Messiashoffnungen

 

Um die Messiashoffnungen im Zusammenhang mit dem Judenstaat zu verstehen, lohnt es, sich mit zionistischen Quellen aus der Zeit vor rund 100 Jah­ren zu befassen, in deren Geistesgrund das moderne Judentum wurzelt:

So veröffentlichte beispielsweise Prof. Dr. Hermann Cohen am 25. 11. 1916 in den »NEUEN JÜDISCHEN MONATSHEFTEN« einen Aufsatz: »Monotheismus und Messianismus«, in dem er den universalen Anspruch (die Vorherrschaft) des Judentums herausstreicht:

»So beten die Juden an ihren höchsten Festtagen: „Auf daß alle Erschaffenen sich vereinigen in einem Bunde.“ Und so lautet das Schlußgebet an jedem Tage: „daß die Welt gegründet werde auf das Reich Gottes“. Der Monotheismus ist zum Messianismus geworden. Denn im Messianismus denkt der prophetische Jude das Ziel der Einen Menschheit „am Ende der Tage“. Und auf dieses Ende, dieses Ziel muß jeder Tag im Menschenleben, im Völkerleben hinsteuern. Das ist unser Glaube an den Einzigen Gott der einigen Menschheit. - Was bedeutet Israel in der Menschheit? Nichts anderes und nichts Geringeres als den Boten dieser doppelsinnigen Einheit [Monotheismus und Messianismus]. Diese Botschaft ist der Sinn seiner [Israels] Erwählung.«  (1. Jahrgang, 4. Heft, Seite 108).

Daß es bei dem universalen Anspruch des Judentums nicht bloß um einen reli­giösen Anspruch geht, sondern um ganz reale politische und wirtschaftliche Machtentfaltung - deswegen kritisiert Oberrabbiner Friedman den Zionismus -, finden wir nicht etwa nur bei Karl Marx (»Zur Judenfrage«, 1844) bestätigt, sondern in aller Deutlichkeit bei dem jüdischen Publizist Max Hildebert Boehm. Er veröffent­lichte im Jahr 1917 in der Monatsschrift »DER JUDE« (Verlag Löwit) den Aufsatz »Emanzipation und Machtwille im modernen Judentum«. Boehm stellt 1917 fest:

 

»Einstweilen haben die Weltjuden die Macht über die Erde und sind nicht ge­sonnen, sie aus der Hand zu geben. Schon Dostojewskys Seherauge sah voraus, daß sie [die Weltjuden] aus einer großen europäischen Katastrophe mit Machtzuwachs hervorgehen würden. Wie ein großes Netz, das sich unmerklich verdichtet, so schlingt sich die Macht der angleicherischen Judenheit um den ganzen Erdball, und wohin wir auch den Fuß setzen, verstricken wir uns in seine Maschen. Es hat keinen Sinn, sich dieser Tatsache zu verschließen.« (Heft 516, Seite 377).

Welche Rolle spielt dabei der Judenstaat Israel? Lesen wir dazu den zionistische Pub­lizist A. A. Berle, der 1918 in New York die Schrift »Die Weltbedeutung eines jüdischen Staates« veröffentlichte.  Berle schreibt:

»Die politische Bedeutung eines solchen Staates (Palästina) für die Welt ist beinahe unmöglich zu übertreiben. Er ist weit davon entfernt, bloß ein Kolonisationsobjekt zu sein, wie es sich viele vorstellen; er kann in der Tat das neue messianische Königreich selbst werden, aufsteigend am Horizont der Welt und die Zeit bezeichnend, wo die menschliche Rasse wirklich ihre Schwerter zu Pflügen und ihre Speere zu Sicheln umschmiedet und wo sie lernt, daß kein Krieg mehr sein wird.«

Von dieser messianischen Friedens-Idee ist der Staat Israel heutzutage bekannt­lich weiter entfernt denn je. Israel - der Staat - stand 1918 [bei Berle] selber für das »messianische Königreich«. Genau gegenteilig gebärdet sich der zionisti­sche Staat heute: Israel führt Kriege und bedroht seine Nachbarn mit Atomwaffen.

Quelle: Wieland Körner in „Durchblick – Kommentare und Nachrichten“ / 28334 Bremen / Postfach 33 04 04 / Telefon: 0421-2507990 / Fax: 0421-25079966