Nachrichtensperre oder kollektive Selbstzensur?
Am
31.5.2007 berichtete das Erste Programm (ARD) in der WDR-Sendung »Monitor« über
einen hochbrisanten Vorgang:
Ein führender deutscher Vertreter in Kabul, militärpolitische Berater der
Bundesregierung vor Ort, hatte dem Außenministerium in Berlin in einem Brief
seine besorgniserregende Beurteilung zur dortigen Kriegsführung und der geschönten Darstellung auch durch
deutsche Generale mitgeteilt.
Der Absender des Briefes ist kein »Irgendwer«,
sondern war vordem Leiter der Abteilung
Aufklärung und Sicherheit der »Kabul Multinational
Brigade« der ISAF.
»Ich
gerate zunehmend in Widerspruch zu dem, wie die eigenen westlichen Truppen in
Afghanistan agieren«, begründet er seine Feststellungen, in denen er auch
auf Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht
hinweist.
Bereits am Vormittag (11.06 Uhr) des
Sendetages kündigte der WDR in einer Pressemitteilung diesen Bericht an, der wegen der Brisanz der Aussagen am Folgetag
zu Schlagzeilen der Presse und zu
Stellungnahmen von Parteien und Bundesregierung hätte führen müssen.
Aber nichts davon, kein Wort!
Ein
kollektives, totales Schweigen!
Keine
einzige Fundstelle in den großen
»unabhängigen« (?) Tageszeitungen am Folgetag oder danach! Weder in der
Süddeutschen noch in den Stuttgarter oder Nürnberger Zeitungen, weder in der
Westdeutschen Allgemeinen noch in der
Welt/Welt am Sonntag, selbst im »SPIEGEL« kein Wort davon.
Auf Rückfragen der UN-Mitarbeiter bei einigen dieser Blätter keine Antwort, mit zwei Ausnahmen:
Der für Innenpolitik verantwortliche WAZ-Redakteur Rolf Potthoff erklärte, dpa habe diese WDR-Pressemitteilung nicht
verbreitet, und dem »SPIEGEL«, der sich »Das deutsche Nachrichten-Magazin« nennt, war das »Vorkommnis« keine Nachricht
wert:
»Wir
versichern Ihnen, daß sich die SPIEGEL-Redaktion keine Selbstzensur auferlegt
hat. Bei der Vielzahl von wichtigen und interessanten Nachrichten ist es nicht
möglich, über alle Vorkommnisse zu berichten.«
Wer's
glaubt, wird selig!
Im
Oktober soll der Bundestag über eine
Verlängerung des Afghanistan-Mandats
entscheiden, und die Bundesregierung sorgt sich bei immer mehr Kritik um
die Zustimmung. Das wissen natürlich auch die Verlage, die von Berlin (»Die
Bundesregierung informiert«) seit Jahren
mit Millionenbeträgen für Anzeigen bedacht werden (vgl. dazu UN 10/2003).
63 Prozent der Deutschen sind nach
einer »Forsa«-Umfrage für einen sofortigen
Abzug der Bundeswehr aus
Afghanistan. Also müssen die Regierung und
die von ihr subventionierte Presse
solche Kritik verschweigen und
verhindern, daß eine breitere Öffentlichkeit davon erfährt.
Quelle: Unabhängige Nachrichten Postfach 10 17 06- D-46017 Oberhausen / Ausgabe 6 / 2007 / 2
Eine brisante Warnung ohne Presseecho:
Monitor
Pressemeldung
vom 31.05.2007
Militärpolitischer
Berater der Bundesregierung erhebt schwere Vorwürfe gegen NATO-Truppen in
Afghanistan
„ISAF
bekämpft bewusst Teile der Zivilbevölkerung“ -„Verletzung des
Kriegsvölkerrechts“
In
ungewöhnlich scharfer Form hat der militärpolitische Berater der Bundesregierung
in Kabul den Militäreinsatz der NATO in Afghanistan kritisiert und dabei auch
deutsche Generäle ausdrücklich mit einbezogen. Darüber berichtet das
ARD-Magazin MONITOR in seiner heutigen Ausgabe (21.45Uhr im Ersten).
In
einem internen Schreiben an Außenminister Frank-Walter Steinmeier vom
13.05.2007, das MONITOR vorliegt, kritisiert der Berater die „Eskalation der
militärischen Gewalt in Afghanistan“. Es sei „unerträglich, dass unsere
Koalitionstruppen und ISAF inzwischen bewusst Teile der Zivilbevölkerung und
damit erhoffte Keime einer Zivilgesellschaft bekämpfen. Westliche Jagdbomber
und Kampfhubschrauber verbreiten Angst und Schrecken unter der
Zivilbevölkerung.“ „Wir sind dabei, durch diese unverhältnismäßige militärische
Gewalt das Vertrauen der Afghanen zu verlieren“, heißt es in dem Brief an den
deutschen Außenminister weiter. Dabei sei „bekannt, dass es um die Verletzung
des Kriegsvölkerrechts“ gehe. Das Schreiben warnt vor einer schleichenden,
völkerrechtswidrigen Ausweitung des ISAF-Mandats: „Das Militär droht sich zu
verselbständigen und von den politischen und völkerrechtlichen Vorgaben zu
lösen.“
Deutliche
Kritik übt der militärpolitische Berater auch an der Informationspolitik der
ISAF-Führung. Politikern und Parlamentariern gegenüber werde „die militärische
Lage unzulässig geschönt dargestellt. Auch deutsche Generäle beschönigen oder
verschweigen eigene Probleme.“ Dabei sprächen „die ständigen Forderungen nach
Truppenverstärkung, die steigenden Kosten des militärischen Engagements, das Anwachsen
eigener Verluste und die wachsende Zahl ziviler Opfer eine eigene Sprache“, mit
der „die Ungeeignetheit und Ausweglosigkeit militärischer Gewalt als Lösung der
inneren und äußeren Probleme Afghanistans“ zum Ausdruck käme.
Der
Absender des Briefes ist seit Juli 2006 militärpolitischer Berater der
Bundesregierung an der deutschen Botschaft in Kabul und war zuvor Leiter
Aufklärung und Sicherheit der „Kabul Multinational Brigade“ der ISAF
(International Security Assistance Force).
Von Schwarz über Rot bis Grün waren sich die Berliner
Kartellparteien einig: Am Hindukusch wollte man unsere
Freiheit verteidigen und Sicherheit und Frieden schaffen.
Jetzt
ist die Bundeswehr in einen schmutzigen Krieg gegen die Zivilbevölkerung
verwickelt, wie der Berater der
Bundesregierung feststellt. Weder der Außenminister noch der
Verteidigungsminister oder gar die Kanzlerin haben zu diesem Brief
bisher Stellung genommen. Wir fordern Abgeordnete mit Zivilcourage auf, ihn in
einer aktuellen Stunde des Bundestages zu verlesen und eine Stellungnahme der
Regierung einzufordern!
Quelle: Unabhängige Nachrichten Postfach 10 17 06- D-46017 Oberhausen / Ausgabe 6 / 2007 / 3
Anmerkung: Wir mögen uns irren, aber war es nicht der damalige Verteidigungsminister und heutige Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag Peter Struck, der die Verteidigung der BRD am Hindukusch öffentlich für notwendig hielt, nachdem er gegen eine Glastür gerannt war. Diese Desorientierung geschah unmittelbar nach dem Rauswurf eines verdienten Brigadegenerals der „sich erdreistet hatte“, einem zu unrecht gescholtenen Bundestagsabgeordneten in einem privaten Brief beizupflichten. Jener Bundestagsabgeordnete flog aus Fraktion und Partei, weil Friede Springer es so wollte und danach sprechen nur solche Personen Juden und Deutsche in einem Atemzug von dem Vorwurf des „Tätervolkes“ frei, die politisch und beruflich nichts mehr zu verlieren haben.
Die
oben genannten 63 Prozent der Deutschen müssen konsequenterweise PDS bzw. DIE
LINKE wählen oder eine andere Partei, die gegen solchen Irrsinn ist.
Dass
selbst DER SPIEGEL diese höchst bedeutsame Nachricht nicht gebracht hat,
enttäuscht uns ziemlich.