Der Schurkenstaat

Recht und Freiheit „made in Germany“

„Da werden Leute willkürlich und nachweisbar ohne jeden erkennbaren Grund verhaftet. Sie werden grün und blau geschlagen, mit dem Tod bedroht und unter Gewaltandrohung gezwungen, sich nackt auszuziehen. Sie werden sexuell gedemütigt und ihres Eigentums beraubt. Sie werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Käfige gesperrt. Es wird ihnen der Zugang zu Anwälten verwehrt, und oft genug sind Anwälte selbst Opfer der polizeilichen Repression geworden.“

Polizeiterror

Was glauben Sie, welches Land hier beschrieben wird? Nordkorea? Iran? China? Russland vielleicht? Nein. Mit diesen Worten schilderte Martin Dolzer, Sprecher des Republikanischen Anwältevereins (RAV), dem Nachrichtenmagazin STERN (www.stern.de, 12.06.2007) die Zustände rund um den G8-Gipfel von Heiligendamm.

Polizeiterror mitten in Deutschland. Nicht im Deutschland des Adolf Hitler oder Walter Ulbricht, sondern in der vermeintlich freiheitlich-demokratischen Bundesrepublik werden Menschen mit brutaler Gewalt vom Staat daran gehindert, ihr vom Grundgesetz (GG) verbrieftes Recht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die eingangs erwähnten Repressalien betrafen nicht die Steinewerfer des so genannten „Schwarzen Blocks“, sondern ganz normale, friedliche Leute, die zum Teil schon an der Anreise zu den Kundgebungen gehindert und – wie oben beschrieben – terrorisiert wurden.

Krieg gegen das Volk

Ein Einzelfall, eine Ausnahmesituation? Vielleicht eine Verkettung unglücklicher Umstände? Mitnichten. Das Vorgehen der Polizei war generalstabsmäßig geplant und organisiert. Dafür war bereits im Vorfeld ein Zusammenspiel von Politik, Polizei und Justiz notwendig. Zeugnis dessen lieferten u. a. die unmotivierten Hausdurchsuchungen, Briefkontrollen, Abnahme von Geruchsproben sowie die Einrichtung von Sammellagern ab. Ferner wurden unmittelbar vor den brutalen Polizei-Einsätzen Propagandalügen verbreitet, um den Terror im nachhinein rechtfertigen zu können. Dazu gehörten z. B. die Säureattacken der „Clowns“, die in Wahrheit nie stattgefunden haben.

In dieser – ausschließlich vom Staat – künstlich aufgeheizten Atmosphäre fehlte nur noch der Anlass zum „Losschlagen“. Den lieferten schließlich die Krawalle von Rostock – wie auf Bestellung. Vor dem geschilderten Hintergrund dürfte es heute niemanden mehr über-raschen, dass Zeugen unter Eid von gezielten Provokationen Zivilbeamter sprechen.

Der Fall Oury Jalloh  

Ortswechsel: Dessau, Sachsen-Anhalt. Hier findet gegenwärtig ein Prozess gegen Polizeibeamte statt, der den verharmlosenden Titel „Farce“ schon nicht mehr verdient hat. Es geht um den Tod des Afrikaners Oury Jalloh, der 2005 in der Gefängniszelle einer Polizeiwache verbrannte. Der angebliche Tathergang wird von Polizei und Staatsanwaltschaft übereinstimmend wie folgt dargestellt:  

Der unter Drogen- und Alkoholeinfluss stehende Jalloh habe, an Händen und Füßen gefesselt, ein Feuerzeug aus seiner Tasche gezogen, welches bei der Durchsuchung zuvor nicht gefunden wurde, damit ein Loch in den Kunstlederbezug seiner schwer entflammbaren Matratze gebohrt und diese angezündet.

Ermittlung verboten?

Kaum zu glauben, oder? Genauer gesagt, ist es überhaupt nicht zu glauben, dass jemand, der seine Hände nicht bewegen kann, mit einem Feuerzeug, das nicht da ist, eine Matratze anzündet, die nicht brennt. Untersuchungen, ob ein Dritter – und dafür käme wohl nur ein Beamter in Frage – die Zelle von außen in Brand gesetzt haben könnte, lehnt die Staatsanwaltschaft übrigens ab.

Denn das wäre ja vermutlich…genau: Das wäre Mord! Und so wurde der zuständige Dienststellenleiter auch nur deshalb angeklagt, weil er den Feueralarm mehrmals abgestellt hatte. Vorwurf: Körperverletzung mit Todesfolge.

Die Rathaus-Mafia

Dass permanente Staatskriminalität bundesrepublikanischer Alltag ist, zeigt der Frankfurter Publizist Jürgen Roth in Büchern wie „Der Deutschland-Clan“, „Ermitteln verboten!“ oder „Anklage unerwünscht“. Jüngster „Erfolg“ des investigativen Journalisten: die Aufdeckung des so genannten Leipziger Korruptionsskandals. Auch diese in Massenmedien häufig gebrauchte Bezeichnung ist verharmlosend: Es geht um Mord, versuchten Mord, Erpressung, Kindesmissbrauch, Begünstigung der Prostitution und einiges mehr.

Der Punkt dabei ist eben nicht der, dass ein paar Politiker, Staatsanwälte, Richter und Polizeibeamte bestechlich sind (was schlimm genug ist), sondern dass sie die Drahtzieher eines Netzwerkes staatlich organisierter Kriminalität gewesen sein könnten. Aber das ist selbstverständlich reine Spekulation. Nachdem die letzte Akte im Dresdner Innenministerium geschreddert wurde, wissen wir sicherlich mehr…

Das Kartell    

Dass solche Zustände in einem demokratischen Rechtsstaat nicht möglich sind, dürfte jedem klar sein. Aber in Deutschland sind sie Realität. Die Ursache dafür sieht der Landauer Universitätsprofessor Erich Dauenhauer im Parteienkartell, das sich den Staat zur Beute gemacht hat. In seinem Buch „Aktive Bürgergesellschaft in einem gebändigten Staat“ dokumentiert er präzise und überzeugend, wie die Parteien in Deutschland unter fortgesetztem Verfassungsbruch seit Jahrzehnten gegen den Willen des Volkes regieren.

So verbietet z. B. Art. 38 GG die in Deutschland übliche Listenwahl, durch die parteiunabhängige Kandidaten kaum Chancen auf ein Mandat haben, und Art. 146 GG schreibt vor, dass nach „Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands“ vom deutschen Volk eine neue Verfassung zu beschließen ist. Was haben die Regierungen Kohl, Schröder und Merkel dafür getan? Sie kennen die Antwort: Nichts.

16-Prozent-Mehrheit

Überhaupt sind Wahlen in Deutschland längst zum sinnfreien Possenspiel mutiert, da Mehrheiten zum Regieren nicht nötig sind. Ein Beispiel: Die Wahl zum Leipziger Oberbürgermeister 2006 gewann Burkhard Jung mit 51,6 Prozent der Wählerstimmen. Die Wahlbeteiligung lag aber nur bei 31,7 Prozent; das macht insgesamt eine „Mehrheit“ von 16,4 Prozent unter allen Wahlberechtigten. Ergo: Jung regiert die Stadt Leipzig gegen den Willen von 83,6 Prozent der Bürger, die ihm ihre Stimme verweigert haben. Ähnlich sieht es bei fast allen Wahlen unterhalb der Bundesebene aus.

Alternativen

Der Wirtschaftswissenschaftler Dauenhauer beschränkt sich aber nicht nur auf die Beschreibung unzähliger Missstände, welche der Parteienstaat hervorgebracht und zu verantworten hat (Aufhebung der Gewaltenteilung, Staatsverschuldung, Selbstbedienung, Massenarbeitslosigkeit und -armut, Elitenflucht usw).

Wie der Buchtitel vermuten lässt, stellt der Autor bürgerliche Gesellschaftsmodelle vor – von der griechischen Polis bis zur Gegenwart – und leitet daraus notwendige Voraussetzungen einer funktionierenden demokratischen Ordnung ab, die vor allem eines unmöglich macht: einen Schurkenstaat, der sein eigenes Volk tyrannisiert.

Quelle: P.T. MAGAZIN für Wirtschaft, Politik und Kultur, Ausgabe 4 / 2007, S. 6 f

UNBEDINGT LESEN!

Erich Dauenhauer: „Aktive Bürgergesellschaft in einem gebändigten Staat“, 233 Seiten, Münchweiler/Rod. 2007

und natürlich dazu die Klassiker von Erwin K. Scheuch (z.B. „Cliquen, Klüngel und Karrieren“) und Hans Herbert von Arnim (z.B. „Der Staat als Beute“) nicht vergessen!

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