Klima der Freiheit ?

 

Das Buch gedeiht nur in einem Klima der Freiheit.

Buch und politische Kultur: Die Kritik ist das Lebenselement der politischen Kultur einer freiheitlichen Demokratie. Meinungs- und Informationsfreiheit garantieren diese Kritik. Sie sind essentielles und hervorragendes Freiheits- und Bürgerrecht. Das Buch ist wesentlicher Bestandteil dieser politischen Kultur. Es war immer Ideenträger und Transportmittel geistiger Entwicklungen. Bei der Durchsicht der politischen Ideengeschichte zeigt sich, daß am Anfang neuer Entwicklungen, seien sie evolutionär oder revolutionär, eigentlich immer das Buch gestanden hat...

Wenn wir die staatliche und gesellschaftliche Form des Buches für die Freiheit so hoch einschätzen, bedarf auch die Rolle der Handelnden nicht nur des staatlichen Schutzes, sondern auch der gesellschaftlichen Anerkennung. Wir müssen Kritik nicht nur tolerieren. Demokratische Haltung fordert, ihre Notwendigkeit zu bejahen. Kritik, die keinen Verleger findet, bleibt wirkungslos. Verleger, deren Produkte der Buchhandel ignoriert, können nicht arbeiten.

Diese wichtigen Funktionen vom Verlagswesen und Buchhandel gilt es zu erhalten. Vor allem im Hinblick auf die neuen Medien müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um diese Berufsstände nicht zu gefährden ...

Wo sich nur der Anschein zeigt, müssen Staat und Gesellschaft auf der Hut sein... Es kann und darf nicht Aufgabe des Staates oder irgendwelcher gesellschaftlicher Kräfte sein, zu bestimmen, was gedruckt werden darf und was nicht. Vielmehr haben wir die Freiheit zu gewährleisten, auch noch so Abwegiges zu drucken und zu lesen, solange hierdurch nicht verletzend in die Rechte anderer eingegriffen wird. Wir können nicht einerseits an die Einsicht des 'mündigen Bürgers' appellieren, ihn aber auf der anderen Seite bevormunden wollen, wenn es um seine Lektüre geht..." (Ex-Bundesinnenminister Gerhart Rudolf Baum zur Buchmesseneröffnung 1979 in Frankfurt am Main, aus: Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, Nr. 84, 19.10.1979.)

Anmerkung: Gut gesprochen, Herr Baum. Noch schöner wäre es allerdings, wenn Verfassungsschutz, Staatsschutzabteilungen der Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Innenminister, Bundesprüfstelle, Logen, Serviceclubs und die ganze Korona "politisch überkorrekter Plappermäuler" sich jenes zu Herzen nähmen.