Der Illuminaten-Orden
(...) Der Gründer des Illuminaten-Ordens war der
Professor des Natur- und kanonischen Rechts an der bayrischen Landesuniversität
in Ingolstadt, Adam Weishaupt (geb. 1748 in Ingolstadt, gest. 1830 in Gotha).
Weishaupt, Jesuitenzögling (wie Joseph Goebbels, Heiner Geißler und Oskar
Lafontaine), mit wenig über zwanzig Jahren Doktor, mit vierundzwanzig
Hochschullehrer, hatte sich in München in die Loge „Theodor zum guten Rat“
aufnehmen lassen. Aber unbefriedigt von den damaligen Systemen, kam er dazu –
wie so manche andere –, gewiß auch
unter dem Einfluß der Aufklärungsideen und dem von ihnen hervorgerufenen
„Sturm und Drang“, ein eigenes System zu gründen. Weishaupts Verteidiger
meinen, es sei ihm nur darum gegangen, die jugendlichen Studenten zu
organisieren und sie den Jesuiten bzw. den Rosenkreuzern zu entreißen, seine
Feinde dagegen behaupten, sein Orden sei entweder von den geheimen Oberen der
Freimaurerei oder von den Jesuiten veranlasst worden und habe deren Zwecken zu
dienen gehabt.
Anmerkung: Interessant ist
in diesem Zusammenhang, was der Hochgradfreimaurer, Trotzkist und sowjetische
Spitzendiplomat Kristjan Jurjewitsch Rakowskij
in der Vernehmung durch den Beamten der
GPU Gabriel G. Kuzmin am 26. Januar 1938 in
Moskau ausgesagt hat, um in einer der stalinistischen Säuberungen dem
Genickschuß zu entgehen:
„(...) Wissen Sie, daß die
nicht geschriebene Geschichte, die nur wir kennen, uns als den Gründer der
Ersten Internationale des Kommunismus natürlich geheim Adam Weishaupt angibt?
Erinnern Sie sich seines Namens? Er war der Führer des als " I 1 1 u m i n
a t e n " bekannten Freimaurerordens, dessen Namen er von der zweiten
antichristlichen und kommunistischen Verschwörung des Zeitalters, der Gnostik,
entlehnt hat. Als dieser große Revolutionär, Semit und Exjesuit, den Triumph
der Französischen Revolution voraussah, entschloß er sich (oder wurde
beauftragt ‑ man nennt als seinen Chef den großen Philosophen
Mendelssohn) eine Organisation zu schaffen, die geheim sein und die Französische
Revolution über ihre politischen Ziele hinaus weitertreiben sollte, um sie in
eine soziale Revolution zur Aufrichtung des Kommunismus zu verwandeln. In jenen
heldischen Zeiten war es eine ungeheuere Gefahr, den Kommunismus auch nur als
Ziel zu erwähnen. Daher alle die Vorsichtsmaßnahmen, Prüfungen und Mysterien,
mit denen er das Illuminatentum umgeben mußte. Noch fehlte ein Jahrhundert, bis
man sich ohne Gefahr von Gefängnis oder Hinrichtung öffentlich als Kommunist
bekennen konnte.
Was man nicht kennt, das ist
die Verbindung von Weishaupt und seinen Anhängern zu dem ersten Rothschild. Das
Geheimnis des ersten Ursprunges von dem Vermögen dieser berühmtesten Bankiers
läßt sich damit erklären, daß sie die Schatzmeister der ersten Komintern waren.
(...)“
Gegründet wurde der Illuminaten-Orden am 1. Mai 1776; das ist der Tag der ersten Mitglieder. Die Grundsätze dafür entnahm Weishaupt, wie er selbst in seiner „Apologie der Illuminaten“ (1786) angibt, der Schrift „Vom Verdienste“ (1765) des damals sehr angesehenen, auch von Herder ehrend genannten Philosophen Thomas Abbt (1738 – 1766). Die in Betracht kommende Stelle lautet: „Vieler, sehr vieler Menschen zeitliche und ewige Wohlfahrt befördern; ihr Leben und Wandel durch Vorschriften so einrichten, daß sie immer glückseliger, immer vollkommener werden; die Veranstaltung treffen, daß ihnen dergleichen Regeln ebenso geläufig als beliebt seien; solche Lagen aussinnen, dadurch sie sich alle zu einem gemeinschaftlichen Guten müssen hinführen lassen, dazu denn alle Verwickelungen, die meisten möglichen Fälle überdenken; sich an die Arbeit machen, wenn noch niemand sie nur als möglich ansieht; jahrelang arbeiten, manchmal ohne Frucht, sich trösten, aufrichten, selbst anspornen müssen; keine Widerwärtigkeiten, keine Gefahr achten; keine innere Abneigung oder Lauheit überhand nehmen lassen; und dies alles bloß darum, weil es zu Nutz und Frommen der herzlich-geliebten Nebenmenschen gehört.“ Durch diese Sätze angeregt, entwarf er seine Ordensregeln, die er zuerst „Statuten der Perfectibilisten“ nannte. Später ersetzte er den Namen „Perfectibilisten“ durch „Illuminaten“.
Offiziell, d. h. zur Mitteilung an die unteren
Grade, gab Weishaupt an, daß der Orden nur einen einzigen Zweck habe: „Sammlung
und geheimen Unterricht in wissenschaftlichen Kenntnissen; daß er eine geheime
Weisheitsschule sein sollte, in welcher der Stifter nur junge Akademiker
aufnehmen und diesen ungestört dasjenige lehren wollte, was Dummheit und
Pfaffeneigennutz von dem öffentlichen Katheder verbannt hatte.“ Vom 15.
Lebensjahre abgefangen sollten junge Studenten Aufnahme finden, und als Lektüre
wurde ihnen empfohlen: Seneca, Epiktet, Marcus Aurelius, Plutarch, Pope,
Smith, Basedow, Meiners, Abbt, Montague, Helvetius, La Bruyère, Tobias Knaut,
Hirschfeld, Bellegarde, La Noble und Wieland. (...)
Die eigentümliche, im Prinzip uns aus der
Freimaurerei bekannte, hier aber verschärfte Maßnahme bestand darin, daß die
Illuminaten in den unteren Graden einander gegenseitig nicht kannten; dadurch
wurde eine ganz außerordentliche Disziplin und Beherrschung der Mitglieder
erlangt. Jeder Minervale (unterster Grad der Illuminaten) kannte nur
seinen Oberen, der ihn in den Orden aufgenommen hatte, und genau wie bei den
Jesuiten war er der ihm unbekannten Obrigkeit gegenüber zur Spionage und
Denunziation über seine unmittelbaren Vorgesetzten verpflichtet. Jeden Monat
mußte er neben seiner offiziellen Arbeit einen Geheimbericht in verschlossenem
und versiegeltem Umschlag mit der Überschrift „Quibus licet“ überreichen, worin
er drei Fragen zu beantworten hatte:
1.
Wie
ihm sein Oberer begegne, ob er fleißig oder nachlässig, ob er hart oder gelind
mit ihm verfahre?
2.
Was
er gegen die Gesellschaft für beschwerden habe?
3.
Was
ihm der Obere diesen Monat für Befehle kundgemacht? Was er an den Orden bezahlt
habe?
Hatte er nichts zu berichten, so mußte er einen
leeren Zettel einsenden. Das System gegenseitiger Bespitzelung wurde nach
jesuitischem Muster durch alle Klassen des Ordens durchgeführt.
Bei der Aufnahme in den 6°, den Priestergrad, wurde
eine lange, zweiundfünfzig Druckseiten umfassende Anrede gehalten, worin in dem
schwülstigen Stile jener Zeit, aber doch sehr eindeutig gegen die Begriffe Familie,
Vaterland, Staatsoberhaupt Stellung genommen wurde. So heißt es darin: „Es
wurde zur Tugend, auf Unkosten derer, die nicht in unsere Grenze eingezogen
waren, sein Vaterland zu vergrößern. Diese Tugend hieß Patriotismus und der
Mann, der gegen alle ungerecht war, um gegen die Seinigen gerecht zu sein, hieß
Patriot. Aus dem Patriotismus entstand der Lokalismus, der Familiengeist und
schließlich der Egoismus.“ Als Abwehr empfiehlt Weishaupt, die geistige
Aufklärung, denn „durch sie wird die Menschheit von ihrem Fall sich erholen,
Fürsten und Nationen werden ohne Gewalttätigkeit von der Erde verschwinden ...
und die Vernunft wird das einzige Gesetzbuch der Menschen sein.“ In diesem
Sinne lehrte Weishaupt, daß Freiheit und Gleichheit natürliche Rechte des
Menschen darstellten, daß aber die Gleichheit durch das Eigentumsrecht und die
Freiheit durch die Regierungen vernichtet worden seien; da aber das
Eigentumsrecht und die Regierungen auf Kirchengesetzen und Staatsgesetzen sich
stützten, so müsse man, um die Rechte des Menschen wiederherzustellen, jede
Religion und jede Gesellschaftsordnung zerstören und das Eigentumsrecht als
abgesetzt erklären. Er sagte: „Tretet alle die, die ihr nicht überzeugen könnt!
Der Funke kann nicht lange unter der Asche glimmen, es kommt aber der Tag des
Brandes.“ Und auf dem Kongreß in Wilhelmsbad im Jahre 1782 wurde für die
Hochgrade eine neue Eidesformel ausgegeben, in der man sich auch zum
Tyrannenmord verpflichtete und im voraus von allen Staatseiden entbunden wurde (Martial
d’Estoc, La franc-maconnerie, Paris 1906, II, S. 75). (...)
Quelle: „Die Freimaurerei. Ihr Ursprung, ihre Geheimnisse, ihr Wirken“ von Gregor Schwartz-Bostunitsch, 4. Auflage, Weimar o. J. (1. Auflage = 1928), S. 211 – 215
Anmerkung: Gregor Schwartz-Bostunitsch hieß
ursprünglich Grogorij Bostunic, war 1883 geboren und russischer Hochschullehrer,
der 1925 in Deutschland eingebürgert wurde.