Staatliche Überwachung nimmt weiter zu
Die Überwachung der
Bundesbürger durch staatliche Behörden nimmt weiter zu. Der
Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob bemängelte am Mittwoch in Berlin vor
allem die drastische Ausweitung der Telefonüberwachung und den Ausbau der
Gendatenbank beim Bundeskriminalamt. In seinem Tätigkeitsbericht verlangte er
einen Verzicht auf groß angelegte Rasterfahndungen und warnte vor der Gefahr
des "gläsernen Kunden" durch Speicherung persönlicher Daten zu
kommerziellen Zwecken. Der Datenschutz in Deutschland habe sich seit zwei Jahren
kaum verbessert, sagte Jacob. "Die Lage ist noch lange nicht zufrieden
stellend." Die Zahl der Telefonüberwachungen habe im vergangenen Jahr
erneut um zehn Prozent auf 21.874 Zugenommen. Seit 1995 verfünffachten sich die
Abhöraktionen sogar. Eine nachvollziehbare Erklärung für den Anstieg gebe es nicht,
erklärte Jacob. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sich in unserem Land schleichend
eine Überwachungskultur entwickelt, deren tatsächliche Effizienz und
Notwendigkeit nicht nachgewiesen sind."
"Erhebliche
Bedenken" äußerte Jacob auch gegen Bestrebungen, die Hürden für die
Speicherung genetischer Daten weiter abzusenken. "Immerhin wird hier der
Kernbereich der Privatsphäre angegriffen." Die vor fünf Jahren beim
Bundeskriminalamt eingerichtete DNA-Analysedatei umfasse inzwischen 250.000
Datensätze. Jacob forderte eine gesetzliche Regelung für die Durchführung von DNA‑Massentests.
Bundesinnenminister Otto Schily hatte sich Anfang April für einen Ausbau der
zentralen Gendatenbank zur Verbesserung der Verbrechensbekämpfung eingesetzt.
Jacob warnte auch vor
unangemessenen Eingriffen in die Privatsphäre durch die von der Bundesregierung
geplante Gesundheitskarte. Jeder Patient müsse selbst entscheiden, welche Daten
auf der Karte gespeichert werden.
Quelle: "Heilbronner Stimme" vom 8. Mai 2003