Eröffnungsrede
von Oberrabbiner Moishe A. Friedman zur antizionistischen Rabbinerkonferenz in
Wien am 1. Juli 2004
Sehr geehrte
Damen und Herren! Hochgeschätzte Ehrengäste, liebe Freunde!
Ich darf Sie
alle herzlich begrüßen und freue mich, daß so viele bedeutende
Persönlichkeiten, hochrangige Politiker und Universitätsprofessoren,
Rechtsanwälte, Ärzte, Botschafter, Oberrabbiner und Rabbiner heute hier
zusammengekommen sind.
Dafür danke ich
herzlich.
Ich bin es nicht
gewöhnt, in der deutschen Sprache Reden zu halten und bitte daher um Ihr
Verständnis. Ich werde meine Rede auch möglichst kurz und sachlich halten, um
dann das Wort an meine hochgeschätzten Kollegen und die Ehrengäste zu
übergeben.
Die Situation, in der sich das thoratreue, gläubige Judentum seit Jahrzehnten befindet, ist äußerst schwierig, ja fast unerträglich. Die weltpolitische Entwicklung insbesondere im Nahen Osten läßt uns schwere Gefahren für unsere Zukunft und die unserer Kinder fürchten. Dies hängt mit vielen Irrtümern und Lügen über den wahren Charakter des Judentums zusammen, die weltweit verbreitet und geglaubt werden.
Insbesondere in
Deutschland und Österreich sind viele Tatsachen tabuisiert, und wer es wagt,
sie anzusprechen, setzt sich großen Gefahren aus.
Dennoch wollen
wir bei dieser internationalen Konferenz diese Tatsachen auf den Tisch legen
und daraus auch Schlußfolgerungen ziehen, denn nur so kann sich die Lage
ändern, woran jeder von uns nur Interesse haben kann.
Gerade jetzt,
anläßlich der Theodor Herzl-Feierlichkeiten, müssen einige grundsätzliche
Punkte angesprochen werden, die wesentliche Grundsätze der jüdischen Religion
betreffen. Die staatlichen Feiern hier in Österreich und in anderen Ländern
erwecken ja den Eindruck, als wäre der Zionismus mit dem Judentum
gleichzusetzen oder zumindest eine legitime, politische Richtung des Judentums.
Das Gegenteil ist der Fall!
Bevor wir diese
Tatsache weiter erklären, müssen wir aber feststellen, daß es sich bei unserer
Kritik nicht um eine politische Kritik handelt, sondern wir einzig und allein
vom Standpunkt unserer Religion, also unseres Glaubens aus, sprechen. Wir
bringen keine politischen, sondern religiösen Gründe vor, denn von der Politik
halten wir uns aus moralischen und religiösen Prinzipien grundsätzlich fern.
Der wichtigste
Punkt, den alle glaubenstreue Juden und damit alle hier versammelten
Oberrabbiner und Rabbiner teilen, ist, daß wir das uns von Gott auferlegte
Schicksal der Diaspora zu tragen haben. Diese wichtige Glaubensüberzeugung wird
von vielen Nichtjuden oft nicht verstanden, darum betone ich sie hier: Seitdem
wir Juden das uns von Gott auferlegte Schicksal der Diaspora gläubig ertragen,
versuchen wir, ohne Probleme und Konflikte als loyale Bürger des jeweiligen
Staates, in dem wir uns befinden, zu leben. Wann immer es in diesen vielen
Jahrhunderten zu Schwierigkeiten und Konflikten gekommen ist, haben unsere
Oberrabbiner versucht, mit Unterordnung Überzeugungsarbeit und herzliches
Bitten um Barmherzigkeit zu einer Lösung mit der Obrigkeit zu kommen. Und eine
solche friedliche Lösung wurde in den allermeisten Fällen auch herbeigeführt
und zwar ohne Provokationen oder die Spiele der Machtpolitik. Die Probleme sind
erst gewachsen und größer geworden nach der sog. "Emanzipation", als
die Vorstellungen der Aufklärung und des Liberalismus im Judentum Einzug
hielten und bestimmte jüdische Kreise sich davon politische Vorteile erhofften.
Jahrtausende hat unsere Glaubensgemeinschaft in Deutschland und mit dem
deutschen Volk in friedlichem Zusammenleben dessen Gastfreundschaft genossen
mit einem großen Maß an Religionsfreiheit. Sogar als die zionistische,
reformierte Gemeinde das glaubenstreue Judentum zu verfolgen begann, ist uns
das deutsche Volk zur Seite gestanden, die deutschen Behörden , haben daher
meinem Vorgänger Oberrabbiner Samsan Raffael Hirsch die Genehmigung zur
Gründung einer eigenen orthodoxen jüdischen Kultusgemeinde gegeben und sie mit
allen nötigen Privilegien ausgestattet.
In dieser Zeit
ist Theodor Herzl öfters nach Deutschland gereist, um, wo immer es möglich war,
ja sogar beim Kaiser, gegen uns Stimmung zu machen und gegen das thoratreue
Judentum zu hetzen. Teilweise ist er dabei auf Widerstand gestoßen. Theodor
Herzl hat jedoch mit seinen Aktivitäten den Antisemitismus willentlich
angeheizt, weil er dadurch die Bereitschaft der europäischen Juden zu erwecken
suchte, einen Judenstaat anzustreben. Letztlich hat er damit aber die
Katastrophe des Judentums herbeigeführt. Weil die Zionisten den Staat Israel
herbeiführen und die jüdische Auswanderung nach Palästina fördern wollten, sind
sie nicht einmal davor zurückgeschreckt, Pogrome in Russland anzuheizen
und zu provozieren – so furchtbar das klingt, meine Damen und Herren, ist es
doch beweisbar! Ebenso haben die Zionisten Hitler und das deutsche Volk durch
Boykottaufrufe und andere politische Aktionen zu provozieren versucht, sie
haben die Nürnberger Gesetze begrüßt und alles getan, den Antisemitismus weiter
anzuheizen. Die Zionisten tragen daher eine wesentliche Schuld am Holocaust.
Wir orthodoxe,
glaubenstreue Juden haben mit diesen Dingen nicht das Geringste am Hut gehabt.
Wir haben uns nicht beteiligt an den Provokationen gegen Hitler und das Dritte
Reich. Wir haben uns nicht beteiligt an den Boykottaufrufen und der
internationalen Propaganda. Dennoch sind gerade wir zu den wahren Opfern des
Holocausts geworden.
Nach unserer
Glaubensüberzeugung ist der Holocaust zwar die Strafe Gottes für das jüdische
Volk, das sich im Zionismus vom Glauben abwandte, wenngleich die
hauptsächlichen Opfer dieses Holocaust die orthodoxen Juden waren.
So unglaublich
es klingt, ist es doch unbestreitbar wahr: Unsere Oberrabbiner haben sogar in
Auschwitz deklariert, daß wir zwar den Zionismus abgelehnt und bekämpft haben,
aber doch zuwenig und mit zu geringen Mitteln, weshalb auch uns die Strafe
Gottes nicht unberechtigt trifft. Ich weiß, daß solche Sätze heute in Europa
kaum mehr verstanden werden. Ich weiß, daß solche Sätze bei vielen Europäern
Unverständnis und Kopfschütteln hervorrufen, weil die meisten Europäer auch ihren,
christlichen Glauben nicht mehr ernst nehmen. Dennoch: Das ist unsere
Glaubensüberzeugung!
Die Zionisten
aber haben es nach dem Krieg sogar geschafft, sich als einzige legitime
Vertreter des Judentums darzustellen. Vor allem durch die Besatzung Deutschlands
und Österreichs wurde dies ermöglicht.
Die Auswirkungen
sind schrecklich! Im Namen des Judentums – und wir glaubenstreue Juden haben
damit wirklich nichts tun – wird seit Jahrzehnten auf die gesamte politische
und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands massiven Druck ausgeübt.
Deutschland ist nach wie vor ein besetztes Land, nach wie vor gilt die
Feindstaatenklausel der Vereinten Nationen für Deutschland, das heißt
Deutschland ist kein gleichberechtigtes Mitglied der UNO!
Beispiel
für die unfaßbare Erniedrigung Deutschlands ist es, daß ein Herr Michel
Friedman – der leider den gleichen Nachnamen wie ich trägt –, ein moralisch
fragwürdiger Kokainbenützer und Prostituiertenbesucher, die Möglichkeit
besitzt, dem deutschen Volk moralische Vorhaltungen zu machen und moralische
Bedingungen zu stellen – und das alles im Namen des Judentums!
In Österreich
ist die Situation nur unwesentlich besser. Auch hier wird ein Theodor Herzl als
große Persönlichkeit dargestellt, obwohl er dem Judentum in Wahrheit ungeheuren
Schaden zugefügt hat, weil er gegen den Willen Gottes versucht hat, aus einer
rein spirituellen, rein geistigen Religion ein politisches Machtsystem zu
machen, ein Machtsystem, das wie alle politischen Machtsysteme Gegner und
Feinde hat und diese bekämpft. Die Palästinenser, die Bevölkerung Palästinas,
mußte logischerweise zum Feind eines solchen zionistischen Machtsystems werden.
Die Folgen, der Krieg, die Intifada, die antijüdischen Terroranschläge und die
ebenso terroristischen Schläge der israelischen Armee gegen palästinensische
Führer mit ebenso vielen zivilen Todesopfern sind uns allen bekannt.
Als
glaubenstreue Juden können wir die Lehre des Dr. Theodor Herzl niemals
akzeptieren. Als glaubenstreue Juden stehen wir dem Zionismus völlig ablehnend
gegenüber. Als glaubenstreue Juden sehen wir den Zionismus als Verrat an Gott
und der jüdischen Religion.
Wir thoratreuen
Juden wollen auch in Zukunft in Frieden unter den Völkern leben, unter den
Deutschen wie unter den Arabern, wir wollen kein Volk erpressen, kein Volk
politisch unter Druck setzen, sondern nur die Möglichkeit haben, wo immer wir
leben, in Frieden Gott anzubeten. Daher stehen wir in scharfer Opposition zur
zionistischen Machtpolitik. Daher stehen wir in scharfer Opposition zu
allen Versuchen, seitens internationaler sogenannter jüdischer Organisationen,
Länder wie Deutschland und Österreich politisch oder finanziell zu erpressen.
Daher mischen wir uns auch bewußt nicht in die inneren Angelegenheiten der
Länder ein, in denen wir leben.
Als der
Bundestagsabgeordnete der CDU, Dr. Martin Hohmann, in allen vom Glauben
abgefallenen Menschen die eigentlichen Täter des 20. Jahrhunderts
sah, ob Bolschewisten oder Nationalsozialisten, haben wir diese Analyse nur
unterstützen können. Als gegen Österreich aufgrund seiner schwarz-blauen
Regierung von verschiedenen Staaten Boykottmaßnahmen beschlossen wurden, haben
wir öffentlich festgestellt, daß wir eine solche Einmischung in die inneren
Angelegenheiten eines Landes für nicht statthaft erachten und unserer
Auffassung nach das österreichische Volk jedes Recht hat, die Regierung zu
wählen, die es sich selber geben will. Wir haben damals sogar aus eigener Kasse
ein großes Inserat in der "New York Times" geschaltet, in dem
glaubenstreue jüdische Oberrabbiner aus der ganzen Welt dieser Auffassung ihre
Unterstützung verliehen haben.
Ich hoffe, meine
sehr geehrten Damen und Herren, daß es mir gelungen ist, Ihnen klarzumachen,
daß der Zionismus eines Theodor Herzl nichts mit den Überzeugungen des wahrhaft
glaubenstreuen Judentums zu tun hat. Es ist hoch an der Zeit, daß auch die
offiziellen Repräsentanten der Republik Österreich erkennen, daß das thoratreue
Judentum von uns repräsentiert wird und daß es neben der sogenannten
israelitischen Kultusgemeinde andere Ansprechpartner für sie gibt.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Die wesentlichen heiklen Punkte, die wir in dieser
internationalen Rabbiner-Konferenz ansprechen wollen, habe ich in meinen
einleitenden Worten bereits angerissen. Ich begrüße im Besonderen und freue
mich über ihr Kommen:
1) Zuallererst
Dr. Martin Hohmann, Mitglied des Bundestages der Bundesrepublik Deutschland
2) den Verfassungsrechtler Univ. Prof. Dr. Hans Klesatzky aus Innsbruck
3) Herrn Bundesminister a. D. Prof. Dr. Erwin Lanc
4) Herrn Volksanwalt Mag. Stadler
5) Herrn Prof. Dr. Matschner
6) Herrn Bundesrat Dr. John Gudenus
7) Herrn Rechtsanwalt Dr. Johannes Hübner
Abschließend
möchte ich nun noch einen grundsätzlichen Appell dieser internationalen
Rabbiner-Konferenz äußern:
Wir tragen an
die Bundesrepublik Deutschland und insbesondere an die CDU-CSU-Fraktion die
herzliche Bitte heran, das ungeheure Unrecht, das gegenüber Dr. Martin Hohmann
begangen wurde, wieder gutzumachen, seinen hervorragenden Namen
wiederherzustellen und ihn als Politiker und Repräsentanten seines
Heimatkreises voll zu rehabilitieren. Wir können es nicht
unwidersprochen hinnehmen, daß unberechtigterweise und gegen alle Gebote
unserer Religion erpresserische Versuche unternommen werden, Menschen, die den
Mut haben, die historische Wahrheit anzusprechen, als Antisemiten zu verleumden
und ihnen fälschlicherweise ein antijüdisches Gedankengut zu unterstellen.
Es ist unerträglich, wenn heute zur Durchsetzung bestimmter politischer Ziele
die Geschichte des jüdischen Volkes und das Schicksal des Judentums unter
Hitler als Waffe instrumentalisiert wird.
Leider geschieht
dies heute allzu oft. Leider wird mit dem Sterben und dem Tod unserer Vorfahren
so häufig tagespolitisches Kapital geschlagen. Im Gegensatz zu diesen, regelmäßig
durch die Medien geisternden Gedanken streben wir thoratreue Juden eine
vollständig unbelastete, friedliche und freundschaftliche Zukunft mit dem
deutschen Volk an. Daher fordern wir auch ein Ende des Besatzungsstatus von
Deutschland und ein Ende der Feindstaatenklausel der Vereinten Nationen, denn
nur so kann für Deutschland – und damit auch für Österreich ein endgültiger
historischer Schlußstrich unter die Vergangenheit gezogen werden.
Bevor man ein
Ende des Besatzungsstatus des Iraks oder Palästinas fordert, muß man ein Ende
des Besatzungsstatutes für Deutschland fordern: Das Ende eines zum großen Teil
informellen, das heißt geistig – medial aufrechterhaltenen -, und in dieser
Form auch auf Österreich erstreckten Besatzungsstatutes, der nur durch den Mißbrauch
unseres Namens und unseres Glaubens so etabliert werden konnte.
Quelle: www.palaestinensische-gemeinde.at/rabbinerkonferenz.shtml