Schröders Geschichtskenntnis

 

Kanzler ohne Geschichtskenntnis - Das Trauerspiel von Warschau

 

Der Auftritt von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum 1. August in War­schau hat zwei Dinge vor der Weltöffentlichkeit sehr deutlich gemacht. Ein­mal hat er zweifelsfrei bewiesen, daß die deutsch‑polnische Geschichte seit der Wiedergründung des polnischen Staates im Jahre 1919 für ihn ein Buch mit sieben Siegeln ist. Weiter machte er deutlich, daß auch dieser Kanzler und seine Regierung weit davon entfernt sind, Gerechtigkeit auch für Deutsche zu fordern.


 

Die Politik der "Opfernation" Polen

 

Der amerikanische Historiker David L. Hoggan schrieb dazu in seinem Werk "Der erzwungene Krieg" über Polens Angriffsplanungen gegenüber Deutschland: "Bis 1958 war man darüber im Zweifel. Damals enthüllte Vansittard mit Genehmigung der englischen Regierung die Authenzität der Pilsudskischen Kriegspläne von 1933, fünfundzwanzig Jahre nach ihrer Entstehung. Er bemerkte dazu, daß die Pläne Pilsudskis ein Gedanke waren, von dem man zuwenig gehört hat." Daß es auch schon früher offensive polnische Planungen gab, hat DER SCHLESIER in einigen Beiträgen umfassend dargelegt. Hier nur noch mal einige Stichworte: 1921 Beistandsvertrag Polen‑Frankreich mit Geheimklausel über militärische Operationen gegen Deutschland.

 

Am 16. Oktober 1925 wurde ein polnisch-­französischer Garantievertrag abgeschlossen, der sich auf einen deutsch-polnischen Konflikt bezog und den Geheimvertrag von 1921 ausdrücklich einschloß. Am 10. Mai 1933 berichtete der tschechische Gesandte in Warschau, Girsa, an sein Außenministerium: "In den polnischen Offizierskreisen herrscht die Ansicht vor, daß der Krieg zwischen Deutschland und Polen unvermeidlich ist. Ein beträchtlicher Teil höherer Offiziere, der von dieser Überzeugung ausgeht, vermutet, daß Polen aus diesem Krieg nur dann siegreich hervorgehen kann, wenn es jetzt (1933) zum Kriege kommt, wo Deutschland militärisch noch nicht vorbereitet ist und wo es in inneren Verwirrungen hin und her geschleudert wird. Der Gedanke eines Präventivkrieges hat Anhänger nicht nur in Marschall Pilsudski, sondem auch im Generalstab, der schon gewisse Maßnahmen an den Grenzen getroffen hat..." Am 18. Mai 1933 erklärte der polnische Kriegsminister, Kasprzyck bei einer Generalstabsbesprechung in Paris: "Wir haben keine Grenzbefestigungen, denn wir beabsichtigen, einen Bewegungskrieg zu führen und von Beginn der Operation an in Deutschland einzumarschieren." Im Juni 1939 sagte der Oberbefehlshaber der polnischen Armee, der Marschall Polens Rydz‑Smigly, vor höheren Offizieren: "Polen will den Krieg mit Deutschland und Deutschland wird ihn nicht verhindern können, selbst wenn es das wollte."

 

Aber auch als Leichenfledderer hatte sich die "Opfernation" betätigt. Bereits im Mai 1938 hatte der polnische Botschafter in Paris, Lukasiewicz, gegenüber dem französischen Außenminister Bonnet erklärt, "daß die Tschechoslowakei ein willkürliches Compositum mixtum zahlreicher einander äußerst feindlicher Minderheiten sei, ein zum Tode verurteiltes Land." Vom 28. bis 30. September 1938 unterstützte Polens Außenminister Beck das Münchener Abkommen. Am 2. Oktober beteiligte sich Polen an der Besetzung der Tschechoslowakei und annektierte zunächst die Provinz Teschen im Olsa‑Gebiet. Am 20. und 21. Oktober 1938 marschierte Polen noch in sechs slowakischen Grenzkreisen ein, um eine direkte polnisch‑ungarische Grenze in den Karpaten zu gewinnen. All diese Vorgänge hat Polen sehr intensiv aus seiner Geschichte entsorgt.


 

Der Warschauer Aufstand vom 1. August 1944

 

Auch bei seinen Aussagen zum Warschauer Aufstand vom 1. August 1944 hat der Bundeskanzler seine Ahnungslosigkeit auf vielen Gebieten bewiesen. Sonst müßte man ihm unterstellen, daß er Erklärungen wider besseren Wissens abgegeben hat. Zunächst folgende Feststellung. Die deutsche Kriegserklärung an Polen war u. a. eine Reaktion auf den unmenschlichen Umgang des polnischen Staates mit den über zwei Millionen Deutschen, die nach dem Ersten Weltkrieg dem polnischen Staat ohne Befragung und gegen ihren Willen eingegliedert wurden. Auch über deren Schicksal haben wir schon ausführlich berichtet. Weiter steht fest, daß England und Frankreich am 3. September 1939 Deutschland den Krieg erklärten, ohne einen ihre Völker betreffenden Kriegsgrund zu haben. Nach 1945 wurden auch von den "Siegermächten" Kriege gegen andere Völker geführt, ohne das diese deren Bürger bedroht oder gar angegriffen hätten. Die Opfer, die die USA und Israel durch fremde Attentäter erlitten haben, sind sicher bedauerlich. Aber ihre Zahl liegt weit unter der Zahl der von den Polen zwischen 1919 und 1939 vertriebenen oder ermordeten Deutschen. Ihre Vergeltungsmaßnahmen sind im Gegensatz zum Vorgehen der Deutschen Wehrmacht in Warschau nicht durch die Haager Landkriegsordnung gedeckt. Dieser Warschauer Aufstand war eine Kriegshandlung von regulären polnischen Truppen. Er erfolgte nur wenige Kilometer hinter der gegen die Sowjets schwer kämpfenden deutschen Hauptkampflinie und mußte deshalb mit allen verfügbaren militärischen Mitteln niedergeschlagen werden. Wer unter Beachtung der damals und auch beim Nürnberger Prozeß gültigen Regeln der Haager Landkriegsordnung, z. B. die Niederschlagung dieses Aufstandes mit dem Bombenterror, der auch nach britischen Kenntnissen mit Flüchtlingen völlig überfüllten und deshalb den Angriffen ohne Schutzraum ausgesetzten Frauen, Kindern und alten Menschen, auf die Stadt Dresden vergleicht, wird zu dem Ergebnis kommen, daß Dresden das weitaus größere Verbrechen darstellte.

 

Es gibt auch solche Stimmen

 

Der polnische Publizist und Abge­ordnete des polnischen Parlaments, Stefan Kisielewski, schrieb bereits 1964 in seinem Buch "An dieser Stelle Europas" zum Warschauer Aufstand u. a.: "Die Entscheidung (zum Warschauer Aufstand) war zufällig. Bis heute ist außerdem nicht recht bekannt geworden, wer sie überhaupt gefällt hat. Als ich jetzt im Westen war, fragte ich die Polen in der Emigration danach. Es waren gut informierte Personen. Es stellte sich heraus, daß alle damaligen Führer den Aufstand nicht gewollt haben. Bor und Monter, Sonowski und Mikolajczyk dort und Jankowski und Puzak hier, alle sagten das gleiche. Wie kam es also zu diesem Aufstand? Eine Entscheidung, die die Existenz des Volkes aufs Spiel setzte, wurde von unbekannten Menschen unter unerforschten Umständen gefällt - das war der Anfang. Ende und Ergebnis jedoch sind in Polen allen nur zu gut bekannt. Deswegen sollten wir, wenn wir das Heldentum der Warschauer Jugend preisen und das Andenken der Gefallenen ehren, nicht glorifizieren, was keine Glorifizierung verdient und was im übrigen die allgemeine Geschichte gar nicht oder nur negativ beeinflußt hat."

 

Vielleicht sollten polnische Historiker sich auch der Klärung dieser Frage einmal annehmen, weil durch weitere Falschdarstellungen, denen auch der polnische Regierungschef anhängt, eine auf die europäische Zukunft gerichtete und notwendige Gemeinsamkeit verhindert wird.

 

Quelle: K.-E. Lober in DER SCHLESIER vom 20. August 2004