Logen und Orden:

 

Das Beispiel Italien

 

Der kalabresische Untersuchungsrichter Antonio Cordova stieß in Palmi bei Ermittlungen gegen die örtlichen Banden der «Mafia calabrese», die 'Ndrangheta, immer häufiger auf Personen aus dem politischen Bereich, die in Verbrechen verwickelt waren. Das Verbindungsglied zwischen Mafia und Politik waren in aller Regel Freimaurerlogen. Sein Versuch, die geheimen Mitgliederlisten suspekter Bünde zu beschlagnahmen, löste eine geradezu geifernde Wut des seinerzeitigen christdemokratischen Staatspräsidenten Francesco Cossiga aus (was wiederum den oft gehegten Verdacht nährte, wonach der Quirinalspalast ‑ Sitz des Staatsoberhaupts ‑ geradezu ein Nest von Freimaurern ist) und führte nachfolgend zu einer derartigen Reihe von Schikanen durch den damaligen Justizminister Claudio Martelli, bis Cordova schließlich das Handtuch warf und sich nach Neapel versetzen ließ.

 

Auf Sizilien haben Polizeistellen mittlerweile nicht weniger als 113 Logen mit insgesamt etwa 2500 Mitgliedern festgestellt ‑ von denen fast 30 Logen durch Mafiosi geradezu unterwandert sind oder gar von diesen geleitet werden (so etwa der «Orient von Palermo A. Diaz», in dem der Mafioso Vito Cascioferro eine große Rolle spielt; der mitgliederstärksten Loge «Garibaldi» gehören gleich vier hochrangige Mafiosi an: Francesco Cascioferro, Giovanni Lo Cascio, Giovanni Lo Baldo und Pietro Teresi). Bei einer Blitzaktion im Dezember 1993 wurden mehrere Geheimzirkel ausgehoben, wobei sich herausstellte, daß neben Mafiosi und ihren Geldanlegern auch ein ansehnlicher Teil von Polizisten und Ermittlern zu den Mitgliedern zählten.

 

Als ganz und gar nicht zufällig sehen die Staatsanwälte an, daß ausgerechnet in der Provinzstadt Trapani (etwa 80 km westlich von Palermo) ein Großteil jener Logen ihren Sitz hat, die als kriminell eingestuft werden: die Stadt weist auch die höchste Dichte von Finanzierungsgesellschaften und privaten Bankinstituten Europas auf. Und von hier aus, hat die Antimafiakommission aufgrund mehrerer akribischer Berichte der Finanzwache und der Carabinieri festgestellt, ist auch ein Hauptteil der spekulativen Gelder in den ehemaligen Ostblock geflossen.

 

Quelle: "Das neue Mafia-Kartell" von Werner Raith, 1996, S. 74 f (Hervorhebung vom Bearbeiter)