Detlef Winter                                                                      Lübeck, den   9.6.2003

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Schwerin

 

Standsicherheit der Deponie-Halde Ihlenberg

 

Sehr geehrter Herr Dr. Beckmann,

 

jedem klar denkenden Menschen, der mit dem nötigen Hintergrundwissen die Geschichte der Deponie seit 1978 kennt, ist der Weg zum (partiellen) Verschwörungstheoretiker vorgezeichnet. Es gab dort gewisse mafiose Strukturen, die in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg besonders stark ausgeprägt waren und die sehr wahrscheinlich weder mit dem Beitritt, noch in Folge wenig effektiver parlamentarischer Untersuchungsausschüsse und erst recht nicht durch schlafmützige staatsanwaltschaftliche Ermittlungen endgültig unschädlich gemacht wurden.

In Kenntnis sowohl des vielschichtigen Gefährdungspotentials, als auch der langjährigen Frustrationen einiger im Kern preußisch denkender "Querulanten", möchte ich keine Gelegenheit auslassen zu warnen; insbesondere auch, damit später die Verantwortungsträger nicht sagen können, sie hätten nichts gewußt.

Darüber, daß die Deponie nach Maßgabe der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schon längst hätte geschlossen müssen, brauchen wir kein Wort zu verlieren. Daran kann weder der fehlende politische Wille einer Landesregierung noch eine katastrophale Haushaltssituation etwas ändern, wobei man natürlich auch bei kritischer Situation des Etats bei Licht betrachtet nicht daran vorbeikommt, gesetzeskonforme und vernünftige Prioritäten zu setzen.

Nach den bedauerlichen Krebsfällen und Krebstoten, der Verpestung der Luft mit unerträglichem Gestank und hochdosierten Schadstoffen (nicht nur Ozon) und der Verseuchung von Boden und Grundwasser (nicht nur am Bockholzberg), scheint die äußerst labile Situation der Standsicherheit der Deponie-Halde eine unverzügliche Revision der insoweit vorliegenden "Gutachten" zu erfordern, damit nicht eines Tages Starkregenfälle, wie wir sie letztes Jahr in Böhmen mit bis zu 300 mm/qm hatten, den Müllberg den Hang nach Schönberg hinunter rutschen lassen. In diesem Zusammenhang weise ich auf folgendes hin:

 

1)     In der Aktennotiz der Bergbehörde Straßfurt vom 30.7.1990 heißt es u.a.: ..."Ziffer 2.2  Die Aussage, die Deponie auch bis + 118 m HN sicher betreiben zu können, ist nicht begründet.

2)     In nämlicher Notiz heißt es u.a.: ..."Ziffer 2.3  ...zulässige Schlammanteile (Stoffgruppe 5) bis zu 30 %".

3)     In der Zeit von 1983 bis 1990 sind insgesamt 7,513 Mio. t Abfälle auf die Deponie gelangt, wovon 3,9 Mio. t - also 51,9 % - Schlämme waren.

4)     Je höher der Schlammanteil, desto instabiler der Haldenaufbau. Wie man bei ca. 52 % Schlammanteil eine solide Verfestigung und eine stabile "Außenwand" hinbekommen will, bedarf schon einer hohen Kunstfertigkeit.

5)     Der damalige Bergamtsleiter, Herr Knöfler, schreibt anläßlich der Aktenübergabe an das Geologische Landesamt am 23.1.1995 u.a.: "Auf die ständige Aufarbeitung und Prüfung aller Daten zur Haldensicherheit wurde mit Nachdruck verwiesen." (Hervorhebung vom Unterzeichner). Über das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Staatssekretär Dr. Conrad und Herrn Knöfler muß ebensowenig ein Wort verloren werden wie über sein Wissen über die bisherigen Berechnungen der Standsicherheit und ihrer Datengrundlage.

6)     Im Standsicherheitsnachweis vom 30.12.1999, erstellt von Dipl.-Ing. Werner Hausdorf vom Fachcenter Bodenmechanik in Espenhain, heißt es u.a.:

7)     Der Anteil an Klärschlamm liegt mit etwa 3,5 % relativ niedrig (Seite 9).

8)     Der Anteil kommunaler Klärschlämme ist erheblich zurückgegangen. Dafür zeigen ölhaltige Schlämme in ihrem Aufkommen steigende Tendenz (Seite 9).

9)     Zusammenfassend kann man feststellen, daß trotz des sehr inhomogenen Deponiegutes sich in den Bauabschnitten 1, 2, 3+5, 5.2, 5.3, 1.1 und 1.2 eine Sickerwasserhaube ausgebildet hat, die im Bereich der Deponieinnenfläche eine durchgehende Höhe von etwa + 75 m NN besitzt und nach den Deponierandböschungen abfällt. Bedingt durch das höhenmäßig stark unterschiedliche Relief der Deponiebasis steht damit in dem Deponiekörper teilweise bis zu 15 m über der Deponiebasis Wasser an. In den erdstatischen Berechnungen ist diese hydraulische Belastung zu beachten (Seite 11).

10) Die Berechnungsergebnisse zeigen, daß im Bereich des geotechnischen Schnittes 2 gerade noch ausreichende Sicherheiten vorhanden sind. Bei weiterem Ansteigen der Sickerlinie am Pegel 102 um 2 m auf Werte von + 75,5 m NN würde die rechnerische Sicherheit mit Si = 1,25 unter den erforderlichen Sicherheitswert von Si = 1,30 fallen, was nicht zugelassen werden darf...Aus den Berechnungsergebnissen wird deutlich, daß im Bereich des Schnittes 2 aus hydrologischer Sicht ein Grenzzustand erreicht ist, der nicht überschritten werden darf (Seite 21).

11) Die hydrologische Situation im Bauabschnitt 1.1 ist gegenwärtig nicht ganz eindeutig. Während an den Pegeln 109 und 113 kurzzeitig extrem hohe Wasserstände von + 77 bis 82 m NN registriert wurden, liegt der Wasserstand am benachbarten Pegel 2 mit 65,7 m NN seit längerem im Höhenbereich, der für die Deponie realistisch ist (Seite 23).

12) In diesem Zusammenhang muß es in Erinnerung gerufen werden, daß nach den ersten Standsicherheitsberechnungen zu DDR-Zeiten nur ein Wasserstand im Deponiekörper von maximal 3 m zugelassen wurde. Dieser Wert wurde dann später - wohl wegen des "ökonomischen Drucks" - auf 5 m angehoben.

13) Vor gar nicht langer Zeit hat es insoweit eine schwere Havarie auf der Deponie gegeben, als der Sickerwasserstand im Deponiekörper in Bereiche von 20-25 m anstieg und selbst der sonst "so coolen" Abteilungsleiterebene der IAG der kalte Fußschweiß ausbrach. Teile des Deponiegeländes wurde geräumt, weil mit dem Abgang einer Lawine / Mure gerechnet wurde.

 

 

Mit freundlichen Grüßen