdigt. Wir haben richtig gehört:
"Was Hitler fehlte, kam aus den USA". Der in dieser Frage
massgebliche Staatssekretär Abegg hatte drei seiner Polizei-Offiziere ‑
getarnt als Revisoren und Journalisten ‑ in die USA gesandt. Abegg
berichtet auch über ihren Weg: "Sie gingen als Konservative und kamen als
Kommunisten zurück."
Für den «Historiker» Görlitz,
der bei den feierlichen Gelegenheiten aus Büchern des sauber gehaltenen
"Welt"‑Archivs abzuschreiben pflegt, ist der Fachmann Abegg ein
Luftikus wie frühere Reichskanzler auch: "Der Staatssekretär Abegg hat
sich im Exil offenbar ein Traumbild zurecht gemacht wie übrigens auch
Reichskanzler a.D. Wirth und Brüning, der auch an die geheimnisvollen Auslands‑Millionen
glaubte. Also entfällt der ganze Warburg‑Komplex." Das 'Traumbild'
hatte Abegg, bevor er aus Berlin nach Zürich emigrierte, per Aktenkisten in die
Schweiz geschafft.
Dieses Zitat aus der
«Frankfurter Zeitung» vom 14.4.32 will Görlitz in der «Welt»‑Bibliothek
nicht gefunden haben: "Von den 400.000 Mitgliedern der verbotenen
nationalsoz. Organisation sind 300.000 arbeitslos." Dieser Artikel des
Carl von Ossietzky aus der "Weltbühne" vom 19.4.1932 ist dem
«Historiker» jedoch zu Gesicht gekommen: "Es ist allgemein bekannt, dass
vor etwa einem halben Jahr, als Gerüchte von einer Vergebung des Benzinmonopols
an Shell auftauchten, die ganze Nazipresse wie auf Kommando schwieg. Der
Syndikus der Nordwestdeutschen Erdölindustrie in Hannover, der voller Unruhe zu
den Nazis lief, um Auskunft über ihre Stellung zu der beabsichtigten
Monopolvergebung zu erlangen, konnte von Hitler keine beruhigenden Erklärungen
entgegennehmen; der Herr des Braunen Hauses war allen Fragen gegenüber, ob er
etwas zum Schutze der deutschen Erdölindustrie zu unternehmen gedenke, taub ‑
wahrscheinlich, weil der Abgesandte nicht mit der ansehnlichen Summe von
anderthalb Millionen englischer Valuta aufwarten konnte. Genau soviel nämlich
hat Herr Detering dem deutschen Arbeiterführer versprochen, wenn dieser ihm
nach der Machtübernahme das deutsche Benzinmonopol verschachere."
Shell (Samuel &
Samuel/London undsoweiter) machte im Dritten Reich das grosse Rennen, der erste
Volkswagen lief mit Shells Benzin. Die russische Konkurrenz, das billigere
Benzin, schied aus. Der Strohmann Sir Henry Detering, der im Laufe der Zeit 50
Millionen gebracht hatte, ist für Görlitz schnell erledigt: "Für
Deutschland ‑ die letzte seiner drei Frauen war gebürtige Deutsche ‑
hatte er (Detering) eine Schwäche." So einfach ist das mit gefrässigen
Ölherren. Bei diesen Erleuchtungen über die Psyche der Hochfinanziellen würde
ein Springersches Haudeglein vom «Bild», läge der Fall anders herum,
formulieren: "Nicht verzagen ‑ Görlitzer fragen!"
«Dass Hitler seinen
'Sozialismus' auch gerne von Leuten finanzieren lässt, die sehr wenig
sozialistisch denken, ist bekannt und nicht bestritten,» das war Heuss, der
Theodor, der in seinem 1932 erschienenen Buche "Hitlers Weg" diese
Wahrheit auf Seite 122 niederschrieb ‑ für Görlitz noch ein Windbeutel,
der an das von ihm erfundene «System der Selbstfinanzierung bei der SA» (das
Görlitzsche System der Selbstbefriedigung) nicht so recht zu glauben vermochte.
Jeder "aktive SA-Mann", das waren damals Arbeitslose im Hauptberuf,
erhielt ausser Uniform, Unterbringung und Verpflegung eine tägliche Löhnung von
drei Reichsmark aus einem der drei Hitlerschen Geheimfonds. In Berlin allein
wurden am 7.2.1932 über 24.000 «Aktive» gezählt Die Dollarmillionen, die aus
der Wall Street kamen, so urteilte bereits 1932 der in jener Zeit aller Welt
bekannte, rothaarige US‑amerikanische Journalist H. R. Knickerbocker,
seien angelegt "auf dem europäischen Kontinent in einem
Schlachtfeld."
Ihre Schadenfreude über nicht
gefundene Belege, die ‑ wenn überhaupt ausgestellt ‑ meist sehr
eilbedürftig sowohl von Nazis als von Zionisten vernichtet wurden, ihre
klammheimliche Freude über jeden in der "Nacht der langen Messer" vom
30. Juni 1934 (und danach) abgeschossenen Mitwisser der Auslandsfinanzierung
Hitlers können die Nazionisten schlecht verbergen. Damit nehmen wir den Lift
und fahren hoch zum Boss, zur Spitze des Konzerns. Die Frage, ob Axel Springer
im deutschen Wiedergutmachungsraume der tatsächliche Statthalter des Zionismus
ist oder ob er sich nur als solcher gebärdet, muss bei der Anklage gegen ihn,
die für Nazis und Zionisten gleichermassen peinliche Wall‑Street-Finanzierung
durch persönliche Verunglimpfungen zu tabuisieren, an Hand der folgenden
Tatsachen untersucht werden.
Als die im Aufbruch
befindliche Welt von einem Axel Springer noch nicht so recht gehört hatte,
erklärte 1935 der Jude Gerhard Kessler in den «Mitteilungen der Zentralstelle
für Deutsche Personen‑ und Familiengeschichte» (Leipzig) im 53. Heft ....
Es folgen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügende Ausführungen, die
aus Vor- und Nachnamen des "Axel Springer" dessen jüdische Abkunft
herleiten wollen. Daß Axel Springer in einem Elternteile jüdische Wurzeln hatte
und daß er einen Paß des Staates Israel - allerdings nicht auf den Namen Springer
- besaß, ist wiederholt behauptet worden, ist jedoch insgesamt für die Frage
der Auslandsfinanzierung des größten Verbrechers des 20. Jahrhunderts ohne
durchschlagende Relevanz. Jener Absatz entfällt demnach, was freundlichst nicht
als Zensur, sondern als Optimierung aufgefaßt werden sollte.
....Da es also eine Zensur
nicht gibt, so wird es auch in der "Stunde Null" den control‑officer
Huijsman von der britischen Besatzungsmacht nicht gegeben haben, der die
sogenannten "Lizenzträger" nach bestimmten Gesichtspunkten auswählte
und kontrollierte? Der Presse-Springer und der Presse‑Augstein stammen
somit nicht aus dem Schoss dieses geheimnisvollen fremden Geistes? Von daher
also nicht der "liebe Axel" und der "liebe Rudi", und deren
fortdauernde geschäftliche Verbindung? Tatsächlich belohnten die Lizenzen ein
Wohlverhalten gegenüber westlichen Besatzungsmächten gewaltig, bei
Fehlverhalten konnten sie über Nacht von einem Tag auf den anderen entzogen
werden. Sie waren Wertpapiere, mit denen sich bei Beachtung der Spielregeln auf
angenehme Art Millionär werden liess, bei Nichtbeachtung war man "toter
Mann" " ‑ das Handwerk
über die Meinung stellen."
Langjährige Abhängigkeiten
gehen ins Fleisch, gehen ins Blut, bleiben in den Knochen stecken, sie prägen
den Menschen, der sich da im Jahre 1945 aus Trümmern oder den Dünen der Insel
Sylt erhob. Über die deutschen Interessen der Gegenwart kann man
hinwegschreiben nur bei ständiger Berufung auf deutsche Schuld der
Vergangenheit. Die Weichen wurden gestellt: Spaltung ist "Einheit",
Landraub ist "Schalom", der Streifen zwischen Brest und Helmstedt ist
"Europa", ein geographischer Begriff. Und Berlin bleibt Berlin - die Bild-Zeitung zu schwören von Regierung,
Opposition und Verwaltung.
Auch
Verschweigen ist Lügen. Richard Schmid, ehemals Präsident des
Oberlandesgerichtes Stuttgart, befand nach seinem Scheiden aus dem Amt zur
Praxis der westdeutschen Nachrichtendienste: "Der allmähliche
Zerfallsprozeß ... hat Tempo angenommen. Der Mißbrauch der Macht wächst im Quadrat
der Heimlichkeit." Die Verfasser des vorliegenden Buches haben sich in
diesem Punkte nichts vorzuwerfen, sie berichten ohne Rücksicht auf Verluste.
Von welchen Büchern der sogenannte mündige Bürger erfahren darf ‑
Zensoren in Anzeigenleitungen der großen Blätter bestimmen es.
"Wir werden", sprach
Axel Cäsar Springer, "ein deutsches Volk machen, wie es das auch in
Deutschland noch nicht gegeben hat." Welch unpolitischer Mensch! "Ein
Volk machen" mit Zeitungen, die schon in der Straßenbahn liegen gelassen
werden? Als alle, alle gegen ihn schrieben ‑ da kam er, der "widrige
Gegenstand", im Januar 1933, er hatte die meisten Stimmen und einen
Bestseller. Auch der junge Springer zog sich in diesem besonderen Jahr der
deutschen Geschichte ohne große Verzögerung ein braunes SA Hemd an, bewaffnet
sich mit dem ledernen Schlagriemen.
Das Foto vom jungen Springer,
der da in eine rein zivile Veranstaltung platzt in Reitstiefeln und voller SA‑Montur,
liegt beim Verlag Marva. Pfeil der «Führerschule» über der Hakenkreuzbinde.
Als der vom zionistischen
'Major' Huijsman mit Lizenzen Belohnte der guten Ordnung halber einer
britischen Kommission vorgestellt wurde, da fragte ein Schnauzbart den
auserwählten Springer, der während der Kriegsjahre in den Dünen der Insel Sylt
herumgelegen hatte (während einarmige Familienväter marschieren mussten): «Von
wem sind denn Sie verfolgt worden?» Alle sogenannten Offiziere von der Presse
freuten sich über die Antwort des Charmanten: «Von den Frauen.»
Springers Schwiegervater war
der SS‑General Werner Lorenz, Gutsbesitzer aus Danzig und zuletzt Führer
des SS‑Oberabschnitts Nordwest, der von Heinz Höhne im «Orden unter dem
Totenkopf beschrieben wird als einer der elegantesten und pfiffigsten», als
"Bonvivant mit Kasino‑Manieren", als «unübertroffener Meister
der Hinterzimmer‑Intrige.» Die Tochter Rosemarie geriet also an den
Hamburg‑Altonaer als Ehefrau und ("Spiegel"‑Meldung vom
1.1.1968) "es ist sehr bezeichnend, dass an dieser Konzeption (von
"Bild") Rosemarie Springer einen beträchtlichen Anteil hat".
Wer die Deutschen so
berieselt, dass Vernichtungsparolen gegen heimatlos gemachte Araber aufkommen,
bis schließlich eine Bundeswehr gegen diese fliegen und marschieren wird, der
darf getrost als Nazionist gelten.
Der erste Gestapo‑Chef
Rudolf Diels, den wir als Schlusslicht‑Zeugen hören werden und der am
Abend seines Lebens nicht so genau wusste, ob er nun "Hauptakteur,
Mitläufer oder Widerstandsmann" gewesen war, erklärte in seinen
Erinnerungen: "Die Vorstellung, dass Sozialismus und Nationalsozialismus
zusammengehören und im Grunde die zwei Seiten der gleichen Medaille darstellen,
entspringt einer der wichtigsten Konzeptionen der sozialistischen Bewegung
innerhalb des Zionismus."
Wie dem auch sei: Das Judentum
ist etwas hervorragendes, herausragendes. Der Prozentsatz an intelligenten und
zugleich sozialen Menschen ist bei dieser Rasse größer als bei anderen.
Gemessen an seiner geringen Zahl stellt es die meisten Prominenten, Präsidenten
der Erde. Die Namen Einstein, Rathenau, Milch aus dem deutschen Raum mögen an
dieser Stellen genügen.
Der Zionismus dagegen ist
etwas schreckliches, er ist chauvinistisch, rassistisch und bei der
Durchsetzung seiner Ziele mindestens ebenso bedenkenlos wie Imperialismus,
Kolonialismus, Faschismus und Stalinismus. Die Worte King‑David‑Hotel,
Bernadotte, Deir Yassir aus dem palästinensisch‑israelischen Raum genügen
an dieser Stelle vollauf.
Die zionistische Behauptung,
die Mehrheit der Juden sei zionistisch und wünsche daher, in Israel zu leben,
ist so falsch wie die Behauptung von einer deutschen Kollektivschuld, deren
Verfechter mit starken Mitteln, Massenmedien und Maffiamethoden den
hauptschuldigen 32-Millionen-Dollar‑Berg der Jahre 1929‑1933 zum
"Unberührbaren" erklärt haben. Dieser Goldberg war es, der aus dem
Münchner "Braunhäusler" (von Ossietzky) mit der ersten
Geldverhandlung im Münchner "Bräukeller" (Warburg) den Führer des
Zweiten Weltkrieges machte.
Anmerkung: Das oben mehrfach zitierte Buch "Adolf Hitler - Begründer
Israels" ebenfalls von Hennecke Kardel befindet sich auf dieser Homepage;
darüber hinaus auch die Broschüre "Bonnerschlag" (über die
staatskriminelle Verfolgung von Kardel) und Werke über Ignatz Bubis, Marcel
Reich-Ranicki und Richard von Weizsäcker.
"Springers Nazionismus" ist der erste Beitrag aus der
Bibliographie "Hitlers Auslandsfinanzierung (1)"; ebenfalls auf
dieser Homepage.
Daß die Springer-Presse keinesfalls die herrschende Meinung über den
"Begründer" verkündete, ergibt sich u.a. aus der nachfolgenden kurzen
Zusammenstellung anderer Presseorgane:
"Lob verdient der
Verfasser dafür, daß er als einstmals tapferer Soldat nun so unerschrocken wie
früher an Dinge herangeht, die andere ehemalige Soldaten, damals kaum weniger
tapfer, heute unterwürfig verschweigen."
"Neue Politik", Hamburg.
"Der Nachweis, der in
diesem Buch geführt wird, daß erst durch den Druck Adolf Hitlers auf die Juden
der Staat Israel die notwendigen Einwohner aufnehmen konnte, ist
einleuchtend."
"Lot und Waage", Graz.
"Nur
die Angst vor neuer Judenverfolgung bewog die Juden, stärker denn je auch nach
Palästina auszuwandern."
"Deutsche Wochenzeitung", Rosenheim.
"Eine eigenartige Blüte
der derzeitigen Nostalgie‑Welle."
"Familienzeitschrift der Barmherzigen Brüder", Wien.
" . . . brillant
geschrieben, Inhalt hoch explosiv. Buch, das sich wie der spannendste Krimi
liest."
Wilfred von Oven, "La Plata Ruf",
Buenos Aires (von Oven war Goebbels Adjutant)
"Eine sehr sachliche
Studie mit dem Versuch, der Wahrheit zu dienen. Ein überaus informatives Werk."
"Europa‑Korrespondenz", Wien.
"Nicht ohne Spannung.
Außerdem sind die Intimkenntnisse des Verfassers enorm".
"Nürnberger Zeitung", Nürnberg.
"Daß Adolf Hitler mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Enkel des Juden Frankenberger war,
ist inzwischen auch hierzulande bekannt."
"Die
Harke", Nienburg,
"Für den österreichischen
Leser mag es interessant sein, daß der Gründer der Sozialdemokratie, Viktor
Adler, in der "vordersten Linie" der Anhänger des Antisemitisten Schönerer
gestanden sein soll."
"Die Zukunft", Wien.
"Wenn solche Theorien
Schule machen, werden die Entnazifizierer bald 'posthum' des Antisemitismus
angeklagt."
"Das Freie Forum", München.
"Heydrich, ebenfalls ein
Arier h. c., dessen Großmutter Sarah hieß und die nach hebräischem Ritus
beigesetzt wurden ist..."
"Linzer Volksblatt", Linz.
". . . sehr brisant, ja
bedenklich explosiv."
"Grenzbote", St. Pölten.
Springers Nazionismus
2. Kapitel "Die Zeugen J. G. Schoup und James P. Warburg"
J.G. SCHOUP
In den dreissiger Jahren
bekannt als holländischer Wirtschaftsjournalist. Erhielt von James P. Warburg,
New York, dessen Unterlagen in englisch über die drei Finanzierungen Hitlers
durch die Wallstreet von 1929‑1933, die er im angesehenen Verlag 'van
Holkema ‑ Warendorfs Uitg.‑Mij. N.V./Amsterdam' im Oktober 1933
veröffentlichte. Im Zweiten Weltkriege wurde der Gestapo‑Häftling Schoup
erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Keine Widerstandsgruppe will den Enthüller
haben.
JAMES P. WARBURG
1896 als Sohn des früheren US‑amerikanischen
Staatssekretärs Paul M. Warburg, Teilhaber des Bankhauses Kuhn, Loeb & Co.,
geboren und von Freunden Shimmy oder Sidney gerufen. Diente 1917 in der US‑Luftwaffe
und erlernte anschliessend den Bankiersberuf in Hamburg beim Onkel dem
deutschen Bank‑ und Industrieführer Max M. Warburg, der 1938 in die USA
übersiedelte. Der andere Onkel Felix M. Warburg war als einer der führenden
Zionisten Vorsitzender des Administrative Committee der Jewish Agency, er war
der geistig und für das Wiedererstehen Israels grösste der drei Warburg‑Brüder.
DER WARBURG‑BERICHT
‑ im nachfolgenden kurz
«WB» ‑ mit dem Titel «De Geldbronnen van het Nationaal‑Socialisme»
(Drie Gesprekken met Hitler door Sidney Warburg, vertaald (übersetzt) door J.G.
Schoup) wurde im Oktober 1933 sofort nach Erscheinen vom Verlage aus dem
Verkehr gezogen, ohne dass gegen Herausgeber, Übersetzer oder Verfasser ein
Zivil‑ oder Strafprozess in Gang gesetzt worden wäre. Die holländische
NS-Bewegung des Mussert brachte unter dem ähnlichen Titel "De geheime
Geldbronnen" eine Fälschung heraus, die das wesentliche verschwieg, das
übrige verharmloste oder bestritt.
Die Unterlagen zum
"WB" wurden erst sieben Jahre später auf Verlangen der deutschen
Besatzung in Holland vernichtet. Zwei Exemplare des "WB" gelangten
über den österreichischen Gesandten von Alexich in Den Haag nach Wien. Dem
Münchner Institut für Zeitgeschichte wurde Kopie des einen Exemplares
vorgelegt, das die für den Bundeskanzler Schuschnigg so bezeichnenden
Randstriche und Unterstreichungen aufwies. In dem «Vierteljahresheft für
Zeitgeschichte» versuchten im Oktober 1954 die Professoren Hans Rothfels und
Theodor Eschenburg («der seine Schüler zu tendenziöser Forschung und zu
tendenziöser Darstellung erzieht», so Rechtsanwalt E. Engelhardt/Nürnberg) als
Herausgeber und ein US‑Amerikaner namens Hermann Lutz (Chicago) als
Verfasser, den «WB» als Fälschung abzutun: «Schuschnigg versteht Holländisch
nicht und kann daher die Randstriche und Unterstreichungen nicht angebracht
haben.» Jeder gebildete Deutsche versteht den Inhalt eines holländischen,
flüssig geschriebenen Buches mit Leichtigkeit.
Geringfügige deutsche
Namensverwechslungen des US‑Amerikaners James P. Warburg (z.B. "von
Heydt" statt "von der Heydt") dienen den Nazionisten dazu, den
"WB" ‑ der "scheinwerferartig in das Dunkel hineinzündet,
in dem der Zweite Weltkrieg und Hitler gemacht wurden" ‑
'mystification' zu nennen. Namensänderungen werden auch sonst von Verfassern
politischer Enthüllungsschriften gebraucht aus Gründen, die auf der Hand
liegen. Hermann Lutz, Haupt der Fälschungs‑Theorie, erklärt in seinem
Buche «Verbrechervolk im Herzen Europas?» dieses: "J. P. Schoup hatte ....
das Bankhaus J. P. Morgan + Co. als Hauptgeldgeber hervorgehoben." Der
Name J. P. Morgan kommt im "WB" überhaupt nicht vor.
Ein Herr A. Poporski,
seinerzeit Nachrichtendienstler des Generals von Schleicher (Reichskanzler im
letzten Monat des Jahres 1932 und im Januar 1933), schrieb aus Johannesburg am
14.6.1955 an das Abegg-Archiv in Zürich: «Die kostenlose Versendung der Lutz‑Broschüre
liegt in der Hand der jüdischen Dame Shishmareff. Die Broschüre ist tödlich
verwundbar.» Am 2.2.57 teilte der gleiche Poporski dem Abegg‑Archiv mit.
"Aus der Hoover Library in Palo‑Alto sind diese Dokumente, die dort
waren, alle verschwunden und dort arbeitet Hermann Lutz, der Verteidiger
Warburgs. Nun werden Sie vieles verstehen.»
Der Wallstreet‑Gesandte
James P. Warburg hatte beim Reichstagsbrand 1933 nicht ganz begriffen, dass Hitler
bereits Reichskanzler war, als guter US‑amerikanischer Demokrat glaubte
er, die bevorstehenden Reichstagswahlen seien zur Kanzlerschaft noch nötig.
Dieser Felder im "WB" spricht nicht für, sondern viel eher gegen eine
Fälschung. Wer sonst konnte gleichzeitig die Weltführungsspitze im südlichen
Teil der Halbinsel Manhattan, die Wall Street, und die wechselnden deutschen
Führerhauptquartiere in München und Berlin so in Einzelheiten beschreiben wie
der Geldbote, Goldjunge, James P. Warburg? Nur ein ganz genauer Kenner der
Hochfinanz konnte derartige Details im "WB" vorbringen, da gibt es
keine sachlichen oder datenmässigen Unrichtigkeiten, das hat auch noch niemand
zu behaupten gewagt.
Ob die ins Geschäft gesteckten
insgesamt 32 Millionen US‑Dollar hauptsächlich der Hitlerschen
Judenverfolgung und damit der Gründung des Staates Israel dienen, ob sie in
erster Linie der Hitlerschen Aufrüstung und damit der Auslösung des Zweiten
Weltkrieges nützen, oder ob sie bei der Verwirklichung beider Ziele gleichmässig
helfen sollten, darüber werden Historiker, die diesen Namen verdienen, einmal
streiten müssen. Fest steht: Diese 32 Millionen Dollar waren entscheidend für
die Machtergreifung Hitlers, so sieht es auch der frühere preussische
Ministerpräsident Braun. Ohne diese umgerechnet 128 Millionen Reichsmark wäre
die NSDAP zweitstärkste Partei und damit zweiter Sieger geblieben, Adolf Hitler
hätte den Posten des Reichskanzlers nicht erhalten. Mit diesen gewaltigen
Beträgen kam es ein knappes Jahrzehnt darauf zum Zweiten Weltkrieg, der den
Rüstungsbossen die angelegten Dollar‑Millionen als Milliarden in die
Kassen zurückspülte. Der Staat Israel entstand drei Jahre nach Ende dieses
Zweiten Weltkrieges.
Hier der Schoup‑Warburg‑Bericht,
links in holländisch, rechts in deutscher Übersetzung:
Anmerkung: Auf die Wiedergabe des holländischen Textes wurde verzichtet.
Die Übersetzung ins Deutsche hat der Richter a. D. Dietrich Schmiedel besorgt.
Schmiedel war als Wiedergutmachungsrichter in Berlin tätig und lebt seit Jahrzehnten
im belgischen Exil, weil er als Enthüller ungeheuerlicher Korruptionsskandale
weiterem schwersten Staatsmobbing aus dem Wege gehen wollte.
Springers Nazionismus
3. Kapitel: "Warburg-Bericht" (1929)
WIE ES KAM....
Sidney Warburg hatte wenig gesagt,
als die anderen Gäste noch da waren. Nun, mit mir allein, begann er vom
Sinclair‑Skandal.
‑ "Es gibt
Augenblicke, in denen ich aus der Welt der Intrige, der Börsenmanöver, der
Umtriebe und der Schiebung weglaufen möchte. Mit meinem Vater spreche ich wohl
einmal über die Dinge, auch mit anderen Bankiers und Maklern. Und wissen Sie,
was ich niemals begreifen kann? Wie es möglich ist, dass jene Menschen guten
und ehrlichen Charakters - dafür habe ich zahllose Beweise ‑ sich auf
Schiebung, Mittun bei Betrügereien einlassen, wovon sie doch wissen können,
dass dadurch Tausende getroffen werden. Die Manipulation im Sinclair Trust hat
für Wall Street Millionen Dollar eingebracht, aber Tausende Sparer ruiniert.
Man bekommt niemals Antwort, wenn man nach den Beweggründen der unehrlichen und
sittlich nicht zu verteidigenden Handlungen der Häupter in den Finanzkreisen
fragt. Es darf doch nicht sein, dass sie ‑ in ihrem privaten Leben edel
und gut ‑, sobald sie in die Finanzwelt kommen, ihren eigenen Charakter ablegen
und für Geld, wenn es auch dann manchmal Millionen Dollar sind, alle Begriffe
von Ehrlichkeit und Moral zur Seite schieben.»
Der
Gewissenskonflikt, der aus den Worten von, Sidney Warburg zu schliessen ist,
Sohn eines der grössten Bankiers der Vereinigten Staaten, Firmenmitinhaber im
Bankhaus Kuhn, Loeb ‑ Cy., New‑York, ist die Tragik seines Lebens. Doch hat er sich von dem Milieu
nicht befreit, dessen tiefste Triebe er niemals hat ergründen können.
Die im Jahre 1928 gesprochenen
Worte geben vielleicht die Erklärung, wenn ich mich nun im Jahre 1933 frage,
warum er der Welt sagen wollte, wie der deutsche Nationalsozialismus finanziert
wurde. Er hat dabei seine eigene Rolle und Mitverantwortlichkeit nicht in den
Hintergrund geschoben, dagegen ehrlich sein Geständnis persönlicher Mitarbeit
abgelegt.
Als ich von ihm das Manuskript
mit dem Ersuchen empfing, es zu übersetzen, habe ich gefühlt, dass die
Lebenstragik des Schreibers bis zu einer Intensität gewachsen ist, die ihn zu
dem ehrlichen Bekenntnis zwang, dessen Aussage sich auf den hier folgenden
Blattseiten befindet. Mögen sie der erste Schritt zur Befreiung sein, die ich
von Herzen für ihn wünsche, da er den Mut hat, der Welt zu sagen:
«SIE
machten es möglich, aber ich war dabei ihr
feiges
Werkzeug !»
Wenn auch die "arme
Welt" oder die arme "Menschheit" ‑ Worte, mit denen der
Schreiber seine Arbeit beschliesst - seinen Ruf nicht verstehen sollten, bleibt
doch sein Bekenntnis eine Tat des Wagemuts, die dafür nötig war.
Denn wagen heisst es, mit eigenen Kreisen zu brechen und
die Freunde von gestern vor dem Weltforum als Gewissenslose zu brandmarken, vor
allem wenn eigene Mitverantwortlichkeit dabei nicht verblümt wird.
Der
Übersetzer
Oktober
1933
Anmerkung: Damit ist der Übersetzer vom Englischen
ins Niederländische gemeint und nicht vom Niederländischen ins Deutsche.
1929
Geld
ist Macht. Der Bankier weiss es zu konzentrieren und zu manipulieren. Der
internationale Bankier treibt internationale Politik. Die Zentralregierung des
Landes, in dem er niedergelassen ist, verpflichtet ihn dazu; denn sie übt auf
die Zentralbank Einfluss aus. In anderen Ländern heisst die Bank Nationalbank.
Wer begreift, was da hinter jenem Wort (National) in den letzten Jahren
versteckt wird und was sich dahinter verbirgt, der weiss auch, warum ein
internationaler Bankier sich nicht aus der internationalen Politik halten kann.
Die amerikanische Bankwelt
entwickelte sich schon monatelang in einem heftigen Tempo. Wir erlebten einen
Boom, wir wussten es. Pessimisten hatten eine plötzliche Umkehr vorausgesagt,
wir buchten jeden Tag stets grösser werdende Order, Wall Street lachte die
Pessimisten aus. Die ganze Welt bekam Geld aus der Wall Street; selbst fern
abgelegene Balkanstaaten, von denen wir früher den Namen allein auf der Schule
gehört und ihn eilig vergessen hatten, bekamen Kredit und ihre
Schuldverschreibungen wurden gekauft, die Spekulanten warfen sich darauf, die
Kurse stiegen.
Ökonomen sind nun im Jahre
1933 noch nicht darüber einig, warum die Pessimisten gerade im Jahre 1929 recht
behielten und kein Jahr früher und kein Jahr später. 1929 war für Wall Street
der Beginn einer Serie elender Jahre, die noch nicht abgeschlossen ist.
Die Kurse bröckelten nicht ab ‑
wie der gebräuchliche Ausdruck für ein normales Sinken lautet ‑, sondern
stürzten ineinander und in ein paar Wochen war es mit der Ausleihmanie von New‑York
zu Ende. Unterhändler für kreditbedürftige Länder in Europa gingen unverrichteter
Sache in ihre Länder zurück. Amerika schien kein Geld mehr zu haben. Bei uns
ist es üblich, dass grosse Männer in mühsamen Zeiten ihr Licht nicht unter den
Scheffel stellen. Interviews mit Hoover, McCormick, McKenna, Dawes, Young und
zahlreichen anderen wurden in den führenden Blättern veröffentlicht, aber wir
wurden in Wall Street nicht weiser dadurch. Wir lebten in einer Hölle.
Wenn man zu einem
Telefongespräch gerufen worden war, dann sah man bei seiner Rückkehr, dass
Steels, Anaconda, Bethlehem und die führenden Ölwerte zehn bis zwanzig Punkte
gesunken waren. Ob man wollte oder nicht, die Baisse zog einen an, und ich
kenne manchen seriösen Bankier von erstklassigem Ansehen, der früher die
entgegengesetzte Meinung als ein verbrecherisches Spekulationsspiel ansah, der
nun mitging à la baisse. Öffentlich, ohne von seinen Maklern zu verlangen,
seine Baisse‑Order vor dem Markt zu vertuschen oder zu verschweigen.
Ich sagte doch schon, dass wir
in einer Hölle lebten. Es wird wohl an jene Zeit im Jahre 1933 gedacht, aber
niemand, der in den Wall-Street‑Kreisen jene Tage nicht wirklich erlebt
hat, kann sich vorstellen, wie der Zustand tatsächlich war. Wir dürfen nicht
vergessen, dass die ganze Weit nach Wall Street blickte und dass London, Paris,
Amsterdam und Berlin in Spannung mitlebten und sich ganz auf New York
eingestellt hatten. Der Krach in Wall Street bekam dadurch internationale
Bedeutung.
Ich überlasse es anderen, die
Ursachen dieser plötzlichen Umkehr aufzuspüren. Ich will allein den Zustand des
amerikanischen Finanzmarktes im Jahre 1929 kurz wiedergeben. Ohne einen Blick
hierauf würde das folgende für meine Leser grossenteils unbegreiflich sein.
Die Bundesreservebanken hatten
gewaltige Beträge in Deutschland ausstehen. Seit der Aufhebung der Darmstädter
und der National‑Bank, dem Nordwolle‑Krach, der Umorganisation der
D.‑Banken, dem Placieren der Young‑Anleihen und der Errichtung der
Bank für internationalen Zahlungsverkehr waren die Kredite in Deutschland
eingefroren. Dasselbe war der Fall mit Österreich nach der Credit‑Anstalt‑Krise.
Die Begleichung der französischen, belgischen, rumänischen und italienischen
Kriegsschulden geschah freilich noch, aber stets mit Verspätung, und die
verschiedenen Schuldnerländer begannen an jedem Fälligkeitstag erneut, auf
Veränderungen in Annuitäten und Zinsfuss zu dringen. Jahre zuvor war die
französische Kriegsschuld bereits unter Bedingungen konsolidiert worden, die
sich später als für Frankreich viel zu flüssig herausstellten. Kurzum, insgesamt
hatten die Vereinigten Staaten im Jahre 1929 ausländische Forderungen ‑
sowohl gegen Regierungen wie gegen Private ‑ von ungefähr fünfundachtzig
Milliarden Dollar. Das war im April. Die amerikanische Bankwelt hat niemals für
Wilson geschwärmt Seinen Idealismus sahen die Bankiers und Finanziers als gut
genug für das Studierzimmer, aber ungeeignet für die internationale
Geschäftswelt an. Darum hat der Vertrag von Versailles, der auf Wilsons
Gedankengängen aufgebaut wurde, niemals die Sympathie von Wall Street gehabt.
Vor allem wurde dieser Vertrag deshalb abgelehnt, weil Frankreich darin ohne
Widerspruch grundlos bevorrechtigt worden war. Das war die Meinung im Jahre
1920, im Jahre 1929 war die Meinung eine ausgesprochene Feindseligkeit in Bezug
auf diesen Vertrag geworden. Inzwischen waren allerdings zahlreiche
Veränderungen an den ursprünglichen Bestimmungen angebracht worden (Dawes,
Young, usw.), aber es blieb doch noch allzeit eine Tatsache, dass Frankreich
durch seinen Vorrang bei den Reparationsleistungen und durch seine Forderung,
diese in Gold zu erhalten und nicht in natura, nach der Meinung der
amerikanischen Bankwelt den Schlüssel für die wirtschaftliche Wiederherstellung
von Deutschland in Händen hielt. Wenn wir nun wissen, dass von dieser wirtschaftlichen
Wiederherstellung die Wohlfahrt von Amerika und von Grossbritannien, selbst der
ganzen Welt abhängt, dann begreift man, wie freigebig die Amerikaner waren, um
mit Krediten an Deutschland und Mitteleuropa diese Wiederherstellung zu
fördern. Aber Frankreich fuhr ihnen hierbei in die Räder; denn alles, was
Amerika direkt oder unter Vermittlung von London, und alles was London direkt
nach Deutschland zur Finanzierung vergab, fand doch früher oder später seinen
Weg nach Frankreich in der Form von Reparationszahlungen. Deutschland konnte ja
doch nicht so enorm viel exportieren, dass seine Handelsbilanz einen genügenden
Überschuss erreichte, um seine Reparationsschuld an Frankreich zu erfüllen. Es
musste daher aus seinem Kapital seine Schuld bezahlen, aber dieses Kapital war
in der Form grosser Kredite durch Amerika und England gewährt. Dieser Zustand
wurde unhaltbar. Deutschland konnte nicht bis in die Ewigkeit fortfahren, Geld
aufzunehmen, Amerika und England konnten nicht fortfahren, Geld auszuleihen.
Infolge der bereits genannten
Schwierigkeiten in Deutschland, Österreich und Mitteleuropa waren die
ausländischen Forderungen von Amerika zum grossen Teile eingefroren.
Fünfundachtzig Milliarden Dollar ist selbst für ein Land wie die Vereinigten
Staaten keine Kleinigkeit. Eingefroren waren hiervon schätzungsweise sicher
fünfzig bis fünfundfünzig Milliarden Dollar, der Rest war überhaupt nicht
sicher: denn mehr und mehr begann man, an dem guten Willen der ehemaligen
Alliierten ‑ mit Ausnahme von England ‑ im Zusammenhang mit der
Zurückbezahlung ihrer Schulden an Amerika zu zweifeln.
Wir müssen. noch ein Endchen
in der Geschichte der Nachkriegsjahre zurückgehen. Von dem ersten Tage der
Unterzeichnung des Vertrages von Versailles an hat Frankreich die Bestimmungen
davon als bleibend und heilig angesehen, nicht aus Geflühlsüberlegungen,
sondern aus wohlverstandenem eigenem Interesse. Wie da auch in den letzten
Jahren in Wort und Schrift versucht worden ist, die französischen Regierungen
und die französischen Sachverständigen auf finanziellem Gebiet einsehen zu
lassen, dass da von Deutschland nach den Klauseln dieses Vertrages mehr
verlangt wurde, als es geben konnte ‑ man hat niemals Erfolg damit
gehabt, dieser Meinung bei den massgeblichen Kreisen von Paris Eingang zu
verschaffen. Solange die Franzosen von dieser Wahrheit nicht durchdrungen sind,
gibt es keine Möglichkeit internationaler Zusammenarbeit. Dieses Jahr wird
darüber in London eine Weltkonferenz abgehalten; ich gebe keinen Pfifferling
für das Gelingen, wenn die französische Regierung ihren Standpunkt nicht von
Grund auf revidiert. In allen Unterhandlungen, die seit 1920 geführt wurden, um
zu einer Revision des Versailler Vertrages zu kommen, hat Frankreich sich stets
einer Verminderung der deutschen Reparationsschuld an Frankreich widersetzt.
Freilich wurden die Herabsetzungen doch durchgesetzt, aber Frankreich gab
hierdurch nicht mehr auf als dasjenige, was es doch niemals bekommen hätte, und
es wusste selbst aus der Herabsetzung noch Vorteile herauszuschlagen. So
erhielt dieses Land bei der Annahme des Young‑Planes den grössten Teil
der unabdingbaren Jahresleistungen und verstand es, dadurch sein Übergewicht
gegenüber Deutschland instandzuhalten. Ich verurteile die Haltung Frankreichs
nicht. Die Staatsleute und die Finanzsachverständigen dieses Landes werden
durch Motive geleitet, die für alle Zeit auf eine Verhinderung einer
Wiederholung von 1914 abzielten, und ein wohlhabendes Deutschland ‑ (die
Deutschen waren für Europa immer die Raubritter aus dem Mittelalter und werden
es allzeit bleiben) ‑ vergrössert die Möglichkeit dieser Wiederholung.
Darum musste nach französischer Einsicht Deutschland wirtschaftlich schwach
bleiben. Aber die Weit hat ein wohlhabendes Deutschland nötig, vor allem
Amerika. Warum? Sucht das mal in wirtschaftlichen Lehrbüchern, in Betrachtungen
praktischer internationaler Wirtschaft aller Zeiten nach, denn dicke Bücher auf
diesem Gebiet beinhalten viel Unsinn und beweisen einen vollständigen Mangel an
Einsicht in die Wirklichkeit der Dinge. Wirtschaftler sind nun einmal meistens
Stubengelehrte. Sie .kennen eine Bank, eine Fabrik, eine Handelsfirma und eine
Börse allein von aussen. Vergesst auch nicht, dass Wilson, als er noch
Professor in Princetown war, in Amerika als der tüchtigste Ökonom galt. Aber
ich bin abgeschweift. Also behaltet dies: Frankreich will kein wohlhabendes
Deutschland, weil es um seine eigene Sicherheit besorgt ist; Amerika und
England bedürfen eines wohlhabenden Deutschlands, weil sonst diese Länder
selbst keine Wohlfahrt kennen. Um Deutschland wirtschaftlich schwach zu halten,
macht Frankreich von seinem Recht auf Reparationsleistungen Gebrauch, das durch
Mangel an Wirklichkeitssinn Wilsons und im Rausch des Sieges 1918‑1920
durch jedermann viel zu hoch veranschlagt und für Deutschland ein beständiger
Alptraum ist. Alle deutschen Regierungen haben zwischen zwei Feuern gestanden:
den Forderungen des Auslandes (vor allem Frankreichs) auf der einen Seite, und
dem Unwillen im Binnenland auf der anderen Seite. Gaben sie dem Ausland nach,
dann schalt sie das deutsche Volk ‑ und das kann hart schelten und
schreien ‑, taten sie es nicht, dann drohte eine Besetzung durch
französische militärische Macht. So ist das Ruhr‑Abenteuer entstanden.
Frankreich hatte hiermit wenig Erfolg und wiederholte es dann auch niemals
mehr, aber es fand einen anderen Weg, um von seinen Reparationsforderungen den
gewünschten Gebrauch zu machen. Ich kann in dieser gedrängten Form nicht die
ganze französische Politik analysieren. Ich will dazu nur dies sagen, dass
Frankreich durch seinen hartnäckigen Widerstand gegen jede Herabsetzung und
durch sein Einwilligen in Herabsetzungen nur dann, wenn andere Vorteile dafür
an die Stelle kamen, genau solange seine Reparationsforderungen anwenden
konnte, wie die Anleihen von Amerika und England an Deutschland und Österreich
nicht zureichend waren, um eine wirtschaftliche Wiederherstellung zu bewirken
und den Verpflichtungen des Vertrages von Versailles ‑ selbst
abgeschwächt oder verändert ‑ nachzukommen.
Es wird
niemanden verwundern, dass die Finanzwelt in Amerika nach Mitteln ausblickte,
um Frankreich auf diesem Gebiet schachmatt zu setzen. Wenn die Waffe der
Reparationsleistungen aus Frankreichs Händen geschlagen würde, dann könnte
durch finanzielle Hilfe von Amerika und England Deutschland sich erholen und
die Wohlfahrt in den zwei grössten Ländern der Welt würde wieder eine
Möglichkeit werden. Es wurde zwischen den Bundesreservebanken und den
unabhängigen leitenden Bankiers in den Staaten im Juni 1929 beraten. Erst
später erfuhr ich, wozu dieser Gedankenaustausch geführt hat. Vorab erzähle
ich noch kurz die Einsichten in die internationale Ölwelt. Es besteht eine
internationale Ölwelt ebenso wie eine internationale Bankwelt, das ist
sicherlich bekannt. Ölmagnaten sind gefrässige Herren. Standard Oil und Royal
Dutch sind gute Freunde. Diese zwei Unternehmen haben die Welt in Felder
aufgeteilt, und jeder hat für sich selbst eine bestimmte Anzahl Felder
reserviert. So haben diese grossen Gesellschaften Jahre hintereinander grosse
Gewinne machen können. Sowjetrussland hat dann das ganze Geschäft verdorben und
gegen Standard und Royal Dutch heftigen Wettbewerb getrieben. Seitdem machen
diese Unternehmen nur noch sechs oder sieben Prozent Gewinn von ihrem Kapital, das
ist nicht ausreichend, um die Gefrässigkeit von Direktoren zu befriedigen. Die
Konkurrenz von Sowjetrussland hatte vor allem Erfolg in Deutschland, weil die
verschiedenen Regierungen in jenem Lande stets eine Annäherung an die neuen
Herrscher in Russland suchten, und mit Handelsverträgen, Krediten usw. den
deutschen Markt für russisches Öl und Benzin leichter zugänglich machten als
für dieselben Produkte anderer Herkunft. Noch einige Absätze Geduld und Ihr
werdet begreifen, wie es kam, dass Vertreter der Standard Oil und von Royal
Dutch bei den Besprechungen anwesend waren, die die Bundesreservebanken 1929
mit verschiedenen amerikanischen Bankiers führten. Ich werde mich nun nicht
mehr weiter über internationale finanzielle Angelegenheiten verbreiten und
einfach berichten, welches 1929 mein Anteil an den bereits genannten
Besprechungen war, welcher Auftrag daraus floss und wie ich den Auftrag
ausgeführt habe. Für Liebhaber phantastischer Geschichten ist dieser Bericht
trocken und frustrierend, schmeisst dieses Buch also weg. Für sie, die wissen,
dass das wirkliche Leben mehr Aufregungen bringen kann als die stärkste
Phantasie eines Romanschreibers, ist mein Bericht bald ebenso wenig geeignet,
denn Aufregung unterstellt Mord, Totschlag, Diebstahl, Erpressung, Nötigung,
Ehebruch und sex appeal. Mein Bericht ist einfach eine getreue Erzählung von
vier Gesprächen, die ich mit dem "kommenden Mann" Europas, Adolf
Hitler, geführt habe. Ich habe kein Schrifttum bringen wollen, ich erzähle nur
mein eigenes Erlebnis, alles was ich gehört habe, und hier und da werde ich,
zur besseren Orientierung des Lesers, meine eigenen Einsichten beifügen. Ich
ziele nicht darauf ab, mit der Veröffentlichung meiner Erfahrung Hass gegen
Personen zu züchten, ich will allein die Kriminalität eines Systems vor Augen
führen, dass die Welt regiert und wo dass geschehen kann, das ich mitgemacht
habe. Geschehen kann, ist nicht genau. Geschehen ist, will ich sagen.
Im Juli 1929 bekam ich eine
Einladung, um am folgenden Tage in das Büro der Guarantee Trust in New York zu
einer Unterhaltung mit Carter, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats dieser Bank
zu kommen. Carter war allein und fiel sogleich mit der Tür ins Haus. Am
folgenden Tage sollte im Vorstandszimmer der Guarantee Trust eine Versammlung
stattfinden, wo die Aufsichtsratspräsidenten der anderen Bundesreservebanken
anwesend sein sollten, wie auch fünf unabhängige Bankiers, der junge
Rockefeller und Glean fünf die Royal Dutch. Carter hatte in einer früheren
Versammlung ‑ das war die Zusammenkunft vom Juni ‑ über mich mit
den Herren gesprochen und alle waren darin einig, dass ich der Mann war, den
man nötig hatte. Ich kann perfekt deutsch und war in Hamburg in einem uns
befreundeten Bankhause vier Jahre tätig gewesen. Carter erzählte mir, worum es
ging. Die internationalen finanziellen Verhältnisse wären mir genügend bekannt,
darüber würde er daher nicht sprechen. Auch wüsste ich sicher gut, wie man in
New York in der Bankwelt nach Mitteln ausblickte, um nun doch endlich einmal
dem Missbrauch ein Ende zu bereiten, den Frankreich mit seinen
Reparationsforderungen an Deutschland trieb. Ich bekam eine kurze
Zusammenfassung von allem, was Frankreich auf dem Gebiet der internationalen
Geldpolitik getan hatte. Carter wusste auch, dass man in London darüber ebenso
dachte wie in New York. Ferner würde ich wohl sehen, was am folgenden Tage noch
auf den Tisch kam, aber in jedem Falle rechnete er auf mein Kommen.
Natürlich kam ich am folgenden
Tage. Carter und Rockefeller spielten die erste Geige, die anderen hörten und
stimmten zu. Das Geschäft, um das es ging, war ganz einfach - Worte Carters ‑
jeder war ja einig, dass es nur ein Mittel gab, um Deutschland aus dem
finanziellen Griff von Frankreich zu erlösen, und das war eine Revolution. Die
Revolution konnte durch zwei verschiedene politische Gruppen ausgeführt werden.
Zuerst kam die deutsche Gruppe der Kommunisten in Betracht, aber wenn eine
kommunistische Revolution in Deutschland Erfolg hatte, würde die Macht
Sowjetrusslands in Europa verstärkt und die bolschewistische Gefahr für den
Rest der Welt vergrössert werden.
Blieb übrig eine Revolution,
durchgeführt von einer Gruppe deutscher Nationalisten. In dieser Richtung gab
es freilich verschiedene Gruppen, aber eine politische Bewegung war radikal genug,
um einen wirklichen Umsturz in Deutschland zustande zu bringen, nötigenfalls
mit Gewalt. Carter hatte von einem Bankdirektor aus Berlin über einen gewissen
Hitler sprechen hören. Rockefeller hatte selbst einen kurzen Bericht in einer
deutsch‑amerikanische Zeitung über die nationalsozialistische Bewegung
unter Leitung dieses Mannes Hitler (er sprach diesen Namen 'Heitler' aus)
gelesen. In der vorhergegangenen Versammlung war beschlossen worden, mit «jenem
Mann Hitler» Verbindung aufzunehmen, um herauszufinden, ob er für amerikanische
finanzielle Unterstützung zugänglich war. Nun wurde mir die Frage deutlich
gestellt: War ich bereit, nach Deutschland zu gehen, mich mit diesem Mann
Hitler in Verbindung zu setzen und zu dessen finanzieller Unterstützung die
nötigen finanziellen Massregeln zu treffen? Es musste schnell gehandelt werden,
denn je eher diese Nationalisten in Deutschland zur raschen Entwicklung
gebracht werden konnten, desto besser. In den Unterhandlungen mit Hitler musste
der Nachdruck vor allem darauf gelegt werden, dass da von ihm eine aggressive
Politik erwartet wurde, eine Pflege der Revanche‑Idee gegenüber
Frankreich. Hiervon erwartete man eine Angst auf französischer Seite und als
Folge ein grösseres Mitgehen der französischen Regierung bei internationalen
Problemen im Austausch gegen eine eventuelle Unterstützung durch Amerika und
England an dieses Land bei einem eventuellen Angriff Deutschlands. Hitler
durfte natürlich von diesem Zweck der Unterstützung nicht in Kenntnis gesetzt
werden. Seinem eigenen Verstande und seiner Findigkeit musste dies überlassen
werden. Es wurde abgesprochen, dass ich Hitler den Puls fühlen sollte
hinsichtlich des Wieviels eines Betrages, den er für einen völligen Umsturz der
deutschen Staatsordnung nötig zu haben glaubte. Sobald ich das wüsste, solle
ich im Geheim‑Code des Guarantee Trust an Carter kabeln, woraufhin dieser
Betrag nach Gutheissung auf meinen Namen bei einer europäischen Bank zur
Verfügung gestellt werden solle, woselbst ich dann zur weiteren Abgabe an
Hitler darüber verfügen könne. Ich habe diesen Auftrag angenommen. Warum? Wenn
ich nun mir selbst diese Frage stelle, dann weiss ich keine Antwort zu geben.
Im Jahre 1929 würde ich vielleicht gesagt haben: weil ich darüber mit Carter
und Konsorten einig bin. Aber wann weiss ein Mensch, dass er gut oder schlecht
handelt? Schliesslich geht es hierum nicht, ich erzähle und das genügt.
Drei Tage später war ich an
Bord der "Ile de France" mit Bestimmung Cherbourg, zwölf Tage später
war ich in München. Ich hatte Diplomatenpässe, Empfehlungsbriefe von Carter,
von Tommy Walker (damals noch nicht kompromittiert), von Rockefeller, von Glean
und von Hoover. Die diplomatische Welt stand mir damit ebenso offen wie die
Geschäftswelt, die Bankwelt und nicht zuletzt der Kreis der Regierenden.
Hitler war nicht leicht zu
erreichen. Dieser Mann war entweder feige oder aber er fürchtete, sich billig
zu machen. Der amerikanische Konsul in München hatte keinen Erfolg damit, für
mich eine Verbindung mit der Gruppe der Nationalisten Hitlers zustande zu
bringen. Das war ein Zeitverlust von ungefähr acht Tagen. Ich beschloss, die
Sache selbst in die Hand zu nehmen und schritt mit einer Einführung durch den
amerikanischen Konsul zum Bürgermeister von München, dem Oberbürgermeister
Deutzberg. Der Beamte versprach mir, dass ich bereits am folgenden Tage Bericht
empfangen solle, wo und wann Hitler mich würde empfangen können, aber ich
zweifelte an seinen Worten. Er hatte jedoch nicht zuviel gesagt, denn bereits
am folgenden Tage im Laufe des Morgens lag bei dem Portier meines Hotels ein
freundliches Brieflein von Deutzberg, worin er mir Tag und Uhrzeit angab, wann
Hitler mich im Bräukeller empfangen würde. Ich musste nur meinen Namen einem
Kellner in diesem Café angeben und dann würde ich wohl zu Hitler gebracht
werden. Es glich alles den Heimlichkeiten bei Maffiabanden. Ich ging und alles
lief flott. Hinter dem grossen Saal dem Bräukellers ist ein gutes,
altertümliches Zimmer, wo Hitler zwischen zwei Männern an einem länglichen Tisch
sass. Ich hatte den Mann wohl einmal abgebildet gesehen, aber selbst ohne die
Bekanntschaft durch Abbildung würde ich gewusst haben, dass Hitler der Mittlere
war. Die drei Männer standen auf, stellten sich einzeln vor, durch den Kellner
wurde mir ein grosser Krug Bier gebracht und ich konnte beginnen. Natürlich war
ich nicht geneigt, mit meinem Auftrag in Gegenwart dieser zwei Begleiter
herauszurücken. Ich bat dann auch um eine Unterhaltung unter vier Augen. Hitler
flüsterte kurz mit den zwei Männern und sagte mir dann scharf. «Das ist nicht
meine Gewohnheit. Können Sie sich gehörig ausweisen, dann werde ich es
erwägen.» Er erwog nicht Ein Blick auf die zwei Männer war ausreichend, sie
verschwanden.
Ich legte nun alle
Einführungsbriefe auf den Tisch und ersuchte Hitler, davon Kenntnis zu nehmen.
Gewissenhaft las er die Briefe und fragt mich dann, ob ich beabsichtigte, in
einer amerikanischen Zeitung über meine Unterhaltung mit ihm etwas zu
schreiben. Ich antwortete verneinend. Das erleichterte ihn sichtbar. "Ich
liebe keine Journalisten", sagte Hitler weiter, "vor allem nicht
amerikanische Journalisten".
Ich fragte nicht warum, es
interessierte mich nicht. Vorsichtig stellte ich nun einige Fragen, auf alle
bekam ich eine ausweichende Antwort oder ein einfaches Ja oder Nein. Inzwischen
trank Hitler seinen grossen Bierkrug leer und schellte. Unverzüglich kam der
Kellner, der mich hineingeführt hatte und nahm eine Bestellung auf. Der neue
Krug schien für Hitler Sprechwasser zu sein, denn nun legte er los.
"Von allen Fremden sind
mir die Amerikaner am ehesten sympathisch. Sie waren die ersten, die uns nach
dem Kriege geholfen haben. Das wird Deutschland niemals vergessen. Ich spreche
vom neuen Deutschland. Was denken Sie dort in Ihrem Lande von unserer Bewegung?
... Unser Programm ist doch ins Englische übersetzt. Die Zeit wird Sie lehren,
was wir wollen. Das deutsche Volk ist durch die Bestimmungen des Versailler
Vertrages zur Sklaverei verurteilt. Es gibt keine Freiheit mehr für Deutsche,
weder im Inlande noch im Auslande. Unsere Regierungen sind seit 1918 aus
Feiglingen und Verrätern zusammengestellt. Jeder ist käuflich. Das Volk hat den
neuen Führern geglaubt. Juden und Marxisten sind hier die Herren. Zucht und
Ordnung bestehen nicht mehr. Der deutsche Beamte ist unzuverlässig. Ein Unglück
für das Land ... Das Geschwätz ist ohne Ende. Von dem Reichstag und den
Landtagen ist nichts zu erwarten. Alle politischen Parteien betreiben
schändlichen Kuhhandel. Die Regierung lässt sich das Gesetz durch das Ausland vorschreiben,
anstelle die Zähne zu zeigen und fühlen zu lassen, dass das deutsche Volk noch
zur Verteidigung imstande ist. Das Volk ist viel besser als die Regierungen ...
Wie soll es anders werden? Wir führen eine intensive Propaganda gegen Verrat
und Käuflichkeit, wir haben nun schon zwei Zeitungen und unsere örtlichen
Organisationen wachsen sichtbar. Sie denken nun, durch Uniformverbote unsere
Aktion zu beschneiden. Unsinn. Die Uniform ist ja doch nicht der Geist Wir
fahren damit fort, den Geist des Volkes zu bearbeiten. Die Unzufriedenheit muss
noch grösser werden, die Arbeitslosigkeit muss noch zunehmen. Dann nur können
wir vorwärtskommen. Die Regierung hat Angst, weil wir bewiesen haben, dass wir
den richtigen Weg zum Herzen des Volkes kennen. Wir bieten Arbeit und Brot Das
können wir geben, wenn es wieder wie früher ein bewusstes deutsches Volk geben
wird, das sein Lebensrecht unter den Völkern zu erobern weiss. Die Reichswehr
ist auf unserer Seite, und unsere Abteilungen sind überall in strenger Zucht
zur Entwicklung gekommen. Wir sind nicht auf die Utopie eines Judenbastards
festgelegt wie die Marxisten, sondern unser Programm ist deutsch und von
Kompromissen ist bei uns nicht die Rede ... »
Hitler machte auf mich einen
eigenartigen Eindruck. Seine kurzen abgerissenen Sätze, das Durcheinander‑Gehaspel
ohne ernste Beweisführung liessen mich unterstellen, dass dieser Mann innerlich
leer war und Schwierigkeiten mit grossen Worten und Demagogie lösen wollte. Ich
brachte die Organisation seiner Bewegung zur Sprache.
«In unserer Bewegung gibt es
einen grossen Geist der Solidarität. Viele Arbeitslose haben sich uns in den
grossen Städten angeschlossen, in den kleineren Orten viele Mittelständler, auf
dem flachen Lande viele Bauern. Unsere Menschen opfern gern von dem wenigen,
das sie haben, um der Bewegung vorwärtszuhelfen. Eine Unehrlichkeit oder
Schiebung kann. bei uns nicht vorkommen, denn ich habe selbst alles in Händen.
Die vorbildliche Zucht bei unseren Menschen lässt alle finanziellen Mittel
automatisch zum zentralen Punkt hier in München fliessen und der zentrale Punkt
bin ich ... Gewalt? Aber das versteht sich doch von selbst. Eine grosse
Bewegung hat niemals ohne Gewalt praktischen Nutzen geliefert. Das selige
Geschwätz von Pazifisten ist lächerlich. Diese Menschen leben nicht. Kraft ist
Leben. Leben ist Gewalt. Blicken Sie mal zur Natur, blicken Sie mal zur
Tierwelt. Dort gilt nur ein Recht: das Recht des Stärkeren ... Nach aussen hin?
Aber das wird wohl nicht anders möglich sein. Ich will Amerika ausser Betracht
lassen. Aber die anderen Länder. Haben Sie gedacht, dass Deutschland jemals
ohne Gewalt seine Kolonien zurückbekommt, oder Elsass-Lothringen oder die
grossen Teile von Polen oder Danzig? ... Geld? Gerade darum geht es. Darum muss
das deutsche Volk frei werden, um sich wirtschaftlich Geltung zu verschaffen,
dann nur kann das Geld verdient worden, um bei günstiger Gelegenheit mit der
Kraft der Waren unsere Rechte zu erhalten ... Frankreich ist unser Feind, die
anderen früheren Alliierten sind unsere Konkurrenten, das ist ein grosser
Unterschied ... Mit dem Schwindel der jüdischen Banken muss ein Ende werden.
Galizische Spekulanten streichen das Vermögen des Mittelstandes ein. Die
grossen Warenhäuser machen den Handel für den Kleinbürger unmöglich ... Zins
und Miete werden geregelt und abgeschafft werden ... Hier ist unser Programm,
darin können Sie alles finden, was wir uns als Ziel gesetzt haben ... ».
Es war für mich an der Zeit,
mit dem wahren Zweck meines Besuches zur Sache zu kommen ... Er liess mich
nicht ganz aussprechen: «Schwierigkeiten? Natürlich gibt es Schwierigkeiten,
aber diese halten mich nicht zurück. Ich habe Aufhebung der Entmündigung des
deutschen Volkes zur Lebensaufgabe gewählt, und ich werde siegen oder dabei
untergehen. Die grösste Schwierigkeit ist für uns, dass das Volk durch den
jahrelangen Zustand von Hintansetzung indifferent geworden ist. Daher ist eine
starke, grosse Propaganda nötig, die Geister wach rüttelt So eine Propaganda
kostet Geld ... Nein, hohe Beiträge können wir unseren Menschen nicht
auferlegen. Ich habe die Beiträge schon revidieren müssen, weil es viele gab,
die sie nicht aufbringen konnten ... Es gibt wohl bestimmte Sympathien in
manchen Kreisen für unsere Bewegung, vor allem beim Adel, aber die Sympathien
sind nicht sauber. Ich will kein Knechtlein der monarchistischen Bewegung in
Deutschland sein. Alle Adligen hier sind von monarchistischen Gedanken
angesteckt, und darum lasse ich sie nicht in die Bewegung. Auf Sympathie bei
den Grosskapitalisten können wir vorläufig noch nicht rechnen. Jedoch werden
sie uns unterstützen müssen, wenn die Bewegung eine Macht geworden ist. Was
denkt man in Amerika über unsere Bewegung? .. »
Die amerikanische Meinung über
seine Bewegung schien Hitler besonders zu interessieren. Ich gab ihm die
gleiche Antwort wie zuvor, nämlich dass wir in Amerika zu wenig von seinen
Zielen wüssten, um uns ein Urteil bilden zu können. Wieder begann er, über die
Schwierigkeiten zu sprechen. «Es gibt viele Arbeiter, die unserer Propaganda
zugänglich sind, aber Selbsterhaltung hält sie davon ab, unserer Bewegung
beizutreten. Die sozialdemokratischen Gewerkschaften haben starke Streikkassen,
in dieser Zeit ist es natürlich für viele fast unmöglich, die Unterstützung der
Vereinigung missen zu in müssen. Aber wir suchen nun nach einem Mittel, um die
gutgesinnten Elemente aus den Gewerkschaften doch in unsere Bewegung aufnehmen
zu können. Sie können da für uns nützliche Arbeit leisten und die Geister ihrer
Mitgenossen mit gutem Ergebnis beeinflussen. Ich arbeite zur Zeit einen
grossen Plan für ein eigenes Pressebüro hier in München aus, für einen eigenen
Verlag mit Filialen in Berlin, Hamburg und in einer Stadt am Rhein.
Norddeutschland ist erst am Kommen. Bayern ist im allgemeinen günstig gesinnt,
auch Sachsen.»
Es wurde schwierig, meinen
Auftrag auszuführen. Hitler schien sich selbst gern reden zu hören, und wenn
ich versuchte, ein kurzes Wort zu sagen, das Einleitung zur Mitteilung meines
Auftrages sein konnte, sprang er auf einen anderen Gegenstand über. So fuhr er
fort...
«Präsident Hindenburg steht
unserer Bewegung nicht mit Sympathie gegenüber, aber er wird sich zur rechten
Zeit doch nicht dem Volkswillen widersetzen. Die Clique der Aristokraten, die
ihn umgibt, hat vor der aufkommenden Macht des deutschen Volkes Angst, weil wir
sehr wohl einmal Rechenschaft über ihre feige Haltung gegenüber dem Auslande
und den jüdischen Kapitalisten ... verlangen könnten ... » Er schweigt
plötzlich, blickt mich lange an und sagt dann grimmig: «Sind Sie auch Jude?
Nein, glücklicherweise. Wohl von deutscher Herkunft. Ja, das lese ich an Ihrem
Namen ab.» Nun bekam ich endlich Gelegenheit, auf die Schwierigkeiten in
Hitlers Bewegung zurückzukommen und ich kam rundheraus mit einem Vorschlag
finanzieller Hilfe an den Tag.
Wann dies möglich sein würde?
Was würden wir dann nicht erreichen können? «Ohne Waffen muss unsere Bewegung
sich doch totlaufen. Uniformen können sie uns wegnehmen, doch wird unser
Gedanke wachsen, aber Waffen haben wir nötig ... An den Bestimmungen von
Verträgen störe ich mich nicht, und mit Geld kann ich überall Waffen bekommen.
Hier in München haben wir für eine ausgesuchte Abteilung eine Schiess‑Schule
eingerichtet, die von der Bewegung sehr geschätzt wird.»
Ich kam nun mit dem festumrissenen
Vorschlag und fragte nach Hitlers Meinung über einen etwaigen Betrag. Das
schien ihn in Verlegenheit zu bringen. Er schellte. Ein Gespräch im Flüsterton
mit dem Kellner. Nervös spielte Hitler mit einem Notizbuch, er schien in
Gedanken versunken. Ein langer hagerer Mann von schätzungsweise vierzig Jahren,
offenbar Soldat in brauner Uniform, kam herein. Hitler nötigte ihn, neben ihm
Platz zu nehmen. Ich wurde nicht vorgestellt, hörte jedoch wohl den Namen, mit
dem Hitler ihn ansprach: von Heydt. Ohne Einleitung fragte Hitler ihn, was er
nötig habe, um intensiv die Bewegung in ganz Deutschland zu propagieren. «Wir
müssen mit dem Norden rechnen, wir müssen bedenken, dass wir mit Unterstützung
der Arbeitslosen, die nun doch bei den Gewerkschaften sind, viel erreichen
können, und wir dürfen nicht vergessen, wieviel nötig sein kann, um den Plan
der Sturm-Abteilungen gründlich auszuarbeiten. Bewaffnung kostet viel Geld,
und die Schmuggler stellen hohe Forderungen.» Von Heydt nahm einen langen
Bleistift vom Tisch, und auf der Rückseite eines Pappkartons begann er zu
rechnen. Hitler lehnte mit dem Arm auf seinem Stuhl und folgte seiner
Bezifferung. Dann übernahm er die Pappe des von Heydt und dankte ihm in einem
Tone, der deutlich eine Anweisung war, uns allein zu lassen. «Sehen Sie einmal
her. Eine Berechnung anzustellen ist für uns nicht leicht. An erster Stelle
würde ich wohl wissen wollen, wieweit Ihre Auftraggeber zu gehen bereit sind.
Ferner ist die Frage, ob sie, wenn ihre Unterstützung aufgebraucht ist bereit
sein sollten, um aufs Neue beizuspringen. Von Heydt hat hier eine Bezifferung
gemacht, ich kann damit in der Hauptsache einig gehen, aber ich würde erst
wissen wollen, wie Sie diesen beiden Punkten gegenüberstehen. Dann kommt noch
hinzu, dass wir unsere Berechnung nach bestehenden Plänen gemacht haben, danach
gibt es noch verschiedene im Werden, die ausgearbeitet und zur Ausführung
kommen, sobald die ersten geglückt sein werden. Ich denke an die Ausbildung
unserer Abteilungen auf dem Gebiete des Segelfliegens, ich denke auch an die
Beschaffung von Uniformen für Arbeitslose ‑ die Uniformverbote sind doch
nur vorübergehend ‑ und an fernere Pläne.»
Ich musste natürlich die
Antwort schuldig bleiben und machte noch einmal gut deutlich, dass diese erste
Unterhaltung nur Kontaktsuche sei. Von seinen Gedanken über die Grösse der
finanziellen Unterstützung würde es abhingen, ob meine Auftraggeber wirklich
zum Verschaffen von Geldmitteln übergehen würden und dann erst könnte ein
Höchstbetrag genannt werden. Das schien Hitler nicht zu gefallen, oder er fand
es vielleicht zu verwickelt, denn in verstörtem Ton fragte er mich weiter, ob
ich persönlich denn keine Vorstellung von dem Betrag hätte, den man ihm zur
Verfügung stellen wolle. Auch hierauf musste ich ihm die Antwort schuldig
bleiben. Ich erwartete nun, dass er fragen würde, warum ihm eigentlich das
Angebot finanzieller Hilfe von amerikanischen Seite gemacht wurde, er fragte
ganz etwas anderes. Wann würde ich das Geld bekommen können? Ich konnte ihm
hierauf antworten, dass ich vermutete, dass sobald man in New‑York meinen
telegrafischen Bericht im Hause habe, da wohl Massnahmen getroffen würden, um
rasch das Geld nach Deutschland zu überweisen, wenn man über den Betrag einig
sei. Er fiel mir wieder in die Rede. «Nein, nicht nach Deutschland, das ist
viel zu gefährlich. Ich vertraue keiner einzigen deutschen Bank. Das Geld muss
auf eine Bank im Auslande überwiesen werden, wo ich dann darüber verfügen
kann.» Wieder besah er die Berechnung auf dem Blatt, als er mir zuflüsterte,
als ob er einen strengen Befehl gäbe: «Hundert Millionen Mark».
Ich gab mein Erstaunen über
seinen grossen Appetit nicht zu erkennen, versprach ihm, nach New‑York zu
kabeln und ihm rasch die Antwort meiner Auftraggeber mitzuteilen. Davon wollte
er nichts hören. «Sobald Sie einen Bericht aus Amerika haben, schreiben Sie
dann nur an von Heydt, seine Anschrift ist Lützow‑Ufer 18, Berlin. Dieser
setzt sich dann mit Ihnen wegen der weiteren Regelung in Verbindung.» Hitler
stand auf, reichte mir die Hand, ein deutlicher Wink, zu gehen.
Auf dem Wege zum Hotel
rechnete ich aus, dass hundert Millionen Mark ungefähr vierundzwanzig Millionen
Dollar bedeuteten, ich zweifelte an der Bereitwilligkeit von Carter und
Konsorten, einen derartigen Betrag als verlorenen Zuschuss in eine europäische
politische Bewegung zu stecken. Schliesslich überlegte ich, dass sie in New‑York
das auszumachen hätten und kabelte im geheimen Code eine kurze Zusammenfassung
des Gespräches, das ich mit Hitler geführt hatte.
Am folgenden Tage ging ich zu
einer Versammlung der nationalsozialistischen Partei in einen Zirkus. Morgens
hatte ich hierzu eine Einladung empfangen. Hitler selbst sprach und nach ihm
kam ein gewisser Falkenhayn. So wie in meinem Gespräch mit ihm fiel mir nun
auch wieder die Leerheit seiner Darlegungen auf. Nirgends ein Schein von
Beweisführung, kurze kräftige Sätze, abgehackt und nun herausgeschrien,
demagogische politische Taktik, durchlaufende Aufpeitschung. Ich bekam Mitleid
mit jenen Journalisten, die hier anwesend waren, um einen Bericht für ihre
Zeitung zu schreiben. Von einer derartigen Rede, so kam es mir vor, ist kein
Bericht zu machen. Hitler sprach nicht über die Bewegung, auch nicht über ein
Programm oder über Verbesserungen, die er mit seinen Gefolgsleuten einfuhren
wolle. Er schalt auf die Regierungen ab 1918, auf die grossen Banken, auf die
Kommunisten, auf die Sozialdemokraten, auf die Juden und auf die grossen
Warenhäuser. Seine Rede lief über von Worten wie Verräter, Diebe, Mörder,
Gewissenlose, Volksverbrecher, Verleumder des deutschen Geistes usw. Er nannte
keine Tatsachen, blieb vage und allgemein, aber ... er hatte Erfolg. Später
vernahm ich, dass ungefähr hundertdreissig neue Mitglieder an diesem Abend den
Nationalsozialisten beigetreten waren. Von Falkenhayn's Rede bekam ich den
Eindruck, dass sie den Zweck hatte, die Zuhörer nach den aufpeitschenden Worten
Hitlers zu beruhigen. Langstielig und halb unverständlich wollte Falkenhayn
beweisen, dass Sowjetrussland für die Welt eine Gefahr sei, dass da von
Sozialismus in der Union keine Rede sein könne und dass die Hitler‑Bewegung
die erste Partei sei, die dem Volke den wirklichen Sozialismus bringe. Sein
Erfolg war mässig.
Erst am dritten Tage empfing
ich Antwort von Carter. Eine kurze Antwort, ebenfalls im geheimen Code, es
würden zehn Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, ich sollte nur kabeln auf
welche Bank in Europa ich diesen Betrag auf meinen Namen wünsche. Carter dachte
darüber anscheinend so wie ich, vierundzwanzig Millionen Dollar waren wohl
etwas viel, um auf einmal in den Wind gestreut zu werden. Ich schrieb
unmittelbar an von Heydt, und am folgenden Tag bekam ich von ihm einen
telefonischen Anruf aus Berlin. Wir verabredeten uns in meinem Hotel.
Von Heydt kam noch am selben Abend
in München in Gesellschaft eines unscheinbaren kleinen Kerlchens an, das er mir
unter dem Namen Frey vorstellte. Ich empfing die Herren auf meinem Zimmer und
teilte ihnen mit, dass New York bereit war, zehn Millionen Dollar auf eine
europäische Bank auf meinen Namen zur Verfügung zu stellen, ich solle hierüber
zugunsten von Hitler verfügen. Es müsste wegen Ausbezahlung und Überweisung des
Geldes eine Regelung getroffen werden. Beide nahmen alles zur Kenntnis, ohne
das geringste Erstaunen zu zeigen und sagten, nichts beschliessen zu können,
ohne mit dem "Führer" beraten zu haben. Ich begriff nicht sofort, wen
sie meinten, aber als ich weiterhin ein paarmal den Namen Hitler nannte,
berichtige mich der kleine Frey brutal und sagte immer wieder: «Sie meinen den
"Führer". Später habe ich oft bemerkt, dass in den Kreisen der
Nationalsozialisten der Name Hitler niemals ausgesprochen wurde, sondern dass;
man stets von dem Führer sprach. Na schön. Dann mal Führer.
Ich wartete in München auf
Berichte des von Heydt, und er kündigte in einem kurzen Briefchen zwei Tage
später seinen Besuch an. Er kam wieder mit Frey in mein Hotel. Mir wurde die
folgende Regelung vorgeschlagen Ich solle nach New York kabeln, die zehn
Millionen Dollar seien mit bei den Bankiers Mendelsohn ‑ Co. in Amsterdam
zur Verfügung zu stellen. Selbst solle ich nach Amsterdam gehen und diese
Bankiers ersuchen, mir zehn Schecks, jeden von einer Million Dollar,
auszuhändigen, ausgeschrieben in dem Mark-Gegenwert und auf zehn Städte in
Deutschland verteilt. Die Schecks solle ich dann zugunsten von zehn
verschiedenen Namen indossieren und sie von Heydt, der mit mir nach Amsterdam
fahren wolle, dort am Ort aushändigen Ich bekam das Gefühl, dass man mir eine
von Handelsweise vorschrieb und mich am liebsten so schnell wie möglich aus
Deutschland verschwinden sähe. Ich hatte keine Beschwerde gegen diese Regelung
und die Sache verlief so wie von Heydt sie vorgeschlagen hatte.
In Amsterdam berührten mich
zwei Dinge eigenartig. Im Büro von Mendelsohn ‑ Co. wurde ich mit
ungewohnter Ehrfurcht empfangen und der von Heydt, der neben mir am Schalter
stand, an dem ich um eine Unterredung mit dem Direktor gebeten hatte, wurde
durch untere und hohe Angestellte behandelt, als ob er bester Kunde der Bank
sei. Nachdem die Transaktion abgelaufen war und er die zehn Schecks in seiner
Brieftasche hatte, ersuchte er mich, zum deutschen Konsulat mitzugehen. Auch
dort wurden wir mit Ehrerbietung und Unterwürfigkeit empfangen, die deutlich
den grossen Einfluss des von Heydt bewiesen.
Über Southampton reiste ich
nach New‑York mit der Olympia zurück. Im Büro der Guarantee Trust Company
stattet ich Carter meinen Bericht ab. Er liess mich jedoch nicht aussprechen
und fragte, ob ich zwei Tage später kommen wolle, um in einer Vollversammlung
zu berichten. Dieselben Herren wie im Juli waren anwesend, diesmal jedoch gab
es auch neben Glean, der für die Royal Durch auftrat, einen Engländer, Angell;
er war einer der Hauptangestellten der Asiatic Petroleum Company.
Carter war der Meinung, dass
Hitler wohl der Mann sei, der sich etwas zutraue. Sie fanden alle, dass
vierundzwanzig Millionen Dollar ziemlich zugepackt war, aber ich bekam den
Eindruck, dass gerade die Grösse dieses Betrages Vertrauen in die
Entschiedenheit und die Entschlossenheit des Führers weckte. Rockefeller
erkundigte sich mit aussergewöhnlich grossem Interesse nach den Auslassungen
des Führers über die Kommunisten, und als ich ihm einige Sätze aus der Rede
anführte, die ich in München gehört hatte, sagte er, dass es ihn nicht
verwundere, dass Hitler vierundzwanzig Millionen Dollar verlangt hätte. Ob ich
auch habe vernehmen können, wie Hitler sich die Bewaffnung der
Nationalsozialisten gedacht hätte und ob er seine Aktion vorzugsweise auf der
Strasse durchführen wolle oder ob er mehr zu einer Umsetzung auf
parlamentarischem Wege neige. Ich konnte hierauf nur sehr vage antworten, gab
jedoch meinen persönlichen Eindruck wieder, dass Hitler alle Mittel ergreifen
werde, dabei auf seinen Ausspruch bauend, aus er nun bei seiner Lebensaufgabe
sei und siegen oder dabei untergehen wolle. Carter fragte mich weiter, wie
Hitler zur Monarchie stehe und ob ich den Eindruck hätte, dass es ihm letztlich
darum ginge, den Kaiser wieder nach Deutschland und auf den Thron zu bekommen.
Ich antwortete, indem ich dazu Worte Hitlers anführte.
Ich weiss nicht, ob da 1929
und 1930 noch weitere Beträge aus Amerika an Hitler gezahlt wurden; falls es
geschehen ist, dann haben sich die Herren einer anderen Zwischenperson bedient.
Wohl ist es eine Tatsache,
dass ich einige Wochen nach meiner Rückkehr aus Europa in den Hearst‑Blättern
ein besonderes Interesse an der neuen Partei in Deutschland bemerkte.
Regelmässig wurden sogar kurze Berichte über Ausführungen Hitlers in der New
York Times, der Chicago Tribune, der Sunday Times usw. veröffentlicht Wo man
früher fast kein Interesse an der Innenpolitik Deutschlands gezeigt hatte,
wurde nun das Programm der Hitlerschen Bewegung in langen Artikeln besprochen
und manchmal bewundert. Im Dezember 1929 kam sogar eine lange Studie in einem
Monatsblatt der Harvard Universität über die nationalsozialistische Bewegung in
Deutschland heraus, in der Hitler als ein Retter für dieses Land zum Himmel
erhoben und ihm erstmalig der Titel «the coming man of Europe» erteilt wurde.
4. Kapitel: "Warburg-Bericht (1931)"
Ich habe versprochen, dass ich
mich nicht mehr über internationale finanzielle Verhältnisse verbreiten würde.
Das Versprechen war voreilig. Ich muss hier noch von einigen Ereignissen, die
sich auf dem Markt von London und in New York abspielten, zum besseren
Verständnis dessen, was weiter folgen soll, berichten. Es ist nicht romantisch,
liebe Leser, aber beklagt Euch bei denjenigen, die Geschichte machen, nicht bei
mir.
Im September 1931 gab die Bank
von England den Goldstandard auf. Das will etwas sagen in einem Lande, das
stets in der Finanzwelt das Gold als die Grundlage seines ganzen Geldsystems
angesehen und in der Praxis folgerichtig die Goldtheorie angewandt hat Mit
einer kurzen Unterbrechung von 1915 bis 1921 hat England seit den Tagen des
grossen Penn das Gold als Eckstein seines Geldsystem gehabt. Die grundsätzliche
und praktische Veränderung in England hatte für Amerika grosse Folgen. Die
Bedeutung des enormen Goldvorrats der Bundesreservebanken wurde hierdurch
erheblich herabgesetzt. Aber auf dem New Yorker Markt war dies nicht die Last,
die man so sehr fühlte. Es war viel eher für Amerika das Begreifen einer
Gefahr, die auch für den Dollar entstehen konnte. So wie es mit dem Pfund
Sterling abgelaufen war, fürchtete man, würde es auch mit dem Dollar gehen. Die
amerikanische Finanzwelt wusste, dass die Abschwächung des Pfundes Sterling
hauptsächlich die Folge der Taktik Frankreichs war, die darauf ausging, London
finanziell so zu schwächen, dass von dort Hilfe an Deutschland unmöglich wurde.
Die Haltung New Yorks im Jahre 1931 unterschied sich nicht sehr von der Londons
in den Jahren 1929 und 1930, und deswegen fürchtete man in Amerika, dass man
derselben Taktik Frankreichs ausgesetzt sein würde, wie sie London erlebt
hatte. Die französischen finanziellen Sachverständigen haben seit 1926
bewiesen, dass sie tüchtige Manövrierer sind, Poincaré ist das grösste
finanzielle Genie dieser Zeit. Früher sahen amerikanische und englische
Finanziers und Sachverständige mit einer gewissen Geringschätzung auf ihre
französischen Kollegen herab. Die Jahre 1926 und 1931 und alles, was dazwischen
liegt, haben uns gelehrt, dass wir in Paris auf finanziellem Gebiet noch sehr
wohl in die Schule gehen können. Vielleicht später werde ich dies noch
gelegentlich dem ungläubigen Leser beweisen. Dies liegt nicht innerhalb des
Rahmens dieses Buches. New
York war in Spannung. Die Spannung wurde zur Unruhe, als ‑ wie es
in früheren Jahren in London geschah - enorme Goldverschiffungen von New York
nach Europa stattfanden und als es schien, dass diese Verschiffungen zu einem
grossen Teile für Frankreich bestimmt waren. Ganz richtig ist das nicht. Am
Beginn sahen wir die Goldverschiffungen sogar gern, denn wir hatten schon lange
unseren Glauben an die Finanzlegende verloren, dass grosse Vorräte Gold auch
wirklich Wohlfahrt für das Land bedeuteten. Das französische Volk glaubt noch
an dieses Märchen. Aber als da Ende September 1931 und Anfang Oktober 1931 in
drei Wochen zwischen 650 und 700 Millionen Dollar Gold nach Europa verschifft
worden waren, da begann uns die Bewegung zu beunruhigen. Es ging hier noch
allein um private Verschiffungen. Die französischen Regierungs‑Hinterlegung
in Gold bestanden noch bei den Bundesreservebanken. Ende Oktober wurden diese
auf 800 Millionen Dollar geschätzt Wenn diese auch einmal abgerufen würden, was
war dann? Natürlich waren wir in der Lage, diesen Betrag abzugeben, aber das
würde in den Staaten eine Panik verursacht haben und die Flucht aus dem Dollar
würde Tatsache geworden sein. Also: Frankreich hatte eigentlich den Schlüssel
zur Dollar‑Lage in Händen.
Wir gehen wieder einige Wochen
zurück. Hoover hatte in diesen Tagen einem Redakteur der Chicago Tribune ein
Interview gewährt. Unbewusst spielten sowohl Hoover wie dieser Redakteur die
Karte Frankreichs. Wussten Sie, dass ein Rockefeller, ein Wannamaker, ein
Harding, Sohn des verstorbenen Präsidenten, und ‑ dass ich es mal ruhig
sage ‑ Hoover selbst auf diesem Gebiet kindlich unbeholfen war und naiv
sind? Ich kenne auch Hauptfiguren in europäischen Ländern, die ebenso wenig von
internationalen Finanzen und Wirtschaft wissen. Das ist also keine spezifisch
amerikanische Erscheinung.
Wir fahren fort. Hoover hatte
diesem Redakteur seine Absicht erzählt, dass er binnen kurzer Zeit mit
eingreifenden Vorschlägen kommen würde in Verbindung der Reparationsleistungen
Deutschlands mit der Regelung der Kriegsschulden zwischen allen Staaten; man
konnte sogar aus den Mitteilungen dieses Redakteurs erkennen, dass es nicht
unmöglich war, dass Hoover einen Vorschlag zur Annullierung der
Reparationsleistungen unterbreiten würde. Diese Vorstellungen wurden in Amerika
etwas ungewöhnlich aufgenommen. Aber Frankreich war auf der Hut. Ich weiss nicht,
ob Hoover aus eigener Initiative Laval eingeladen hat, im Oktober 1931 nach
Washington zu kommen, oder ob Laval sich hat einladen lassen. In den
Finanzkreisen von New York behauptet man, dass letzteres der Fall gewesen sei.
Laval würde also nach Washington kommen. Aber unerwartet kamen da am 15.
Oktober zwei französische Sachverständige nach New York, am Tage, an dem Laval
seine Reise in die Staaten antrat. Die französischen Sachverständigen waren
Farnier, Generalbeauftragter der Bank von Frankreich, und Lacour‑Gayet,
früherer Finanz‑Attaché der französischen Gesandtschaft in Washington.
Sie setzten sich unmittelbar mit den Führern der Bundesreservebanken in
Verbindung, die sofort zwei Vertreter des Finanzministeriums dazuholten. Es
wird noch immer über alles, was in der berüchtigten Zusammenkunft besprochen
worden ist, geklatscht. Von Carter weiss ich, was in der Hauptsache behandelt
wurde. Über Einzelheiten hat er sich niemals auslassen wollen. Ich habe wohl
erfahren können, dass die Besprechungen nicht immer gerade freundlich gewesen
sind. Die Franzosen waren nach New York gekommen, um mit den
Bundesreservebanken zu beraten, was in New York geschehen war. Sie behaupteten,
dass die französische Regierung einige Millionen an dem Sinken des Pfunds
Sterling und an der Aufgabe des Goldstandards verloren habe. Die schwache Lage
des Dollars hätte in Paris Unruhe geweckt, und sie wollten verhindern, dass sie
am Dollar ebenso viele oder noch grössere Verluste wie am Pfund Sterling
erlitten. Darum möchten sie wissen, was getan würde, um den Dollar zu
stabilisieren. Natürlich kamen die enormen Goldverschiffungen nach Europa zur
Sprache und selbstverständlich auch die grossen Hinterlegungen für französische
Rechnung bei den Bundesreservebanken. Die Franzosen erklärten sich bereit,
einen Betrag von ungefähr zweihundert Millionen Dollar, der für französische
Rechnung bei privaten französischen Banken ausstand, auf die
Bundesreservebanken zu übertragen, wodurch ihre Lage verstärkt werden würde.
Aber die Franzosen stellten Bedingungen. In erster Linie müssten die
Bundesreservebanken einen Mindestkurs für den Dollar in Bezug auf die
französischen Beträge garantieren, die in Amerika ausstanden, zum zweiten
sollte der Zinsfuss für diese Beträge bis auf 4,5 % erhöht werden und zum
dritten sollte ein Mindestguthaben bestimmt werden, das Frankreich stets in den
Staaten unterhalten müsse. Als die Amerikaner nicht sofort bereit waren, auf
diese Bedingungen einzugehen, teilten die Franzosen mit, so «en passant»,
während es für sie doch die Hauptsache war: dass eine Vereinbarung, die sie,
Farnier und Lacour‑Gayet, mit den Bundesreservebanken schliessen würden,
Unterteil einer allgemeinen Vereinbarung bilden müsse, die Laval mit Hoover
einige Tage später in Washington abschliessen würde. Deutlich kam zum
Vorschein, dass Hoover durch Laval von seinen Plänen um die
Reparationszahlungen und die Schuldenregelung abgebracht werden sollte, und
dass Laval von der Stützung Gebrauch machen würde, die New York von den
französischen, in Amerika ausstehenden Regierungsbeträgen nötig hatte, um den
Präsidenten zum Aufgeben seiner Pläne zu zwingen. Niemand kann sagen, wie das
Ergebnis dieser Gespräche ‑ sowohl in New York wie in Washington gewesen
ist. In New York widersetzte sich die Bankwelt hartnäckig dem Gedanken, dass
sich die Staaten für einen Betrag von 800 Millionen Dollar ‑ die
französischen in Amerika unterhaltenen Beträge ‑ für die französischen
Absichten auf internationalem Gebiet verkaufen liessen. Aber es ist doch eine
Tatsache, dass Hoover dem Laval das Versprechen gegeben hat, nichts in Sachen
Reparationsfrage oder Schuldenregelung zu unternehmen, ohne vorher bei der
französischen Regierung Rat zu holen. Als das in Washington bekannt wurde,
verlor Hoover mit einem Schlage sein Ansehen in diesem Milieu. Das hat noch bei
den Präsidentenwahlen nachgewirkt, und viele behaupten, dass es dem
zuzuschreiben ist, dass Hoover nicht wiedergewählt wurde. Man vergisst jedoch,
dass Hoover zwischen zwei Feuern stand. Auf der einen Seite die amerikanische
Bankwelt mit den Bundesreservebanken an der Spitze, die den Standpunkt einnahm,
dass Amerika die französischen Einlagen ebenso gut auch missen könne, weil
diese durch Frankreich missbraucht würden, um einen moralischen Einfluss auf
die Staaten‑Regierung auf dem Gebiet der internationalen Politik
auszuüben; auf der anderen Seite das Finanzministerium, dessen Führungskräfte
auf das Vorbild Englands wiesen und alles tun wollten, um eine Panik wegen der
Dollar‑Lage zu verhindern.
Im Oktober 1931 war die Lage
in Wall Street gedrückt und die Stimmung war düster. Ende des Monats empfing
ich den folgenden Brief Hitlers aus Berlin:
«Unsere Bewegung wächst über
ganz Deutschland mit einer Schnelle, die grosse Forderungen an die finanzielle
Organisation stellt. Ich habe den Betrag, der mir durch Sie besorgt wurde
(sic), zum Ausbau der Partei gebraucht und sehe nun, dass ich in absehbarer
Zeit festlaufe, wenn da keine neuen Einkünfte gefunden werden. Ich verfüge
nicht wie unsere Feinde, die Kommunisten und die Sozialdemokraten, über die
grossen Finanzquellen von Regierungen, sondern ich bin ausschliesslich auf
Beiträge in der Partei selbst angewiesen. Von dem Betrage, den ich empfangen
habe, ist nichts mehr übrig. Im folgenden Monat muss ich die letzte grosse
Aktion starten, die uns zur Übermacht in Deutschland bringen kann. Dafür ist
viel Geld nötig. Ich ersuche Sie, mir umgehend zu berichten, auf wieviel ich
von Ihrer Seite rechnen kann.»
An diesem Brief fielen mir
zwei Dinge auf. Es war das erste Mal, dass Hitler mir gegenüber das Wort Partei
gebrauchte, und sein Ton war mehr der eines Anspruchhabenden als der eines
Bittenden. Der Brief war wohl aus Berlin datiert, erreichte mich jedoch in
einem Umschlag mit amerikanischer Briefmarke, abgestempelt in New York. Hitler
hatte also bereits einen Vertrauensmann in den Staaten, und zwar in New York.
Am folgenden Tage war ich bei
Carter und gab ihm den Brief. Carter war der Leiter der Opposition gegen das,
was er die Alte-Weiber‑Haltung der Regierung angesichts der französischen
Forderungen nannte. Der Bericht über die veränderte Haltung Hoovers hatte ihn
derart gereizt, dass er bei jeder Gelegenheit seiner Wut auf Frankreich
gegenüber jedermann, der es nur hören wollte, freien Lauf liess. Carter ist ein
aufbrausender Mann. Er las den Brief von Hitler und begann zu lachen, dann
fluchte er und schalt sich selbst einen grossen Dummkopf. Zu mir sagte er:
"Was sind wir schliesslich doch für Esel, von 1929 ab haben wir nicht an
"diesen Mann" Hitler gedacht. All diese Zeit über hatten wir die
Mittel in Händen, um Frankreich kleinzukriegen und wir haben es nicht gesehen.
Warten Sie, noch mittags müssen wir hier zusammenkommen, und ich werde
probieren, Montagu Norman von der Bank von England, der in New York ist zu
erreichen. Wenn er kommen will, dann können wir Nägel mit Köpfen machen. Sie
kommen natürlich auch.»
Die Versammlung in den Büros
der Guarantee Trust war vollzählig. Ich kann dies nur durch die Tatsache
erklären, dass der gespannte Zustand auf dem Finanzmarkt in New York die
Anwesenheit der Führenden nötig machte und Carter sie daher alle leicht
erreichen konnte. Die Meinungen waren geteilt. Rockefeller, Carter und McDean
waren die Hitlerianer, wenn ich so sagen darf, und die anderen schwankten.
Montagu Norman musste erst in Kenntnis gesetzt werden von dem, was sich 1929
abgespielt hatte. Er fand einen Betrag von 10 Millionen Dollar ziemlich hoch
für die Finanzierung einer politischen Bewegung, eine Meinung, die die anderen
nicht begriffen, umso mehr als es doch bekannt war, dass politische Parteien in
England hohe Beträge für ihre Propaganda verbrauchten. Glean von der Royal
Dutch teilte die Meinung von Montagu Norman. Er sagte weiter, dass er in den
Veröffentlichungen Hitlers wenig Aggressivität gegenüber Frankreich habe
bemerken können. Er hätte den Eindruck, dass Hitler ein grosser Schreier sei,
der niemals zu Taten kommen würde. Auch ihm fiel es auf, dass Hitler seine
«Bewegung» offenbar in eine «Partei» umgeformt hatte und dass seine
parlamentarischen Absichten hierdurch voran kamen. Glean beschloss seine
Meinungsäußerung damit, dass genug geschwätzt würde, in Deutschland mehr als
anderswo, und dass ein Mann wie Hitler, einmal im Reichstag, mit einer Mehrheit
seiner Anhänger hieran mittun würde, ohne die Bohne am wirklichen Zustand zu
verändern. Carter und Rockefeller bestritten diese Meinung und sagten, dass
Hitler, wenn er eine Mehrheit im Parlament bekäme, dies ihn nicht seines
Programmes entledigen könne, das ihn gegenüber dem deutschen Volk band; er
würde daher wahr machen müssen, was er in Reden und Artikeln stets als einziges
Mittel angegeben hätte, um aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Neben seiner
parlamentarischen Aktion würde er auch mit seinen Männern auf die Strassen
gehen, wolle er den grossen Anhang in Deutschland nicht verlieren. Endlich kam
man zu dem Beschluss, dass weitere finanzielle Unterstützung dem Hitler
grundsätzlich gegeben werden solle, aber dass, bevor man einen Betrag bestimme,
es nötig sei, dass sich jemand von dem letzten Stand in Deutschland überzeuge
und die Hitlerpartei aus der Nähe betrachte. Ich wurde gefragt, ob ich bereit
sei, diese Untersuchung anzustellen, und je nachdem wie meine Befunde
ausfielen, sollte ich einen Betrag an Carter kabeln, der auf demselben Wege wie
1929 überschrieben würde.
Ich konnte mich nicht sogleich
von meinen eigenen Geschäften freimachen und fuhr erst zehn Tage später nach
Europa.
Seit 1929 hatte sich in
Deutschland viel geändert. Die nationalsozialistische Bewegung, deren Führer
mich 1929 in einem Bräukeller in München empfing, war nun an die Oberfläche
gekommen und hatte in derselben Stadt ein Hauptquartier in einem der schönsten
Gebäude mit bester Nachbarschaft. In anderen Städten, in Berlin, Hamburg,
Frankfurt, Düsseldorf, Köln, hatten die Nationalsozialisten ein eigenes Haus,
wo wie vor einer Kaserne zwei Uniformierte Tag und Nacht auf Posten standen.
Ich sah viele Passanten die Wachtposten mit einer Armhaltung grüssen, die sehr
dem faschistischen Gruss glich, wobei sie einander «Heil Hitler» zuriefen. Es
war wahrlich nicht viel Studium nötig, um zu sehen, dass der Anhang Hitlers
seit 1929 enorm gewachsen war. Meine Reise durch Deutschland konnte ich
verkürzen, denn überall sah ich das gleiche Bild. An Sonnabendnachmittagen und
an Sonntagen war in den meisten Städten die Mehrheit der Jugend in Uniform und
sie zog in Formationen aus, die sich in nichts von militärischen Abteilungen
unterschieden. Es gab zwar Unterschiede in Uniformen, aber braun und schwarz
herrschten vor. Hakenkreuze ‑ Symbol der Hitlerpartei ‑ sah man
überall, sogar Frauen trugen eingerahmte Hakenkreuze auf Täschchen. Die
Verkäuferin in dem Zigarrengeschäft in Berlin, in dem ich regelmässig meine
Einkäufe tat, trug ein grosses Hakenkreuz an einer dünnen Halskette. Deutlich
kam die Absicht des Bekennens zum Ausdruck, vielmehr als an sinnlosem Aufputz
zu sehen war. In Hamburg hatte ich ein Gespräch mit einem Bankdirektor, den ich
noch von früher kannte. Er war sehr von Hitler eingenommen und bekannte, dass
er früher viel mehr Vertrauen in die Deutschnationale Partei gehabt hätte, aber
er zweifelte an dem Erfolg dieser Bewegung, weil die Monarchisten dort Herr
seien und das deutsche Volk den Verrat der kaiserlichen Familie im Jahre 1918
noch nicht ganz vergessen hätte. Es fiel mir schwer, seine Meinung ernst zu
nehmen, weil er Jude ist. Ich musste Aufklärung haben und fragte ihn, wie es
möglich sei, dass er als Jude für die Hitlerbewegung Sympathien hätte. Er
lachte. "Hitler ist ein starker Mann und den hat Deutschland nötig. Es muss
ein für allemal mit Halbheiten und Kompromissen ein Ende sein. Das deutsche
Volk ist nicht reif für die Demokratie. Als ein Kaiser das Land regierte,
vielleicht ganz schlecht, und dieser allein für den Gang der Dinge
verantwortlich war, da gab es kein Meckern. Jedermann erfüllte seine Aufgabe
und begriff seine Pflicht. Deutsche haben eine ganz andere Einstellung als
Engländer und Amerikaner. Es muss in Deutschland jemanden geben, zu dem sie
aufsehen können, dann tun sie, was befohlen wird, weil es letztlich doch auf
den starken Mann ankommt, der an der Spitze steht. Für einen Ebert haben sie im
Grunde niemals etwas anderes als Spott übrig gehabt. Selbst die
Sozialdemokraten nicht. Und was Hindenburg betrifft, so haben sie viel
Ehrfurcht vor ihm, aber sie betrauern, dass er nicht als Regierender im wahren
Sinne des Wortes handeln kann. Von 1918 an haben wir bürgerliche Kanzler
gehabt, durch die Politik sind sie bis zur höchsten Sprosse der Leiter
hochgeklettert. Vor ihnen hatte man keinen Respekt. Ein Prinz von Geblüt, in
Opposition zum Kaiser, der würde einen guten Reichskanzler abgegeben
haben." Ich machte die Anmerkung, dass doch auch Hitler von niederer
Herkunft sei. Sicher, aber das sei ganz etwas anderes, Hitler arbeite sich
selber hoch, krieche nicht in eine politische Partei, um sein Ziel zu
erreichen, sondern stampfe eine eigene Partei aus dem Grund. «Ihr sollt sehen,
dass Hitler kommt Es kann noch ein Jahr dauern, aber dann ist er 'der' Mann in
Deutschland. Er hat in den Schützengräben begonnen und wird als Diktator
enden.» Wieder stellte ich die Frage, wie mein Gewährsmann, obwohl selbst Jude,
Anhänger einer Hitlerpartei sein konnte. Er schaffte sich dies mit einer
billigen Redensart vom Halse. «Mit Juden meint Hitler die galizischen Juden,
die seit Kriegsende Deutschland verpesten. Die Juden von althergebrachtem
deutschem Stamm erkennt er vollkommen als 'ebenbürtig' an und er wird, wenn
seine Zeit gekommen ist, uns durchaus nicht belästigen. Auch dürfen Sie nicht
vergessen, dass in der sozialdemokratischen und in der kommunistischen Partei
der Ton durch Juden angegeben wird. Die wird er wohl nehmen, nicht weil sie
Juden sind, sondern weil sie Kommunisten oder Sozialdemokraten sind.» Ich
stellte noch eine Frage, Hitler sei doch auch bekanntermassen gegen das
jüdische Bankkapital, ich kann wohl sagen, gegen das Bankwesen im allgemeinen.
Mein Gewährsmann fand mich sehr naiv. "Das Programm Hitlers ist nicht in
allen Punkten zur Verwirklichung da", sagte er, "und das weiss Hitler
auch sehr gut, aber um die Masse für seine Bewegung zu gewinnen, muss er auch
unerfüllbare Wünsche wecken, besonders dieser Punkt ist wohl der geringste,
über den wir uns zu beunruhigen brauchen. Wem Hitler einmal an die Macht kommt,
dann braucht er Masse nicht mehr zu beachten, denn er ist stark genug, seinen
eigenen Willen durchzusetzen."
Zwei Tage später sprach ich
mit einem Grossindustriellen in Berlin, auch er war ein Anhänger des
Nationalsozialismus. Ferner las ich alle Blätter, und wenn es eine
Durchschnittsübersicht der politischen Strömungen in der deutschen Presse gab,
musste ich zu der Einsicht kommen, dass danach die nationalsozialistische
Partei in Deutschland die grösste Aktivität an den Tag legte und sehr sicher
festen Fuss in allen Schichten der Bevölkerung gefasst hatte und dass die
Gegenwehr von Kommunisten, Sozialdemokraten und von anderen Parteien lau und
bestimmt ungenügend war.
Ich kam mehr und mehr zu der
Überzeugung, dass Hitler nicht experimentierte, sondern ein deutlich
beschriebenes Ziel in Übereinstimmung mit der Mehrheit des deutschen Volkes
erreichen wollte. Es wurde nun Zeit für mich, mich mit Hitler in Verbindung zu
setzen, und ich schrieb an die Anschrift in Berlin, die ich von ihm erhalten
hatte, vom Hotel Adlon aus, in dem ich abgestiegen war. Am folgenden Tage wurde
ich ans Telefon gerufen, als ich in der Halle des Hotels Zeitungen kaufte. Eine
Stimme, vermutlich die einer Frau, fragte mich, ob ich abends in meinem Hotel
zu sprechen sei und sie nahm Bezug auf ein Schreiben, dass ich an den «Führer»
gerichtet hatte.
In meinem Zimmer empfing ich
von Heydt und einen Neuling. Er wurde mir als Lütgebrune vorgestellt. Nach
einer kurzen Mitteilung des von Heydt ergriff Lütgebrune das Wort. Es war, als
ob er eine vorbereitete Rede hielt, von Zeit zu Zeit blickte er auf ein kleines
Bündel Notizen.
«Unsere Aktion bei den
Arbeitslosen hat über Erwarten Erfolg gehabt, aber sie kostet viel Geld. Die
Häuser in den verschiedenen Städten sind wie Kasernen eingerichtet, unsere
Männer schlafen dort, essen dort, alles auf Kosten der Partei. Uniformen werden
durch uns verschafft. Diejenigen, die bezahlen können, kaufen die Uniformen,
aber die Arbeitslosen dürfen nicht durch die Kosten ihrer Ausrüstung
abgeschreckt werden. So sind wir wohl verpflichtet, unseren arbeitslosen
Mitgliedern gratis Uniformen und Ausrüstung zu verschaffen. Unser Fuhrwerk ist
teilweise Eigentum von Parteimitgliedern, aber wir haben Lastwagen und andere
Fuhrmittel auf eigene Kosten anschaffen müssen, vor allen in den Gegenden, wo
wir noch nicht stark genug sind. Es gibt Parteimitglieder, die ihren Lastwagen
nicht an die Bewegung ausleihen, weil sie Angst haben, dass dann ihre Kunden
wegbleiben. Dann gibt es noch die Waffen. Wir müssen Waffen von Schmugglern
kaufen und diese stellen hohe Forderungen. An den Grenzen zu Österreich,
Holland und Belgien haben wir unsere Einkaufsposten, aber oft werden diese
durch die Behörden beschlagnahmt Dabei gehen Tausende verloren und wir müssen
wieder von neuem beginnen. Zu direkten Verbindungen mit den Waffenfabriken sind
wir noch nicht gekommen, nur mit der F.N.‑Fabrik in Belgien haben wir
einen Vertrag, aber die Menge, die man uns garantiert hat, ist zu klein. Unsere
Sturmtruppen sind ungenügend ausgerüstet. Maschinengewehre können wir noch
nicht kaufen, Revolver und Karabiner reichen nicht aus, um auf die Strasse zu
gehen. Dabei ist der Zufluss Arbeitsloser in einigen Städten gewaltig, und
jeder neue Mann kostet uns Geld.»
So fuhr Lütgebrune noch eine
ganze Zeit fort. Von Heydt ergriff wieder das Wort und teilte mir mit, dass der
"Führer" mich am folgenden Tage morgens um elf Uhr in dem Hause
Fasanenstrasse 28 empfangen würde. Ich hätte nur meinen Namen dem Dienstmädchen
anzugeben. Fasanenstrasse 28 ist ein gewöhnliches herrschaftliches Haus. Von
aussen konnte ich nicht sehen, dass sich hier der Führer aufhielt, keine
braunen Uniformen, keine Zeremonien. Ein gewöhnlicher Besuch bei einem
gewöhnlichem Bürger. Hitler war in den zwei Jahre, die ich ihn nicht gesehen
hatte, gealtert. Ich fand ihn jedoch weniger nervös, würdiger, auch besser
gepflegt in Äusserem und in Kleidung, ich würde sagen, dass er selbstbewusster
geworden war. Das Wiedersehen mit mir schien ihm Vergnügen zu bereiten, denn er
erkundigte sich mit Interesse nach allerlei Kleinigkeiten, die mich persönlich
berührten. Dann, ohne Einleitung, wie es stets seine Gewohnheit war, kam er zur
Sache.
«Ich habe nicht viel Zeit.
Lütgebrune hat Sie in allem bereits mit dem Stand der Dinge vertraut gemacht.
Was sagt man nun in Amerika? Gebt uns noch ein Jahr und wir haben die Macht in
Händen. Lesen Sie die Berichte aus dem Reichstag? Wie finden Sie dort bei Ihnen
unser Auftreten? Wenn dort einer unserer Vertreter aufsteht, dann lauschen sie
allesamt, und die rote Bande zittert und bebt. Wir bekommen die Spitzbuben
schon. Sie haben das deutsche Volk verraten und verkauft, aber dafür werden wir
sie strafen. Wir haben einen Mobilisierungsplan fertig, der ist klipp und klar.
Einer meiner besten Mitarbeiter ist Göring. Diesen habe ich damit beauftragt.
Unsere Mannschaften sind in zwei Stunden im ganzen Lande auf den Beinen, um auf
die Strasse zu gehen. Wir haben zunächst die Sturmabteilungen, deren Aufgabe es
ist die Gebäude zu besetzen, die politischen Leiter gefangen zu nehmen, die
Regierungsleute, die nicht mit uns sind; dann kommen unsere anderen Männer,
diese besetzen endgültig die Gebäude, unsere Organisation wird dann ausgebaut.
Wenn da Blut fliessen muss, dann soll da Blut fliessen. Eine Revolution macht
man nicht mit einem Taschentuch. Ob das Taschentuch rot oder weiss ist, tut
nichts zur Sache. Allein mit Gewalt kann man Verrätern mores lehren.»
Hier fragte ich doch, wie das
Verhältnis zum Ausland werden müsse. Hitler stand auf und lief mit grossen
Schritten durchs Zimmer. «Das Ausland teilen wir in zwei Lager, unsere Feinde
und unsere Konkurrenten. Unsere Feinde sind in erster Linie Frankreich, Polen
und Russland, unsere Konkurrenten sind England, Amerika, Spanien, die
skandinavischen Länder und Holland. Mit dem Rest der Welt haben wir nicht zu
rechnen. Die Bevölkerung von Elsass‑Lothringen muss zum Aufstand kommen,
dasselbe in (Ober‑) Schlesien. Das ist unsere erste Aufgabe, sobald wir
an der Macht sind. Will Frankreich es auf einen Krieg ankommen lassen, dann mal
Krieg. Die Verträge von Versailles und andere erkennen wir nicht an. Ich will
Deutschland und das deutsche Volk frei sehen. Wir dürfen uns nicht bewaffnen.
Dann werden wir es im Geheimen tun. Alle deutschen Regierungen haben sich durch
Frankreich in die Karten sehen lassen. Unsere Abteilungen sind keine
Regimenter. Unsere Waffen sind kein Kriegsmaterial. In zwei Jahren bilde ich
eines deutsches Heer aus, das stark genug ist, um Frankreich anzugreifen. Ich
werde die chemische Industrie für Kriegszwecke ausbauen. Mit unseren
Konkurrenten ist die Sache noch einfacher. Ohne Deutschland können sie nicht
arbeiten und leben. Ich werde Forderungen stellen. Überall wo deutsche
Erzeugnisse durch hohe Zölle zurückgewiesen werden, werde ich zeigen, dass sie
Deutschland nötig haben. Die Landwirtschaft muss zu einer bisher ungekannten
Produktion gesteigert werden. Das deutsche Volk muss seine Nahrung im eigenen
Lande finden können. Und geht es nicht allein mit Frankreich, dann hole ich
Russland dazu. Die Sowjets können unsere Industrieerzeugnisse noch nicht
vermissen, wir geben Kredit, und wenn ich Frankreich nicht kleinbekomme, dann
sollen die Sowjets mir dabei helfen.»
Ich muss hier eine kleine
Bemerkung machen. Ich habe dieses Gespräch nach meiner Rückkehr in mein Hotel
wörtlich notiert, meine Notizen liegen vor mir, ich bin daher nicht
verantwortlich für das Unzusammenhängende und das Unbegreifliche, wenden Sie
sich daher an Hitler, wenn Sie seine Ansichten über die auswärtige Politik
ungereimt finden. Ich fahre fort. «Stalin hat einen Plan gemacht, der wird Erfolg
haben, weil das russische Volk dafür gewonnen wurde. Auch ich werde einen Plan
aufstellen und mich strikt daran halten, und was die Russen können, das können
die Deutschen zweimal so schnell, zweimal so intensiv. Nach einem Jahre meiner
Regierung darf es in Deutschland keine Arbeitslosen mehr geben. Alle Juden
gehen raus. Auch alle Kommunisten. Alle Sozialdemokraten. Die Lager, in denen
ich sie einschliessen werde, sind jetzt schon bezeichnet. Die Reichswehr ist
bis auf den letzten Mann auf unserer Seite. Die Regierung erkennt das nicht,
ich gönne ihr das Besserwissen, ich bin meiner Sache sicher. Göring, Göbbels,
Streicher und von Heydt sind verschiedene Male in Rom gewesen und haben mit
Mussolini, mit Rossi, mit Dumini und anderen faschistischen Leitern die ganze
Organisation dortzulande besprochen. Angepasst an unsere Zustände bauen wir
auch unsere Organisation auf. Mussolini und Stalin, ersterer mehr als zweiter,
sind die einzigen Leiter in der Welt, vor denen ich Achtung habe. Alle anderen
sind ein Trupp alter Weiber. Stalin ist ein Jude, das ist schade. Hat von Heydt
Ihnen erzählt, wieviel wir nötig haben? Als Ihr Brief kam, haben wir alles
genau berechnet. Haben Sie dort in Amerika eine Ahnung, welche Schwierigkeiten
wir hier haben? Wenn alles nur auf dem gewöhnlichen politischen Weg ginge, dann
wäre es einfach, es gibt nicht eine Stadt in Deutschland, in der ich nicht mit
Freude empfangen werde. Politische Stimmenmehrheit erreiche ich wohl. Aber das
Volk muss Angst haben, dass, wenn meine parlamentarische politische Aktion
nicht gelingt, die nationalsozialistische Partei nicht vor einer anderen Aktion
zurückschrecken wird, um mein Ziel zu erreichen. Angst gibt es nur durch
Machtbezeigung. Das Machtzeigen ist nur durch Uniformen und Waffen möglich. Wenn
durch eine Gruppe Braunhemden ein paar Kommunisten totgeprügelt werden, dann
ist das für unsere Partei von ebenso grossem propagandistischem Wert wie eine
Rede von mir selbst. Mussolini hat eine neue Ära im politischen Leben
eingeläutet, er ist der erste gewesen, der Innenpolitik mit etwas anderem als
grossen Worten und parlamentarischen Anträgen gemacht hat. Kurzum, dieser ganze
Apparat mit dem unsere Partei nach aussen Macht zeigt und das Volk beeindruckt,
der kostet Geld. Ich habe Ihnen damals geschrieben, weil die Zeit drängt und
nun der Augenblick da ist, die Sache tüchtig anzupacken. An einigen Orten waren
wir schon verpflichtet, Arbeitslose abzuweisen. Das ist für die Bewegung sehr
zu bedauern, denn mit Arbeitslosen kann man alles anfangen, wenn wir ihnen nur
Uniformen und Essen geben können. Kennen Sie unsere Kasernen? Ich werde Sie
hier in Berlin einmal ein Haus besichtigen lassen. Ich muss von den
Gutsituierten nichts haben, die sind um ihre Haut zu sehr besorgt, wenn es
darauf ankommt; den gewöhnlichen Arbeiter, den Proletarier, den haben wir
nötig; die haben doch nichts zu verlieren. Haben Sie auch mit Lütgebrune
gesprochen? Das ist ein Advokat, aber ein Intellektueller der guten Art,
während mir die Intellektuellen bis in den Tod zuwider sind. Sie treten immer
mit Wissenschaft und geschichtlichen Lektionen auf. Was haben sie mit ihrer
Wissenschaft erreicht? Nichts. Nun sind wir an der Reihe, lasst nun einmal die
Faust und das Schwert sprechen. Arbeiten und kämpfen, das ist doch sicher das
ganze Leben. Träumen und Faseln haben noch niemals etwas zustande gebracht
Haben Sie auch Verbindungen zur Reichsbank? Das scheint mir dort auch
Pfuscherei zu sein. Schacht scheint mir noch der beste der ganzen Bande, aber
er ist Doktor, das gefällt wir nicht. Gewöhnlich sind die Leute unzuverlässig
geworden durch ihre Laschheit in der Wirklichkeit des Lebens. Das viele
Studieren und die Träumereien müssen erledigt sein. Die Jugend muss auf das
Land zur Arbeit und gedrillt werden, um sich, sobald es nötig ist, wehren zu
können.»
Ich wurde nervös von seinem
Auf‑ und Niederlaufen im Zimmer. Es kann auch sein, dass seine scharfen
Worte und der Mangel an Linie in seinem Gespräch mich ermüdeten. Aber Hitler
fuhr fort.
«Wenn ich in Amerika wohnen
würde, dann würde ich mich nicht mit Politik befassen, denn dort ist das Volk
wirklich frei, und Amerikaner zu sein, das ist ein Vorrecht. Deutscher zu sein,
das ist in den letzten Jahren eine Schande geworden. Wir werden dafür sorgen,
dass es wieder eine Ehre wird. Wissen Sie, dass sie mir diesen Schandnamen
nicht geben wollen? Ich bin in Österreich geboren und darum bin ich kein
Deutscher. Lächerlich. Aber sie sollen mich auf ihren Knien erkennen, nicht als
einen der ihren, sondern als ihrer mehrere. Die Kommunisten beginnen Angst zu
bekommen, die Juden denken, dass es nicht so weit kommen werde, und die
Sozialdemokraten glauben noch, dass sie ihre Haut mit parlamentarischem
Geschwätz und Gedrehe retten können. Wir haben hier in Berlin die besten Männer
bei den Kommunisten, die Leiter klagen ihre Not in Moskau und bitten um Hilfe.
Aber sie wissen nicht, dass Moskau nicht helfen kann. Sie müssen sich selber
helfen, und dazu sind sie zu feige. Die schwierigste Geschichte ist das
Verhältnis zu den Kirchen. Die lutherisch‑deutsche Kirche bereitet mir
keine Schwierigkeiten, die anderen protestantischen Kirchen werden auch wohl
beizeiten beidrehen, aber die Katholiken. Sie wissen doch, dass ich Katholik
bin. Das Zentrum ist eine mächtige Partei und kann mit den bayerischen Parteien
als Unterstützung sehr viel erreichen. Diese Partei müssen wir schonen, bis wir
an der Macht sind. Aber darin sitzen auch Luder, das weiss ich wohl, aber
vorläufig lasse ich sie links liegen. In einigen Distrikten treten die Bischöfe
gegen die Nationalsozialisten auf, es gibt Priester, die Nationalsozialisten
keine Absolution erteilen und die eine Kommunion verweigern. Ein tüchtiges
Durchprügeln würde das verändern können, aber das ist hier nicht die gute
Taktik. Wir müssen warten.
Also von Heydt hat keinen Betrag
genannt. Lütgebrune auch nicht. Nein, das war nicht möglich, dieser kannte den
Betrag nicht. Sehen Sie einmal, wir haben alles genau ausgerechnet, und wir
überlassen die Wahl Ihrem Auftraggeber. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder
gehen wir auf die Strasse, sobald unsere Sturmabteilungen vollkommen
organisiert sind, das ist eine Frage von drei Monaten, nachdem wir das Geld
haben; oder wir arbeiten mit Wahlen, aufeinanderfolgend, und halten unsere
Truppen für den Notfall bereit Das erste nennen wir den Revolutionsplan, das
zweite nennen wir den «Staatsumstellungsplan». Wie ich sagte, das erste ist
eine Frage von drei Monaten, das zweite ist eine Frage von drei Jahren. Wie
denken Sie selbst darüber?»
Ich konnte nicht mehr tun, als
durch ein Schulterhochziehen meine Unkunde erscheinen zu lassen.
«Natürlich kennt Ihr
Amerikaner die Zustände hier nicht und es ist schwierig zu sagen, welches der
beste Weg ist, den wir betreten müssen. Aber was denken Sie, was Ihre
Auftraggeber sagen sollen?»
Auch diesmal konnte ich keine
Antwort geben. Hitler fuhr fort:
"Sehen Sie her. Ich bin
noch nicht mit mir selbst und mit meinen Mitarbeitern einig, welchen Weg wir
einschlagen müssen. Göring ist für die Revolution, kurz und gut. Die anderen
sind mehr für die Umstellung und ich selbst neige zu beiden. Die Revolution
kann in ein paar Tagen die Macht in unsere Hände spielen, die Umstellung
verlangt lange Monate der Vorbereitung und viel Untergrundarbeit. Aber es gibt
einen Grund, warum wir noch keine Entscheidung getroffen haben, und der ist,
dass wir nicht wissen, auf wieviel Geld wir von Seiten Ihrer Auftraggeber
zählen können. Wenn Sie im Jahre 1929 spendabler gewesen wären, dann wäre alles
jetzt lange in Ordnung. Aber mit den zehn Millionen Dollar haben wir noch nicht
die Hälfte unseres Programms durchführen können. Ich werde Ihnen nun unsere
Berechnung in Einzelheiten mitteilen. Revolution will heissen, dass wir mit
grossen Ausbezahlungen an Arbeitslose die Menschen an uns ziehen müssen und in
einem schnellen Tempo Waffen kaufen und unsere Sturmabteilungen organisieren.
Davon werden die Schmuggler Missbrauch machen und Preise fordern, die unsere
Ausgaben gewaltig steigern. Mit grossem Geld werden wir wohl Erfolg haben,
Maschinengewehre einzuschmuggeln, denn ohne Maschinengewehre hat es keinen
Zweck loszuschlagen. Die Umstellung dagegen kann nur dann vollzogen werden,
wenn wir durch Obstruktion im Parlament ‑ im Reichstag und in Landtagen ‑
verschiedene Wahlen forciert haben, die Masse wird dann wahlmüde und lässt sich
durch unsere forsche Propaganda leicht verblüffen. Während wir unsere
parlamentarische Arbeit tun, bewaffnen wir unsere Männer und organisieren die
Sturmabteilungen. Einige von Zeit zu Zeit wiederkehrende Demonstrationen
unserer Abteilungen gegen Kommunisten sind dann ausreichend, um dem Volk eine
Vorstellung unserer bewaffneten Macht zu geben. Wir gebrauchen diese Zeit, um
noch tiefer in die Reichswehr einzudringen. Mit einer Wahl, die uns wirkliche
Mehrheit bringt, ist das Ergebnis erreicht und gleich dem, was eine Revolution
uns in einem Monat oder dreien, vieren würde bringen können. Für beide Wege bin
ich zugänglich. Alles hängt ab vom Gelde.»
Hitler nahm wieder am Tisch
Platz. Er nahm ein kleines Notizbuch zur Hand, blickte zu mir auf und fuhr fort
Eine Revolution kostet eine halbe Milliarde Mark. Die Umstellung kostet
zweihundert Millionen Mark....» Er wartete etwas ... «Was werden Ihre
Auftraggeber dazu beschliessen ?»
Ich konnte nicht antworten.
Ich versprach, dass ich mich mit New York in Verbindung setzen und schnell
berichten würde, was sie beschlössen. Hitler ergriff das Wort, stand auf und
begann erneut zu wandeln.
«Ihre Menschen dort in Amerika
haben doch sicher ein Interesse daran, dass unsere Partei hier in Deutschland
die Macht in die Hände bekommt, sonst wären Sie nicht hier und die zehn
Millionen Dollar wären mir 1929 nie gegeben worden. Ihre Ziele interessieren
mich nicht, und wenn Sie es gut begreifen, müssen Sie einsehen, dass ich ohne
finanzielle Mittel nichts erreichen kann. Die Kommunisten hier in Deutschland
bekommen Geld aus Moskau, das weiss ich und das kann ich beweisen, die
Sozialdemokraten werden durch die jüdischen Bankiers und durch die Grossbanken
unterstützt und haben eine starke Parteikasse, die Deutschnationalen bekommen
enorme Beträge von der Grossindustrie und ihr Leiter Hugenberg ist Eigentümer
verschiedener Zeitungen, die grosse Gewinne machen, die Zentrumspartei bekommt
jeden Betrag, der nötig ist, von der katholischen Kirche und die verfügt über
Milliarden, vor allem in Süddeutschland. Wem ich damit die armseligen vierzig
Millionen Mark vergleiche, die ich 1929 von Ihren Auftraggebern empfangen habe,
dann verstehe ich immer noch nicht, wie wir uns getraut haben, mit den
beschränkten Mitteln unser grosses Programm anzupacken. Sie haben doch sicher
in Deutschland und hier in Berlin gesehen, wie weit wir seit 1929 vorankamen;
stehen Sie dann nicht verblüfft vor dem Ergebnis? Soll ich Ihnen mal etwas
sagen? Die Reichswehr ist durch und durch nationalsozialistisch, das wissen
Sie bereits; es gibt keinen einzigen Staatsdienst in dem unsere Partei nicht
starken Anhang hat. Vor allem bei den Eisenbahnen und in den Postämtern sind
wir stark und wenn unsere Parole zur Revolution in einigen Monaten ausgegeben
wird, dann können wir ohne viel Mühe die Hand auf die Staatsdienste legen. Als
ich 1929 mit Ihnen sprach, musste ich noch sagen, dass der Norden und die
Rheingegend lau waren. Das ist nun vollkommen verändert. Selbst in Frankfurt am
Main, wo die Juden stark sind, haben wir unser eigenes Haus, und in Hamburg, wo
die Deutschnationalen und die Kommunisten einen grossen Anhang haben, sind wir
gut organisiert. Auf zahlreichen Konsulaten im Auslande sitzen Parteileute und
beim ersten Signal aus Berlin gehen sie radikal mit uns. Sagt das alles nichts?
Beweist das nicht, dass die lumpigen vierzig Millionen gut verwendet worden
sind? Aber alles muss schnell und gut gehen und unser Geld ist verbraucht.
Sagen Sie Ihren Auftraggebern, dass sie in ihrem eigenen Interesse so schnell
wie möglich die fünfhundert Millionen Mark senden müssen, dann sind wir in
spätestens sechs Monaten bereit.»
Die letzten Sätze hatte Hitler
hinausgeschrien, als ob er in einer Volksversammlung stünde, und mir böse
zugesprochen, ab ob ich sein ärgster Gegner sei. Ich hatte genug, wiederholte,
dass ich nach New York Bericht erstatten und schnell Bescheid geben würde. Was
ich dann auch prompt tat. Es dauerte fünf Tage, bis ich aus New York Antwort
hatte. In diesen fünf Tagen hatte ich das Gefühl, niemals allein zu sein. Das
will heissen mit Ausnahme der Stunden, die ich in meiner Hotelsuite verbrachte.
Überall vermeinte ich Männer zu sehen, die mir folgten. Ich weiss immer noch
nicht, ob es Wirklichkeit oder Einbildung war, aber doch würde ich verschiedene
Fälle erzählen können, die starke Beweise für eine durchlaufende Kontrolle
sind, unter der ich in den fünf Tagen stand. Aber ich will die Detektiv‑Fähigkeiten
meiner Leser nicht auf die Probe stellen. Einen Fall muss ich aber doch
erzählen. Am zweiten Tag nach meiner Unterhaltung mit Hitler lief ich auf dem
Kurfürstendamm in Richtung Wilmersdorf. Dort wohnte ein alter Freund meiner
Familie in einer kleinen Villa. Ich wollte ihn aufsuchen. Als ich den Damm
hinunterlief und in die Strasse einbog, in der die Villa steht, sah ich
deutlich einen Mann mir vorausgehen, den ich die letzten zehn Minuten
mindestens drei‑, viermal hinter oder vor mir bemerkt hatte. Ich kam an
die Villa und wollte gerade den Knopf der elektrischen Klingel drücken, als ich
einen kleinen Pappkarton an der Aussenseite des Zaunes bemerkte. Mit Bleistift
stand darauf in Druckbuchstaben geschrieben: «Abwesend.» Ich schellte nicht.
Abends in meinem Hotel telefonierte ich mit dem Hause meines Freundes, bekam
keine Antwort und nach einigen Minuten Warten teilte das Telefonfräulein mit,
dass niemand im Hause sei. Das alles erschien mir in Berlin natürlich und
gewohnt Später jedoch ‑ ich hatte am letzten Tage, den ich in Berlin
verbrachte, einen kleinen Brief an meinen Fremd geschrieben des Inhalts, dass
es mir leid täte, dass er abwesend gewesen sei ‑ bekam ich in New York
eine Antwort in der mein Freund berichtete, nicht aus Berlin weggewesen zu sein
und dass er von meiner Mitteilung über seine Abwesenheit nichts begreife. Auch
ich begriff nichts von der Geschichte, bis ich am Beginn dieses Jahres vernahm,
dass unser alter Familienfreund ein bekannter Sozialdemokrat in Berlin war und
in die Schweiz geflüchtet ist. Wir Amerikaner interessieren uns in der Regel
nur mässig für die politische Überzeugung unserer Freunde; ich hatte vorher
niemals gewusst, dass er Sozialdemokrat war. Nun jedoch ist der Vorfall aus dem
Jahre 1931 mir klar und ich glaube, dass sich das Beschatten in den fünf` Tagen
nicht auf meine Person beschränkte, sondern dass auch mein Telefon in meiner
Hotelsuite unter Kontrolle stand. Hierbei dürfen wir nicht vergessen, dass
Hitler 1931 noch kein Reichskanzler war, sondern nur Leiter einer starken
politischen Partei.
Carter antwortete mir
undeutlich, ich kabelte zurück: «Repeat» und bekam dann ein langes Kabelgramm.
Von genannten Beträgen kann
keine Rede sein. Wollen wir nicht und können wir nicht. Beweisen Sie dem Mann,
dass eine derartige Überweisung nach Europa den Geldmarkt zerrütten muss.
Erwarten langen Bericht, bevor Entscheidung getroffen werden kann. Bleiben Sie
an Ort und Stelle. Setzen Sie Untersuchung fort. Überzeugen Sie den Mann von
der Unmöglichkeit der Wünsche. Vergessen Sie im Bericht nicht die eigene
Erkenntnis über die Möglichkeiten der Zukunft des Mannes.»
Also hatte Carter keine hohe
Meinung von Hitlers finanziellen Einsichten, wollte vor Treffen einer
Entscheidung eines ins Einzelne gehenden Bericht von mir abwarten und erwartete
von mir, dass ich den Führer von der Unmöglichkeit seiner Wünsche überzeugen und
meine eigene Meinung über die Möglichkeit seines Erfolges in meinem Bericht
sagen sollte.
Ich schrieb einen kleinen
Brief an Hitler und teilte ihm den Inhalt des Telegramms mit. Zwei Tage später
bekam ich in meinem Hotel Besuch von zwei Herren, die ich noch nicht kannte.
Göring und Streicher. Der erste war ein elegant aussehender Mann, forsch im
Auftreten, sehr brutal. Der zweite machte auf mich den Eindruck eines
Frömmlers.
Göring begann das Gespräch
damit, seine Verblüffung über die Tatsache zum Ausdruck zu bringen, dass ich
die Meinung des Führers nicht teilte. Als Amerikaner wäre es freilich mühsam,
die deutschen Zustände zu begreifen, aber der Führer habe mich so gut über den
Plan und das Programm der Partei unterrichtet, dass ich nun doch wohl ganz auf
der Höhe sein müsste. Ich bremste sogleich. Meine Erkenntnisse oder meine
Meinung täten hier nichts zur Sache. Ich war es ja nicht, der Geld austeilen
sollte, ich war nichts anderes als Zwischenperson. Das schien er nicht zu
glauben und er fuhr fort, mit mir in einer persönlichen Form zu sprechen, die
vollkommen die Tatsache leugnete, dass ich Auftraggeber hinter mir hatte.
Streicher nahm nun in einem flehentlichen Tone das Wort. Ich konnte diesen Mann
nicht ausstehen. Wie unangenehm auch immer, die Brutalität von Göring war mir
hundertmal lieber. Wir hörten nicht auf. Ich machte zum soundsovielten Male
deutlich, dass ich nichts an der Sache tun könnte, dass ich meinen Bericht noch
am selben Tage nach New York gesandt hätte und abwarten müsste, was meine
Auftraggeber beschlössen. Nun stellte Göring sich böse und sagte mir wörtlich:
«Das ist alles Schwindel. Wir haben Sie doch nicht gerufen. Erst lassen Sie uns
einen tollen Betrag vor den Augen schimmern und dann, wenn wir sagen, was wir
nötig haben, dann ist er zu hoch und da können die Herren nicht liefern. Ein
Schwindler sind Sie.»
Die Brutalität machte mich
böse und ich wies Göring die Tür. Er ging mit Streicher, ohne mich zu grüssen.
Ich schrieb unmittelbar darauf einen kleinen Brief an Hitler und ersuchte ihn,
weiter persönlich mit mir zu verhandeln und keine Vertreter mehr zu senden, vor
allem nicht Göring. Kurz erzählte ich ihm, was da vorgefallen war und ich fügte
dazu, dass ich Göring in keinem Falle mehr zu treffen wünsche Was sich da zwischen
Hitler und Göring abgespielt hat, weiss ich nicht, aber am folgenden Tage bekam
ich einen kleinen Brief von Göring, worin er mir eine Entschuldigung anbot und
die Schuld an seinem Auftreten der grossen Anspannung gab, unter der er als dem
Führer nahestehender Parteileiter im Augenblick lebe.
Am folgenden Tage wurden da
zwei Herren angeboten. Amerikaner haben einen grossen Fehler in Europa. Sie
empfangen zu leicht auf eine einfache Ankündigung hin. In Amerika ist das von
keiner Bedeutung, da wird alles flotter abgehandelt. Unnötiger Diskurs ist da
selten in der Geschäftswelt. Ich empfing die zwei Herren, von Heydt und eine
neue Figur. Vorstellung. Gregor Strasser. Eine feinere Type als Göring, aber
bei einer grösseren Förmlichkeit ebenso brutal. Von Heydt ergriff als erster
das Wort. Ich hörte kaum zu und fiel ihm in die Rede. All das Geschwätz mit
Leitern der Partei habe im Augenblick keinen Sinn. Zu warten war auf New York.
Wenn der Herr Hitler mich über die Angelegenheit sprechen wolle, dann würde ich
mit ihm eine Unterhaltung haben und versuchen, ihm den Standpunkt meiner
Auftraggeber zu verdeutlichen. Strasser kam hier dazwischen. Ob ich den
Standpunkt denn teile? "Ich habe keinen Standpunkt in der ganzen
Angelegenheit. Ich führe einen Auftrag aus." Die Antwort war jedoch im
Code‑Stil gefasst, und da ich sie unverändert an Hitler durchgegeben
hätte, würde es vielleicht möglich sein, dass ich einzelne Punkte aufklären
könnte. So musste meine Mitteilung begriffen werden. Strasser begann wiederum,
über das Programm auszupacken. Ich bekam den Eindruck, dass seine Aufgabe in
erster Linie das Bearbeiten der Arbeitslosen war. Er schalt ‑ ohne jedoch
grob zu sein ‑ auf die Bonzen der Gewerkschaften und der
sozialdemokratischen Partei Er nannte nacheinander vierzig, fünfzig Namen, und
dann zeigte er todesruhig auf die Wand und sagte, allzeit ebenso ruhig: «Dort
ist der Platz für die Kerle und dann einige zig Scharfschützen dafür.» Die
gröbsten Worte, die er gebrauchte, waren «Kanaille» und «Hunde», aber er sagte
sie ebenso ruhig wie alle anderen. Ich hatte genug von seinem Geschwätz und
ersuchte die Herren, mich nun allein lassen zu wollen, da ich noch eine Anzahl
Briefe schreiben müsse. Strasser gab mir eine Karte, eine Einladungskarte, um
am folgenden Sonntag in Breitenbach einer nationalsozialistischen Parade
beizuwohnen.
Ein überraschender Anblickt.
Auf einer Waldwiese, von knorrigen Baumstämmen umgeben, stehen im Karree fünf
Sturmabteilungen und lauschen dem Pfarrer, der Feldgottesdienst hält. Aus der
Ansprache des Pfarrers habe ich die folgenden Sitze behalten. Sie haben mir
eine tiefere Einsicht in den deutschen Nationalsozialismus gegeben als die
vielen Worte von Hitler und seinen Führern.
«Ihr seid Gottesstreiter.
Tagein, tagaus strömt das beste Blut, weil Ihr mit Heldenmut Eure Leiber zu
einem Bollwerk gegen den Bolschewismus aufgerichtet habt, um zweitausend Jahre
christlicher Kultur vor dem Untergang zu retten. Ihr, die Ihr auf Eure roten
Fahnen der Volksgemeinschaft mit dem weissen Feld der Reinheit und der Treue,
mit dem Runenzeichen des Sieges, den bitteren Streit für deutsche Art und
deutsches Wesen geschrieben habt. Ihr tut gut für Euer Gewissen und für Gott.
Lasst Euch nicht in die Irre führen, lasst Euch nicht unterdrücken. Der Geist
von Christus ist ein Geist des Kampfes gegen Satan und gegen seine Hölle. Der
Feind, den Christus durch seinen Kreuzestod hat besiegen wollen, trachtet
gegenwärtig danach, sich wieder zu erheben, der Feind, der ewig ruhelos
ziehende Jude, hat beschlossen, Rache zu üben. Er trachtet danach, die
Heiligkeit der Ehe zu vernichten, bewusst die Reinheit der Sitten und der
Volksseele zu vergiften. Und da muss die christliche Nächstenliebe, weil es um
Sein oder Nichtsein des Christentums selbst geht, zum Streit aufrufen. Kameraden,
unser Streit ist eine berechtigte Notwehr. Unser Nationalsozialismus ist die
Rettung für Volk und Vaterland. Hört nicht auf die Politiker, die unseren
fanatischen Nationalismus als ein Verbrechen schildern, die jeden Nationalismus
verfluchen. Unser Nationalismus ist derselbe wie der eines Pastor Wetterle, wie
der eines Kardinals Mercier van Mechelen, eines Kardinals Dubois von Paris, die
mit Tausenden ihrer Priester das französische Volk zur flammenden
Vaterlandsliebe anfeuerten und mit glühender Begeisterung zum Aushalten bis zum
Endsieg ermutigten. Was gut genug ist für Franzosen und Belgier, ist für uns
Deutsche nicht zu gering. Im Weltbrand von 1914 stand der Feind an den
deutschen Grenzen. Heute sitzt der Feind inmitten des Landes und knechtet unser
Volk und macht es zum Sklaven. Im August 1914 zogen Millionen aus, gesegnet
durch die Kirche und unter der Hut der Gebete der Kirche, zu den mörderischen
Schlachtfeldern, um Volk und Vaterland zu retten. Was damals erlaubt war, ja
selbst uns Priestern geboten war, soll gegenwärtig falsch, irrig und verboten
sein ... ? Kameraden, das ist eine Lüge. Und darum sage ich es Euch:
Nationalsozialist sein heisst: Kämpfer sein für ein Volk, das bereit ist,
seinen Gottglauben, seine Sittenreinheit und seine Ehre bis zum letzten Atemzug
zu verteidigen. Ihr seid eine Vorsehung von Gott, weil Ihr das niedrige
Menschentum mit seinem tödlichen Gift der Entzweiung verbannen wollt! Der Segen
Gottes ruht auf Eurem Streit. Und nun, Helme ab. Lasst uns, wie die niederländischen
Geusen es taten, die Hände falten und singen, dass es tausendfältig über das
Land schallen möge: Herr, mach uns frei .. »
Das Dankgebet ist zu Ende, der
Felddienst ist hiermit getan. Scharfe Kommandos klingen über das Feld, die
braunen Reihen formieren sich zum Abmarsch.
Zwei Feldgendarmen in grünen
Uniformen blicken mit Interesse der Sturmabteilung nach. Die Polizei ist auf
Posten. In ganz Deutschland, besonders in Preussen, hat sie strenge Aufträge
bekommen, allen Bewegungen der SA nachzugehen. Severing, Minister des Inneren,
hat vorige Woche im Reichstag über die gefährliche Putschvorbereitung der NSDAP
gesprochen.
Drei Tage später bekam ich ein
Kabelgramm aus New York. Bericht erhalten. Sind bereit, zehn, höchstens
fünfzehn Millionen Dollar zu leisten. Weisen Sie Mann auf Notwendigkeit
Aggressionsgefahr Ausland hin.»
Wieder schrieb ich an Hitler,
um eine Verabredung zu treffen. Ich teilte ihm mit, dass ich Bericht aus New
York erhalten hätte und dass ich vorzugsweise ihn selbst darüber in Kenntnis
setzen wolle. Noch am selben Abend bekam ich Besuch des von Heydt, wieder in
Gesellschaft von Strasser. Der Führer sei überarbeitet, nach Vorschrift des
Arztes müsse er mindestens zwei Wochen Ruhe halten. Sie hätten Vollmachten, die
sie mir zeigten, sie dürften in seinem Namen handeln. Widerstrebend teile ich
dann den Inhalt des Telegramm aus New York mit.
«Fünfzehn Millionen Dollar» ‑
er nimmt aber sofort das Höchste ‑ sagt von Heydt, ist nicht viel für
unsere gewaltige Aktion. Aber ich weiss, dass der Führer es annehmen wird. Von
Revolution kann nun keine Rede sein. So wie Göring und andere sich das
vorstellen, so leicht geht das nicht. Ich würde selbst auch gern auf die
Barrikaden gehen, auch ich habe genug von den Zuständen. Aber wir dürfen uns keine
Wahnvorstellungen in den Kopf reden. Wir würden niedergeschossen werden, bevor
wir wissen, was da eigentlich los ist. Das würde von uns Leitern
unverantwortlich sein. Wir müssen nun mit Vorschlägen zu Hitler kommen, um uns
besser zu organisieren und unsere Männer gut zu drillen. Revolution würde
nunmehr Mangel an Soldatengeist und Kameradschaft sein. Nutzlose Opfer
herauszufordern ist ein kommunistischer Gedankengang. Damit haben wir nichts zu
tun. Die SA nun auf die Barrikaden zu schicken, das würde die Vernichtung
unserer Bewegung bedeuten, das würde Blutvergiessen sein, kostbares Blut, für
nichts, auf unseren toten Leichnamen würde die Fahne des Chaos und der
Verzweiflung, die Fahne des Bolschewismus, aufgerichtet werden. Wir haben in
unserer Partei während der letzten Wochen einen Zulauf von neuen Elementen
gesehen, die noch mühsam zu handhaben sind, sie kommen aus anderen Parteien und
aus anderen Weltanschauungen, sie müssen sich noch in unsere Welt einleben.»
Von Heydt scheint ebenso wie
alle Leiter der Nationalsozialistischen Partei, die ich bisher getroffen habe,
von der Manie angesteckt zu sein, überall, passend oder unpassend, das Programm
und die Taktik der Partei zu besprechen, als ob er auf einer Volksversammlung
wäre.
Strasser fragt mich, was ich
denke, wann die fünfzehn Millionen Dollar in Deutschland ausbezahlt werden
könnten. Ich sage ihm, dass dies eine Frage von ein paar Tagen sei, sobald ich
wisse, ob Hitler mit den angebotenen Beträgen übereinstimme, aber dass ich,
bevor ich die nötigen Massnahmen zur Überweisung des Betrages nach Europa
treffen würde, doch wohl eine Unterredung mit Hitler werde haben müssen. Von
Heydt sagt mir, dass dies vorläufig unmöglich sei, weil Hitler vollkommener
Ruhe bedürfe. Warten auf seine Rückkehr würde eine grosse Verzögerung bedeuten.
Wenn ich es zu schätzen wisse, dann wolle er eine Versammlung mit allen
Parteiführern einberufen, morgen oder übermorgen, und dort könne ich mitteilen,
was ich Hitler persönlich habe sagen wollen. Ich gab nicht nach und sagte zum
Schluss, dass ich nichts tun wolle, ohne mit Hitler persönlich gesprochen zu
haben.
Am anderen Tage mittags wurde
ich vom Lunch in meinem Hotel weggerufen. In der Halle wartete ein Chauffeur
auf mich mit einem Brief. Es ist ein eigenhändiges Schreiben von Hitler, worin
er mich ersucht, mit diesem Auto zu ihm zu kommen. Eine Viertelstunde später
sitze ich in seinem Zimmer in der Fasanenstrasse. Ich kann keine Ermüdung,
keine Krankheitszeichen bei ihm feststellen, spreche auch nicht über seine Gesundheit
und führe unmittelbar meinen Auftrag aus. Hitler steht wiederum auf und während
er in dem Zimmer wandelt, schreit er:
«Fünfzehn Millionen Dollar!
Das sind ungefähr sechzig Millionen Mark. Wie lange dauert es, bevor dieser
Betrag hier ist? Das ist viel zu wenig, um die Dinge gut anzupacken. Die
Amerikaner kennen unsere Pläne nicht.»
Ich lasse ihn merken, dass
fünfzehn Millionen Höchstbetrag sind und dass er aus der Abschrift des
Kabelgramms, das ich ihm zusandte, ersehen habe, dass man über zehn, höchstens
fünfzehn Millionen spricht Er hört mich zum ersten Male aufmerksam an. Ich
benutze die Gelegenheit, um ihm zu sagen, dass in dem Kabelgramm auch stehe,
dass ich ihn auf die Notwendigkeit eines aggressiven Auftretens nach aussen
hinweisen solle. Amerika hat vermutlich den Eindruck, dass seine Aktion im Rest
von Europa noch nicht ausreichend Nachhall hat. Ich will nicht weitergehen,
vielleicht will er nun wissen, was meine Auftraggeber eigentlich damit
bezwecken. Aber Hitler beginnt wieder zu schreien. Denken Sie, dass ich Wunder
tun kann mit unseren Menschen hier? Haben Sie eine Vorstellung von der
Gleichgültigkeit der Deutschen, das «Judenpack» hat hier den Menschen einen
Geist des Schwindels, Geldverdienens, Internationalismus und Pazifismus eingeflösst.
Dagegen müssen wir tagein, tagaus losziehen. Erst müssen wir dem Volk Mut
beibringen und erst dann können wir etwas beginnen. Es gibt keine Ordnung in
Deutschland, wir müssen wieder vom Grund auf beginnen. Warten Sie mal, wenn wir
mit unserem Werk bei dem deutschen Volk fertig sind, dann kommt das Ausland an
die Reihe. Lesen Sie doch unser Programm und davon werden wir keinen
Daumenbreit abweichen. Lesen Sie die Punkte 1 bis 7. Punkt 1: Aufrichtung eines
geschlossenen Nationalstaats, der alle deutschen Stämme umfasst. Die Erklärung
dazu lautet: Wir geben keinen einzigen Deutschen im Sudentenland, in ElsassLothringen,
in Polen, in der Völkerbundskolonie Österreich und in den Nachfolgestaaten des
alten Österreich preis. Lesen Sie die Erklärung von Punkt 2: Erzbergsche und
Stresemannsche Augendienerei gegenüber dem Ausland wollen wir nicht und dann
soll man sehen, dass das Ausland eine andere Achtung und viel mehr Respekt vor
einer kräftigen Vertretung der deutschen Belange haben wird. Anstelle von Hauen
und Stechen sollen Achtung und ein sehr sicheres Inrechnungstellen der
deutschen Wünsche auf dem Gebiet der auswärtigen Politik und des
Internationalen die Folge unseres Auftretens sein. Was sagt Punkt 3? Die
Entfernung von Juden und von allen Nichtdeutschen aus allen verantwortlichen
Stellungen des öffentlichen Lebens. Und Punkt 4? Die Einwanderung von Ostjuden
und von anderen minderwertigen Ausländern wird nicht mehr zugelassen. Lästige
Ausländer und Juden können des Landes verwiesen werden. Lesen Sie dann noch
einmal Punkt 6: Derjenige, der kein Deutscher ist, kann nur als Gast im
deutschen Staat leben und steht unter Ausländerrecht. Und Punkt 7: Die Rechte
und Belange der Deutschen gehen den Rechten und Interessen von Bürgern fremder
Völker vor. Und an die Spitze stellen wir unser Ziel: Die Wiedergeburt
Deutschlands im deutschen Geiste mit deutscher Freiheit. Was wollen Sie noch
mehr? An jenes Programm halten wir uns und wir werden es bis zum letzten
Buchstaben ausführen. Ich weiss wohl, dass ich uns damit Frankreich, Polen, die
Tschechoslowakei, vielleicht auch Russland, Italien und Ungarn auf den Hals
hole, aber das hat vorläufig keine Bedeutung. Daran können wir erst denken,
wenn unser Volk bereit ist, die Folgen einer deutschen Politik im Interesse des
deutschen Volkes ohne einzigen Vorbehalt auf sich zu nehmen. Unser Volk ist
verbastardiert, und die fremden Schandflecken müssen da erst heraus ... »
Hitler setzte sich nieder und dachte nach. Nun sprach er ruhiger.
«Gut, die fünfzehn Millionen
nehme ich an. Unserem Programm werden wir folgen, nur die Taktik wird verändert
werden. Ich werde den langsamen Weg wählen, den Weg der Umstellung, aber wir
werden ankommen. Es beginnt schon bei Präsident Hindenburg eine Veränderung,
wenn ich die aristokratische Clique, die um ihn herum Ränke schmiedet, aus dem
Wege geräumt habe, dann erst bin ich fertig. Sein Sohn hält nichts von mir, er
hetzt seinen Vater gegen mich auf. Der Präsident ist ein alter Mann, er lässt
sich durch andere leiten. Gut, dann mal her mit den fünfzehn Millionen. Von
Heydt wird wohl mit Ihnen vereinbaren, wie ich den Betrag erhalten werde.»
Ich machte ihm noch deutlich,
dass es nicht unmöglich wäre, dass meine Auftraggeber nicht in einer
Überweisung die fünfzehn Millionen senden würden, sondern dass sie erst zehn
Millionen und später noch fünf Millionen überwiesen; dass sie noch auf meine
Mitteilung warteten, bevor sie etwas täten. Ich wies Hitler auf die Bedeutung
der Bedingung hin, die in dem Telegramm von Carter angegeben war: das forsche
Auftreten gegenüber dem Ausland. Diesmal begann er nicht, in seinen abgehackten
Sätzen zu schwadronieren und über sein Programm zu schmettern, sondern er sagte
festentschlossen ruhig: «Überlassen Sie das getrost mir. Was ich bereits
erreicht habe, steht als Pfand für das, was ich erreichen kann.»
Hiermit war das Gespräch
gelaufen, was ich erfreulich fand, denn eine Unterhaltung mit Hitler ist ein
ermüdendes Geschehen. Er schreit und rast nur so vor sich hin. Scheinbar hat
die Gewohnheit, in Volksversammlungen zu sprechen, ihn so gepackt, dass er ein
normales ruhiges Gespräch nicht mehr führen kann.
Am selben Tage noch kabelte
ich nach New York einen ausgedehnten Bericht über mein Gespräch mit Hitler und
tat nicht mehr, als auf seine Programmpunkte, die seine auswärtige Politik
betrafen, und auf sein festes Versprechen zu verweisen, keinen Daumenbreit von
jenem Programm abweichen zu wollen. Ich dachte nicht, dass dies genügen würde,
um Carter und Genossen in Bezug auf die erwünschte aggressive Haltung der
Nationalsozialisten gegenüber dem Ausland zu beruhigen, und meinte, dass die
Sache hiermit erledigt sei.
Drei Tage später jedoch bekam
ich eine Antwort von Carter, die geradlinig auf meine Meinung einging. Fünfzehn
Millionen Dollar würden auf meinen ersten Antrag hin bei der europäischen Bank
geleistet werden, die ich angeben würde. Unmittelbar darauf schrieb ich diese
Antwort an Hitler. Von Heydt kam zu mir und ersuchte mich, sofort den Betrag
nach Europa auf die folgende Weise überweisen zu lassen: fünf Millionen auf
meinen Namen bei Mendelsohn ‑ Co., Amsterdam, fünf Millionen bei der
Rotterdamschen Bankvereinigung, Rotterdam, und fünf Millionen bei der Banca
Italiana in Rom. Mit von Heydt, Gregor Strasser und Göring reiste ich an die
drei Orte, um die Beträge abzuheben. Es mussten eine grosse Anzahl Schecks auf
grosse und kleine Orte in Deutschland und auf zahllose Namen ausgestellt
werden. Die NS-Führer hatten lange Listen mit Namen bei sich. In Rom wurden
die Herren im Hauptgebäude der Bank durch den Vorsitzenden des Vorstandes
empfangen, und als wir fünf Minuten in seinem Büro waren, kamen zwei - an ihrer
Uniform erkenntliche ‑ hochgestellte Faschisten in das Büro. Vorstellung.
Rossi und Balbo. Göring führte das Wort, er sprach italienisch mit den Herren.
Was gesprochen wurde, konnte ich nicht verstehen. Wir wurden zu einer Mahlzeit
in das Haus von Balbo geladen. Ich war der einzige, der nicht in Uniform war.
Die NS‑Führer hatten ihre braune Uniform und die Faschisten ihre
schwarze. Nach dem Essen wurde in einem grossen Saal mit offenen Türen zu einem
prächtigen Garten getanzt. Die braunen Uniformen wirkten auf die Damen sehr
anziehend. Ein alter Italiener in einem schwarzen Hemd mit zahlreichen
Dekorationen sass neben mir, um nach den Tänzern zu sehen. Er begann ein
Gespräch auf deutsch. Italien hätte niemals sein Bündnis mit Deutschland
aufgeben dürfen, dann stünden wir viel stärker gegenüber Frankreich da. Aber
unsere Freunde in Deutschland seien auf dem richtigen Wege, und wenn die
Revolution dort Tatsache würde, dann kämen die guten alten Tage von früher
zurück. Es sei keine schönere Kombination möglich: die italienische Kultur mit
dem deutschen Geiste. Sie solle die Welt erneuern und erobern.
Mit der «Savoya» fuhr ich drei
Tage später aus Genua nach New York ab.
Carter berief eine vollzählige
Versammlung bereits am Tage nach meiner Rückkehr aus Europa ein. Rockefeller
erkundigte sich sofort, ob Hitler einen offenen Streit mit Hindenburg wagen
würde. Ich äusserte meine Meinung, dass Hitler zu allem imstande sei, das dazu
beitragen könne, sein Ziel zu erreichen, aber dass er kein Phantast und sich
der Mühen bewusst sei, mit denen er zu kämpfen habe, er sich jedoch nicht auf
ein Experiment einlassen werde, wenn er nicht im voraus des Erfolges sicher
sei. Ich musste wörtlich erzählen, was da in den Gesprächen, die ich mit Hitler
gehabt hatte, gesagt worden war. Auch fragte man immer wieder nach meinen
Eindrücken von dem Zustand in Deutschland. Als ich die Meinung des Hamburger
Bankiers wiedergab, wollte Glean wissen, ob bei den besitzenden Klassen in
Deutschland keine Furcht vor der finanziellen Politik des Hitlerprogramms
bestünde, insbesondere vor «Brechung der Zinsknechtschaft», wie Hitler es
nennt. Ich antwortete, indem ich die Meinung des Berliner Industriellen und die
Meinung des Hamburger Bankiers anführte, dass da in jedem politischen Programm
Punkte seien, die Massen anziehen müssten, die aber in der Praxis niemals
durchgeführt werden könnten. Ich äusserte, dass die deutschen besitzenden Klassen
darum diesen Teil des Hitler-Programms nicht ernst nähmen.
Zu den Wünschen Hitlers
bemerkte Carter, dass Beträge, wie ich sie gekabelt bitte, doch absurd wären
und deutlich bewiesen, wie wenig Einblick Hitler in die internationalen
finanziellen Verhältnisse hätte. Ich bemerkte, dass dies meiner Meinung nach
nicht allein bei finanziellen Verhältnissen der Fall sei, sondern dass ich
verblüfft seiner Unkenntnis auf dem Gelände der internationalen Politik
gegenübergestanden hätte. Niemand jedoch interessierte sich dafür, in Amerika
eine allgemeine Erscheinung. Carter fragte mich noch, was ich von den
Mitarbeitern Hitlers hielte. Ich erzählte den Vorfall mit Göring. Das schien
ihm besonders zu gefallen, und er sagte rundheraus, dass nach seiner Meinung ein
solcher Mensch geeigneter Mitarbeiter für einen Leiter wie Hitler sei.
Ungefähr ein Jahr später, im
September, nachdem die nationalsozialistische Partei in Deutschland am
Vierzehnten dieses Monats einhundertundsiebzehn Abgeordnetensitze im Reichstag
bekommen hatte, empfing ich einen kurzen Brief von Carter, in dem er mich an
die zwei Reisen nach Deutschland und die Gespräche, die ich mit Hitler geführt
hatte, erinnerte. Er fragte mich, ob ich bereit sei, wieder nach Deutschland zu
gehen und mit dem Führer eine Unterredung zu haben, wenn es nötig werden würde.
Eine Woche lang überlegte ich, was ich hierauf wohl antworten müsste. Ich hatte
nach meiner letzten Deutschland‑Reise durch von Heydt, Strasser und
Göring regelmässig Briefe mit umfangreichen Büchersendungen, Broschüren,
Tageszeitungen usw. erhalten. Der Nationalsozialismus war mir nun sehr gut
bekannt und die Person Hitlers hatte, auch durch meinen Kontakt zu ihm selbst,
für mich nicht mehr viel Geheimnisvolles; ebensowenig wie für die anderen in unseren
Kreisen. Ein neuer Kontakt mit diesen Menschen in Europa war für mich keine
schöne Aussicht. Weder von den Personen noch von ihrem Schrifttum noch von
ihrer Propaganda ging viel aus, das noch anzog. Vielleicht ist mein deutscher
Ursprung zu sehr im Trott des amerikanischen Lebens untergegangen. Mein
Grossvater kam vor 90 Jahren nach Amerika, mein Vater wurde dort geboren, meine
Mutter ist rein amerikanisch. Darum konnte ich mich wohl in das ihm
aufgezwungene Überlegenheitsgeflühl des deutschen Volkes, das für Hitler der
Schlüssel zu seinem ganzen Programm ist, nicht einfühlen und so blieben seine
Arbeit und sein Ziel mir völlig fremd. Ferner hatte ich mit mir selbst
ausgemacht, dass meine Freunde auf einem verkehrten Weg seien und dass Hitlers
Angriffslust in der auswärtigen Politik Frankreich vielleicht biegsamer und zur
Mitarbeit bereiter machen könnte, zugleich aber auch eine Gefahr für die Welt
bedeutete. Man weiss wohl, wo solch ein Mensch als Diktator beginnt, aber was
das Ende sein wird, das ist niemandem bekannt. Ich hatte mit Glean im Laufe
jenes Jahres meine Ansicht besprochen und dieser wollte mich mit der Mitteilung
beruhigen, dass Mussolini, auch unbezweifelbar Diktator eines grossen Landes,
ziemlich abgekühlt sei; dass er oft mit grossem Mund und durch Drohungen einige
Augenblicke der Angst für die Welt, insbesondere für Frankreich erzeugt hätte ‑
was nach Glean ganz gut war ‑ aber wenn es darauf ankam, dann sei er
wieder brav in sein Gehäuse gekrochen. Nach seiner Meinung würde es mit Hitler nicht
anders gehen. Natürlich wäre es nicht die Absicht, einen Krieg zwischen
Deutschland und Frankreich herauszufordern, sondern nur, diese Kriegsgefahr
akut zu halten, sodass Frankreich im Hinblick auf die mögliche Unterstützung
durch England und Amerika willfähiger und biegsamer in internationalen
finanziellen Angelegenheiten würde.
Zum Schluss traf ich eine
Entscheidung. Ich teilte Carter mit, dass ich bereit war, nochmals nach Europa
zu fahren, um mit Hitler zu verhandeln, sobald dies nötig sein würde.
Springers Nazionismus
5. Kapitel: "Warburg-Bericht (1933)"
Im Schlafwagen nach Berlin
finde ich die Ausgabe einer deutschen Tageszeitung. Auf der Frontseite der
Leitartikel:
«Aus dem Inneren der Stadt
strömen die Menschen in Massen zur Jahrhunderthalle und zur Versammlung auf dem
Messehof, zu den umliegenden Aussenplätzen und Gebäuden. In den Strassen der
Umgebung werden die Omnibusse, die Lieferwagen, die Privatwagen und die
Motorräder geparkt. Links vorbei an den Fahrzeugen sausen die vollgeproppten
Strassenbahnwagen und seit drei Uhr warten ungeduldige Frauen und Männer mit
Klappstühlchen und Proviantpäckchen vor dem Eingang der Gebäude. Um fünf Uhr
sind die Brücken über die Oder, die zum Messegelände führen, schwarz von
Menschen und Fahrzeugen. Der Verkehrsplan wird genau befolgt, aber dennoch
kommt es zu Stauungen. Und stets auf Neue klingen die Heilrufe, wenn die
Transporte mit Parteigenossen oder SA‑Männern singend und mit
entfalteteten Fahnen auf die Versammlungsplätze kommen. Die Polizei läuft mit
Brotbeutel und Feldflasche herum. Man erzählt, dass ihre Überfallwagen mit
Maschinengewehren und Tränengasbomben ausgerüstet sind. Auf den Bahnhöfen
laufen die Sonderzüge ein, einer nach dem anderen, Freude, Begeisterung und
Fröhlichkeit auf allen Gesichtern. Männer und Frauen, Arbeiter, Bauern und
Bürger, Beamte und Amtspersonen, Studenten und Arbeitslose, alle werden vom
Jubel mitgerissen, der die innere Spannung der gewaltigen Wahlperiode ersetzt.
Unvergesslicher, herrlicher Tag! Hitler spricht!
Zum ersten Male marschiert die
vollständige SA der Provinz. Es gibt Sturmabteilungen, die zehn Stunden und
länger auf offenen Lastwagen sassen, bevor sie an ihrem Bestimmungsort waren.
Die SA‑Kolonnen werden mit Blumen überhäuft. Es wird ein Triumpfzug.
Stets aufs Neue gehen die Arme grüssend in die Höhe: «Heil, SA! Heil ... !» Die
Trommeln schlagen, die Hörner schallen.
In dem riesenhaften
Betongebäude der Jahrhunderthalle, dem mächtigen Gedenkzeichen, das für alle
Zeit das Volk von Preussen an die grossen Zeiten von 1813 erinnert, strömt eine
tausendköpfige Menge. Lange Transparente sind an der Brustwehr und an den Bogen
des zweitgrössten Kuppelbaus der Welt aufgehängt. Dort steht: "Wir kämpfen
nicht für Mandate, wir kämpfen für unsere Weltanschauung. Nieder mit dem
Marxismus, damit der Sozialismus lebe. Für ein feiges Volk gibt es keinen Platz
auf dieser Welt!" "Achtung! Achtung!" klingt es aus den
Lautsprechern. "Achtung! Jeder auf seinen Platz ! Die SA marschiert ein
!"
Und sie rücken auf. Das Riesengebäude
bebt. Ein orkanartiger Jubel bricht los. Zwanzigtausend Menschen stehen auf von
ihren Plätzen. Unter den Jubeltönen ziehen die Standarten und die Fahnen ein.
Es gibt eine schwarzumflorte. Eine Mutter schreit. Ein unbekannter SA-Mann ist
für sein Volk den Heldentod gestorben.
Die Sturmtruppen marschieren
heran. Draussen hört man sie singen: «Wir sind das Heer vom Hakenkreuz ... !»
Die Begeisterung steigt aufs höchste.
Und stets neue Kolonnen.
Männer, die nichts mehr anerkennen als Hingabe und Kampf. Der Boden dröhnt
unter dem Marschtritt, unter der Kraft und der Zucht der braunen Bataillone.
«Achtung ! Achtung ! Soeben
ist Hitler angekommen ! Achtung ... !» Die Begeisterung rast. "Heil,
Heil!" Er kommt! Tausende Augen suchen den Führer ! Da ist er !
Forsche Kommandos. Ein
Jubelschrei: «Adolf Hitler!» Nun wird es still. Vor das Mikrophon ist der
Gauleiter getreten. «Meine lieben deutschen Volksgenossen!» beginnt er. Nach
einigen markanten Sätzen beschliesst er: "Der Führer hat das Wort!" Wieder
erschallt ein gewaltiges Jubeln. Dann lauschen die Massen. Adolf Hitler
spricht.
Erst langsam, gemessen und
kühl. Der erste Beifall. Hitler winkt zu schweigen.
Er spricht weiter, mit mehr
Überzeugung, unwiderlegbar. Er wird heftig und fordernd. Die Nicht‑Nationalsozialisten
werden getroffen. Was dieser Frontsoldat, Gefreiter Adolf Hitler, dieser Mann
aus dem Volke sagt, das ist alles so einfach, so normal und so gerade und es
ist alles so wahr, dass die immer von ihrer Bildung Redenden und die Besserwisser
und die Vernünftler mit ihren ewigen, sachlichen Einwänden schweigen. Gespannt
folgen sie dem Sprecher. Sie haben es schwer, diesen Mann, den sie aus Neugier
sehen wollten, zu verstehen und zu begreifen. Aber sie geben ihm ihren Beifall.
Hitler winkt zu schweigen.
«Wer zu den unserigen gehört,
weiss, dass nicht jede fünf oder zehn Jahre, sondern nur einmal in einem
Jahrhundert ein Wendepunkt in der Geschichte unseres Volkes erreicht wird!»
Sie, die an der Seite stehen, die Enttäuschten, sie, die bereits so oft
verraten wurden, lauschen nun scharf.
«Als Volk wurden wir vor
dreizehn Jahren zerbrochen und auf das zerbrochene Volk folgte das zerbrochene
Wirtschaftsleben. Einst, vor hundert Jahren ... damals haben nicht die dem
deutschen Volk neuen Segen und neues Glück gebracht, die nur an das
Wirtschaftsleben dachten, sondern vielmehr diejenigen, die Gut und Blut für die
Ehre des deutschen Volkes einsetzten. Es kann nicht anders sein: Das deutsche
Wirtschaftsleben wurde nicht gebrochen, sondern das deutsche Volk wurde
gebrochen ... !»
Der Frontsoldat Hitler spricht
nicht über Programme, sondern von Hingabe, Arbeit und Opfern.
Nun klingt seine Stimme wie
eine Trommel. Nun spricht er über Deutschland, und wie. Die Herzen flammen auf.
Das ist ein Zeugnis, ein Wille und ein felsenfester Glaube. Hitler liebt
Deutschland. Er lebt und kämpft allein für Deutschland und immer nur wieder für
Deutschland !
Die Augen glänzen. Die
Gesichter sind fest entschlossen. Die Zweifler werden mutig. Die Ungläubigen
beginnen wieder zu hoffen. Er zieht die Lauen und die Gleichgültigen mit und
die alten Kämpfer werden zu neuen Taten angefeuert. Hitler zieht sie alle mit
seinem glühenden Freiheitswillen in den Kreis seiner Meisterschaft hinein. Ein
geknechtetes Volk erwacht. Klassenschranken fallen. Nicht klassenbewusste
Arbeiter und unzufriedene Bürger, nein, zwanzigtausend deutsche Volksgenossen
glauben und jubeln, glauben an den Führer und jubeln ihm zu!"
Das alles lese ich im
Schlafwagen nach Berlin. Auch noch, dass von Pfeffer durch Hitler abgesetzt
wurde, dass von Heydt aus der Partei ausgetreten ist, dass Strasser auf die
Seite gestellt wurde, weil sein Bruder in den Sturmabteilungen zur Meuterei
angefacht hat.
Ich bin beinahe froh, dass ich
zum dritten Male den Auftrag zu einer Unterhaltung mit Hitler angenommen habe.
Hier in diesem Lande geschehen Dinge, die uns allein aus der Geschichte der
Völker bekannt sind. Dabei zu sein, da mittendrin zu stecken, mit dem Leiter
sprechen und seine tiefsten und geheimsten Beweggründe vernehmen zu können, das
ist wahrlich nur wenigen vergönnt.
In Berlin herrscht eine
eigenartige Stimmung. Ob es die Stille vor einem gewaltigen Sturm ist? Ich
weiss es nicht. Niemand spricht über Politik. Ich besuche den alten Freund in
Wilmersdorf, sein Haus ist verlassen, diesmal sehe ich, dass er wirklich
abwesend ist. Ich habe ein Gespräch mit dem Direktor eines grossen Warenhauses.
Über die Lage lässt er sich nicht aus. Er sagt nur auf meine vielen Fragen,
dass da schwierige Tage kommen würden, aber mehr bekomme ich nicht heraus. An
einigen Punkten Berlins ist das Stadtbild ungewöhnlich. Schupos bei
Gewehrpyramiden und neben Maschinengewehren. In rasender Fahrt sausen offene
Lastwagen mit Reichswehrleuten durch stille Strassen, Motorbrigaden fliegen
über den Kurfürstendamm und in der Nachbarschaft der Regierungsgebäude in der
Nähe meines Hotels sieht man überall bewaffnete Truppen. Wenig braune
Uniformen, für mich eine unbegreifliche Erscheinung. Hitler ist doch in die
Regierung aufgenommen, die wenigen Zeitungen, die sich an den Gegenstand wagen,
nennen seinen Namen als den des Reichskanzlers der Zukunft, einer sehr nahen
Zukunft. Ich hatte mehr Zurschaustellung ihrer Macht von der Hitlerpartei in
Berlin erwartet. Aus den Zeitungsberichten wurde ich nicht schlau. In einem
Gespräch mit einem Attaché der amerikanischen Gesandtschaft wird mir jedoch
vieles deutlicher. Er erzählt, wie Hitler die Presse bereits in Fesseln gelegt
hat, während er noch kein Reichskanzler ist, dass seine Sturmabteilungen in der
Nachbarschaft von Berlin stehen, um beim ersten Alarm in die Stadt einzufallen;
dass die Präsenz der Reichswehr offizielle Präsenz, aber ohne Bedeutung ist,
weil die Regierung, wenn es darauf ankommt, sie nicht gegen Hitlers Truppen
gebrauchen wird, weil sie unzuverlässig ist und viele nationalsozialistische
Elemente zählt; dass Hitler seinen Sturmtruppen und SA‑Abteilungen neue
Kämpfer zugesellt hat, denen er selbst den Namen Mord‑Truppen gegeben
hat. Niemand in den politischen Parteien protestiert gegen diese brutale
Benennung, die ein Hohn auf alle Kultur ist. Die Sozialdemokraten sind mürbe,
denn sie sehen ein, dass ihre parlamentarische Arbeit zu nichts geführt hat.
Die Kommunisten haben auch Angst obwohl sie es doch gewesen sind, die immer am
lautesten schrien. Gestern wurde ihr KarlLiebknecht‑Haus überrumpelt und
vom Dach bis zum Keller durchsucht. Offiziell heisst es 'durch Polizei und
Reichswehr', aber mein Gewährsmann behauptet, dass die Mordtruppen Hitlers
einen grossen Anteil an der Verwüstung des K.L.-Hauses hatten. Es wurden
zahlreiche kommunistische Leiter verhaftet, die Rote Fahne ist verboten ‑
zeitweise nur, aber sie soll doch nicht mehr vor den Wahlen erscheinen. Die
Sozialdemokraten sind lau in ihren Manifesten und Zeitungen. Jeder fühlt, dass
sie dem Nationalsozialismus nicht gewachsen sind. Dem deutschen Volk muss
imponiert werden, nur vor Kraftmeiern hat es Achtung. Deutsche sind grosse
Kinder, Naivlinge. Ein grosser Gedanke reisst Deutsche nicht mit.
Zum ersten Male bekomme ich
einen beschränkten Überblick über den politischen Zustand. Mein Gewährsmann
wagt sich an Vorhersagen. "Hitler ist nicht mehr zu bremsen", sagt er
weiter, Sie werden es sehen. Reichskanzler ist er in der folgenden Woche. Da
kann ein von Papen nichts machen, ein von Schleicher hat es mit Unterstützung
des jungen Hindenburg versucht, aber da ist nichts geglückt. Hitler kann, wenn
er es will, Reichspräsident werden. Vorläufig wird er sich mit der
Reichskanzlerschaft zufrieden geben, aber Hindenburg ist alt und es kann jeden
Tag etwas passieren. Dann ist Hitler vollständiger Diktator ohne den Schein
eines verfassungsmässigen Staatsoberhauptes. Bei diesem Mann ist alles möglich.
Ich habe ihn einige Male gesprochen und auch seine Reden gehört. Er macht mit seinen
Zuhörern, was er will. Er lässt sie nicht zum Nachdenken kommen, er schreit und
schreit, bis die Menschen nicht mehr widerstehen können. Ich hatte immer das
Gefühl, wenn ich ihn hörte, dass ich mich stark seiner Suggestion widersetzen
müsste, um nicht hundertprozentig mitzugehen. Später, wenn Sie sich selbst
fragen, was er gesagt hat, dann können Sie es nicht mehr wiederholen. Was
denken Sie vom Nationalsozialismus?»
Ich wollte keine Antwort
geben, wenigstens keine vollständige. "Abwarten", sagte ich "wir
Amerikaner haben damit schliesslich nichts zu tun. Wenn das deutsche Volk in
Hitler einen Retter sehen will, dann ist es sein gutes Recht, das geht uns
nichts an."
Mein Gewährsmann meinte es
anders und wollte mir beweisen, dass Hitler eine Gefahr wäre für Europa, ebenso
wie Mussolini, und dass die italienische Gefahr durch die Machtausweitung der
Nationalsozialisten und eine Hitler‑Diktatur vermehrt werden würde.
Am gleichen Abend schrieb ich
an die alte Anschrift Hitlers in Berlin, dass ich angekommen sei und ihm um
eine Unterredung bäte. In dieser Nacht brannte das Reichstagsgebäude. Mittags
kam Göring in mein Hotel, noch brutaler als früher, arrogant und autoritär. Er
war von einem Neuling begleitet, den er mir unter dem Namen Goebbels vorstellte.
Beide waren voll von dem Brand. Sie schalten die Kommunisten, die das Gebäude
in Brand gesetzt hätten und wollten mich gleichsam zu einem Bekenntnis ihres
heiligen Rechts überreden, die Kommunistenbrut bis zum letzten Mann
auszurotten. Ich folgte wie stets meiner Taktik und gab keine
Meinungsäusserung. Auf meine Frage, wo und wann ich Hitler sprechen könne,
gingen sie erst ein, nachdem sie tüchtig ausgewütet hatten. Der Führer würde
mich abends um halb zwölf in der Fasanenstrasse empfangen. Göring werde mich in
einem Auto abholen.
Hitler war sehr aufgeregt. Für
seine Begriffe aufgeregt, für einen anderen rasend. Aufgeregt war er ihm wahren
Sinne des Wortes immer. Er begrüsste mich kaum wie es sich gehörte. Er wütete
gegen die Kommunisten, die den Reichstag in Brand gesetzt hätten; beschuldigte
die Sozialdemokraten, dass sie die Hand im Spiele gehabt hätten, rief das
deutsche Volk auf, als ob er Tausende vor sich hatte. Ich kann hier die wütende
Rede nicht wiedergeben, denn ich habe nichts behalten. Es gab keinen
Zusammenhang. Seine Raserei dauerte eine halbe Stunde, bevor er am Tisch Platz
nahm und mit mir ein halbgeregeltes Gespräch begann, stets durch Schelten und
Schimpfen auf Kommunisten unterbrochen.
Ich wusste nicht, was ich bei
Hitler zu tun hatte. Die Sache war so. Carter hatte einen Brief Hitlers
erhalten, in dem er gebeten worden war, so schnell wie möglich den früheren
Vertrauensmann nach Deutschland kommen zu lassen, einer Unterhaltung wegen.
Diesen Brief hatte Carter mir gezeigt und durch mein Versprechen einige Monate
zuvor hatte er mich ersucht, schnellstens nach Berlin zu fahren.
Nun sass ich vor Hitler, aber
ich wusste nicht, was er mich fragen oder was er mir sagen würde. Ich wartete
ruhig ab.
Ich finde es von grosser
Wichtigkeit, Sie über den Fortschritt in unseren Reihen zu unterrichten. Seit
1931 ist unsere Partei in einem Verhältnis von 1 zu 3 gewachsen. Es gibt
Abteilungen, bei denen die Anzahl der Arbeitslosen die der noch Arbeitenden
weit übertrifft. Die verschiedenen Wahlen haben unsere Mittel stark in Anspruch
genommen, nun stehen wir am Vorabend der Umstellung. In der Partei selbst habe
ich eine Säuberung veranlassen müssen. Verschiedene Elemente, sogar auf
führenden Posten, waren unzuverlässig. Aber das ist alles vorbei, es geht nun
darum, den letzten Schlag mit Erfolg zu liefern. Durch den Brand im Reichstag
haben die Kommunisten für immer mit sich selbst abgerechnet. Schwieriger ist
es, in unserem letzten Angriff die Sozialdemokraten zu besiegen. Auch dürfen
wir die Deutschnationalen nicht vergessen und diese haben Geld. Nach Berlin
können wir mit unseren Truppen nicht kommen, weil wir, wenn wir auch der
Reichswehr sicher sind, das Gros der Bevölkerung nicht hinter uns haben, vor
allem nicht im Norden und in der Judengegend. Es ist um Berlin ein grosser
Kreis gezogen und da habe ich drei Viertel der Truppenmacht unserer Partei
konzentriert. Noch einige Tage und dann haben wir den grossen Tag, den Tag der
Wahlen. Diesen Schlag müssen wir gewinnen. Durch die Urne oder mit Gewalt. Plan
für einen ungünstigen Wahlausgang ist fertig, Hindenburg, seinen Sohn, von
Papen, von Schleicher und Brüning auszuheben und in einer Festung
einzuschliessen. Auch die Führungsspitzen der Sozialdemokraten werden wir
gefangen nehmen. Bis in die kleinsten Einzelheiten ist alles geregelt. Aber die
Hälfte unserer Sturmabteilungen verfügt nur über Gummiknüppel, und viele
Mannschaften haben altertümliche Karabiner. Grosse Waffenvorräte liegen nahe
den deutschen Grenzen in Belgien, Holland und in Österreich bereit. Schmuggler
geben keinen Kredit. Sie verlangen schandbare Preise, sie wissen natürlich sehr
gut, was hier geschieht und ziehen die Möglichkeiten in Rechnung. Unterhandeln
mit diesen Kerlen erbringt nichts, klingende Münze verlangen sie, mehr nicht.
Ich dachte, Sie schon viel
eher hier in Berlin zu haben, dann hätte ich alles längst geregelt, nun, im
letzten Moment, muss es flink in Angriff genommen werden. Lange Reden helfen
daher nichts. Was denken Sie, was Ihre Auftraggeber tun werden? Unser Geld ist
verbraucht. Wollen Sie weiterhin unterstützen oder nicht? Vergessen Sie nicht,
dass wir gegen Moskau, gegen die ganze deutsche Schwerindustrie, gegen die
katholische Kirche und gegen die Internationale kämpfen. Das sind keine Feinde,
die wir unterschätzen dürfen. Die Beiträge in unserer Partei sind kaum
gestiegen, obwohl ich den Zutritt auf zwei Mark erhöht habe und den Beitrag auf
eine Mark. Es gibt zu viele Arbeitslose, die wir freistellen und mit Uniformen
und Waffen versehen müssen. Auf dem flachen Land geht es noch. Dort haben
unsere Menschen Karabiner und Jagdgewehre. In den Städten ist es schwieriger.
Was denken Sie? Wieviel wollen Ihre Menschen geben?»
Ich konnte nicht antworten,
umsomehr nicht als ich auf die Frage nicht vorbereitet war und mit Carter vor
meiner Abfahrt keine Beratung durchgeführt hatte.
«Ich habe keine Berechnung
angestellt, dazu hatten wir keine Zeit. Zu meinen Mitarbeitern, bis auf ein
paar Ausnahmen, habe ich kein Vertrauen mehr. Unsere Partei ist in kurzer Zeit
so gewaltig gewachsen, dass es für mich stets schwieriger wird, die ganze
Führung in den Händen zu halten. Und es muss sein, denn zuverlässige Führer
sind knapp. Die Monarchisten beginnen, in unsere Reihen überzulaufen, aus dem
Stahlhelm kommen jeden Tag neue Anmeldungen. Sogar massenhaft Anmeldungen. Dem
können wir nur zujubeln, aber die Leiter, die mitkommen, müssen wir scharf
kontrollieren. Ich vertraue in diesen Tagen niemandem. Ich habe nun Hindenburg
persönlich kennen gelernt. Das Gespräch war keineswegs angenehm. Der Alte war
sehr reserviert, aber ich tat, als ob ich es nicht bemerke. Ich habe Zeit, er
wird bald wissen, mit wem er es zu tun hat, und wenn ich ihm einmal klaren Wein
eingeschenkt habe, dann wird er mit uns mitgehen oder verschwinden. Kompromisse
kenne ich nicht. Aber, Sie sind doch kein Jude? Nein, daran erinnere ich mich
noch. Ihr Name ist doch deutsch. Ja, von deutschem Ursprung. Es ist besser,
wenn Sie hier in Deutschland mit einem deutschen Pass reisen, Goebbels kann
dafür sorgen. Sie kennen ihn doch. Er und Göring sind meine besten Mitarbeiter.
Von Heydt ist draussen, das wissen Sie, und von Pfeffer auch. Dieser Strasser
ist lächerlich. Eine Meuterei in der SA gegen mich. Eine volle Versammlung der
Gauleiter und die Sache war aus. Kraft, Wagemut, starkes Auftreten sind alles.
Anstatt draufzuhaun, nicht zu warten, haben Strasser und seine Leute
Vorbereitungen getroffen, alles in der Stille geregelt, und ich war über das
ganze Getue im Bilde, bis ich im rechten Augenblick eingegriffen habe. Schwache
Brüder. Noch zu politisiert. Manieren, die sie von der roten Brut überbehalten
haben. Was sagt man in Amerika von dem Brand im Reichstagsgebäude» ‑ und
er vergass offensichtlich, dass ich bereits hier war, als das Gebäude brannte ‑
«aber wir wissen, wer die Schuldigen sind. Beweisen können wir alles. Dieser
Kommunist hat den Brand gelegt. Aber hinter ihm sitzen Kommunisten und
Sozialdemokraten. Dafür sollen sie büssen.»
Hitler hatte sich langsam zu
einer Art ängstlicher Raserei hochgearbeitet und sauste wiederum im Zimmer auf
und nieder. Plötzlich lief er zur Tür,
zog diese weit auf und sah in das Vestibül. Er begann zu rasen und zu
schreien auf jemanden, der sicherlich im Gang stand, aber ich konnte niemanden
sehen. Was er wirklich mit seinem Geschrei beabsichtigte, das weiss ich nicht.
Erst dachte ich, dass er jemandem verbieten wollte, unser Gespräch im Vestibül
abzuhören, aber das war nicht der Fall, denn als er wieder im Zimmer stand,
raste er weiter gegen den unsichtbaren Jemand über etwas, das noch nicht klar
war, über das elend lange Warten auf alberne Dinge, über das wenige Vertrauen,
das man gegenwärtig in Untergebene haben könne.
Er nahm wieder Platz und
raunte mir zu: «Sie haben noch keinen Betrag genannt.» Es gibt Momente, wo
Hitler den Eindruck eines Wahnsinnigen macht. Ein geregeltes Gespräch mit ihm
zu führen, ist stets unmöglich, aber manchmal ist seine Art, vom Hundertsten
ins Tausendste zu kommen, so hinderlich und so albern, dass man an seinem
geistigen Gleichgewicht zweifelt. Ich bin der Meinung, dass er übernervös ist.
Die letzten Jahre haben sein Wesen ganz mit einem bestimmten Denkbild belegt,
er hat unter einer fortdauernden Spannung gelebt. Viele würden schon lange
erlegen sein, aber Hitler scheint gewaltige Naturkräfte zu besitzen. Ich glaube
jedoch nicht, dass er über einen grossen Verstand verfügt. Wann immer ich
versuche, den Inhalt aller Gespräche, die ich mit ihm gehabt habe,
zusammenfassen, dann komme ich zu der Schlussfolgerung, dass er nicht
intelligent ist, sondern seltsam starrköpfig und verbohrt. Das ist nach meiner
Meinung, seine Kraft. Wir kennen wohl alle in unserer Umgebung jene Menschen,
die häufig dumm und wenig gebildet sind, die an etwas festhalten ‑ an
einer Idee oder einem Besitz ‑ und dafür alles aufopfern, die damit
untergehen oder damit gewinnen. So sehe ich Hitler. Ob er für das deutsche Volk
ein Segen oder ein Fluch ist, das kann nur die Zukunft erweisen, aber ich
glaube schon, dass das deutsche Volk das einzige auf der Welt ist, in dem ein
Mann wie er es zu einem derartigen Einfluss bringen kann. Denn es gibt soviel
schwache Punkte in seiner Person und in seinem Auftreten, dass in anderen
Ländern sowohl der Mann selbst als auch seine Partei längst verspottet und
geschmäht worden wären. Da ich den Mann kenne aus den verschiedenen Gesprächen,
die ich mit ihm gehabt habe, begreife ich nun auch, warum er ‑ seit
seinem schliesslichen Siege ‑ nicht mehr zugänglich ist, weder für
deutsche noch für ausländische Journalisten. Er ist tatsächlich für sich selbst
und für seine Partei in einem Interview gefährlich, denn er weiss sich nicht zu
beherrschen, er plappert alles heraus, sagt seine Absichten ohne die geringste
Reserve. Bereits in unserem ersten Gespräch war mir das aufgefallen. Freilich
hatte ich sehr starke Einführungsschreiben, meine Identität stand fest, an
allem konnte er merken, dass er es mit jemandem zu tun hatte, der als der
Vertreter der stärksten Finanzgruppe der Welt auftrat; aber es war kein Zeichen
von Staatskunst und von politischer Einsicht, mich so unumwunden von seinen
geheimsten Absichten zu unterrichten. 1933 war das nicht mehr so gefährlich wie
1929 und 1931, aber in beiden Jahren war er mir gegenüber ebenso offenherzig
wie 1933. Auch die Juden lassen ihn nicht los. Die Judenfrage ist für ihn der
Kern, um den es für das deutsche Volk geht Er hat dabei Ideen, die für einen
Gymnasiasten in den Vereinigten Staaten lächerlich wären. Geschichtliche
Tatsachen schiebt er einfach beiseite, ich bin der Meinung, dass er über den
modernen Begriff «Rasse» nichts weiss.
Nach seiner Frage ‑ oder
eigentlich seinem Verweis ‑: "Sie haben noch keinen Betrag
genannt", begann er mit der Judenfrage und ‑ bei Jahve ‑ er
begann das Problem in Deutschland mit dem Negerproblem in Amerika zu
vergleichen. Das war für mich genug, um mir eine Meinung über Hitlers Verstand
und Einsicht zu bilden. Diese zwei Probleme sind doch nicht zu vergleichen Ich
erspare Ihnen die unsinnigen Vergleiche, die Hitler anstellte.
Es war beinahe drei Uhr
morgens und ich wusste eigentlich nicht, was er von mir wünschte. Darum machte
ich von einer kleinen Atempause bei seiner unzusammenhängenden Darstellung
Gebrauch, um zu fragen: "Sie sprachen doch über einen Betrag?"
«Gerade darum geht es nun. Wir
haben nicht mehr viel Zeit. Die Sache ist diese: Sind Ihre Auftraggeber bereit,
uns fernerhin zu unterstützen? Welchen Betrag wollen Sie mir verschaffen? Ich
habe mindestens hundert Millionen Mark nötig, um alles durchzusetzen und um die
Chance eines endgültigen Sieges nicht fahren zu lassen. Was halten Sie davon?»
Ich versuchte ihm deutlich zu
machen, dass von einem derartigen Betrag keine Rede sein könne, weil er
zunächst einmal bereits fünfundzwanzig Millionen Dollar empfangen habe, und zum
zweiten, dass die Überweisung eines derartigen Betrages in ein paar Tagen nach
Europa von New York aus den Markt zerrütten müsste. Davon begriff Hitler
nichts, und er sagte es mir auch unumwunden. "Von den verwickelten
Bankdingen verstehe ich nichts. Wenn Sie da in Amerika das Geld haben, dann kann
es doch nach Deutschland überwiesen worden, telegrafisch oder so. Es scheint
mir ziemlich einfach." Es war hoffnungslos, und ich hatte keine Neigung,
ihm eine Unterrichtsstunde in internationaler Finanzwissenschaft zu geben. Ich
beschloss daher, ihm zu versprechen, meinen Auftraggebern über unser Gespräch
Bericht zu erstatten und dann abzuwarten, was sie beschliessen würden.
"Sie telegrafieren doch,
nicht wahr? Tun Sie es dann hier, dann wird Ihr Telegramm schneller behandelt.
Code? Wir können Ihnen auch helfen, ich werde eben für Sie telefonieren."
Nun musste ich ihm deutlich machen, dass ich mit Carter in Geheim-Code
korrespondierte, und er bat mich um eine Erklärung. Ob denn niemand das
Kabelgramm lesen könne? Auch nicht die Direktion der Telegrafen‑Ämter? Er
war verwundert und fand es nicht gut, dass Private miteinander telegrafieren
konnten, ohne dass die Staatsdienste der verschiedenen Länder ihre Berichte
entzifferten. Er bekannte rundheraus, davon noch niemals gehört zu haben.
Es war bald halb fünf, als ich
meine Hotelsuite betrat, und ich begann sofort mit dem Zusammenstellen meines
Code-Kabelgramms an Carter.
Da war ein fremdes Etwas, wenn
man in diesen Tagen die deutschen Blätter las. Es wurde mir freilich erzählt,
dass da noch kommunistische und sozialdemokratische Tages‑ und
Wochenzeitungen zu bekommen seien, aber die Hotelboys, die ich danach
aussandte, kamen stets mit den bekannten Berliner Tageszeitungen. Ohne Ausnahme
wurde der Brand im Reichstagsgebäude als eine kommunistische Sabotage‑Untat
abgestempelt. Andere Stimmen ‑ falls diese vorhanden gewesen sein sollten
‑ habe ich nicht auffangen können. Später, in Amerika und anderswo, habe
ich andere Erklärungen gelesen, aber wenn es wahr ist, dass die Hitlerpartei
bei dem Brand ihre Hand im Spiele hatte, dann ist Hitler der tüchtigste
Schauspieler, den ich in den fünf Erdteilen kennenlernte. Göring und Goebbels
stehen ihm nur wenig nach. Seine Entrüstung, seine Wut über diesen Brand waren
so echt ‑ oder besonders gut geheuchelt ‑ dass ich immer noch,
allein bei dem Gedanken an jene Unterhaltung, unter dem Eindruck seiner wilden
Gefühle stehe.
Etwas Merkwürdiges bemerkte
ich auch in jenen Tagen in Berlin. An Ecken von Strassen und Plätzen sah ich
oft zehn, zwanzig braune Uniformen, behakenkreuzt und im Kreise aufgestellt.
Eine Viertelstunde riefen sie laut:
"Ausmisten - wählt
Nationalsozialisten"
Dann gingen sie weiter,
stellten sich wieder auf und riefen:
«Das
allerneueste Judenei ‑
das ist die deutsche
Staatspartei !»
Mittags sah ich von meinem
Hotelzimmer aus wohl vierzig braune Uniformen in einem Kreis stehen. Eine halbe
Stunde lang schrien sie, in einem bestimmten Rythmus:
«Prolet
erwache !
Wenn du die Freiheit der
deutschen Arbeit
erkämpfen willst
Wenn du für Frau und Kinder Brot
haben willst
dann
wehr Dich, wehr Dich,
Arbeiter
der Stirn und Faust!
Nur
Liste Neun.»
Ich musste stets an Hitler
denken, wenn ich diese Männer sah ‑in Berlin nannten sie diese Propaganda
«Sprechchöre».
Alles Hitler. Kurze Sätze.
Immer nur sprechen, schreien, rufen, ohne eine Erwiderung von anderen. Der
andere kann nicht einmal zu Wort kommen. Wohl eine neue Methode von Propaganda.
Bei uns haben wir wohl auch einmal etwas Neues auf dem Gebiete der
Wahlpropaganda gefunden, aber so etwas Suggestives, so etwas, das auf die Masse
leicht einwirkt, habe ich noch nirgend gesehen. Sobald die erste Partei damit
beginnt, ist sie natürlich Herr der Strasse; denn wem eine andere Partei in der
Nachbarschaft mit Sprechchören losgeht, dann kommt es zu Schlägereien und
Kämpfen, anders geht es nicht. Dieser Rythmus und dieses stetige Wiederholen
derselben Worte peitscht die Sprecher in eine Art Ekstase und in dieser Ekstase
sind sie zu allem fähig. Ich habe von diesen braunen Männern einige gesehen,
die über die Köpfe der Menge hinwegsahen, als ob sie eine bessere Welt
erschauten und die in dem schönen Anblick schwelgten. Die Ekstase war deutlich
an ihren Gesichtern abzulesen. Kann ein Mensch in diesem Zustand noch logisch
denken? Psychologen haben das Wort. Gestern las ich irgendwo in einer
Dissertation, dass Faschismus und Nationalsozialismus eine Krankheit seien,
eine seelische Krankheit, vielleicht. Ich erzähle nur.
Carter kabelte mir, dass da
höchstens sieben Millionen Dollar überwiesen werden könnten, d.h. fünf
Millionen Dollar würden aus New York nach Europa an die anzugebenden Banken und
zwei Millionen Dollar in Deutschland durch die Rhenania Aktiengesellschaft an
mich persönlich überwiesen. Die Rhenania ist die deutsche Filiale der Royal
Dutch in Düsseldorf.
Ich schrieb Hitler diese
Antwort und wartete.
Am folgenden Tage, schon ganz
früh am Morgen, wird mir Goebbels gemeldet. Er brachte mich nach der
Fasanenstrasse. Hitler empfing mich in demselben Zimmer. Göring war bei ihm.
Das Gespräch war ganz kurz, schroff beinahe. Ich bekam den Eindruck, dass die
drei Männer die Regelung nicht billigten und sich Gewalt antun mussten, um
nicht gegen mich ausfällig zu werden. Alles verlief jedoch flott. Hitler bat
mich, die fünf Millionen Dollar wiederum auf die Banca Italiana in Rom
überweisen zu lassen. Göring würde mich begleiten. Die zwei Millionen aus
Düsseldorf müssten in deutschem Geld in fünfzehn gleichwertigen Schecks, alle
auf den Namen von Goebbels, ausgeschrieben werden.
Damit war die Unterhaltung
abgelaufen. Ich ging.
Bis zuletzt habe ich meinen
Auftrag genau ausgeführt. Hitler ist Diktator des grössten Landes in Europa.
Die Welt hat ihn nun bereits einige Monate an der Arbeit gesehen. Meine Meinung
über ihn hat nun keine Bedeutung. Seine Tage werden beweisen, ob er der Narr
ist für den ich ihn halte. Für das deutsche Volk hoffe ich von Herzen, dass ich
mich irre.
Die Welt leidet und seufzt
weiter an einem System, das sich eines Hitlers bedienen muss, um bestehen zu
bleiben. Arme Welt, arme Menschheit !
Springers
Nazionismus
6. Kapitel:
"Der Zeuge Reichskanzler Dr. Heinrich Brüning"
Dr. Heinrich Brüning wurde 1885 in Münster/Westfalen
geboren, im Ersten Weltkrieg kaiserlicher Offizier und von März 1930 bis Mai
1932 als katholischer Zentrumspolitiker Kanzler der Weimarer Republik. Seine
Andeutungen über die Finanzierung Hitlers durch die Wall Street hat die
Springersche "Welt" vom 10.12.1970 dem Manne nicht vergessen, der in
jenem Jahr in den USA verstorben war: "Brüning - Verächter der
Republik" (Artikel aus der Feder des Ernst Cramer).
Wir zitieren aus einem Brüning-Brief des Jahres
1947:
"Glücklicherweise waren Hindenburgs
außerverfassungsmäßige Berater unter sich geteilt. Eine Gruppe zielte auf eine
Regierung ohne Nazipartei, gleich der später unter Herrn von Papen
eingesetzten, die diktatorisch vorgehen und die politischen Parteien auflösen
sollte. Andere wollten eine neue Regierung haben, die die Nazis einschließen
sollte. Die letztere Gruppe hatte unter ihren Mitgliedern eine Anzahl von Bankiers,
die einen besonderen, indirekten Druck auf den Präsidenten nach seiner Rückkehr
nach Berlin ausübten. Zum mindesten einer von ihnen hatte, wie man wußte, seit
Oktober 1928 großzügig die Fonds der Nazis und der Parteien der Nationalisten
mit Geld unterstützt. Er starb, kurz nachdem die Nazis an die Macht gekommen
waren. Das Finanzieren der Nazipartei,
teilweise von Menschen, von denen man es am wenigsten erwartet hätte, daß sie
sie unterstützen würden, ist ein Kapitel für sich. Ich habe niemals öffentlich
darüber geprochen, aber im Interesse Deutschlands könnte es notwendig werden,
es zu tun und aufzudecken, wie dieselben Bankiers im Herbst 1930 den
Botschafter Sackett gegen meine Regierung zu Gunsten der Nazipartei zu
beeinflussen suchten."
Quelle:
"Deutsche Rundschau", herausgegeben von Rudolf Pechel, 70. Jahrgang,
Heft 7, Juli 1947, Seite 6
Anmerkung: Mit
dem Botschafter Sackett ist der damalige US-Botschafter Frederic M. Sackett in
der Reichshauptstadt Berlin gemeint.
Im
Schwurgerichtssaal des Bonner Landgerichts hielt Dr. Heinrich Brüning am 25.
Februar 1953 einen Vortrag über die Weltkrise von 1928 - 1934 - Da
er, inzwischen wiederum Professor US-amerikanischer Universitäten, erneut über
die Geldgeber der Nazis nicht sprach, befragte ihn im Anschluß an seinen
Vortrag der Oberamtsrichter Dr. Sand mündlich. Dr. Brüning antwortete
ausweichend und einige Tage darauf am 5.3.1953 schriftlich:
Herrn
Oberamtsrichter Dr. Sand
(22 c) Waldbröl
Sehr verehrter Herr Oberamtsrichter!
Ich würde gern die an mich von Ihnen schon
persönlich gestellten Fragen ausführlich beantworten, wenn ich es für opportun
hielte. Man muss auf die Zeit warten, wo von anderer Seite, nicht von den
ausgesprochenen Gegnern des Nationalsozialismus, der Schleier von den Dingen,
die Sie erwähnen, gezogen wird. Nur dann hat es eine Wirkung. Ich kann Sie
versichern, dass viele an der Arbeit sind, auch im Ausland, diese Funktion
auszuüben.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr sehr ergebener
H. Brüning
Anmerkung:
Sein 'öffentliches Geheimnis' nahm Brühning mit ins Grab. Sofern beispielsweise
von der oben erwähnten Springer-Presse aus recht durchsichtigen Gründen Kritik
an der Person des Reichskanzlers Brüning geübt wurde, ist diese unbegründet.
Die Möglichkeiten der Widerlegung solcher Ehrabschneidungen sind Legion. Als
ein Beispiel von vielen soll aus dem Nachwort von Theoderich Kampmann zu
Brünings Memoiren zitiert werden:
"Was wäre geworden, wenn Brüning ein paar Monate länger das Steuer der deutschen Politik
hätte lenken können?" Meine Antwort lautet, daß es dann weder eine
Hitlerdiktatur noch einen Zweiten Weltkrieg gegeben hätte, weder den
gespenstischen Fackelzug, der das Dritte Reich eröffnete, noch das Meer von
Blut und Tränen, mit dem es versank.
Als Heinrich Brüning am 30.
März 1930 fünfundvierzigjährig seine Kanzlerschaft begann, war er der
Öffentlichkeit so gut wie unbekannt; als er am 30. Mai 1932 demissionierte, war
er der maßgebliche Politiker Europas. Durch Brüning wurde die Frage nach dem
Fortbestand der Weimarer Republik zur Frage des Fortbestandes der politischen,
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Ordnung aller europäischen Staaten, in
etwa selbst der USA.
Brüning war der erste Kanzler
nach der Katastrophe von 1918, der mit einem klaren Konzept vor den damaligen
Reichstag trat und der mit unerschütterlicher Gelassenheit dieses Konzept
Schritt um Schritt zu realisieren trachtete. Wenige Wochen nach Brünings
Amtsantritt wurde deutlich, daß es zwischen dem Reichsparlament und dem
Reichspräsidenten eine Reichsregierung gab, die weder pathetisch deklamierte
noch gewohntermaßen manipulierte, sondern mit unerschrockener Konsequenz
verfügte und handelte.
Die hohen menschlichen Qualitäten Brünings wurden selten bestritten. Etwa seine ethische Lauterkeit, seine
eiserne Disziplin, seine unermeßlich scheinende Arbeitskraft, seine profunde
Sachkenntnis, seine panoramic ability, seine Fähigkeit also, innerhalb der
political matters jedes und alles im Rundblick zu sichten. Weniger deutlich
wurde den Zeitgenossen, die Brüning gelegentlich einen Zauderer nannten, des
Kanzlers gelassenes Warten auf jenen entscheidenden Punkt, der blitzschnelles
Handeln erforderte. Richtiges Handeln an der falschen Stelle, heißt es in den
Memoiren, ist genauso verheerend wie falsches Handeln an der richtigen Stelle.
Wie Bismarcks politisches
Genie bestand dasjenige Brünings unter anderem darin, daß er einerseits auf
weiteste Sicht hin kalkulierte und andererseits, durch keinerlei Theorien
blockiert, jeden passenden Augenblick beim Schopfe faßte. Brüning wußte
insofern um das Geheimnis der coincidentia oppositorum, der Vereinbarkeit also
von Gegensätzen, als er bei jeder Unterhandlung nicht bloß den eigenen
Standpunkt einleuchtend umschrieb, sondern auch den gegnerischen Standpunkt
ruhig zur Kenntnis nahm und einem übergreifend Gemeinsamen einordnete.
Springers
Nazionismus
Kapitel 7:
"Gebrüder Strasser"
Gregor Strasser, Jahrgang 1892, und Otto, der etwas
jüngere Bruder, beide aus dem bayerischen Deggendorf stammend, galten Ende der
zwanziger Jahre in der NSDAP als die mächtigsten Männer nach Hitler. Otto ging
als erster im Jahre 1930 von der roten Fahne mit dem Hakenkreuz ("Die
Sozialisten verlassen die NSDAP") und Gregor, der mit anderen die
Dollar-Millionen des James P. Warburg in Empfang genommen hatte, verliess
seinen Führer erst 1932 - zwei Jahre darauf wurde der zuviel Wissende beim
sogenannten Röhmputsch ermordet.
Dr. Wilhelm Abegg, der anschließend zu Wort kommt,
war langjähriger Staatssekretär im Preussischen Innenministerium, damit Stellvertreter
des Ministers. Er leitete die Fahndung nach Hitlers Finanzierern. Hier aus der
Züricher Besprechung vom 26.5.1933 mit Dr. W. Abegg (Original im
Abegg-Archiv/Zürich):
d)
betreffend Gregor Strasser
Mit G.
Strasser hatte ich Ende 1932 und Anfang 1933 verschiedene Besprechungen. Er gab
zu, dass er mit einem Amerikaner Finanzverhandlungen führte, um das
Parteidefizit zu decken. Auf meine Frage, was Hitler als Gegenleistung
zugesichert habe, antwortete Strasser ausweichend. Er sei zwar mit der USA Finanzhilfe
einverstanden gewesen, aber nur bedingt. Er habe wissen wollen, was Hitler der
USA Hochfinanz als Gegenleistung versprochen habe, denn der amerikanische
Verbindungsmann habe ihm hierüber keinen Aufschluss geben wollen. Auch Hitler
habe ihm keinen Aufschluss gewährt u. er habe den Eindruck gewonnen, dass
Hitlers Gegenleistung mit dem Parteiprogramm in Widerspruch stehe. Das sei auch
einer der Gründe gewesen, weshalb er sich mit Hitler überworfen habe und von
der Politik nichts mehr wissen wolle.
In der gleichen Besprechung vermerkte Dr. Abegg
unter lit. c):
betreffend Dr.
Bell
Von Bell haben
wir weitaus am meisten über Hitlers Finanzquellen erfahren. Es ist schade, dass
hierüber keine Auszüge gemacht werden konnten.
Auch der nach Österreich entkommene Dr. Bell wurde
vorsichtshalber gleich mit erschossen.
Dr. Otto Strasser, der jüngere der beiden Brüder,
hat auf seiner Flucht (eine Million Reichsmark waren auf seinen Kopf
ausgesetzt) über Prag, Wien, Zürich nach Kanada im Januar 1940 in Paris bei
'Editions Bernard Grasset' sein Buch "Hitler et moi" erscheinen
lassen. Wir bringen daraus die Übersetzung eines Absatzes auf Seite 155:
"Hugenberg
und Schacht wurden sich ihres Irrtums bewusst und nahmen unverzüglich ihre
Beziehungen zu Hitler auf; von Papen versuchte, sich ihnen anzuschliessen. Die
Versöhnung des Ex-Kanzlers mit Adolf fand statt im Hause des reichen
Finanzmannes israelitischer Herkunft Schröder, der die Kassen für den neuen
politischen Feldzug des Nationalsozialismus auffüllen sollte."
Springers
Nazionismus
Kapitel 8:
"Baron Kurt von Schröder"
Jahrgang 1889. Der Familie mit ihren weltweiten
Bankbeteiligungen, mit ihren engen Beziehungen zu den Warburgs, wurde im Jahre
1868 der preussische Adel samt der Freiherrenwürde verliehen. Nach Ende des
Zweiten Weltkrieges trat der SS-General und gleichzeitige ITT-Direktor Baron
von Schröder in Nürnberg auf - als Zeuge der Anklage.
Der bereits erwähnte A. Poporski aus dem
Nachrichtendienst des Generals von Schleicher bekundete am 16. Juni 1955:
"Ich
wußte, daß am 4. Januar 1933 bei der Besprechung Hitler/Papen/Bankier Schröder
auch Herr John Foster Dulles, der jetzige Außenminister Amerikas, anwesend war.
Allan Dulles, der heutige Leiter des amerikanischen Central Intelligence, war
damals Direktor der Henry Schröder Banking Komp., New York. Der internationale
Bankier von Schröder arbeitete mit Warburg/Hamburg, der Schröder Komp. und der
Dillon-Read-Gruppe (Baruch). Das läßt Sie die Verbindung verstehen. Foster
Dulles war damals der Inhaber der Rechtsanwaltsfirma Sullivan & Cromwell,
welche die Rechtssachen der erwähnten Hochfinanzgruppe bearbeitet."
Baron von Schröder bestreitet die Dulles-Teilnahme
vom 4.1.1933 und er beschrieb 1957, dass "in meinem Hause die Unterhaltung
zwischen Herrn von Papen und Hitler stattfand, während Hess, Himmler und
Keppler sich im Nebenzimmer aufhielten."
Der Hamburger "Stern" 19/1973 brachte
unter dem Titel "Profite unter dem Hakenkreuz" den folgenden Bericht
(Auszug) vom "deutschen ITT-Direktor, Bankier und SS-General Kurt von
Schröder, dem SS-Führer Himmler persönlich verbunden":
"Als
besonders geeignet von den vorgeschlagenen Leuten fand Mr. Behn den Kölner
Bankier Kurt von Schröder, in dessen Haus am 4. Januar 1933 Franz von Papen und
Hitler zusammengetroffen waren, um die Machtübernahme der Nazis zu beschließen.
Bankier von Schröder (SS-Nr. 276 904) wurde neuer ITT-Direktor; 1936 wurde der
Bankier vom SS-Reichsführer Himmler zum SS-Standartenführer befördert und
später gar SS-Brigadeführer (Generalmajor).
Zum Chef aller
ITT-Unternehmen im Dritten Reich aber machte Behn den Rechtsanwalt Dr. Gerhard
Alois Westrick, einen älteren Bruder des späteren Ministers in Erhards
Bundeskanzleramt, Dr. Ludger Westrick (CDU). Westricks Anwaltsfirma hatte sich
damals auf die Vertretung amerikanischer Firmen in Deutschland spezialisiert.
Anwalt
Westrick und Bankier von Schröder verhalfen denn auchdem US-Konzern durch ihre
persönlichen Kontakte zur Nazi-Elite schon bald zu einer beträchtlichen
Expansion. ...
Frage: "War
Ihnen direkt oder durch Hörensagen irgendein Protest Behns oder seiner
Vertreter gegen solche Gesellschaften bekannt geworden, die sich an Umtrieben
für die Kriegsvorbereitungen Deutschlands beteiligten?"
v. Schröder:
"Nein." ...
Von da ab
übernahm ITT New York wieder alle deutschen ITT-Besitzungen in eigener Regie.
Auf den Trümmern des Reiches baute ITT ein neues Imperium, ein Konsortium von
fast 40 Firmen mit 60 000 Mitarbeitern und vier Milliarden Mark Umsatz ...
Sampson: "Wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten, hätte ITT als eine
makellose Nazi.Firma dagestanden; da die Nazis den Krieg verloren, stand ITT
wieder als makellose US-Firma da."
Derart
makellos war nach dem Kriege der Ruf von ITT als US-Firma, daß der Konzern 1967
sogar von der amerikanischen Regierung 27 Millionen Dollar Schadenersatz für
die von US-Bombern im Krieg zerstörten deutschen ITT-Fabriken einstreichen
konnte."
Springers Nazionismus
Kapitel 9: "RENE SONDEREGGER"
Rene Sonderegger - Schweizer
Journalist, später als Severin Reinhard bekannt durch politische Schriften und
Bücher. An den ihm untergeschobenen 'Antisemitismus' (was immer das sein mag,
auch Araber und Äthiopier sind Semiten) ist schwer zu glauben. 1933 schrieb
Sonderegger‑Reinhard nach Hitlers Machtantritt über die 'Judenfrage':
«Selbst die brutale deutsche Boykottbewegung gegen die deutsche Judenschaft
verhinderte nicht, dass sich das aus der Krise entstandene Übelwollen
gutschweizerischer Volkskreise gegen die Juden festigte.»
Aus seinem "Spanischen Sommer"
hier die ersten Seiten und die beiden Absätze "Die amerikanische
Finanzierung Hitlers" und "Das Warburg-Geheimnis".
Severin Reinhard
SPANISCHER SOMMER
Die abendländische
Wandlung
zwischen Osten
und Westen
INHALT
Seite
Einleitung:
Europäische Reise
Dom im Nebel . . . . . . . . 9
Furcht
auf Reisen . . . . . . . 10
Ueber
den Kirchtürmen Europas . . . .13
Hinter
den Pyrenäen . . . . . . .17
1. Kapitel: Spanien im
Weltgeschehen
Spanische
Gegenwart . . . . . . . 23
Isolierte
Erneuerung . . . . . . . 30
Die
Lehre des Bürgerkrieges 34
Praktikum
der Leninschule . . . . . 38
Progressive
Auswirkung . . . . . .42
Willielm
Tell und Den Quijote . . . . 51
Leviathan
ante portas . . . . . .57
Völkerrecht
und Weltherrschaft . . . . 64
Politik
und Wandlung . . . . . . 70
2.
Kapitel: Politik und Spekulation in
weltgeschichtlichen Tatsachen
Seltsame Wechselwirkung . . .
. . 77
Politische Lügen als
Spaltpilze . . . . 82
Wallstreetbörse und
Russenpolitik . . . 86
Tolstoj und die permanente
Revolution . . 90
Weltankläger Torquemada . . .
. . 93
Wischinsky's Inquisition . . .
. . . 95
3. Kapitel: Geld und
Geschichte
Das Bankhaus Kuhn Loeb &
Cie .. . . . 105
Getrennte
Geschäfte und geeinte Partner . 111
Rotschild
und Warburg 120
Jakob
H. Schiff 's «großer Coup» . . . 128
Die
Anweisung auf das Kriegsgeschäft 136
Leon
Trotzki und die Geldgeber des Bolschewismus . . . . . . . . . . 138
Der
besondere Preis . . . . . . . 146
4.
Kapitel: Gottesreich des Goldes
Bankiers, Puritaner und Propheten
. . . 151
Das religiöse Motiv des
Bankhauses . . . 155
Macht und Zweck des
Gottesreiches . . . 161
Auf der Spur des Zionismus . .
. . . 166
Antisemitismus als Rezept . .
. . . 170
Die amerikanische Finanzierung Hitlers . . 174
Das Warburg‑Geheimnis . . . . . . 183
5.
Kapitel: Die kommunistische Kehrseite des Kapitalismus
Paul
M. Warburg's Griff nach der Währung . 197
Die
Finanzierung der Zersetzung . . . . 202
"Operation
Mauseloch" und das Gesetz Moses 207
Die
talmudische Kippe zum Nihilismus 216
6.
Kapitel: Wertung und Ausblick
Die große Inversion . . . . .
. . 225
Der Weg der abendländischen
Wandlung . . 232
Dualismus und Einheit des
Geistes . . . 238
Gott ohne Geist? . . . . . . .
. 243
Schuldfrage und Sühne . . . .
. . 248
Auf dem Wege zur Synthese . .
. . . 257
7.
Kapitel: Der spanische Sommer
Kreutzer‑Sonate . . . .
. . . . 269
Sommerlicher Ausklang . . . .
. . 275
Dokumentar‑
und Quellennachweis, Anmerkungen . . . 289
......In einer Zeit, wo Völker
ihr Vaterland aufgeben, wo ihre heißbesungenen Begriffe zuammenfallen, erlebt
die Welt ein eigenartiges Schauspiel der Staatsgründung. Eine einfache Frage
muß die Antwort erzwingen. Wer den Antisemitismus finanziert, fördert den
Zionismus! Wer also den größten Antisemiten des Jahrhunderts finanziert hat,
Adolf Hitler, der hat zweifelsohne auch dem Zionismus größten Auftrieb
verliehen.
Die amerikanische Finanzierung Hitlers
Es hieße, den diplomatischen
Fähigkeiten hervorragender Zionisten wenig zuzutrauen, wenn man ihnen die
Ueberwindung. des Abelwillens der Juden gegen die Besiedlung der
palästinensischen. Wüste nicht zumuten würde. Wenn es sich zuerst darum
gehandelt hat, die Juden selber für Palästina zu interessieren, so mußte ein
kräftiger Antisemitismus unter den Völkern entschieden zugkräftig für den
Zionismus sein. Die Anwendung des antisemitischen Rezeptes war aber auch
wirksam, um die andern Völker für die Idee zu gewinnen. Die Regierungen aller
Länder bemühen sich, ihren Völkern das beunruhigende Laster des Judenhasses auf
diese oder jene Weise abzugewöhnen. Statt die natürlichen Ursachen der
Judenhetze abzuklären und zu beheben, versuchen die vereinigten Mächte der
öffentlichen Meinung das Recht auf Stimmungen abzusprechen, die sich periodisch
gegen das Judentum richten. Vielerorts ist man dazu übergegangen,
Antisemitismus als strafrechtlich erfaßbares Delikt zu bezeichnen. Damit ist
eine Folgeerscheinung willkürlich in Ursache verwandelt und diese, als Erreger,
den Medikamenten gleichgesetzt, die nur auf ärztliches Rezept hin den Patienten
verabreicht werden dürfen. Um festzustellen, wer das gefährliche Mittel an die
Patienten,
in diesem Falle die Völker der Erde, verabreichen darf, muß erforscht werden,
wer dem Antisemitismus Vorschub leistet. Das kann am allerbesten und
deutlichsten am Beispiel Hitlers gezeigt werden, dem zweifellos nicht
abzusprechen ist, daß er am meisten und gründlichsten Antisemitismus erzeugt
und verbreitet hat. Es ist dabei in Betracht zu ziehen, daß Adolf Hitler keineswegs
dilettantisch vorgegangen ist, indem er einfach eine judenfeindliche Stimmung
im deutschen Volke erzeugt hat. Er hatte auch keineswegs die gewöhnliche
Politik der Verlegenheit angewandt, die den Juden als Sündenbock für
wirtschaftlichen Mißerfolg dem Volkszorn preisgibt. Bekanntlich hat Hitler nach
seinem Machtantritt das wirtschaftliche und finanzielle Schicksal Deutschlands
in die eigene Hand genommen und gewissermaßen in Idealkonkurrenz zu Franklin D.
Roosevelt verschiedene Probleme der Wirtschaft angepackt, wie beispielsweise
die Arbeitslosigkeit. Den Juden aber hatte er den Krieg erklärt. Er hatte dies
nicht über Nacht getan und hatte sie nicht plötzlich überfallen, sondern er
bekannte sich in seinem Buche "Mein Kampf" als unversöhnlicher Gegner
des Judentums Es blieb den Juden in Deutschland anheimgestellt, seine
Androhungen ernst zu nehmen oder sie zu mißachten, aber ein Zweifel darüber ist
er weder den Juden selber noch irgend jemandem schuldig geblieben, daß er bei
Antritt der Macht den Krieg gegen das Judenvolk mit aller Schärfe führen werde.
Demnach ist Adolf Hitler als Judenfeind zu betrachten, der sich wie kein
anderer Staatsmann in der Geschichte offen gegen die Juden wandte. Es ist
keinem intelligenten Menschen zuzutrauen, zu glauben, daß Mächte, welche am
Zustandekommen der Machtergreifung Hitlers beteiligt waren, diese Gesinnung
Hitlers verkannt haben und von seiner antisemitischen Einstellung nichts
wußten. Im Gegenteil mußte sich jedermann, der Hitler im großen finanziell
unterstützte, darüber klar sein, daß damit auch der antisemitische Krieg
unterstützt würde. Der hitlersche Antisemitismus hatte aber nicht nur in
Deutschland seine Wirkung, sondern ganz Europa wurde von den Folgen der
judenfeindlichen Handlungen Hitlers erfaßt und was in Deutschland an
antisemitischem Samen gesät war, ging auch bald in der ganzen Welt als
zionistisches Erwecken tausendfältig auf.
Es war durchaus nicht das
erste Mal in der Geschichte der Völker, daß Menschen um ihrer Gesinnung oder
Herkunft willen verfolgt und in die Emigration getrieben wurden. Aus dieser
Tatsache hat sich aber auch manche Erschließung neuer Erde und neuer
Möglichkeiten ergeben. Gerade das Beispiel der Puritaner zeigt, wie politische
Ursachen oftmals kolonisatorische Wirkungen nach sich ziehen. Auch die
Hugenotten haben aus der Not ihrer Emigration eine Tugend gemacht und viele der
europäischen Wandlungen haben die Besiedlung des amerikanischen Kontinentes
nach sich gezogen. An praktischen Vorschlägen, die von Hitler vertriebenen
Juden kolonisatorisch zu erfassen und ihre Enttäuschung über eine Zivilisation
in neue sinnvolle Lebensgestaltung umzuleiten, hat es nicht gefehlt. Es zeigt
sich aber, daß der Zionismus aus diesen Verfolgungen der Juden allein Ernte
hielt und zwar nicht nur inbezug auf die Verwirklichung des Judenstaates in
Palästina, sondern auch als geistiger Auftrieb, dem eine Art jüdische
Renaissance auf dem Fuße folgte.
Es wäre schlecht gedacht,
einer Persönlichkeit vom Stande und der Bildung des deutschen Bank‑ und
Industrieführers Max M. Warburg zuzutrauen, er würde die wahre Einstellung
Hitlers verkannt haben und sich haben verleiten lassen, in Deutschland zu
verbleiben, bis schließlich eine letzte Welle, kurz vor Ausbruch des
unvermeidlichen Weltkrieges, auch das Haus Warburg & Cie. in Hamburg
hinwegspühlte. Vielmehr ist anzunehmen, daß der bedeutende Mann das
Unvermeidliche soweit an sich hatte herankommen lassen, bis er im Juli 1938 die
Zeit gekommen sah, das sinkende Schiff Deutschland zu verlassen. Es ist nicht
zu übersehen, daß Max M. Warburg nicht nur der Bruder des großen Paul M.
Warburg im Bankhaus Kuhn Loeb & Cie. war, der als einziger unter den
amerikanischen Finanz‑ und Wirtschaftsführern den "schwarzen
Freitag" voraussagen konnte, sondern imstande war, seinen in Deutschland
verbliebenen Bruder vor kommenden Dingen zu warnen. Aber Max M. Warburg war ja
auch der Bruder von Felix M. Warburg dem Vorsitzenden des Administrative
Committee der Jewish Agency, der als einer der führenden Zionisten zu gelten
hat und im Aufbau Palästinas eine eigenartige, maßgebliche Stellung inne hatte.
Seine Gattin war Vorsitzende der zionistischen Frauenorganisationen und in Dr.
Judah L. Magnes, dem Kanzler der hebräischen Universität in Jerusalem, besaß
der unerschöpfliche Finanzmann einen Mitarbeiter, der als die geistige
Kapazität des Judentums eine besonders wichtige Rolle im Zionismus spielt.
Wenn von einem einzigartigen
Geschäft die Rede ist, welches zwischen 1929 und 1933 entscheidend dazu
beigetragen hat, Adolf Hitler "auf legalem Wege" zum Machthaber in
Deutschland zu machen, so handelt es sich um eine Parallele zu den finanziellen
Unternehmungen, mit denen der Gründerpräsident des Bankhauses Kuhn Loeb &
Cie., Jakob H. Schiff, schon einmal den Verlauf der geschichtlichen Ereignisse
beeinflußt hat. Trotz der sehr imposanten Höhe der dabei aufgewendeten Summen,
handelte es sich aber stets um spekulative Einsätze, denen die Bedeutung des
Züngleins an der Waage zufiel. Was weit mehr als das eingesetzte Geld zum
Gelingen beitrug, war die kühne Konzeption und die einzigartige Strategie,
welche bei diesen Eroberungen, wie von einem Generalstab, angewendet wurde. Nur
ein Kopf, der gewohnt war, in Jahrhunderten zu denken und Begriffe ebenso wie
Machtmittel zur Seite zu haben, war imstande, solche Einsätze zu rechtfertigen.
Rechtfertigen vor wem? Nun, zunächst vor den Teilhabern des Bankhauses Kuhn
Loeb & Cie.
Die Rolle eines Mitgliedes der
Familie Warburg, bei der Finanzierung Hitlers in den entscheidenden Phasen
seines Aufstieges zur Macht, erträgt eine Reihe von Deutungen, von
mythologischen Zusammenhängen bis zu primitiven Wirklichkeiten. Aber die
Mystifikation, welche das Warburggeheimnis umgibt, ist unschwer in klare
Tatsachen aufzulösen. Zunächst ist allerdings eine Publikation maßgebend,
welche im Jahre 1933 bei dem bekannten Verlage Holkema und Warendorf in
Amsterdam erschienen ist und den Titel trägt: "Die Geldquellen des
Nationalsozialismus". Es ist ein Bericht über drei Verhandlungen mit
Hitler. Als Autor ist Sidney Warburg genannt und der holländische Text ist von einem
Schriftsteller namens J. G. Schoup aus einer Sammlung von
Originalaufzeichnungen, tagebuchartigen Hinweisen und Berichten verfaßt worden.
Soweit dabei handgreifliche Verschreibungen und Mängel am Manuskript haften geblieben
sind, handelt es sich, wie bei den Fehlern an orientalischen Teppichen, weit
mehr um Beweise der Echtheit des Dokumentes, als um das Gegenteil. Das Buch
hatte aber kaum das Licht des Tages erblickt, als es auch schon aus dem Handel
zurückgezogen wurde. Nur wenige Exemplare scheinen den Weg in die Freiheit
gefunden zu haben, und was von einem jüdischen Rechtsanwalt in Amsterdam, im
offensichtlichen Auftrag der Warburg‑Familie nicht zurückgeholt werden
konnte, wurde von Geheimpolizisten der Hitlerbewegung in Holland erjagt.
Nachdem Hitler zum Haupt des benachbarten Deutschland geworden war, wäre es dem
kleinen Staate Holland zweifellos auch nicht wohlbekommen, wenn diese
Dokumentationen, die ein finanzielles Geheimnis des Führers beleuchteten, ausgekommen
wären. Dazu existierte in Holland bereits eine nationalsozialistische Bewegung
unter der Führung Musserts, die sich alle Mühe gab, auch die Gerüchte um dieses
Buch, die überall herumschwirrten, zum Verstummen zu bringen. Die bloße
Kenntnis einer bevorstehenden Publikation über Enthüllungen eines Mitgliedes
der Familie Warburg hatte in Europäischen Bankkreisen erhebliches Aufsehen
erregt und das Interesse daran wollte nicht abflauen, bis endlich eine
Broschüre erschien, die einen ähnlichen Titel trug, vom Kassier der
Mussertbewegung in Holland verfaßt war und allgemeine Behauptungen über die
finanzielle Sauberkeit und Unabhängigkeit der Hitlerbewegung enthielt. Die
Empfänger, welche anderes erwartet hatten, gaben ihrer Enttäuschung Ausdruck
und es prägte sich das Wort "Mystifikation", welches zum schützenden
Nebel um das verschwundene Buch eines Warburg wurde. Auffallenderweise verzog
sich auch der in Amsterdam wohnende Anwalt, welcher das Verschwinden des Buches
geleitet hatte, nach den Vereinigten Staaten, wo er als Mitbewohner im Hause
gesichtet wurde, das auch von Max M. Warburg nach seiner Flucht aus Deutschland
bewohnt worden ist.
So gründlich die belastende
Dokumentation über den finanziellen Grund von Hitlers Erfolg beseitigt worden
war, so fielen doch dem österreichischen Gesandten von Alexis in den Haag die
zwei Exemplare in die Hände, welche offenbar in die Stöße von Büchern geraten
waren, die eine Bibliothek zu empfangen pflegt, um sie sukzessive zu
katalogisieren. So kam das geheimnisvolle Buch in zwei Exemplaren nach Wien, wo
es vom Bundeskanzler und einigen Vertrauten der Regierung gelesen wurde. Die
Herausgabe dieser Wahrheiten schien den Oesterreichern aber nicht mehr ratsam,
nachdem sie durch den Mord an Bundeskanzler Dollfuß und die Umtriebe der
national sozialistischen Zentrale an der Teinfaltstraße eingeschüchtert und von
drohenden Maßnahmen des Reiches bedroht waren. Dazu schien es der Regierung
nicht geraten, unter den Augen des deutschen Gesandten von Papen die
Weltöffentlichkeit auf diese Zusammenhänge hinzuweisen. Die zuständigen Stellen
sandten daher einen Vertrauensmann in die benachbarte Schweiz, wo soeben die
Enthüllungen von Dr. Otto Straßer über die Vorgänge in Deutschland in einem
Buche "Die deutsche Bartholomäusnacht" erschienen waren. Ehe noch der
deutsche Griff nach Oesterreich vollzogen war, wurde das eine der beiden
Exemplare dem Verleger Straßers ausgehändigt, der in der Folge eine kleine
Publikation unter dem Titel "Finanzielle Weltgeschichte" (Resoverlag
1936) herausgab, deren Wirkung in der Flut von politischen und andern
Enthüllungen unterging.
Eine erste Abklärung über den
wahren Verfasser des geheimnisvollen Buches ergab sich aus einer zufälligen
Unterhaltung, die der Verfasser mit dem gerade zum Minister ernannten
schweizerischen Geschäftsträger in Prag, Dr. Bruggmann, im Kreise seiner
Familie hatte. Nach Erwähnung des Namens und der Umstände bestätigte die Gattin
des hohen Gastgebers, daß es sich um niemand anders handeln könne, als einen
Gespielen aus Ihrer Jugendzeit, der auch ihr Schulkollege war und sie gab eine
Reihe von Feststellungen an, welche nicht nur auf die Angaben des Buches
paßten, sondern die Persönlichkeit des Verfassers deutlich machten. Sidney ist
ein naheliegendes Synonym für James, weil beide Namen im familiären Umgang mit
"Shimmy" bezeichnet werden und nach sorgsamen Prüfungen sowohl der im
Buche erwähnten Umstände als auch der übrigen Charakterisierungen und Tatsachen
konnte hinter dem Verfasser niemand anders zu suchen sein, als James P. Warburg,
der im Jahre 1896 geborene, einzige Sohn des früheren Staatssekretärs Paul M.
Warburg, des Teilhabers von Kuhn Loeb & Cie. Das ungewollte Zeugnis der
hohen Dame erhielt sein Relief durch den Umstand, daß es sich bei ihr um die
Schwester des früheren Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, Henry A.
Wallace, handelt, die als Gattin des schweizerischen Gesandten, Minister
Bruggmann, alsbald in Washington ihren neuen Wirkungskreis antreten konnte.
Eine Folge von weitern
Zeugnissen, Indizien und schlüssigen Beweisen verdichtete die Vermutung über
die Persönlichkeit des Autors zur einfachen, leicht beweisbaren Tatsache. Ganz
abgesehen davon erleichterten die schriftstellerischen Leistungen, welche James
P. Warburg in den nachfolgenden Jahren zutage brachte, erheblich die Klärung
der Zusammenhänge. In seinen Büchern "The Money Muddle" und
"It's up to us", welche beide im Jahre 1934 in New York erschienen
sind, enthüllt sich die geistige Beschaffenheit eines Mannes, der sowohl als
Mitglied der Hochfinanz, als auch durch sein ganz besonderes Wissen und seine
Theorien und Lehren zu einzigartiger Bedeutung emporgewachsen ist. Zwischen den
Zeilen fast eher als in immerhin deutlichen Anmerkungen, aus Lücken ebensowohl
wie aus enthüllenden Hinweisen ergibt sich die unwiderlegbare Bestätigung
seiner geheimen Mission, die er bei Hitler zur Ausführung gebracht hat. Dazu
ist seine freundschaftliche Beziehung zu Präsident Roosevelt, der ihm ganz
besondere psychologische Kenntnisse der beiden Diktatoren in Europa, Hitler und
Mussolini verdanken konnte, und seine Vertrautheit mit der weltpolitischen
Umspannung der Welt durch die Diplomatie des Weißen Hauses ein solider Grund
für die übrigen Beweise seiner Intervention im Schicksal Europas.
Die gewaltigen Geldmittel,
welche Hitler durch Warburg in den entscheidenden Phasen seines Aufstieges
vermittelt worden sind, haben ihre Wirkung getan. Der deutsche Riese Goliath
ist, wie einst der zaristische Koloß, gefällt. Die Zerrüttung des europäischen
Kontinentes, der Zerfall seiner Zivilisation und die endgültige Vernichtung
seiner Vorherrschaft hat zwar den Boden für die Errichtung des amerikanischen
Imperiums freigegeben. Im Wesentlichen aber ist aus diesem vernichteten Europa
der unwiderlegbare Beweis für die Notwendigkeit des Gottesreiches der Juden in
Palästina und auf Erden aufgestiegen und hat alle Juden in allen Ländern in
einer Art und Weise geeinigt, wie das die Führer des Zionismus kaum zu hoffen
wagten, als sie Theodor Herzl's Idee zur Aufgabe übernahmen. Aber auch alle Völker,
die teils in ihre Ghettos zurückgeworfen und der Bestrafung ausgeliefert sind,
haben diese Notwendigkeit begriffen. Dazu ist im weitesten Sinne die Erfüllung
der biblischen Prophetie in die Wege geleitet worden und die Menschheit steht
im Begriffe, erfassen und begreifen zu lernen, daß eine talmudische Rechnung
darüber geführt worden ist, was dem Volk Israel auf seinem Wege zum
Gottesreiche Gutes und Böses angetan worden ist.
Die gigantische Finanzierung
Hitlers war somit eine Finanzierung des Antisemitismus. Aus den Katastrophen
hat sich das zionistische Ziel als Licht in der Dunkelheit des ewigen Wanderers
Ahasverus erhoben. Der Friedhof der Nationen, das Schlachtfeld der Zivilisation
und die Ghettos der niedergeworfenen Völker reihen sich an den Pfad, auf
welchem der Zug der Hebräer seinem Ziele zustrebt. Was an Irrtümern der
Menschheit an Bruchstellen der Entwicklung und an Sünden der Geschichte seine
Fälligkeit erleben mußte, das hat sich als Steinbett des einzigartigen Weges
erwiesen, durch welchen ein Volk seine Neugeburt erleben will. Ein Reich,
dessen Vernunft die Anschauungen der Völker beleben, dessen Macht sie
beherrschen und dessen weise Führung sie lenken und zum Ziele führen soll,
wird. das Gottesreich auf Erden sein, das mit Kanaan übereinstimmt.
Das Warburg‑Geheimnis
Der Ablauf geschichtlicher
Ereignisse erfährt in der Geschichtsschreibung zuweilen erst nach Jahrhunderten
die Würdigung, welche den Wirklichkeiten zukommt, die sich hinter den
Vorkommnissen versteckt gehalten haben. Erst im Bilde der Epochen, welche das
Werden der Menschheit bestimmen, entblößen sich Triebkräfte, deren Wesen
unbekannt geblieben ist. Was als Durchbruch festgestellt werden muß, entpuppt
sich oft als Folge eines biologischen Vollzuges und was an elementaren Kräften
in explosiven Wirkungen zutage getreten ist, kann später oft als Erfüllung
neuer, geistiger Erkenntnis verständlich gemacht werden.
Das Warburggeheimnis ist eine
erregende Tatsache, welche nicht nur die Geschichtsschreibung in neue, bisher
noch kaum betretene Gefilde lenkt, auf denen es Tatsachen, Ursachen und
Wirkungen zu ordnen gibt, sondern das Geheimnis deutet, das in dieser
Darstellung deutlich gemacht wird. Ein neues Kapitel der Weltgeschichte wird
sozusagen auf der Schwelle seines Vollzuges erschlossen
Warburg hat seine
Niederschriften, die Tagebuchnotizen, Kabeltexte, Protokolle und eigenen
Vermerkungen in einem Augenblicke preisgegeben, als ihn seine eigene Rolle, die
ihm zugewiesen war, übermannte. Was die Stärke seines Herzens war, ist ihm
zweifellos als Schwäche ausgelegt worden und bedingte seine unentwegte
Bemühung, sich in der Folge zu rechtfertigen und als Nachfolger seines Vaters
nicht nur dem engen Kreise des Bankhauses anzugehören, wo er als Erbe seinen
Platz fand, sondern auch den Rang im "Uebergeschehen" zu erwerben, an
dem teilzunehmen und mitzuwirken er berufen war. Er hatte im Freundeskreise aus
seinem Herzen keine Mördergrube gemacht, als er in England die frischen Eindrücke
wiedergab, die er auf seinem letzten Besuche in Berlin aufgenommen hatte. Für
einen kurzen Augenblick glaubte er es mit seinem Gewissen nicht vereinen zu
können, sein Wissen um die Hintergründe des Geschehens für sich zu behalten. Er
wollte sich opfern, um der Menschheit zu dienen. Damit enthüllte er eine
messianische Leidenschaft, wie sie in seinem engeren Umkreis durchaus
naheliegend und verständlich sein muß, denn alles, was den jungen Mann umgab,
war ein unentwegtes Sichbewegen im Kreis der prophetischen Dinge. Als Sohn
eines Berufenen und Sproß eines Geschlechtes, das Höchstes und Letztes
vertritt, brauchte er keineswegs zu lernen, was seine Aufgabe sein sollte,
sondern es kam nur darauf an, in sie hineinzuwachsen. Die Preisgabe eines
Geheimnisses, unter dem Druck des Gewissens, war ihm, trotz der unermeßlichen
Gefährdung, nicht schwer anzurechnen. Es ist anzunehmen, daß es ihm gelungen
ist, die Scharte auszuwetzen und er dürfte als Teilhaber des geheimnisvollen
Bankhauses weit mehr als nur die Rolle eines Weltbankiers und superklugen
Schriftstellers innehaben.
Der amerikanische Journalist
H. R. Knickerbocker beschreibt in seinem berühmten Buche "Deutschland So
oder So?" (hitlerisch oder kommunistisch?) die Lage auf dem europäischen
Kontinent im Jahre 1932 und kam zu folgenden Schlußfolgerungen:
"Die amerikanischen
Investitionen auf dem europäischen Kontinent sind in einem Schlachtfeld
angelegt.
Das deutsche Volk hat als
Ganzes den Versailler Vertrag abgelehnt und verworfen. Frankreich sieht in ihm
seine einzige Lebensgarantie. Deutschland kann keine Reparationen zahlen. In
einer gesunderen Wirtschaft könnte es zahlen, aber es wird es nicht tun, denn
in Zukunft wird Deutschland keinen Teil des Versailler Vertrages erfüllen.
Seine Privatschulden kann und wird Deutschland zahlen, vorausgesetzt, daß die
Franzosen nicht mit Gewalt gegen das Reich vorgehen. Deutschland ist
entschlossen aufzurüsten, wenn Frankreich nicht abrüstet."
Das ist die Quintessenz der
sorgfältigen Untersuchungen, mit denen der amerikanische Schriftsteller seinen
hohen Rang als analytischer Betrachter unter Beweis stellte. Seine
Feststellungen bilden den tatsächlichen Ausgangspunkt für die Wahrheiten,
welche Warburg in seinem Geheimbuch darlegte. Gleichzeitig operierte Morgan über
die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Dieser lag die
Verwaltung amerikanischer Forderungen in Deutschland ob, welche in den
verschiedenen Anleihen in Erscheinung traten (Dawes‑Young u. a.
Anleihen). Aufgabe dieser Bank sollte sein, diese Wertpapiere vor dem
vorbestimmten Kurszusammenbruch ins breite Publikum abzustoßen, was ja auch
durch das Mittel einer gewaltigen Propaganda gelang. Damit diese Manipulationen
durchgeführt werden konnten, war es notwendig, die deutsche Währung aufrecht zu
erhalten, wenigstens so lange, bis das Geschäft gemacht war. Der sicherste Mann
für die Ueberwachung dieses Geschäftes war Dr. Schacht. Es ist aber notwendig,
diesen Wahrheiten vorerst noch eine Tatsache voranzustellen, die sich auf den
Prozeß von Nürnberg, im Jahre 1946, bezieht, wo die Männer um Hitler als
Kriegsverbrecher verurteilt und hernach gerichtet worden sind. Zur
Charakterisierung der Prozeßführung ‑ einem neuesten Bericht der
"Neuen Zürcher Zeitung" über spätere Vorfälle vor dem Gerichtshof entnommen
‑ sei der Fall des Verteidigers, Dr. Seidel genannt, der in seinem
Plädoyer wiederholt auf den Vertrag von Versailles Bezug nahm, obwohl solche
Hinweise "als für den Prozeß unerheblich" bereits mehrmals abgelehnt
worden waren. Beim ersten Vortrag des Plädoyers machte Richter Lawrence auf
diesen Entscheid aufmerksam. Als Dr. Seidel trotzdem aus dem Vertrag zitierte,
wurde er angewiesen, seinen Vortrag abzubrechen und sein korrigiertes
Manuskript dem Gericht vorzulegen. Auch das korrigierte Manuskript enthielt
zahlreiche Zitate aus dem Vertrag von Versailles. Darauf nahm das Gericht
selbst die entsprechenden Streichungen vor und Seidel beschränkte sich nunmehr
auf die Verlesung des Restes seines Manuskriptes.
Warum durfte in Nürnberg ‑
und auch später nicht ‑ nie vom Versailler Vertrag die Rede sein?
Es war im Juli 1929 als unter
den Bankiers von Wallstreet eine beklemmende Stimmung Einzug zu halten begann.
Zwar lief die Spekulation in Amerika noch auf Hochtouren und nur Paul M.
Warburg erhob warnend seine Stimme, als müsse dieser besinnungslose Tanz um das
goldene Kalb ein drastisches Ende nehmen. Unter der Führung des Leiters der
Guaranty Trust Company, Mr. Carter, fanden sich die Direktoren der fünf Federal
Reservebanken zu einer Besprechung ein, bei welcher auch Rockefeller Junior und
Mc. Glean als Vertreter der Oelinteressen teilnahmen. Selbst den Magnaten der
Hochfinanz erschien die Lage bedrohlich, als sich ergab, daß über 5 Milliarden
Dollars von 8 1/2 Milliarden, die in Mitteleuropa investiert waren, eingefroren
waren und weder Zinsen noch Abzahlungen eintrugen. Es handelte sich nicht nur
um Schuldenpapiere, welche als Siegespreis deutsche Verschuldungen darstellten,
sondern man hatte diesem Volke auch Darlehen und Anleihen gewährt, weil man sich
von seiner Tüchtigkeit, seinem Arbeitswillen und Fleiß pünktliche
Zinsleistungen versprach. Zusehends nahm aber die deutsche Zahlungsfähigkeit ab
und die Untersuchungen ergaben, daß die Befriedigung aller Forderungen durch
die deutsche Wirtschaft nicht mehr erfüllt werden konnte. Die Ursache dieses
Zustandes entdeckte man bei den Franzosen. Sie hatten es verstanden, ihre
Ansprüche, die ihnen durch den Vertrag von Versailles zugestanden worden waren,
zu privilegieren. Nachdem sie die Sachleistungen der Deutschen abgelehnt
hatten, zogen sie ihren Anteil an Reparationen in Gold ab, das den Deutschen
für den Exportüberschuß bezahlt werden mußte. Sie stärkten die Geldpolitik der
Banque de France in einem Maße, daß sie ihren gefährdeten Franken wieder sanieren
und sogar eine aggressive Währungspolitik führen konnten. Die Amerikaner und
Engländer gingen mit ihren Ansprüchen auf Reparationen leer aus und so oft
davon die Rede war, erhob sich ein wütendes Zeitungsgeschrei gegen die
Geschäftemacher, welche nur Dollar, nicht Blut, wie die Franzosen, geopfert
hatten. Zu diesen nüchternen Feststellungen gesellte sich die Tatsache, daß
Deutschland seit dem Abkommen von Rapallo, welches von Walther Rathenau
durchgesetzt worden war, starke politische und wirtschaftliche Neigungen zu
Rußland entwickelte. Russisches Benzin begann den deutschen Markt durch die
"Derulop" zu erobern und zwischenstaatliche Beziehungen brachen sich
Bahn, die den Angelsachsen zunehmend Sorgen bereiteten.
Die Finanzleute waren sich
darüber einig, daß eine Aenderung der Lage auf politischem Boden herbeigeführt
werden müsse, nachdem sich die wirtschaftliche und finanzielle Möglichkeit
dafür nicht mehr ergab. Es erhob sich die Notwendigkeit, in Deutschland einen
Mann zu finden, der imstande war, der revolutionären Entwicklung des
Bolschewismus zuvorzukommen und eine nationale Politik zu betreiben, welche auf
Frankreich beängstigend wirken sollte. Unter dem Druck einer neuen Bedrohung
würden die Franzosen sich an die früheren Alliierten wenden, und diese würden
Frankreich die Bedingungen für ihre weitere Hilfeleistung zunächst diktieren.
Nur eine solche Entwicklung der Dinge konnte dazu führen, das
Reparationenproblem neu zu regeln und Frankreichs Vormachtstellung auf dem
Kontinent und in der Währungspolitik zu brechen.
Der Mann, den die Bankiers
nach Deutschland schickten, um die Frage einer deutschen Revolution zu prüfen,
fand sich in der Person des jungen Warburg, der klug, gebildet und wohlbehütet
war und die deutsche Sprache beherrschte, weil er im Bankhaus seines Onkels in
Hamburg mehrere Jahre gearbeitet hatte. Mit allerhöchsten Empfehlungen
ausgestattet, reiste Warburg nach Deutschland. Er traf sich bald darauf mit
Hitler in München, der nur allzuwillig in die dargebotene Hand des reichen Amerikaners
einschlug und sich von ihm aus den Geldsorgen befreien ließ, die ihn und seine
nationalsozialistische Bewegung ständig bedrängten. Amerika? Gewiß, Deutschland
vergißt nicht, daß die Amerikaner die ersten waren, die Deutschland wieder auf
die Beine halfen. (Was mochte Hitler davon wissen, daß es die Warburg auf der
alliierten Seite waren, welche den Warburg auf der deutschen Seite die Schiffe
des norddeutschen Lloyds wiedergaben!) Die Schulden an Amerika werden strikte
bezahlt werden, wenn ich zur Macht komme, sagte Hitler und Warburg nahm das
befriedigt zur Kenntnis. Frankreich? Lesen Sie mein Buch "Mein Kampf"
und Sie werden sich überzeugen, daß Frankreich unser Feind ist, den Deutschland
niederringen muß um zu bestehen. Bolschewismus? Wer in aller Welt ist
entschlossener als ich, gegen die Russen aufzutreten? Es dauerte nicht lange,
bis Warburg auf seinen Kabelbericht die Ermächtigung bekam, Hitler zunächst 15
Millionen Dollar, also 60 Millionen Mark auszuhändigen. Die Transaktion vollzog
sich in Amsterdam, wo Mendelssohn & Cie einen Teil der Summe, die
Bankvereinigung in Rotterdam einen anderen Teil des Geldes und Rom den Rest an
Hitlers Vertrauensleute ausbezahlte.
Im Jahre 1931 hatte sich die
Lage für die amerikanische Hochfinanz noch keineswegs gelockert. Wohl hatte
Hitler bedeutenden Zuwachs bekommen, sein Ansehen stieg und er hatte eine Armee
organisiert, die auch den letzten Einsatz wagen konnte. Er bat um neue
Zuwendungen und als Warburg seinen Auftraggebern das Gesuch unterbreitete,
fanden diese eine neue Reise notwendig. Warburg traf Hitler in teilweise neuen,
imposanteren Umständen in Berlin, wo ihm auch neue Männer der Partei
vorgestellt wurden. Unterdessen spielte sich in Amerika ein neuer Akt der
Tragödie ab, welche diesem Vorspiel unweigerlich folgen mußte. Präsident Hoover
war der Klage der Bankiers müde geworden. Er sah das Volk in Arbeitslosenheere
zerfallen und glaubte, daß die Prosperity round the corner, gerade um die Ecke,
wiederzufinden sei. Kaum hatte er seinen Wunsch und Willen bekundet, das
Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung, nämlich das Reparationenproblem,
anzupacken, erschien bei ihm der französische Ministerpräsident Laval mit
seiner Tochter und ließ in New York zwei Direktoren der Banque de France, die
imstande waren, seinen politischen Forderungen Nachdruck zu verschaffen. Hoover
verpflichtete sich, das Reparationenproblem niemals wieder aufzugreifen, ohne
vorher die Zustimmung Frankreichs einzuholen, worauf die Banque de France sich
entschließen konnte, ein Guthaben in Gold von über 800 Millionen Dollar stehen
zu lassen. Der Abruf hätte dem Dollar das gleiche Schicksal bereitet, das in
jenen Tagen dem englischen Pfund auferlegt worden war, denn es mußte sich die
Bank von England zum ersten Male seit ihrem Bestehen entschließen, vom
Goldstandard abzugehen.
Warburgs Nachrichten waren
ermunternd und Hitler bekam noch einmal die saftige Zulage von 10 Millionen
Dollars, welche die geheimen Zuwendungen aus dem Rheinischwestfälischen
Syndikat ergänzten. Die Rhenania in Düsseldorf vermittelte ihm dazu auch die
Beiträge des holländischen Oelmagnaten Deterding, der es den Russen übel
genommen hatte, daß sie ihm die Oelquellen von Baku vorenthielten und zudem
noch Dumping‑Konkurrenz gegen ihn betrieben. Bei seinem Onkel und anderen
Freunden ließ sich Warburg über die antisemitischen Tendenzen Hitlers
beruhigen, obwohl es sich mit seinem Stolz und der Empfindlichkeit, die ihn
auszeichnete, schwer vertrug, einem Manne Geld zu geben, der seine Rasse als
minderwertig bezeichnete und sie ausrotten wollte.
Die Wallstreet war durch die
Uebereinkunft Hoovers mit Laval aufs äußerste erbittert und verweigerte in der
Folge ihre Wahlbeiträge, welche die Wiederwahl dieses Präsidenten sichern
sollten. In diese Lücke trat ein Demokrat, Franklin D. Roosevelt, der sich der
Unterstützung mächtiger Spekulantenggruppen erfreuen konnte und vor allem die
Unterstützung der Radikalisten und Zionisten besaß. Unter den ersten Vertretern
der Hochfinanz, die sich an seine Seite stellten, war auch der Sohn des
Staatssekretärs in der demokratischen Regierung Wilsons, der junge Warburg, der
sich als besonderer Kenner der Währungsprobleme aufspielte und stets zwischen
den Theorien von Keyne, Fisher und andern Größen einen praktisch gangbaren
Ausweg zu finden wußte. Der Börsenkrach in Wallstreet hatte die Dinge
durcheinandergeworfen und Europa war von einer Kette gewaltiger Zusammenbrüche,
dem Nordwollekrach, dem Krach der österreichischen Nationalbank und andern
Konkursen großen Stils erschüttert worden. Immer mehr zog die Figur Hitlers die
Aufmerksamkeit der Finanziers auf sich, welche von einem bolschewistischen
Umsturz zunächst nichts, von einer nationalsozialistischen Entwicklung aber
alles, und nicht zuletzt gewaltige Rüstungsgeschäfte, zu erwarten hatten.
Das dritte Zusammentreffen
Warburgs mit Hitler vollzog sich unter Begleitumständen, die der Feder eines
Shakespeare würdig wären. In der dem Reichstagsbrand folgenden Nacht begegneten
sich die Exponenten zweier Welten, um feilschend und streitend den Betrag
festzusetzen, der die letzte Stufe der Machtergreifung überwinden sollte. Zwar
hatte Hitler bereits das Amt, das er gesucht hatte, aber es fehlte ihm das
Geld, um die Wahlen zu gewinnen. Bitterlich beklagte er sich über Hugenberg,
der ihm die Mittel vorenthielt, mit denen er auch ihn überspielt haben würde.
Er verwies auf die vollen Gewerkschaftskassen, welche den Sozialdemokraten die
Mittel für die Wahlen zur Verfügung stellten. Die Kommunisten waren von Rußland
her finanziert und nur er stand vor hoffnungslos leeren Kassen, die sein
Verderben zu werden drohten. Joseph Goebbels beschrieb die Lage in seinem Buche
"Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei". Tiefe Niedergeschlagenheit hatte
sich der Führerschaft bemächtigt, aus welcher Gregor Straßer als aussichtsreichster
Retter in der Not unter dramatischen Umständen ausgeschieden war. Von
Selbstmord ist die Rede; düstere Andeutungen, wie die Aussichtslosigkeit eines
Staatsstreiches, beschatten die tagebuchartigen Aufzeichnungen. Da, plötzlich
ein Lichtstrahl ! "Ein großer Betrag ist uns zugesichert worden." Man
wird den Kampf aufnehmen, man wird in die Wahlen steigen und man wird siegen.
Der Sieg ist unser.
Es ist weder bei Goebbels,
noch in irgendwelchen Veröffentlichungen der Nationalsozialisten davon die Rede,
daß im Morgengrauen dieses Befreiungstages ein amerikanischer Jude die Tiraden
seines Gesprächspartners unterbrach und diesem unter der Türe nocheinmal die
Verpflichtung in Erinnerung rief, welche mit der Ueberweisung der letzten Summe
von sieben Millionen Dollars verbunden war, nämlich der Angriff gegen
Frankreich.
Es braucht nicht erklärt zu
werden, wie Hitler diesen Preis, den er für seine Finanzierung zahlen mußte,
eingelöst hat.
Warburg ließ diesmal das Geld
an die Rhenania nach Düsseldorf kommen, wo es an Dr. Goebbels ausbezahlt wurde.
Ein Teil allerdings wurde wiederum durch die Banca d'Italia in Rom überwiesen
und Warburg befand sich in Gesellschaft Görings im Hause von Italo Balbo als
der einzige Zivilist unter den glanzvollen Uniformen der Vertreter einer neuen
Welt. Er fuhr nach England, wo er vom neuen Präsidenten der Vereinigten
Staaten, Franklin D. Roosevelt zum Finanzberater der amerikanischen Delegation
an der internationalen Wirtschafts‑ und Währungskonferenz abgeordnet war.
Als der schweizerische
Verleger und Publizist mit seiner geheimnisvollen Wahrheit und dem Wissen, das
nirgends willkommen war, den bekannten Leiter der amerikanischen Liga für
Menschenrechte, Roger N. Baldwin, in New York aufsuchte, nahm dieser lächelnd
das Telephon und verband sich mit Warburg, der seiner radikalen Bewegung
offenbar ebenso nahestand, wie er ihm selber befreundet war. "Hallo,
Shimmy", rief er in den Draht, als sich der Angerufene am andern Ende
hörbar gemacht hatte, "ich habe diesen Schweizer neben mir, der sich um
die Geschichte des Buches bekümmert. . .." Aber er hatte kaum den Satz
beendet, als ihm ein wütender Ruf das Wort verschlug: "Zum Teufel mit
diesem Schweizer ich will nichts mit ihm zu tun haben!" Die Verlegenheit
überwindend, welche das Dabeisein des Betroffenen erzeugen mußte, fügte er
seinen späteren Erklärungen lächelnd die Frage hinzu. "Warum kümmern Sie
sich denn um derlei Sachen, ist es denn verwunderlich und haben nicht alle
Diktatoren Geld von uns erhalten, Lenin ebenso wie Hitler?"
Gewiß! Die Diktatoren haben
alle Geld von Wallstreet erhalten. Warum auch nicht! Das Thema ist von Fjedor
Dostojewsky abgewickelt worden und es begann damit, daß ein Student namens
Raskolnikow eine Alte erschlug und mit Ihr die Tochter Lisaweta, um zu Geld zu
kommen. Eine Laus erdrücken, um ein Napoleon zu werden. Wie sollten die
Diktatoren der Welt, große und kleine, nicht auch zu Geld kommen, mit dem
Schicksal gemacht wird. Schuld und Sühne heißt das Problem und die Geschichte
ist es selbst, die Gericht darüber hält.
Dem Vorwort des Uebersetzers
der Warburgdokumente seien einige der einführenden Sätze entnommen.
"Sidney Warburg hat wenig
gesagt, solange die andern Gäste noch anwesend waren. Jetzt, als er mit mir
allein war, begann er über den Sinclair‑Skandal zu sprechen."
‑ "Es gibt Augenblicke, da möchte ich aus einer Welt
der Intrigen, Börsenmanöver, Ränke und Schwindeleien davonlaufen. Mit meinem
Vater spreche ich dann und wann über diese Dinge, auch mit andern Bankiers und
Maklern. Und weißt Du, was ich nie begreifen kann? Wie es möglich ist, daß die
Menschen, die von Charakter gut und ehrlich sind ‑ wofür ich zahllose
Beweise habe - sich für Schwindeleien hergeben und bei Betrügereien mitmachen,
von denen sie doch wissen können, daß Tausende davon betroffen werden. Die
Machenschaften im Sinclair‑Trust haben Wallstreet Millionen Dollars
eingebracht, aber Tausende von Sparern ruiniert. Man bekommt nie Antwort, wenn
man nach den Gründen der unehrlichen und sittlich nicht zu verteidigenden Handlungen
der führenden Köpfe der finanziellen Kreise fragt. Es kann doch nicht sein, daß
sie, die in ihrem privaten Leben anständig und gut sind, ihren eigenen
Charakter ablegen, sobald sie die finanzielle Welt betreten und für Geld, und
seien es auch manchmal Millionen Dollars, alle Begriffe von Ehrlichkeit und
Moral beiseitezuschieben."
An das Ende seines Berichtes,
der das verschollene Buch von 99 Seiten füllt, setzt der Autor die vielsagenden
Worte:
Arme Welt, arme Menschheit!
Springers Nazionismus
Kapitel 10: "DR. WILHELM ABEGG"
Dr. Wilhelm Abegg wurde 1876
als Sohn eines Richters, späteren Bankdirektors, geboren. Deutsch-Schweizer
Doppelbürger, in Deutschland aufgewachsen. Im Ersten Weltkriege Berliner
Polizeipräsident, von 1926‑1932 Staatssekretär im Preussischen
Innenministerium (Schlange‑Schöningen: "der tapfere und zielklare
Staatssekretär"), in dieser Eigenschaft mit den Ermittlungen über Hitlers
Finanzierungen beauftragt. Die Ermittlungsergebnisse gingen schliesslich an
General von Schleicher während dessen kurzer Kanzlerschaft vor der längeren des
Hitler. Auch dieser vielwissende General wurde anlässlich einer
Hausdurchsuchung am 30.6.34 beim sogenannten Röhmputsch erschossen, die
Unterlagen verschwanden dabei. Abegg kehrte im März 1933 Deutschland
rechtzeitig den Rücken und liess sich in Zürich nieder, nachdem er zuvor einen
Grossteil des Hitler belastenden Materials dorthin geschafft hatte.
DAS ABEGG‑ARCHIV
Wesentliche Teile der zuvor
geretteten Unterlagen wurden im Mai 1933, nachdem Göring und der bald darauf
zum ersten Gestapo‑Chef ernannte Rudolf Diels dreizehn preussische
Polizei‑Offiziere des Abegg als Geiseln genommen hatten, nach
Verhandlungen zwischen Berlin und Zürich vernichtet. Wieder aufgebaut wurde das
heute über sieben Plätze verteilte Archiv von Abegg und den Züricher Dres.
Alhard Gelpke und Walter Nelz, die durch lange Jahre Leben und Freiheit aufs
Spiel setzten, und unter Mithilfe der seinerzeit ermittelnden Polizei‑Offiziere,
soweit sie später hatten entkommen können. Sie alle, wie auch der mitarbeitende
frühere preussische Ministerpräsident Braun waren von der Echtheit des
Schoupschen Warburg‑Berichtes überzeugt.
Zu einer nennenswerten
Zusammenarbeit zwischen Allan Dulles, dem Leiter der US‑Spionage in
Europa und dem Widerständler Dr. Abegg scheint es nie gekommen zu sein. Die
Verflechtungen Warburg - von Schröder ‑ Dulles waren dem Dr. Abegg zu gut
bekannt. Abegg und Dulles überwarfen sich 1944 endgültig.
Abeggs Akten über die Fremdfinanzierung Hitlers waren an Dr. A. Gelpke,
Rechtsanwalt und Archivar in Zürich, gelangt. Hier die Geschichte ihrer
Vernichtung in Auszügen aus dem Abegg-Archiv:
22. Mai 1933
Diktat von Dr. Abegg zur Archivierung in Steno
Soeben erhielt ich einen
Fernanruf von Dr. Diels, der im Sommer 1932 meine Vorbereitungen für den
zweiten Hochverratsprozess gegen Hitler an Papen verraten hatte. Göring habe
alle jene Polizeioffiziere, die sich mit diesen Vorbereitungen befasst haben,
verhaften lassen. Überdies habe er Befehl erteilt, Dr. Bell zu verhaften, der
ebenfalls von der Auslandsfinanzierung Hitlers Kenntnis habe. Er werde jedoch
alle diese Verhaftungen aufheben, wenn wir alle bezüglichen Fotokopien in
Gegenwart einer Amtsperson vernichten und ein amtliches Vernichtungsprotokoll
vorlegen.
Es bleibt uns nichts anderes
übrig als dies zu tun. Ich möchte jedoch, dass wenigstens in Stenoform das
Allerwichtigste bis nach meinem Tode archiviert wird. Es geht aus dem Protokoll
hervor:
1. 1.
dass Hitler drei der Parteikontolle nicht unterstehende Geheimfonds
besass mit Alleinverfügungsrecht,
2. 2.
dass Hitler aus diesen Geheimfonds in den Jahren 1930 - Ende Januar 1933
ca. 150 Millionen ausbezahlt hat, zum Teil für Propaganda, zum Teil für die SA
und SS, und im Umfang von ca. 50 Millionen für Korruption,
3. 3.
dass die Mittel dieser drei Geheimfonds zum grösseren Teil aus dem
Ausland stammten (die Namen der Geldgeber gingen zwar nicht aus den Akten
hervor, wohl aber war erkennbar, dass es sich ursprünglich um Devisen handelte.
Da Devisen in den Jahren 1930/32 in Deutschland sehr rar waren, ist es so gut
wie unmöglich, dass diese Devisen von deutscher Seite stammen konnten.),
4. 4.
dass die NSDAP 1929 - 1932 aus normalen Beiträgen nur folgende Einnahmen
hatte:
Jahr Mitgliederzahl NSDAP
Beiträge in Mark
Ende
1929 176.426 ca 17 Millionen
Ende
1930 389.000 ca
25 Millionen
Ende 1931 806.294 ca 35 Millionen
Ende 1932
1.250.625 ca
45 Millionen
Ende 1932 betrug der Bestand
der Hitlerpolizei 400.000 Mann, und zwar 300.000 Mann SA und 100.000 SS. Der
Aufwand für die SA betrug 1932 ca 160 Millionen jährlich, der Aufwand für die
SS ist unbekannt.
Für richtiges Protokoll:
A. Gelpke
Archiv-Notiz
über
die 2. Besprechung mit Dr. W. Abegg
22. Mai 1933
Gelpke: Gestern Abend kurz
nach 8 Uhr erhielt ich einen Anruf aus Berlin. Ich verstand nicht alles, aber
ich konnte doch erkennen, dass 3 Ihrer Polizeioffiziere, die mit den Recherchen
nach Hitlers Finanzquellen beauftragt waren, verhaftet wurden und dass sie
erschossen werden, wenn ich nicht sofort alle jene Akten aushändige, welche
sich auf diese Recherchen beziehen. Ich bat um nähere Angaben bezüglich dieser
Akten und erhielt zur Antwort, dass man einer deutschen Amtsstelle von ungenannter
Seite ein Aktendossier aus dem Büro Abegg zugestellt habe. Ein genaues
Aktenverzeichnis sei vorhanden, aber der Inhalt des Dossiers sei mir zugestellt
worden. Es handle sich um amtliche deutsche Akten und ich hätte kein Recht
darauf. Aus dem Verzeichnis ergebe sich, dass ich in den letzten Monaten
folgende Polizeiakten erhalten habe:
ca. 50 photographierte Dokumente
Prozessakten für inoffizielle Gerichte
Gerichts- Gutachten im Umfang von mindestens 300 Seiten
Protokollhefte mit mindestens 800 Seiten
Gutachten über Handschriften bekannter Persönlichkeiten
Ich erhielt eine kurze
Bedenkzeit, man werde mich am 23. Mai abends 8 Uhr erneut anrufen.
Dr. Abegg: Nun ist das
eingetroffen, was ich befürchtet habe. Da es sich um frühere Untergebene
handelt, werde ich selbst anrufen und abklären, was sich machen lässt. Vor
allem werde ich geltend machen, dass ich davon ausgegangen sei, dass mein
Rücktritt nur vorübergehend sei und ich die Akten an Sie zustellen liess, weil
ich in der Schweiz keine andere Adresse gekannt hätte. Es handle sich um keine
abgeschlossene Untersuchung und sie betreffe nicht Hitler selbst. Machen Sie
für alle Fälle sofort stenographische Auszüge (keine Photokopien) und stellen
Sie alle gewünschten Akten zur Vernichtung bereit.
Unterschrift (Gelpke)
Archiv-Notiz
über
meine 3. Besprechung mit Dr. W. Abegg
vom 23. Mai 1933
Dr. Abegg: Ich habe inzwischen
die Frage der Aktenherausgabe reiflich überlegt und mit Berlin telefoniert. Ich
erfuhr, dass meine Leute solange gefoltert werden bis sie den Inhalt der nach
Zürich gesandten Akten wiedergegeben haben. Ich nehme aber an, dass meine Leute
so unklare Angaben machen, dass die Göring-Polizei oder Dr. Diel, der
wahrscheinlich damit zu tun hat, kein klares Bild gewinnt. Ich habe mich daher
zu einem Kompromiss entschlossen, nämlich zur amtlichen Vernichtung aller von
Berlin geforderten Akten, natürlich nur gegen die Zusicherung der Freilassung
meiner ehemaligen Leute.
Zu Recht wollte Berlin darauf
nicht eingehen, und verlangte Herausgabe der Akten in Berlin selbst. Ich
entgegnete, dass niemand bereit sei die Akten zu übergeben, denn niemand wollte
es riskieren ebenfalls verhaftet zu werden. Auch die postalische Zustellung sei
zu riskant. Schliesslich einigten wir uns dahin, dass die geforderten Akten in
Gegenwart von 2 Schweizer Polizisten und einer schweiz. Amtlichen Urkundsperson
ohne Photokopien zu machen verbrannt werden und das Vernichtungsprotokoll am
2.5.1933 nach Berlin gesandt werde.
Ich glaube, dass dies der
einzige richtige Weg ist. Wir können die Akten ohnedies nicht mehr verwerten,
nachdem Hitler durch das Ermächtigungsgesetz vom 23.3.1933 zum Diktator ernannt
worden ist. Hitler kann jetzt nicht mehr auf legalem Weg gestürzt werden. Ein
Prozess gegen ihn ist unmöglich.
Wenn Sie heute abend gefragt
werden, ob auch Sie ehrenwörtlich erklären können, dass Sie keine Photokopien
haben bzw. machen, so können Sie diese Erklärung abgeben.
Unterschrift (Gelpke)
Erhalten ist der Briefentwurf für Dr. Abegg vom 25. Mai 1933, der die
Aktenvernichtung vom 24. Mai 1933 in der Färberei Terlinden/Küsnacht in
Gegenwart einer Amtsperson und zweier Zeugen (die Amtsperson war Notar Fischer,
Zürich, Talstr., einer der Zeugen war Dr. Brandlin, führendes Mitglied der
schweizerischen NSDAP-Parallelorganisation) nach Berlin meldete (Von der
Wiedergabe wird hier abgesehen).
Mehrere der 13 preussischen Polizei-Offiziere, die für ein zweites
Hochverratsverfahren gegen Hitler ermittelt hatten (das erste hatte 1924 mit
der Festungshaft in Landsberg geendet), kamen später frei, nachdem drei von
ihnen am 30.6.1934 in der 'Nacht der langen Messer' umgebracht worden waren.
Einer von den Überlebenden/Freigelassenen, dessen Name nicht bekannt gegeben
wird, hat am 16.3.1940 dem Rechtsanwalt und Revisor Dr. Gelpke in Zürich das
folgende über den berühmt gewordenen Möbelwagen zu Protokoll gegeben:
Die Recherchen nach den
ausländischen Finanzquellen Hitlers waren dadurch erschwert, dass Hitler sein
Finanzarchiv in einem Möbelwagen untergebracht hatte, der zwischen Preussen und
Bayern ständig unterwegs war. Dadurch war es ihm gelungen, die rechtzeitige
polizeiliche Beschlagnahme zu verhindern. Sie gelang erst Ende 1932 und die
Sichtung des Materials war erschwert, weil wir die neuen Chefs nicht einweihen
durften.
Wir hatten die Existenz dieses
Finanzmöbelwagens erst nach dem Staatsstreich vom 20.7.32 festgestellt und nun
war es für die praktische Auswertung des Materials zu spät. Immerhin sickerte
durch, dass Hitler in den Jahren 29 bis 33 aus Kreisen der int. Ölfinanz über
100 Millionen RM erhalten hatte.
Unterschrift (Gelpke)
Erhalten blieb auch eine Niederschrift vom 15.6.33 über ein gespräch
zwischen Dr. Abegg und dem politischen Schriftsteller Emil Ludwig, in dem es
auszugsweise heißt (Erklärung Dr. Abegg):
"Wir haben mit Zustimmung
von Ministerpräsident Braun jene Teile des pr. Polizeiarchivs in die Schweiz
geschaftt, die sich auf die sog. Dolchstosslegende, sowie auf Hitlers ausl.
Finanzquellen, und auf Hindenburgs Präsidentschaft beziehen. Wir wollten das
Material und die Beweise für einen 2. Hochverratsprozess gegen Hitler in der
Schweiz sicherstellen."
Der ehemalige preußische Ministerpräsident Dr. Otto Braun (SPD), der seit
1933 in Ascona im Exil lebte, hatte das von ihm verfaßte Manuskript (MS)
"Von Weimar zu Hitler" unter anderem Dr. Wilhelm Abegg zur Lektüre
und Überprüfung überlassen. Im März 1938 kam es darüber zu einem Gespräch
zwischen Braun und Abegg, in dem Letzterer unter anderem bemerkte:
"...ich habe Ihr MS
dreimal geprüft u. bin zur Erkenntnis gekommen, dass wir ca. 20 Seiten
weglassen müssen, weil sie für uns alle zu gefährlich sind. H's Geheimpolizei
hat auch Agenten in der Schweiz. Wenn Sie etwas Näheres über den 20.7.32
schreiben, so besteht für mich als Polizeifachmann kein Zweifel, dass die
deutschen Agenten i. d. Schweiz versuchen, einige von uns, vor allem auch Sie,
zu entführen oder zu erschiessen. Wer immer Kenntnis hatte von Hr's
Auslandfinanzen, kam ins KZ oder wurde erschossen. Sie wissen doch, dass 13
unserer Polizeioffiziere sofort nach Hr's Machtantritt ins KZ kamen u. alle
unsere Versuche, sie zu befreien, bisher erfolglos waren. Trotzdem führen wir
unsere Befreiungsversuche weiter. Es ist in letzter Linie eine Finanzfrage, ob
wir sie herausbekommen. Für jede Befreiung werden 20.000 gefordert. Von den 13
Polizeioffizieren sind am 30.6.34 drei erschossen worden. Wir müssen alles
unternehmen, um die verbleibenden zehn zu retten. Seit 1933 sammeln wir Geld,
aber da wir geheim sammeln müssen, haben wir bis heute nur etwas über 100.000
Franken zusammengebracht. ..."
Der frühere preussische Ministerpräsident Braun hat sich 1949 an die
Ermittlungen über Hitlers Auslandsfinanzierung erinnert. Auch nach Brauns
Ansicht waren die Dollar-Millionen entscheidend für die schliessliche
Machtübernahme durch Hitler (Hr):
Wie die pr Polizeiakten
feststellten, gingen aus Beiträgen des Inlandes 1929 ca 17 Mill. U. 1930 ca 25
Mill. Ein. Die Ausgaben betrugen aber 1929 u. 1930 allein für Hr's
Privatpolizei v. 400.000 Mann über 200 Mill. Pro Jahr. Die Differenz kam
heimlich aus dem Ausland. Aus verschiedenen Ländern ...
13 pr PO hatten sich 1929 bis
Ende Jan. 1933 mit Recherchen nach Hr's Finanzquellen befasst. Einer davon
stellte überdies fest, dass die ausländischen Gelder nicht in die Parteikasse
flossen, sondern in 3 Geheimfonds, über die nur Hr allein verfügen konnte.
Nun werden Sie fragen, wer hat
Hr bestochen und an wen gab Hr die Bestechungen weiter? (Das sind Tabus, die
nach dem Wunsch verschiedener Informanten nicht veröffentlicht werden sollten.)
...
Seinen früheren Untergebenen Dr. Diels hat Abegg nach Hitlers
Machtantritt bis zum Ende seines Lebens nur als Verräter bezeichnet. Auf die
Frage eines Züricher Verlegers, ob es denn stimme, daß er 1932 zusammen mit dem
bayerischen Innenminister Stützel den Hitlerkreis verhaften wollte, antwortete
Dr. Abegg:
"Das stimmt. Man könnte
diese Darstellung noch ergänzen. Wir waren ja nicht die einzigen, welche Hitler
1932 verhaften wollten. Es gab noch viele andere aktive Hitlergegner,
insbesondere unter den preuss. Polizeioffizieren. Aber auch Reichsminister
Schlange-Schöningen und die Generäle Hammerstein, Schleicher und Bredow wollten
Hitler noch vor Ende Januar 1933 verhaften. Alle diese Pläne scheiterten daran,
dass Hitlers Privatpolizei stärker war. Reichswehr und offizielle Polizei
verfügten zusammen nur über 200.000 Mann, Hitler aber über 400.000. Auch
Hitlers Privatpolizei war bewaffnet, natürlich nur mit Pistolen und Gewehren.
Und diese leichte Bewaffnung hat er in der Schweiz gekauft, bei der
Waffenfabrik Solothurn. Und Schweizer haben diese Waffen bezahlt, um den
Kommunismus zu bekämpfen."
Springers Nazionismus
Kapitel 11: "RUDOLF DIELS"
Der 1901 Geborene war unter Abegg Leiter des politischen Dezernats, wurde
nach seinem Verrat vom neuen preussischen Ministerpräsidenten Hermann Göring
zum ersten Gestapo‑Chef gemacht. Diels war stolz darauf, dass er beim
Gespräche mit Göring die Hände in den Hosentaschen hielt. Das war erlaubt ‑
für Busenfreunde. Später verwandelte sich "Opportunist Diels, adrett und
umgänglich" (Sefton Delmer) zurück in einen Demokraten, in Nürnberg trat
er auf ‑ als Zeuge der Anklage. 1957 löste sich bei der Jagd aus seiner
Flinte ein Schuss, der ihn tödlich traf. Zeugen gab es nicht.
Aus seinem «Lucifer ante Portas ‑ Zwischen Severing und Heydrich»,
Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, 1950, Seiten 103/104 (mit 'er' ist, wie sich
das aus dem Zusammenhang ergibt, Göring gemeint):
Schon
wenige Wochen, nachdem er mir eine Stelle in seinem persönlichen Umkreis
eingeräumt hatte, legte er mir ein umfangreiches Aktenstück den
Innenministeriums vor mit der hintergründigen Frage: "Was sagen Sie
dazu?"
In der
weit sichtbaren Rundschrift der ministeriellen Kanzleien stand auf der Akte
geschrieben "Hitlermeineid".
"Wenn der Inhalt dieser
Akte bekannt wird, werden Sie auf offener Straße erschlagen werden."
Er schlug sie auf und deutete
mit dem Finger Seite für Seite immer wieder auf meinen Namen, der als
Sachbearbeiter auf den Schriftstücken aus der Zeit Severings zusammen mit denen
der Ministerialräte Schönner und Janich und Oberregierungsrat Kempner, der
zwölf Jahre später als amerikanischer Hauptankläger beim Internationalen
Gericht in Nürnberg bekannt geworden ist, verzeichnet war. Das Aktenstück
sollte seinerzeit unter Minister Severing den Nachweis fahren, daß der sogenannte
Legalitätseid, den Hitler im Hochverratsprozeß gegen die Offiziere Scheeringer,
Ludin und Wendt im Jahre 1931 vor dem Reichsgericht in Leipzig geschworen
hatte, ein Meineid gewesen sei. Es enthielt eine Sammlug von Aufzeichnungen,
aus der die umstürzlerischen Absichten Hitlers und die finanziellen
Unterstützungen, die ihm das Ausland gewährte, nachgewiesen werden konnten. Es
hätte die Möglichkeit geboten, nicht nur die Ausweisung den Ausländers Hitler
zu betreiben, sondern ihn auch zu einer längeren Freiheitsbeschränkung zu verurteilen.
Ich war mir im klaren, daß die
Erörterung dieser hochgefährlichen Dinge, die mir Göring schwarz auf weiß
vorhielt, das Frohlocken Dalueges, der mit seinen Kreaturen die
Durchschnüffelung der alten Akten der politischen Gruppe betrieb, ausgelöst
hatte. Wenn Göring mich schonte, so bedeutete das auch, daß meine anderen
Mitarbeiter, besonders Janich und Kempner, unbelästigt bleiben würden.
Ich antwortete Göring:
"Ich habe Ihnen, als Sie
sich entschlossen, mich auf meinem Posten zu belassen, nicht verschwiegen, daß
Ich gegen das Herankommen der Nationalsozialisten gearbeitet habe."
Göring: "Diese Akte
sollte Ihnen eine Warnung zur allergrößten Vorsicht sein."
Er verschloß sie selbst
schweigend in seinem Tresor. Daluege, Nebe, und wie sie alle hießen, warteten
vergeblich auf die große Szene, und später hörte ich aus Heydrichs Munde, daß
auch er von der Existenz des todeswürdigen "Vorganges" wußte. Doch
Daluege kannte Göring nicht. Für diesen konnte solches Material nicht mein
Dienstverhältnis erschüttern. Es war gerade das, was Göring brauchte, um
Verläßlichkeit zu erzwingen.
Ich habe dann öfter die Geste
beobachtet, mit der Göring Schriftstücke beiseite legte, die ihm ängstlichere
Gemüter verpflichteten. Da war das Bündel Liebesbriefe, die der Vorkämpfer
arischen Rassenstolzes, Alfred Rosenberg, an seine rothaarige, schöne jüdische
Freundin Lisette Kohlrausch geschrieben hatte. Auf die flehentlichen Bitten
Rosenbergs ließ er die verhaftete Dame frei, nachdem er sich an deren
Geständnissen über den Liebeseifer des lichten Enthüllers der jüdisch‑etruskischen
Sexualgreuel geweidet hatte......
hat das Wort: