Auszug aus der Anklageschrift beim Internatio­nalen Europäischen Tribunal über den NATO‑Krieg gegen Jugoslawien

 

(Ausgearbeitet von Rechtsanwalt Ulrich Dost)

 

Anklagevorwurf

 

Zu 1.

 

a) Den NATO‑Staaten und den durch sie vertretenen Regierungsmitgliedern wird vorgeworfen, gemeinschaftlich handelnd einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien spätestens seit 1998 bis einschließlich 23. März 1999 vorbereitet und zwischen 24. März bis 10. Juni 1999 geführt und dadurch in ihrer Eigenschaft als Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen und gleichzeitig in ihrer Eigenschaft als Mitgliedsstaaten der NATO gegen folgende völkerrechtliche Normen verstoßen zu haben:

 

1. Verstoß gegen das Verbot der Gewaltandrohung und Gewaltanwendung, die gegen die territoriale Unverletzlichkeit oder politische Unabhängigkeit irgendeines Staates gerichtet ist (Artikel 2 Nr. 4 der UN‑Charta);

 

2. Verstoß gegen die Verpflichtung aller Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, alle ihre internationalen Streitfälle mit friedlichen Mitteln auf solche Weise zu regeln, daß der Weltfrieden, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden (Artikel 2 Nr. 3 der UN‑Charta);

 

3. Verstoß gegen das Prinzip der Nichteinmischung (Artikel 2 Nr. 7 der UN-­Charta): Mißachtung der Funktionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen hinsichtlich seiner Hauptverantwortung für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit (Artikel 24 Nr. 1 der UN-­Charta);


 

4. Mißachtung der ausschließlich dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen obliegenden Befugnisse zur Feststellung und Ergreifung von Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen (Artikel 24 Nr. 1 in Verbindung mit Kapitel VII, insbesondere Artikel 39, 41 und 42 der UN‑Charta);

 

5. Verstoß gegen das Verbot der Anwendungen von Zwangsmaßnahmen durch eine regionale Vereinigung ohne Zustimmung des UN­-Sicherheitsrates gern. Artikel 53 der Charta der Vereinten Nationen;

 

6. Verstoß gegen das Verbot der Aggression in Form eines Angriffs bewaffneter Streitkräfte sowie der Bombardierung und des Einsatzes von Waffen gegen ein fremdes Territorium (Artikel 2 folgende der UNO-­Resolution 3314 vom 14. Dezember 1974);

 

7. Verstoß gegen das Verbot der vorsätzlich gegen die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen gerichteten Angriffe, die den Tod oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit zur Folge haben (Artikel 85 Absatz 3 des 1. Zusatzprotokolls von 1977 des Genfer Abkommens von 1949);

 

8. Verstoß gegen das Verbot des Führens eines unterschiedslos wirkenden, die Zivilbevölkerung oder zivile Objekte in Mitleidenschaft ziehenden unverhältnismäßigen Angriffs in Kenntnis dessen, daß dieser Angriff Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte zur Folge haben wird (Artikel 85, Absatz 3 des 1. Zusatzprotokolls von 1977 des Genfer Abkommens von 1949);

 

9. Verstoß gegen das Verbot der Anwendung von Waffen, Geschossen und Material sowie Methoden der Kriegsführung, die verboten oder geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen, einschließlich der Verwendung giftiger Waffen sowie das Verbot der Verwendung von Methoden oder Mitteln der Kriegführung, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, daß sie ausgedehnte, langanhaltende und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen (Artikel 35 des 1. Zusatzprotokolls von 1977 des Genfer Abkommens von 1949);


 

 

b) Verletzung des Nordatlantikvertrages vom 4. April 1949 (NATO‑Vertrag) durch die vorgenannten NATO‑ Mitgliedsstaaten selbst:

 

1. Verstoß gegen die Vertragsverpflichtung, in Übereinstimmung mit der Satzung der Vereinten Nationen jeden internationalen Streitfall, an dem sie beteiligt sind, auf friedlichem Wege so zu regeln, daß der internationale Friede, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden, und sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar ist (Artikel 1 des NATO‑Vertrages);

 

2. Verstoß gegen die Vertragsverpflichtung, nur im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen eine oder mehrere Vertragsparteien in Europa oder Nordamerika in Ausübung des in Artikel 51 der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung Waffengewalt anzuwenden (Artikel 5 des NATO‑Vertrages);

 

3. Verstoß gegen die Vertragserklärung, die vorrangige und uneingeschränkte Verantwortlichkeit des Sicherheitsrates für die Wahrung des Weltfriedens zu respektieren (Artikel 7 des NATO‑Vertrages);

 

 

c) zusätzlich durch die Bundesrepublik Deutschland und durch die sie vertretenden, vorgenannten Regierungsmitglieder:

 

1. Handlungen vorgenommen zu haben, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommenen wurden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorbereitet zu haben (Artikel 26 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland);

 

2. Verstoß gegen die Erklärungen der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird und daß das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen (Artikel 2 des 2+4‑Vertrages);

 

 

d) zusätzlich der Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Außenminister Joseph Fischer und der Verteidigungsminister Rudolf Scharping:


 

1. eine Straftat gern. § 80 StGB begangen zu haben, indem sie einen Angriffskrieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein sollte, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeigeführt haben.

 

Zu 2.

 

Den vorgenannten Mitgliedern des Deutschen Bundestages der Bundesrepublik Deutschland werden zwei selbständige, gemeinschaftliche Handlungen vom 16. Oktober 1998 und vom 25. Februar 1999 vorgeworfen,

 

1. die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen wurden, die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten (Verstoß gegen Artikel 26 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland);

 

2. eine Straftat begangen zu haben, indem sie einen Angriffskrieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein sollte, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeigeführt haben (§ 80 des Strafgesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland).

 

Zu 3.

 

Den vorgenannten Verantwortlichen der NATO werden die bereits unter 1. Buchst. b) genannten Verstöße vorgeworfen.

 

Zu 4.

 

Den vorgenannten Offizieren der Deutschen Bundeswehr wird außer Rechtsverstößen gern. Artikel 26 Grundgesetz und § 80 StGB vorgeworfen,

 

1. Befehle im Wissen darum befolgt zu haben, daß dadurch eine Straftat begangen würde (§ 11 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten);

 

2. Befehle unter Mißachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften erteilt zu haben (§ 10 Abs. 4 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten);

 

3. als Soldat die freiheitliche demokratische Grundordnung i. S. des Grundgesetzes mißachtet zu haben und durch sein Verhalten nicht für deren Erhaltung eingetreten zu sein (§ 8 des Gesetzes über die Rechtsstellung des Soldaten).

 

Quelle: "Die Eingreiftruppen des Antichristen" von Robin de Ruiter, Durach 2003, S. 133 - 136 (Verlag Anton A. Schmid, Postfach 22, D-87467 Durach - Verlagsprogramm Pro Fide Catholica)