Grausame Briten

 

Wenn man nach Quellen der Gewalt sucht, so wird man sie leider zu allen Zeiten und bei allen Völkern entdecken. Die Deutschen machen darin weder eine Ausnahme noch haben sie sich darin besonders hervorgetan ‑ wenn auch ihre Verbrechen gegenüber den Juden im Zweiten Weltkriege den russischen Grausamkeiten unter dem Bolschewismus in nichts nachzustehen scheinen. Alle, die Menschenantlitz tragen, sind anfällig für die Gewalt, wie es das Alte Testament der Juden sehr anschaulich und mit vielen Beispielen erzählt. Wesentlich scheint uns dabei zu sein, daß England bereits in den beiden vergangenen Jahrhunderten, als sich in der Zeit einer europäischen Kabinettsdiplomatie noch wenige Brutalitäten ereigneten, Beweise außergewöhnlicher Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit gegeben hat, die ebenso auch von den sonst so sehr verschrieenen Nazis oder Bolschewiken hätten verübt sein können. Wir erinnern daran,

 

daß die englische Flotte Kopenhagen, Dänemarks Hauptstadt, bereits im Jahre 1700 bombardierte, dort 1801 die dänische Flotte auf der Reede überfiel und besiegte und schließlich die Stadt in den ersten Septembertagen 1807 mitten im Frieden in Brand schoß, wobei 300 Häuser eingeäschert und mehrere hundert Menschen getötet wurden, und die dänische Flotte (75 Schiffe) räuberisch entführte. Seitdem nennt man diese Methode im Englischen "to copenhagen". Sie wurde letztmals bis jetzt im Sommer 1940 angewandt, als die Briten die französische Flotte am 3. 7. auf der Reede von Oran überfielen, versenkten und dabei 1500 Franzosen töteten;

 

daß der britische Staatsmann Lord Palmerston (1784/1865) stets nach seinem Wahlspruch "Macht geht vor Recht" gehandelt hat, eine Devise, die in seinem Volke unter den Worten "right or wrong ‑ my country" ("Recht oder Unrecht ‑ mein Vaterland") seit Jahrhunderten fest verwurzelt ist. Er war ein Anlaß mit, daß man dem Inselreich die Bezeichnung "perfides Albion" beilegte. Er unterstützte etwa Dänemark bei der Knebelung Schleswig-­Holsteins und erklärte gemäß dem Spruch "Britannien beherrscht die Meere!": "die deutsche Kriegsflagge gleich der von Seeräubern behandeln zu wollen, wenn sie sich auf dem Meere zeigen würde"!

 

daß dieser selbe Staatsmann Afghanistan unter einem haltlosen Vorwande den Krieg erklärte, indem er die indische Regierung veranlaßte, ihrem Nachbarn ein Bündnis mit Persien vorzuwerfen. 1839/42 besetzten 9000 englische Soldaten Afghanistan. 1878/79 taten sie es abermals und erzwangen sich die Oberaufsicht über das schwache und hilflose Königreich;

 

daß Palmerston einen ungerechtfertigten und in seinen Auswirkungen als ein Menschheitsverbrechen anzusehenden Krieg gegen China vom Zaune brach, das sich gegen Einfuhr und Verkauf des menschenzerstörenden Opiums wehrte, welches von der britisch-indischen Regierung vertrieben wurde. So kam es zum Opiumkrieg von 1840/42, in dem China unterlag;

 

daß die britische Grausamkeit sich bei der Niederwerfung des Sepoy‑Aufstandes in Indien 1857/58 sehr hervortat, als indische Hindu‑ und Moslemsoldaten aus religiösen Gründen die von den Briten ausgegebenen Patronen ablehnten, weil sie mit Rindertalg oder Schweineschmalz bestrichen waren. In dem furchtbaren Blutvergießen wurden die Rebellen gegen England rottenweise mit Kanonen niedergeschossen, ja sogar vor deren Mündungen gebunden, ehe man abfeuerte!

 

daß die britische Regierung es war, welche am 20. 1. 1875 offiziell erklärte, daß sie in Zukunft an keinen Verhandlungen mehr teilnehmen werde, als deren Ziel die endgültige Kodifizierung des Kriegsrechts vorgesehen sei ‑ und damit die Brüsseler Deklaration von 1874 und die Fortsetzung der Arbeiten der dortigen internationalen Konferenz ablehnte. Damals wollten die europäischen Mächte die Gesetze und Gebräuche des Krieges festlegen und somit die Leiden vor allem der Zivilbevölkerung mildern. Die Regierung Seiner Majestät befand sich dabei in Übereinstimmung mit der Auffassung der Mehrzahl der britischen Juristen, wie z. B. Professor Holland und Sir Travers‑Twiss. Damit wurde die Kodifizierung des Kriegsrechts um volle 25 Jahre hinausgeschoben. Erst 1899 wurde die Brüsseler Deklaration in der nur wenig abgeänderten Form der Haager Landkriegsordnung internationales Gesetz. Auch auf der dortigen ersten Friedenskonferenz versuchte der britische Vertreter General Ardagh noch einmal, das Zustandekommen einer alle Staaten bindenden Regelung zu verhindern ‑ weil sein Land zur selben Zeit gerade den verbrecherischen Krieg gegen die Buren führte. Aber er setzte sich nicht durch;

 

daß die britische Völkerrechtswidrigkeit sich am 11./12. 7. 1882 zeigte, als ein englisches Geschwader unter Admiral Seymour die Stadt Alexandria bombardierte und unter dem Vorwande, den Suezkanal zu schützen, dann ganz Ägypten besetzte, das man erst Jahrzehnte später wieder herausgab;

 

daß die Briten, welche sich in ihrer Entrüstung über den Durchmarsch deutscher Truppen durch Belgien 1914 und 1940 nicht genug tun konnten, in ihrer Presse während der deutsch‑französischen Krise von 1887 ‑ als die deutsch‑englischen Beziehungen durchaus noch gut intakt waren ‑ sich. ganz offen über die Zweckmäßigkeit äußerten, der deutschen Armee den Weg für den Durchzug durch Belgien freizugeben, um die Operationen gegen Frankreich einzuleiten.

 

daß die britische Begehrlichkeit nach einem ersten gescheiterten Versuch, dem Jameson‑Raid von 1896, schließlich die friedlichen Burenstaaten Transvaal und Oranje mit Krieg überzog (1899/1902), sie annektierte und ebenfalls später wieder freilassen mußte.

 

Quelle: "Bevor Hitler kam" von Dietrich Bronder, 2. Auflage, Genf 1975, S. 161 ff

 

Anmerkung: Der vorstehende Auszug macht überdeutlich, daß die USA im 20. Jahrhundert die Rolle übernommen haben, welche die Briten im 19. Jahrhundert gespielt haben und zwar einschließlich fortgesetzter Rechtsbrüche, räuberischer Annexionen und Weigerungen, sich internationalem Recht zu fügen.