Atlantis in der Nordsee

 

Die „am besten konservierte prähistorische Landschaft Europas“ haben britische For­scher entdeckt - am Grund der Nordsee. In der mit Hilfe von 3-D-Daten aus der Erdölprospektion rekonstruierten Tiefebene gab es Flüsse, Seen, Täler, sanfte Hügel und Salz­marschen, in denen Jäger und Sammler noch bis vor rund 10.000 Jahren in Hütten lebten und Hirschen nachstellten. Die untergegangene Welt erstreckte sich von der heutigen Süd­ostküste Großbritanniens bis nach Jütland. „Es ist, als ob man ein neues Land finden wür­de“, erklärt Vince Gaffney, Archäologe an der University of Birmingham, der zusammen mit Geologen bereits 23.000 Quadratkilometer der einst blühenden Landschaften kartografiert hat. Erst als am Ende der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren die Gletscher schmolzen und der Meeresspiegel stieg, schwappte Wasser über die Landbrücke: Binnen vier Jahrtausenden waren die einstigen Herzlande der Siedler in den Fluten verschwun­den. „Für die Menschen“, glaubt Gaffney, „muss das manchmal schleichende, aber oft auch furchtbar rasche Vordringen des Wassers traumatisierend gewesen sein.“

 

Quelle: DER SPIEGEL 33 / 2007 / 117

 

 

Widukind von Corvey

DIE URSPRÜNGE DER SACHSEN

Der sächsische Mönch und Geschichtsschreiber Widukind von Corvey schildert in seiner »Sachsengeschichte«, die er 967/68 Äbtissin Mathilde von Quedlinburg widmete und später bis 973 fortsetzte, die Schwierigkeiten, auf welche die Sachsen bei den Thüringern stießen, bevor sie erstmals Land erwerben konnten:

So werde ich denn zu Anfang etwas über Ursprung und Zustand des Volkes sagen, wobei ich in diesem Teil fast allein der Sage folge, da die allzu ferne Zeit beinahe jegliche Gewißheit verdunkelt. Denn die Mei­nungen darüber sind verschieden, indem die einen glauben, die Sach­sen stammen von den Dänen und Normannen ab, andere aber, wie ich selbst in früher Jugend einen rühmen hörte, von den Griechen, da sie selber angeben, die Sachsen seien die Reste des makedonischen Heeres gewesen, das dem großen Alexander gefolgt und nach dessen allzufrühem Tode über den ganzen Erdkreis zerstreut worden sei. Daß es aber ein altes und edles Volk gewesen, ist kein Zweifel . . .

Für gewiß aber wissen wir, daß die Sachsen zu Schiff in diese Ge­genden gekommen und zuerst an dem Orte gelandet sind, der noch heutigentags Hadeln (entstanden aus dem altsächsischen Gau Haduloha) heißt [links der Unterelbe].

Weil sich aber die Einwohner (es sollen Thüringer gewesen sein) ihre Ankunft nicht gefallen ließen, griffen sie zu den Waffen gegen sie; die Sachsen hingegen leisteten kräftigen Widerstand und behaupteten den Hafen. Nachdem man lange miteinander gekämpft hatte und viele auf beiden Seiten gefallen waren, beschlossen beide Teile, über den Frieden zu verhandeln und einen Vertrag zu schließen; und es wurde der Vertrag mit der Bedingung geschlossen, die Sachsen sollten ver­kaufen und kaufen dürfen, jedoch sich das Land nicht aneignen, und sich des Mordens und Raubens enthalten. Und es bestand dieser Ver­trag unverletzt viele Tage. Da es aber den Sachsen an Geld fehlte und sie überhaupt nichts zu verkaufen und zu kaufen hatten, meinten sie, daß der Friede für sie nutzlos wäre.

Nun traf es sich um diese Zeit, daß ein junger Mann, beladen mit vielem Golde, einem goldenen Halsring und goldenen Armspangen dazu, an Land ging. Dem begegnete einer der Thüringer und sagte: »Wozu eine solche Menge Gold um deinen abgezehrten Hals?« »Ich suche einen Käufer«, erwiderte jener, »zu keinem anderen Zwecke trage ich dieses Gold; denn wenn ich vor Hunger verschmachte, wel­ches Gold könnte mich erfreuen?« Darauf fragte jener, was der Preis sei und wie hoch. »Der Preis«, sagte der Sachse, »kümmert mich nicht; was du mir gibst, das behalte ich als willkommene Gabe.« »Wie nun«, sagte jener höhnisch zu dem Jüngling, »wenn ich mit diesem Staube dir den Bausch deines Kleides fülle?« Es lag nämlich gerade an der Stelle ein großer Erdhaufen ausgehoben. Der Sachse öffnete ohne zu zögern sein Gewand, empfing die Erde und überlieferte sofort dem Thüringer das Gold. Beide eilten fröhlich zu den Ihrigen zurück. Die Thüringer erhoben den Thüringer in den Himmel, daß er den Sachsen auf eine so auffällige Art betrogen habe und daß er der glücklichste unter allen Menschen gewesen sei, da er für einen Spottpreis in den Besitz einer solchen Menge Goldes gekommen sei. Ihres Sieges gewiß, triumphierten sie schon gewissermaßen über die Sachsen. Mittlerweile kam der Sachse, seines Goldes ledig, hingegen schwer mit Erde bela­den, zu den Schiffen. Als ihm nun seine Genossen entgegenkamen und erstaunt fragten, was er tue, fing ein Teil seiner Freunde an, ihn zu verlachen, andere machten ihm Vorwürfe; alle aber zusammen hielten ihn für einen Narren. Er aber bat um Ruhe und sprach: »Folgt mir, meine guten Sachsen, und ihr werdet zugeben, daß meine Torheit euch von Nutzen ist.« Obgleich ungläubig, folgten sie ihm doch. Er aber nahm die Erde, streute sie so dünn als möglich über die benachbarten Felder und gewann so den Platz für ein Lager.

Als aber die Thüringer das Lager der Sachsen sahen, schien ihnen die Sache unerträglich. Sie schickten Gesandte und klagten wegen Friedensbruchs und Vertragsverletzung seitens der Sachsen. Die Sach­sen antworteten, sie hätten bisher den Vertrag gehalten, ohne ihn zu verletzen; das um ihr Gold erworbene Land wollten sie in Frieden behaupten oder jedenfalls mit den Waffen verteidigen. Daraufhin ver­wünschten nun die Eingeborenen das sächsische Gold und erklärten den Mann, den sie kurz vorher noch glücklich gepriesen hatten, für schuldig an ihrem und ihres Landes Untergang. Dann stürmten sie zornentbrannt in blinder Wut ohne Ordnung und Plan auf das Lager los. Die Sachsen aber empfingen die Feinde wohlvorbereitet, warfen sie nieder und nahmen nach dem glücklichen Ausgang des Kampfes von der nächsten Umgebung nach dem Rechte des Krieges Besitz. Als nun lange und wiederholt von beiden Seiten gefochten worden war und die Thüringer damit rechnen mußten, daß die Sachsen ihnen überlegen sein würden, stellten sie durch Unterhändler das Verlangen, es sollten beide Teile unbewaffnet zusammenkommen und von neuem über den Frieden verhandeln, nachdem dafür Ort und Zeit ausgemacht sei. Die Sachsen erwiderten, sie würden dem Verlangen nachkommen. Nun waren in jenen Tagen bei den Sachsen große Messer im Gebrauch, wie sie die Angeln nach der Weise des alten Volkes noch heutigentags führen. Mit dieser Waffe unter dem Mantel kamen die Sachsen aus ihrem Lager und trafen mit den Thüringern an dem festgesetzten Orte zusammen. Und da sie sahen, daß die Feinde unbewaffnet und alle Häuptlinge der Thüringer zugegen waren, hielten sie die Zeit für ge­kommen, sich der ganzen Gegend zu bemächtigen, zogen ihre Messer, stürzten sich auf die Wehrlosen und Überraschten und stießen alle nieder, so daß nicht einer von ihnen am Leben blieb. Damit fingen die Sachsen an, bekannt zu werden und den Nachbarvölkern einen gewal­tigen Schrecken einzujagen.

Einige erzählen aber auch, daß sie von dieser Tat den Namen be­kommen haben. Messer nämlich heißen in unserer Sprache Sahs; und sie seien deshalb Sachsen genannt worden, weil sie mit ihren Messern eine solche Menge niedergemacht hätten.

 

Anmerkung: Einen guten Überblick über die insbesondere von dem schleswig-holsteinischen Pastoren Jürgen Spanuth vertretene und untermauerte Theorie, Helgoland sei der letzte Rest von Atlantis, gibt Günter Bischoff in „Atlantis – die Enträtselung im 20. Jahrhundert“ (Veröffentlicht in EFODON-SYNESIS Nr. 3/2005 + Internet). Der um 8000 v. Chr. datierte Durchbruch im Bereich des heutigen Ärmel-Kanals war die erste „meeresbedingte“ Katastrophe. Ein weiteres verheerendes Naturereignis ereignete sich etwa 1220 v. Chr. vermutlich in Form einer Sturmflut, der Atlantis zum Opfer fiel und die Küstenlinie der kimbrischen Halbinsel in der Nordsee, die bis dahin etwa auf einem Längengrad mit Helgoland lag, erheblich nach Osten verschob. Obgleich es für einen aufgeklärten Europäer des 20./21. Jahrhundert unverständlich bleibt, scheint gewissen Kreisen sehr viel daran gelegen zu sein, die erdrückende Beweislage (Helgoland als Rest von Atlantis) zu ignorieren oder als postfaschistisches germanophiles Wunschdenken zu diffamieren. Auch im Bereich der Altertumsforschung sollten wir auf derartigen „volkspädagogischen“ Schwachsinn allmählich verzichten.