... niemals zur Disposition

 

"Wenn wir in einen Dialog mit anderen eintreten, bringen wir einige 'Essentials' ein, die nicht verhandelbar sind. Dazu gehört die Freiheit der Rede und dazu gehört vor allem, daß niemand wegen seiner Überzeugung zu Schaden gebracht werden darf. Eine lange, oft blutige, grausame Geschichte hat uns in Europa gelehrt, daß diese Rechte niemals mehr zur Disposition stehen dürfen." (Bundespräsident Roman Herzog in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.10.1995)

 

 

"Totalitarismus - gleich welcher Couleur - kann man nicht erst bekämpfen, wenn er sich in einem Staat bereits eingenistet hat...

Totalitarismus, so lernen wir gerade aus unserer Vergangenheit, muß man vom ersten Augenblick an bekämpfen, in dem er sein Haupt erhebt, und zwar mit aller Kompromißlosigkeit. Und das müssen wir über die Generationen hinweg - auch unseren Kindern und Enkeln - nicht nur vermitteln, wir müssen es ihnen einimpfen.

Dazu gehört dann freilich, daß wir den jungen Menschen nicht nur die schrecklichen Folgen des Totalitarismus aufzeigen - Unterjochung von Völkern, Ausrottung ganzer Bevölkerungsgruppen, Folter -, sondern daß wir sie mehr als bisher mit den Zeichen vertraut machen, die den Beginn einer solchen Entwicklung charakterisieren: Häme, Hetze gegen einzelne Menschen und Menschengruppen, gesellschaftliche Isolierung, Demütigung in den Kleinigkeiten des täglichen Lebens, Aufführungsverbote, Buchverbrennungen usw.

Man kann auf diesem Feld nicht genug tun, und ich verspreche Ihnen, daß das in den kommenden Jahren mein bevorzugtes Augenmerk haben wird." (Bundespräsident Roman Herzog in einer Rede am 20.7.1994)

Anmerkung: Wir zollen Roman Herzog höchste Anerkennung für diese offenen und verfassungsbewahrenden Worte. Ein Beispiel mehr, daß man sich von Vorurteilen und pauschalen Verdächtigungen frei machen muß. Unser ehemaliger Bundespräsident ist zwar Rotarier und CDU-Mann, aber von einer moralischen Integrität, die man innerhalb der politischen Klasse der Bundesrepublik selten findet. Vielleicht liegt das an seiner langjährigen Tätigkeit als Hochschullehrer und Richter am Bundesverfassungsgericht. Als er in die (repräsentative) Politik ging, war er gefestigt und für die üblichen schmierigen Versuchungen nicht mehr erreichbar. Seine Biographie sollte womöglich Vorbild auch für andere Personalfindungen sein.