Schönberg (66)
Zum
Artikel „Landrat wehrt sich gegen Vorwürfe ...“ (OZ-Lokalausgabe
Grevesmühlen, S.18 vom 12. März 2008) schreibt Uwe Lembcke
aus Schönberg, Vorsitzender der BI (Bürgerinitiative)
„Stoppt die Deponie Schönberg e. V.“:
Die Sondermülldeponie Ihlenberg, einst als VEB Deponie Schönberg
errichtet, ist wohl eines der markantesten Beispiele für Entscheidungen und
Entwicklungen in unserem Land, in unserem
Landkreis, wie sie hätten in der
Vergangenheit niemals erfolgen dürfen. Dass diese Situation nur wenige
Freunde haben kann, dafür aber eine Vielzahl
von Gegner auf den Plan ruft, ist
wohl allzu verständlich. Auf Druck
der Bürgerinitiative „Stoppt die Deponie Schönberg.e.V.“ wurde 2001 ein Deponiebeirat
eingerichtet, der sich aus verschiedenen Interessengruppen zusammensetzt und sich zur Aufgabe gemacht
hat, Aufklärung zu bringen und Vertrauen herzustellen. Dass die Mitglieder der Bürgerinitiative ehrenamtlich und mit sehr viel Engagement an die Sache
herangehen, sehen diese als selbstverständlich
an, und dass dagegen die Interessenvertreter derer, die sich mit dieser Deponie eine „goldene Nase“ verdienen, weniger an Aufklärung und Transparenz
interessiert sind, erklärt sich naturgemäß von selbst.
Dieser Konflikt ist eine nicht so einfach wegzuwischende Gegebenheit
und macht die Arbeit des Beirates nicht
einfacher. Geschichte verführt nun
mal zur Recherche und ist ein wichtiges Instrument zur sachlichen
Aufklärung. So auch im besagten Fall. Die
Fakten lassen sich nun mal nicht einfach so auslöschen.
Wenn
auch seinerzeit auf Befehl der
DDR-Staatsführung in Berlin, so
wurde der VEB Deponie Schönberg unter der Hoheit und in Verantwortung
des damaligen Kreises Grevesmühlen im Bezirk Rostock eingerichtet und aufgebaut.
Dokumente zur Antragstellung, konzeptionellen Aufbau nebst Umsetzung, Beteiligung der anliegenden Kommunen und
Grundstückseigentümer, Dokumente zur
Genehmigung und Kontrolle aus der
Zeit von vor 1989 müßten somit im
Archiv des Landkreises vorhanden sein.
Wichtig für die Mitglieder der Bürgerinitiativen
ist die Beantwortung der Frage: Wurde die Sondermülldeponie mit dem Namen VEB Deponie Schönberg, nur
wenige hundert Meter vom Dorfanger in Selmsdorf
entfernt, legal oder illegal eingerichtet und betrieben? Gab die Rechtsprechung (bzw.: die Rechtslage)
in der damaligen DDR eine solche
Vorgehensweise, bestehend nur aus Befehl und Gehorsam, wirklich her? Kann
eine Sache, die aus einem Unrecht heraus
entstanden ist, Bestandsschutz genießen?
Wenn
heute keine Unterlagen bezüglich des damaligen Genehmigungsstatus dieser Deponie im Archiv des Landkreises NWM aufzufinden
sind, entwickelt sich natürlicherweise bei den Bürgerinitiativen der
Verdacht, dass diese in der Vergangenheit, im Herbst 1989 von den damals Verantwortlichen, zusammen mit vielen anderen
Akten vernichtet worden sind. Wenn es nicht so sein sollte, auch das
wäre denkbar, bliebe dem Landrat Erhard Bräunig immer noch die Möglichkeit,
den Vertretern der Bürgerinitiativen zu
offerieren, dass es solche Unterlagen
niemals gegeben hat, selbstverständlich
dann aber auch mit allen
Konsequenzen. Somit liegt es ausschließlich
in seiner Hand, den Vorwurf über
einen möglichen Aktenschwund im Kreisarchiv zu revidieren. Die Feststellung zu treffen, inwieweit
interessierte Personen noch „ernst zu nehmen sind“, ist dagegen ein Skandal, einem Landrat nicht würdig und erst recht
nicht zeitgemäß.
Quelle:
Ostsee-Zeitung Lokalausgabe Grevesmühlen vom 28. März 2008
Anmerkung:
Der VEB „Deponie Schönberg“ wurde unter Beachtung des damals geltenden
DDR-Rechts illegal errichtet und auch
teilweise illegal betrieben. Gründe für diese Wertungen sind bekannt, auch wenn
man durch fortgesetzte Archivarbeit wahrscheinlich „noch mehr krumme Dinger“
ans Tageslicht zerren könnte. Nach Maßgabe des Abfallgesetzes in der nach der
Wiedervereinigung geltenden Fassung hätte der Deponie demzufolge kein
Bestandsschutz zuerkannt werden dürfen. Auf die ungeklärte Frage, ob dies zur
Nichtigkeit oder nur zur Fehlerhaftigkeit (mit der Folge der Bestandskraft nach
Ablauf der Anfechtungsfrist) jenes Verwaltungsaktes innerhalb der 1.
Nachträglichen Anordnung geführt hat, kommt es jedoch nicht (unbedingt) an, da
die Deponie nachweislich ausgelaufen und damit schließungsreif ist. Diesem
Umstand wollte ein „Hausgutachter“ des StAUN und der Deponiebetreiberin mit
einer aberwitzigen „Gasdruckübertragung-Theorie“ begegnen; allerdings ergeben
in Schwerin vorgefundene Unterlagen, dass das StAUN intern selber nicht an
diesen Schmarren glaubt. Im übrigen hat ein Ordinarius
vom Fach über den Urheber der Gasdruckübertragungstheorie geäußert, „den würde
ich rausschmeißen“. Allerdings scheint es im StAUN – der Genehmigungs- und
Aufsichtsbehörde - die ersten Absetzungsbewegungen zu geben; der bisherige
Fachreferent Helge Z. hat einen neuen Wirkungskreis in Schweden gefunden.
Abschließend
soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass sich die Archivarbeit der
Mitglieder der BI nicht überall so beschwerlich und frustrierend dargestellt hat.
Positiv in freundlicher, hilfsbereiter und kompetenter Unterstützung zeigten
sich beispielsweise das Umweltamt der Hansestadt Lübeck, das LANU in Flintbek,
das LUNG in Güstrow und der Zweckverband in Grevesmühlen und solange der
Ministerialdirigent Dr. Wilhelm Beckmann lebte, war es ohnehin einfacher, ein
an der verfassungsmäßigen Ordnung orientiertes Handeln der involvierten
Behörden durchzusetzen.