Meinolf Schönborn aus der Haft entlassen

 

 

Dortmund. Der zu 27 Monaten Haft verurteilte Regimekritiker Meinolf Schönborn ist wieder frei. Der Begründer und langjährige Vorsitzende der inzwischen verbotenen Nationalistischen Front (NF) ist eines der ersten Opfer der Anfang der 90er Jahre verschärften politischen Justiz in der BRD.

 

Über Jahre hinweg stand Schönborn als führender NF‑Aktivist im Visier der Verfolgungsbehörden. Spezialkommandos des Staatsschutzes durchkämmten unzählige Male sein Anwesen in Detmold und zerstörten dabei immer wieder hochwertiges Mobilar, Computer sowie technische Außenanlagen. In 50 Hausdurchsuchungen entstanden Schäden in Höhe von etwa 100.000 Mark. Hinzu kamen nahezu 30 von »Autonomen« verübte Brandanschläge, die von der Polizei trotz 24stündiger Überwachung des Anwesens nicht verhindert wurden.

 

Als sich die Strukturen der Nationalistischen Front trotz dieses andauernden Terrors als stabil erwiesen, wurde die Organisation am 27. November 1992 für verboten erklärt. Kurze Zeit später sollte sich Schönborn vor der Staatsschutzkammer Dortmund verantworten. Ihm wurde die Fortführung einer illegalen politischen Vereinigung vorgeworfen. Allerdings war bereits das Verbot der NF nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zweifelhaft. Denn die am 27. November 1992 aufgelöste Organisation wurde vom Regime nach dem Vereinsgesetz verboten, obwohl ihr das Innenministerium noch einen Monat zuvor den Parteienstatus bestätigt hatte.

 

Doch nicht nur formaljuristisch war die Anklage unhaltbar. Denn tatsächlich stellte die Nationalistische Front alle Aktivitäten nach dem Verbot ein. Zu diesem Ergebnis kamen Geheimdienst und Staatsschutz gleichermaßen. Noch während des Prozesses sagten sowohl der Sachleiter des BKA, Glaeske, als auch der Bielefelder Staatsschützer Röchert als Zeugen aus, "daß es nach dem Verbot der NF keine organisatorischen Strukturen mehr gegeben hatte", was durch umfangreiche Überwachungsmaßnahmen festgestellt worden sei. Ungeachtet dessen wurde Schönborn zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt.

 

Weitere 15 Monate Haft verhängte die Staatsschutzkammer für einen Aufkleber, der nach geltender Gesetzeslage vollkommen legal war, was ein eingeholtes Rechtsgutachten bestätigte. Der Aufkleber zeigte eine rote Fahne mit weißem Feld und den Aufdruck: "Bin gleich wieder da!" Staatsschutzrichter Reichel wollte darin ein »verbotenes Kennzeichen« im Sinne des Meinungskontrollgesetzes (§ 86a StGB) erkennen.

 

Nicht nur Schönborns Anwalt ist davon überzeugt, daß es sich bei dem Prozeß um kein faires Verfahren gehandelt hat. Auch viele Prozeßbeobachter fühlten sich in der Verhandlung an einen der typischen Schauprozesse erinnert, wie sie in den Anfangsjahren der DDR praktiziert wurden.

 

Für Meinolf Schönborn, der die Haft ohne jede Lockerung bis zum letzten Tag absitzen mußte, bedeuteten diese 27 Monate die vollständige Zerstörung seiner materiellen wie ideellen Lebensgrundlage. Im "freiheitlichsten Rechtsstaat aller Zeiten" wurde er verfolgt, weil er nichts weiter tat, als das Recht auf freie politische Betätigung wahrzunehmen.

 

Quelle. HNG-Nachrichten 1999

 

Anmerkung: Im nämlichen Zusammenhang wird dringend die Lektüre von "Unterdrückung und Verfolgung Deutscher Patrioten - Gesinnungsdiktatur in Deutschland?", herausgegeben von Rolf-Josef Eibicht, Hutten-Verlag, Viöl/Nordfriesland 1997, ISBN 3-9805847-0-4, empfohlen.